Briten planen ‚europäische Schutzmission‘ in der Straße von Hormuz
Großbritannien hat nach der Festsetzung eines britischen Tankers durch den Iran in der Straße von Hormuz einen neuen Anlauf für eine Schutzmission von westlichen Handelsschiffen in der Region genommen. Die europäisch geführte Mission solle aber nicht Teil der US-Politik mit ihrem maximalen Druck auf den Iran sein, sagte der britische Außenminister Jeremy Hunt vor dem Parlament.
Hunts Erklärung kam nach Beratungen der Regierung in London über die mögliche Reaktion auf die Festsetzung des britischen Tankers – die der Iran wiederum als Reaktion auf die Festsetzung eines iranischen Tankers in der Straße von Gibraltar darstellte.
Der britische Außenminister wurde in seiner Ankündigung der europäisch geführten Schutzmission nicht konkreter; insbesondere erwähnte er zwar die Gespräche anderen Nationen, ohne auf deren mögliche Zusagen einzugehen. Klar ist allerdings die europäische Abgrenzung von dem US-Bestreben, eine solche Schutzmission unter US-Kommando zu etablieren – die britische Initiative, so Hunt, sei als Ergänzung gedacht.
Aus der Rede Hunts vor dem Parlament:
Firstly, the Department of Transport has raised the security level for British-flagged shipping to Level 3, advising against all passage in Iranian waters and, for the moment, in the entire Strait of Hormuz.
Secondly, because freedom of navigation is a vital interest of every nation, we will now seek to put together a European-led maritime protection mission to support safe passage of both crew and cargo in this vital region.
We have had constructive discussions with a number of countries in the last 48 hours and will discuss later this week the best way to complement this with recent US proposals in this area.
The new force will be focused on free navigation, bearing in mind that one fifth of the world’s oil, a quarter of its liquefied natural gas – and trade worth half a trillion dollars – passes through the Strait of Hormuz every year.
It will not be part of the US maximum pressure policy on Iran because we remain committed to preserving the Iran nuclear agreement.
Thirdly, while we will seek to establish this mission as quickly as possible, the Government has in the meantime dispatched HMS Duncan, a Type 45 destroyer, to take over from HMS Montrose – and she will arrive in the region by the 29 July, a week from today.
Fourthly, we will ask all British-flagged ships to give us notice of any intention to pass through the Strait of Hormuz to enable us to offer the best protection we can. We will then advise them as to the safest way to transit, which may involve travelling in convoy.
Finally, we are strengthening measures to protect ships flying the flags of other countries but which have British crew on board.
Weiter dann vermutlich in den kommenden Tagen nach Entwicklung.
(Archivbild März 2013: Type 45 destroyer HMS Duncan sails into Portsmouth for the first time – Ben Sutton/defenceimages.mod.uk/Crown Copyright/Open Government License)
Einen Konvoi Dienst aufzubauen zum Schutz der Schifffahrt, klingt gut, sinnig und vor allem sehr rational.
Fragen
– europäisch geführte(n) Schutzmission: EU oder wer?
– welches HQ führt
– Briten schätzen den Wert der Kontinentaleuropäer, offenbar, denn:
@thetimes „The Royal Navy is now too small to fulfil its global role, a defence minister admitted last night as it emerged that Iran had ignored warnings from a British warship against seizing a UK-flagged tanker in the Gulf“
– Teilnehmer,
@hdevreij The Netherlands is among the countries the UK has approached about a naval protection force in the Strait of Hormuz, Dutch newspaper @NRC has confirmed. Jeremy Hunt announces joint European task force to protect ships in Gulf after Iran’s tanker seizure (link: https://www.telegraph.co.uk/news/2019/07/22/us-tells-uk-responsibility-take-care-ships-persian-gulf1/?WT.mc_id=tmg_share_tw) telegraph.co.uk/news/2019/07/2… „joint“ heißt konkret?
– TF 150/152 nicht betroffen, da U.S. geführt, und auch
– ohne U.S.: Pompeo geht auf Distanz, „the responsibility … falls to the United Kingdom to take care of their ships“ = tit for tat, da UK nicht auf U.S Kurs gegen JCPOA eingeht?
– und Deutsche Marine? Maas ist immerhin in enger Verbindung mit FRA und GBR …
Hm, dann schauen wir mal wer mehr Pötte auf See bekommt: Iran mit seinen Schnellbooten oder die Achse der Guten mit ihren Kriegsschiffen. Wer bei diesem Katz- und Maus-Spiel das bessere Preis-/Leistungsverhältnis hat, dürfte klar sein …
Als ich las, wie die Briten als ehemalige Kolonialmacht den iranischen Tanker hoch nahm musste ich schmunzeln.
