Libyen-Sammler: Operation Sophia reloaded?

Die Libyen-Konferenz am (gestrigen) Sonntag in Berlin ist kaum vorbei, da spielt in der deutschen Debatte bereits eine Rolle, ob die Ergebnisse möglicherweise auch zu einem Einsatz der Bundeswehr führen. Das ist, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Konferenz formulierte, zwar erst der übernächste Schritt – aber da er hierzulande viele bewegt, lege ich mal einen Sammler zu dem Thema an.

Die Akteure der Libyen-Konferenz, darunter die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats, die Türkei und die EU, haben in ihrer Schlusserklärung zu einem Waffenstillstand in dem nordafrikanischen Land aufgerufen; ebenso auch zur Durchsetzung des – bereits geltenden, aber faktisch nicht eingehaltenen – Waffenembargos. Und sie verpflichten sich, dieses Waffenembargo auch zu überwachen und durchzusetzen:

18. Wir verpflichten uns, das durch Resolution 1970 (2011) sowie die nachfolgenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrats verhängte Waffenembargo unzweideutig und in vollem Umfang einzuhalten und umzusetzen, auch in Bezug auf die von Libyen ausgehende Verbreitung von Waffen. Wir rufen alle internationalen Akteure auf, dasselbe zu tun. (…)
21. Wir verpflichten uns zu Anstrengungen, die gegenwärtigen Überwachungsmechanismen der UN und der zuständigen nationalen und internationalen Behörden im Rahmen unserer Fähigkeiten zu stärken, einschließlich der Überwachung auf See, aus der Luft und an Land, sowie durch Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen, insbesondere von Satellitenaufnahmen.

Und bereits an dieser Stelle kommt eine mögliche auch militärische Beteiligung Deutschlands ins Spiel – bei der Überwachung und Durchsetzung des Embargos zur See. Beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel am (heutigen) Montag wurde dafür vor allem eine Wiederbelebung der Operation Sophia ins Gespräch gebracht, der europäischen Marinemission, die eigentlich ganz andere Ziele verfolgen sollte: Sie sollte die Schleusernetzwerke bekämpfen, die den Transport von Flüchtlingen und Migranten übers Mittelmeer organisierten. Dass dabei auch zahlreiche Menschen aus Seenot gerettet wurden, war angesichts des Streits über die Verteilung in Europa und der harten Haltung Italiens das faktische Ende für diese Mission. Deutschland stieg bereits im Juni vergangenen Jahres aus.

Das Waffenembargo gegen Libyen gehörte allerdings schon seit Sommer 2016 zu den Aufgaben der Operation Sophia, das entsprechende Mandat auch für die Deutsche Marine wurde damals entsprechend erweitert. Deutsche Soldaten stoppten dann auch Waffenschmuggler in internationalen Gewässern vor der Küste Libyens.

Und damit scheint eine neue Mission der European Naval Forces Mediterranean (EUNAVFORMED) denkbar – diesmal dann mit dem Schwerpunkt Überwachung des Waffenembargos. Diese Mission könnte dann voraussichtlich auch auf die Unterstützung durch die NATO rechnen – denn genau diese Aufgabe ist zum Beispiel im aktuellen deutschen Mandat für die NATO-Mission Sea Guardian, die Seeraumüberwachung im Mittelmeer, bereits enthalten:

Für die Bundeswehr ergibt sich im Rahmen der MSO SG folgender Auftrag:
• Lagebilderstellung und -bereitstellung;
• Informationsaustausch und Kapazitätsaufbau mit Staaten in der Mittelmeerregion;
• Informationsaustausch mit und logistische Unterstützung der EU-Mission EUNAVFOR MED Operation SOPHIA, einschließlich bei der Durchsetzung des VN-Waffenembargos von und nach Libyen;
• Aufklärung und Beitrag zum Kampf gegen den Terrorismus und Waffenschmuggel im maritimen Umfeld;
• Anhalten, Durchsuchen, Beschlagnahme und Umleiten von Schiffen und Booten und damit im Zusammenhang stehende Sicherungsmaßnahmen im Einklang mit dem Völkerrecht auch unter Bedrohung;

Ob es dazu kommt, ist allerdings noch ziemlich unklar. Denn ein wesentlicher Teil der Konferenzbeschlüsse ist die Umsetzung der Schritte zu einem dauerhaften Waffenstillstand. Und noch stehen keine deutschen Schiffe zum Auslaufen vor Libyens Küste bereit.

(Ich weiß, hier gilt noch mehr als sonst: Weiter nach Entwicklung.)

(Archivbild Juli 2015: Die Fregatte Schleswig-Holstein unterstützt in der Operation Sophia drei italienische Patrouillenboote, die mehrere Boote mit Flüchtlingen gerettet haben – Norman Wald/Bundeswehr)