Probe aufs Exempel: Könnte das vor Verlegung der (wahrscheinlichen) Koalition noch ein anderer westlicher Staat machen?
5er Wette, dass es seitens Iran zu keiner ähnlichen Reaktion kommt?
Denn keiner im Iran kann so etwas vor seiner Bevölkerung ohne Reaktion stehen lassen.
Tja das wird dann wohl die erste Bewährungsprobe für AKK, wenn sie Farbe bekennen muss was unsere Marine als Beitrag leisten kann, sofern wir angefragt werden.
Ohne auf Details eingehen zu wollen, das Preisschild für einen solchen Einsatz ist enorm.
Wer träumt noch heut‘ von Herrschaft auf dem Ozean?
Der Premie seiner britsch’en Majästet!
Das ändert nichts daran, dass die Schiffe durch iranische Hoheitsgebiet müssen, wo der Iran Lufthoheit hat und wasserpolizeiliche Aufgaben (Matrose P hat eine Kippe ins Wasser geworfen – Umweltverschmutzung!) erfüllt. Von einem Land, das gerade einen Tanker mit iranischer Ladung unter sehr zweifelhaften Gründen festgesetzt hat, die Phrase „freedom of navigation“ zu hören, klingt schon sehr nach Monty Python. Wäre es nicht einfacher, die Grace 1 freizugeben, damit auch bei Hormus wieder normal geschippert werden kann? Aber nein, der Schulhofschläger legt es offensichtlich drauf an. Obwohl es doch klar ist, dass die Großeinheiten der Marine dort keine Chance gegen einen Gegenschlag haben, falls sie im iranischen Hoheitsgebiet befindlich „kinetisch aktiv“ werden sollten.
Also… trotz aller Ernsthaftigkeit, lässt sich ein Schmunzler nicht verkneifen.
Dass die Iraner sich nicht einfach volle Öltanker durch die Briten wegnehmen lassen würden, war doch jedem klar. Das war bewusstes Zündeln durch die Briten und wenig mehr als Muskelspielerei.
Übrigens taugt ein tw. im Nachhinein konstruiertes rechtliches Feigenblatt (Durchsetzen von Sanktionen ohne Auftrag etc.) nicht einmal zur glaubhaften Rechtfertigung vor der eigenen Hauspresse. Die Retoure der Iraner wird darum trotz ihrer ebenso herbeifabulierten rechtlichen Begründung vom breiten Publikum als vertretbare Reaktion gesehen und trifft auf gewisses Verständnis. Das ist dann wohl der Preis der eigenen Unglaubwürdigkeit.
Aus wirtschaftlicher Sicht sollten von Seiten EU, China, USA und sonstiger Handelsmächte eigentlich Kopfnüsse und Nackenhiebe auf die Briten einprasseln. Diese fruchtlose Auseinandersetzung kostet uns nämlich richtig viel Geld, verunsichert die Märkte und bremst die Wirtschaft. Auf diesen Riesenfehler jetzt noch eine kostspielige Schutzflotte draufzusetzen macht das Ganze nur noch viel schlimmer und zementiert die ungünstige Situation!
Solche Alleingänge müssen im Keim gestoppt werden. Man wird die Briten zur Ordnung rufen müsen oder noch jahrelang dafür zahlen.
Ist das eine neue Spielart britischen Humors?
Der Außenminister eines Land, in dem vielleicht demnächst ein Brexit-Hardliner Premierminister wird, möchte eine „europäisch geführte Schutzmission“.
Vor dem Hintergrund, dass sich beide Länder gerade gegenseitig die Tanker beschlagnahmen. Und nur mit ein bisschen Anlehnen an die USA, aber nicht kuscheln, oder doch? Vielleicht lenkt Donald etwas Nähe mal von seinem Blick aufs Verteidigungsbudget der „Verbündeten“ ab.
Oder haben die Briten mal in ihr eigene Verteidigungskasse und in ihre Häfen geguckt und dann ist ihnen eingefallen, dass man Europa manchmal doch noch braucht?
@IstEgal
Auch Deutschland wurde wohl angefragt:
„Hunt [GBR AM] said he had consulted with foreign ministers of Oman, the United States, France, Germany, Italy, Finland, Spain and Denmark.“
https://www.apnews.com/65890b80d403489c8b1b249cdc954857
Ich würde gern den Begriff ‚Zündeln’ aufnehmen. Das haben die Briten wieder mal im Fahrwasser der US Politik getan, doch es ist nicht zu vergessen, dass die USA einseitig und ohne wirkliche Strategie das mühsam verhandelte Abkommen gekündigt haben. Wie so oft, beginnen die USA eine Konflikt, oft sogar einen Krieg und ziehen systematisch die westliche Welt mit hinein. Die Auswirkungen auf die freie Schifffahrt waren schon bei Kündigung des Abkommens zu erkennen. Deutschland ist gut beraten, sich nicht durch die Hintertür in einen bewaffneten Konflikt hineinziehen zu lassen. Jetzt auf einmal stehen als europäische Schutzmaßnahmen im Raum. Danke USA für den nächsten Konflikt!
Hm, wollen die Briten nicht unbedingt, auf biegen und brechen, aus der EU austreten? Damit sie besser ihr eigenes Süppchen kochen können?
Dann lasst sie doch damit anfangen. Nicht zu vergessen, das Spanien wegen der Aktion gegen die Grace1 nicht gerade amüsiert ist. Befindlichkeiten gibt es eben nicht nur in der Straße von Hormus.
Jetzt bezahlt man den Preis dafür, dass man seit 1979 den Iran nie ernsthaft in seine Schranken verwiesen hat. Gleichzeitig wird der rasante Abstieg und Machtverfall des Westens insgesamt evident. Großbritannien (und übrigens auch Europa als Ganzes) sind nicht mehr dazu in der Lage der Herausforderung durch eine entschlossene Mittelmacht zu begegnen. Die USA wären dazu zwar prinzipiell befähigt, sind aber nicht mehr Willens Ihre Macht zu projizieren und den Preis der Konfrontation zu tragen. Der „Schiitische Halbmond“ hat unterdessen den nahen Osten fest im Griff und der von Teheran lange erträumte Korridor vom Libanon über Syrien und den Irak ist fest etabliert. Die Türkei hat sich aus dem westlichen Bündnis praktisch komplett entfernt (was bleibt denn noch außer der reinen de-jure Mitgliedschaft in der NATO – die strategischen Interessen Ankaras sind heute völlig anders gelagert als in Washington und erst recht als in Brüssel). Saudi-Arabien, die Emirate, Jordanien und Ägypten sind sowohl mit den Proxy Konflikten im Jemen und Bahrain als auch mit dem innersunnitischen Konflikt mit der pro-Muslimbruderschaftsachse Türkei-Katar gebunden. Wer noch ernsthaft glaubt, Saudi-Arabien wäre ein geeigneter Akteur den Iran einzuhegen, der braucht nur die beklagenswerte Leistung im Jemenkrieg zu betrachten. Wahrscheinlich noch nie in der Geschichte hat eine technologisch und finanziell derart hochgerüstete Armee so wenig erreicht.
Die große Wildcard ist Israel, doch auch dort weiß man, dass man zwar z.B. das iranische Atomprogramm für einige Zeit verzögern oder iranische Proxys wie die Hezbolla zumindest räumlich begrenzt zerschlagen kann, aber ein Regime Change im Iran liegt (abseits der undenkbaren Option eines nuklearen Erstschlags) außerhalb der israelischen Möglichkeiten.
Meine Prognose ist, dass die europäischen Mittelmächte, unter wildem Gezeter in London und dem Verfassen eloquenter aber inhaltsleerer Erklärungen in Berlin, letztendlich die iranische Kontrolle über „seinen“ Hinterhof akzeptieren werden. Trump profitiert innenpolitisch vom Aufrechterhalten einer Grundspannung, aber eine Eskalation liegt keinesfalls in seinem Interesse. Diese würde ihm die Unterstützung seiner Basis für die Wiederwahl 2020 entziehen und vitale Ressourcen von der global bedeutsameren Konfrontation mit China und Russland abziehen. Hinzu kommt, dass die USA als mittlerweile größter Ölproduzent der Welt, auch keine signifikante Abhängigkeit vom nahöstlichen Öl mehr besitzen. Der ungebrochene Fracking-Boom hat strategische Notwendigkeiten langsam aber stetig verschoben (zum außerordentlichen Ärgernis der grüngefärbten Ideologen auf der anderen Atlantikseite, sofern sie die Tragweite dieser Verschiebung überhaupt verstehen).
Russland und China kommen angesichts dieser Entwicklung allerdings vor Lachen nicht mehr in den Schlaf und müssen nichts weiter tun als kleine technologische Beiträge zu bestehenden und künftigen A2/AD Schirmen in der Region zu leisten und das krachende Scheitern des Westens mit Genugtuung zu beobachten. In den nächsten Jahren werden immer mehr Akteure den Westen immer offener herausfordern. Unser Machtverlust und unser Fehl an strategischer Weitsicht, Durchsetzungswille und Entschlossenheit wird uns demnächst äußerst teuer zu stehen kommen. Vor allem in Europa.
Liege ich da falsch oder ist nicht das eine in britischen Hoheitsgewässern passiert und das andere in den Hoheitsgewässern des Oman?
Dann sind es nun mal 2 sehr verschiedene Dinge, wenn die Briten in ihren Gewässern Dinge tun oder der Iran in den Gewässern des Oman. Das ganze sich über die Briten lustig machen mag ja witzig sein aber geht damit an der Realität vorbei.
@Mike Lima sagt: 23.07.2019 um 9:11 Uhr
Ihre politische und militärische Einschätzung des Iran ist ja toll. Wo haben Sie die her? Aus einem irakischen Propagandavideo von 1987?
Tatsache ist, der Iran hat bisher keinen Konflikt angefangen. Unterstützung von politischen/milizionären Bewegungen ja, wie eben Saudi-Arabien auch. Mehr nicht.
Man sollte einfach zur Kenntnis nehmen, das der Westen in seiner Dödeligkeit beginnend mit dem 2.Golfkrieg 1991 das Machtgefüge im Mittleren Osten empfindlich gestört und teilweise zerstört hat. In die entstehenden Machtvakuen ist u.a. der Iran vorgestoßen. Im Irak und Syrien wurde der IS groß. Das ist alles aus westlicher Sicht nicht wünschenswert, aber selbst verschuldet. Fehler wurden in den letzten 30 Jahren mehr als genug gemacht. Gerade durch die USA und GBR.
Aber woraus Sie einen westlichen Machtanspruch in der Region herleiten, ist mir schleierhaft, die Kolonialzeit ist schon länger vorbei.
Sie verdrängen auch völlig, das die jetzige angespannte Situation ihr Ursache in der einseitigen Kündigung des Atomabkommens durch die USA einhergehend mit den verhängten Sanktionen hat. Ohne diesen Quatsch wäre alles tutto bene.
Zu den saudischen Streitkräften nur eine Anmerkung. Zwar werden Teile des Offizierkorps an westlichen Militärakademien ausgebildet, wer jedoch in eine wirkliche Führungsposition will, der braucht eben den richtigen Verwandtschaftsgrad zum Königshaus. Was soll also in einem Einsatz dabei heraus kommen? Auch modernes Gerät will richtig bedient und taktisch korrekt eingesetzt werden, sonst wird das nichts.
@Pio-Fritz sagt:23.07.2019 um 9:05 Uhr
„Hm, wollen die Briten nicht unbedingt, auf biegen und brechen, aus der EU austreten? Damit sie besser ihr eigenes Süppchen kochen können?
Dann lasst sie doch damit anfangen. “
Volle Zustimmung!
@ Mike Lima sagt: 23.07.2019 um 9:11 Uhr
– Sie haben im Grunde genommen einzelne Aspekte eine neuen Welt(un)ordnung aufgezeigt.
– In der reinen Darstellung der Situation stimme ich Ihnen in weiten Teilen zu. In der Bewertung, wo „der Westen“ Fehler gemacht hat, eher nicht.
– Es geht nicht darum, noch mehr militärische Stärke zu zeigen. Die heutige Schwäche der USA und auch des Rest des Westens rührt aus meiner Sicht gerade aus den absolut unnötigen Kriegen wie z.B. Irak und Lybien. Diese Kriege haben z.B. ISIS und auch weite Teile der Flüchtlingsbewegungen nach Europa erst ermöglicht. Wir bringen Unsummen an finanziellen und militärischen Mitteln auf, um das einzudämmen, was wir erst losgetreten haben.
– Wenn man nun eine „Therapie“ vorschlägt, die darin besteht, mit noch mehr Militär und noch mehr militärischen Interventionen auf genau diese Fehler der Vergangenheit zu reagieren, dann wird der Untergang des Westens nur beschleunigt.
– Der gegenwärtige Konflikt am Golf ist ein schönes Beispiel dafür, dass wieder einmal ein größerer Konflikt ohne Not losgetreten wurde und dieser nun wieder einmal – egal was geschieht- den Westen schwächen wird. Der Austritt der USA aus dem JCPOA -ohne die Partenernationen zu beteiligen!- war konfliktauslösend, und die nicht erforderliche und völkerrechtlich fragwürdige Inbesitznahme eines iranischen Tankers durch UK -ohne die EU zu beteiligen !- war konfliktverschärfend.
Nun, die rechtliche Situation ist – speziell für Kriegsschiffe – nicht so ganz eindeutig. Der Iran beansprucht Erlaubnisvorbehalt für die Durchfahrt fremder Kriegsschiffe und hat das UN-Seerechtsübereinkommen zwar unterzeichnet, jedoch noch nicht ratifiziert. Die USA sind kein Signatorenstaat dieses Übereinkommens. Nach der Genfer Seerechtskonvention, die beide Staaten unterzeichnet haben, ist zwar die Ankündigung und Erlaubnis der Durchfahrt von (in friedlicher Absicht navigierenden) Kriegsschiffen beim Iran vorgesehen, die Amerikaner fahren aber unter Berufung auf Völkergewohnheitsrecht schon immer unangemeldet durch…
Um die Straße zu passieren, muss man sowohl durch Omanische als auch iranische Gewässer. Speziell westlich der Meerenge führen beide Fahrrinnen weitgehend ausschließlich durch iranisches Seegebiet, und zwar unmittelbar vorbei an Inseln, deren territoriale Zugehörigkeit zwar zwischen den Emiraten und Iran umstritten ist, die der Iran jedoch besetzt hält (Abu Musa und die Tunb-Inseln).
Der Iran testet natürlich die Limits. Wann, wenn nicht jetzt? Dass Hunt als der nicht favorisierte Kandidat für das Amt des Premiers jetzt noch schnell eine „european-led“ Mission etablieren will, bezeugt nicht nur den derzeitigen Zustand der britischen Innenpolitik sondern vielleicht auch den der Royal Navy.
Der Mittwoch weiß sicherlich mehr. Wenn das Rennen um die Macht in Westminster gelaufen ist, könnte sich auch wieder etwas Entspannung breit machen. Zu hoffen wäre das allemal.
Ah ja, Brexit, am liebsten ohne Austrittsvertrag, weil der ja mit dem – im übrigen von Britannien in die Verhandlungen eingeführten – Backstop für Nordirland die Briten in de EU-Knechtschaft führen würde, aber wenn man Probleme hat, dann haben die Europäer sich gefälligst hilfreich den Briten zu unterstellen, weil die stolze Royal Navy derzeit etwas knäpplich mit Schiffen ist?
Eine mehr als merkwürdige Auffassung von internationaler Politik, aber nach dem Polit-Kabarett der britischen Politik im allgemeinen und des Unterhauses im besonderen in diesem Jahr nicht wirklich überraschend.
Können die Europäer überhaupt noch genügend Schiffe zusammenkratzen um ein solches Konvoisystem zu etablieren? Wer ständig einspart verliert irgendwann die Möglichkeit seine Interessen global zu verteidigen. Die europäischen Länder haben dieses Punkt längst erreicht.
@Mike Lima
Ich verstehe die Sorge um ein Iranisches Atomprogram.
Ich verstehe die Sorge um iranische Kontrolle des lokalen Hinterhofes nicht. Wer sonst sollte den kontrollieren? GB, FR, DE oder US?
Das selbe gilt für China / Asien.
Wir haben uns an eine komische Situation nach dem 2. WK gewöhnt. Wer nach dem Wegfall des großen Blockkonfliktes ersnsthaft an ein weiter so gedacht hat, hat sich halt vertan. Im übrigen – vielleicht ein Anlass noch mal die PLanungen der BW kritisch durchzuschauen? Für meinen Geschmack ist das etwas viel Marine, die wir im Ernstfall doch eh nicht einsetzen. Vielleicht kann man da noch etwas nachsteuern….
Diese „Force projection“ ist doch mit dem Auflösen der großen Blöcke selbst für die Amerikaner zu teuer geworden. Die tun zwar noch so, aber die nächste Wirtschaftskrise kommt bestimmt. Dann schauen wir mal, wie viele Flugzeugträger über bleiben.
Die Welt ändert sich. Richtig. Aber der Glaube, daß wir sie mit Einsätzen der Streitkräfte rund um die Welt nach unserem Bild weiter formen ist für mich Illusion. Da geht vielleicht begrenzt etwas in der nahen Umgebung. Aber Sachen wie Afghanistan oder Irak… lächerlich.
Die freie Seefahrt kann in Zukunft nur durch internationale Kooperation gewährleistet werden. Anti Piraten – OK. Aber der Gedanke zB. den Iran durch große Marineeinheiten vor seiner Haustür zu vertretbaren Kosten zum einlenken zu bewegen ist schon recht abwegig.
hier fühlt es sich langsam an wie bei SPON
– „der Iran darf das weil:
Mossadeg, check
böser Imperialismus, check
UK nur Lakei der USA, check
was UK macht dürfen die auch (obwohl nicht vergleichbar), check
Trump finden wir doof, was ihm nicht passt gefällt uns deswegen, check“
das ist scheinbar das Niveau der sicherheitspolitischen Debatte in Deutschland
Hauptsache immer schön mit der Mullahkratie sympathisieren, und den größeren Kontext (freie seewege/deutsche exportabhängigkeit/zugang zu vitaler ressource erdöl/präzedenzwirkung südchinesisches meer etc./europäische solidarität usw usw.) außer acht lassen.
schade
@Ralf Gabriel
Bzgl. unserer Positionierung zu „freedom of navigation“ (FON) und Offenhalten der Handelswege hilft ein Blick ins Weißbuch. Da sollte man bei Bedarf schon Kräfte verfügbar haben.
Die werten Briten sollen erst mal ihre Innen- und europäische Außenpolitik in den Griff bekommen. Es ist schon reichlich dreist, die Europäische Union über Monate ins Abseits zu stellen und nun kurz vor ungeregelter Ziellinie mal schnell *HÜLFE* rufen.
In welchem vermeintlich größeren Kontext sind unsere Interessen denn gefährdet? Wir haben unter fadenscheinigen Gründen keine iranischen Schiffe in Besitz genommen, folglich wird der Iran auch nicht zurückschlagen. Wenn wir uns wirklich für unsere Interessen einsetzen würden, müssten die Aktionen der USA und der Briten viel schärfer kritisiert werden! Die USA sind der Urheber des Schlamassels, nicht die „Mullahkratie „und die Briten triggern im Alleingang Reaktionen, für die alle aufkommen sollen. Insofern ist es schon fast als Bündnissoldarität zu bezeichnen, dass wir gute Miene zum bösen Spiel machen.
Man sollte nicht vergessen, dass die Wirtschaftsaktionen den Iran bereits hart treffen und einige Dinge des täglichen Bedarfes teuer oder nicht mehr verfügbar sind (u.a. Medikamente). Und dass die USA europäischen Unternehmen die Pistole auf die Brust gesetzt hat („Machst du Geschäfte dort, kannst du auch gleich von unserem Markt verschwinden“). Daher hilft selbst das Instex nicht, das auf europäischer Ebene den Handel mit Iran gewährleisten soll (nachdem die USA die reguläre Zahlungsströme lahmgelegt haben) …
wacaffee
„das ist scheinbar das Niveau der sicherheitspolitischen Debatte in Deutschland…Hauptsache immer schön mit der Mullahkratie sympathisieren…schade“
Ich bin ganz offen: ich finde IHREN Beitrag wenig niveauvoll. Auf vorgebrachte Argumente anderer Debattenteilnehmer gehen Sie nicht ein und liefern außer Schlagworten auch keine eigenen Argumente.
Schade!
@wacaffe
Ich finde eher die Vorstellung merkwürdig daß die Sicherheitspolitische Debatte in Deutschland von einem kleinen Kreis von Leuten geführt werden soll, die möglichst nichts oder eher wenig mit der Allgemeinheit gemein hat.
Zugegeben, für langfristige Planung und umsichtiges Handeln braucht es eine Umgebung in der nicht jede Woche eine Sau medial durchs Dorf getrieben wird. Aber wenn Sie beklagen daß zB. bei SPON „schön mit der Mullahkratie sympathisiert“ wird – das Abkommen mit dem Iran hat ja wohl nicht SPON ausgehandelt und dann (weil die Leser das plötzlich doof fanden) wieder gekündigt, oder?
Und was Ihre Punkte angeht:
– „den größeren Kontext (freie seewege)“ – entscheidet jetzt wer? Wir? Rund um die Welt, egal was die lokalen Anwohner wollen?
– „deutsche exportabhängigkeit“ – die ist natürlich gottgegeben. Geht nicht anders. Ist uns so im Blut und darum muß unsere Armee das verteidigen?
– „zugang zu vitaler ressource erdöl“ – Weil wir ein Anrecht drauf haben? Sagt wer? (übrigens…pssst – Man könnte natürlich in Russland kaufen aber….)
– „präzedenzwirkung südchinesisches meer“ – Sie meinen die EU kann im Umgang mit Iran demonstrieren, wie man China in Zukunft in die Schranken zu weisen gedenkt? Echt jetzt?
– “ etc./europäische solidarität“ – das wäre das EINZIGE Argument, dem ich sicherheitepolitisch in der EU noch etwas abgewinnen könnte…Aber die Ausgestaltung kann nicht sein, den Briten einen Freibrief für Militärische Abenteuer zu geben.
Wenn die von Ihnen angesprochenen Punkte die Richtung der deutschen SIPO Debatte im „kleinen Kreis“ ist, dann bin ich sehr dafür den Kreis schnell massiv zu erweitern. Notfalls auch auf SPON und darüber hinaus……
@ wacaffe
Erlauben Sie mir ihren Beitrag aus meiner Sicht zu bewerten:
Derjenige wird hier beim Debattieren überzeugen, der seine eigene Position mit den Interessen/Auffassungen der anderen überzeugend vermitteln kann. In dieser Fähigkeit liegt die Basis. Sicherheitspolitische Debatten sind regelgeleitete Diskussionen, mit der Bereitschaft zum Perspektivenwechsel, der Achtung des/der Andersdenkenden, das gegenseitige Akzeptieren, und das Definieren eigener Positionen. Damit ist ‚SPON’ oder auch kritisches Hinterfragen der Rolle der USA, GBR legitim. Auch die Auffassung, dass eine friedensorientierte Außenpolitik unseres Landes richtig sein kann. Dazu zählt auch die Zurückhaltung DEU im Irakkrieg oder in Lybien. Auf lange Sicht hat uns das gut getan. Ich bin der Auffassung, dass die gegenwärtige US Außen- und Wirtschaftspolitik zu sehr von Egoismus geprägt ist. Ich sehe die Gefahr auch im Vorgehen der USA gegenüber Iran. Denken Sie der USA ging es primär um einen größeren Kontext, der Interessen der Partner mit einbezieht?
Interessehalber gefragt : hat der Oman sich eigentlich mal geäußert? Fand ja immerhin in deren Gewässern statt, offenbar.
@ pio-fritz
Ich verkneife mir jetzt Polemik wo Sie Ihre Einschätzungen her nehmen. Der Iran ist ein zutiefst destruktiver und expansiver Akteur (mit einem politischen System als am Besten als Klerikalfaschismus beschrieben werden kann) der zwar nie eine Kriegserklärung ausgesprochen hat, aber unterhalb dieser Schwelle überall gegen westliche Interessen aktiv geworden ist. Unterstützung der Hamas, Erschaffung und Aufbau der Hezbollah, Anheizen des Bürgerkriegs im Irak, Steuerung des Houthi Aufstands im Jemen… man könnte das noch ewig weiter ausbreiten.
Der Atomdeal mit dem Westen war zu jeder Zeit eine Farce und um mal zur allgemeinen Erheiterung Trump zu zitieren ein wahrhaft „schlechter Deal“. Das einzige was damit erreicht wurde, war dem totalitären Regime in Teheran Zeit und die Möglichkeit zur Reorganisation zu geben. Chamberlain hätte es nicht besser machen können. Wer sich noch daran klammert und diesen Vertrag öffentlich verteidigt (wie gerade GB), untermauert damit nur seine eigne Schwäche und Hilflosigkeit unter dem Deckmäntelchen von Diplomatie und internationalem Recht. Wenn dem Iran danach ist, kann er innerhalb weniger Monate Atomwaffen haben und in der derzeitigen und von mir beschriebenen strategischen Situation wird das auch niemand verhindern.
Das in den letzten Jahrzehnten im Westen massive strategische Fehler begangen wurden will ich überhaupt nicht leugnen. Der dritte Irakkrieg war einer dieser Fehler, Libyen ein anderer. Da bin ich durchaus bei Ihnen. Und natürlich ist die Kolonialzeit vorbei und auch ich möchte sie nicht widerbeleben. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die internationale Ordnung insgesamt davon abhängt, wie die großen Mächte diese in Ihrem Interesse formen. Freier Welthandel, Liberalismus, Demokratie, Menschenrechte und die so gerne beschworene internationale Rechtsordnung sind westliche, aufklärerische Konzepte und bedauerlicherweise eben keine menschlichen Universalismen, nach denen jeder von sich aus strebt. Das diese Konzepte momentan noch die internationalen Beziehungen weitestgehend bestimmen (bei allen Fehlern und inneren Widersprüchen), liegt ausschließlich an der US-geführten, wirtschaftlich-militärischen „Hegemonie“ des Westens. Diese unipolare Welt zerbricht seit einigen Jahren vor unseren Augen. Ob daraus mittelfristig eine neue Bipolarität mit China und dem Westen oder eine multipolare Welt entsteht, oder langfristig vielleicht sogar mit einem Hegemon China, lässt sich noch nicht wirklich sagen. Die Tendenz zeigt jedoch, wie man am Beispiel Iran ganz wunderbar beobachten kann, in Richtung einer multipolaren Weltordnung und einer Zersplitterung des internationalen Systems. Deutlich zunehmende Spannungen und eine erhebliche Schwächung der Mechanismen die unseren Wohlstand und letztendlich auch unsere Freiheit ermöglichen werden die Folge sein.
Der Iran ist dabei in meinen Augen eine Art Katalysator weil hier vor allen Augen der Welt westliche Kerninteressen berührt werden und nichts geschieht. Jede Macht dieser Erde sieht, wie uneinig und hasenfüßig der Westen darauf reagiert. Zerstritten und schwach. Das eine Mittelmacht westliche Schiffe kapern und US Luftfahrzeuge abschießen kann, ohne das eine Reaktion erfolgt, wird nirgendwo vergessen werden. Das ist ein ganz anderes Level als moralische „rote Linien“ die in Bürgerkriegen überschritten werden ohne das es Konsequenzen hat.
Die einzige sinnvolle Möglichkeit, wie man hier noch einen Rest westlicher Glaubwürdigkeit retten kann, ist meines Erachtens der Aufbau einer massiven westlichen Abschreckungskulisse des ganzen Westens, vereint unter einer gemeinsamen westlichen Strategie und einem einheitlichen Narrativ. Die fünfte Flotte würde dafür einen hervorragenden Rahmen liefern und könne mit europäischen Schiffen verstärkt werden. Nicht um das Regime zu stürzen und sich auf Jahrzehnte in der nächsten nicht zu gewinnenden Insurgency zu verstricken, sondern um einem totalitären Regime die Grenzen aufzuzeigen, was man akzeptiert und was nicht.
Aber lieber Herr pio-Fritz, ich weiß natürlich genau so gut wie Sie, dass das nicht passieren wird und so können Sie sich künftig über eine immer wichtigere Rolle des missverstandenen, friedlichen und humanistischen Iran im nahen Osten freuen und ich kann mich ergebnislos darüber ärgern.
@ wacaffe sagt:
23.07.2019 um 12:16 Uhr
Na gut, wenn Ihnen ggf. undifferenzierte Meinungsbildung, basierend auf alternativen Fakten, mit stets umgehendem Einschwenken ins Kielwasser des grossen Bruders USA und einer archaischen Wertschätzung des Recht des Stärkeren lieber wäre, könnte ich mit vorstellen ab morgen damit anzufangen, damit Sie bessere Laune bekommen; weitere Mitforisten sicher auch.
Würden Sie Ihre Vorstellungen dazu freundlicherweise näher spezifizieren, damit die Diskussion zum Themenfeld zukünftig enger nach Ihrem Gusto verlaufen kann? Vielleicht zunächst in einer Testphase, 2 Tage etwa, um zu schauen, ob wir einem Anspruch an eine weniger pluralistische Diskussionskultur gerecht gerecht werden können?
Die Festsetzung der Grace 1 in Gibraltar durch UK mit den Kaperungen durch die Pasdaran zu vergleichen, entbehrt jeglicher rechtlicher Vereinbarkeit. Waehrend UK das gueltige EU- Embargo von 2012 in der aktualisierten Fassung 2019 umsetzt, muss der IRN auf fadenscheinige territoriale Ansprueche bzw. angebl. Navigationsfehler zurueckgreifen um seine Handeln zu begruenden.
Die EU-Sanktionen beinhalten insbesondere folgende Beschränkungen:
1. Rohöl und Erdölerzeugnisse inkl. Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive
2. Ausrüstung für Öl-/Gasindustrie
3. Kraftwerksbau
4. Ausrüstung für Internet-/Telefonüberwachung
5. Diverse weitere Ausrüstungsgüter
6. Luxusgüter
7. Gold, Edelmetalle, Diamanten, Banknoten, Münzen
8. Militärgüter/Ausrüstung für interne Repression
9. Flüge syrischer Fluglinien
10. Finanzsanktionen – Personenlisten
11. Zentralbank Syriens
12. Finanzdienstleistungen
13. Frachtkontrolle
14. Kulturgüter
Man erkennt, dass die Sanktionen in weiten Teilen gegen die Kriegswirtschaft des Assad-Regimes und das unmittelbare Unterstuetzerumfeld
( Familie/ Clan Assad, nachgeordnete Fuehrungskreise ) gerichtet sind. Die Vermischung zwischen staatlichen Akteuren und privaten Interessen ist dabei zu beruecksichtigen. Ausnahmen betreffen syr. Opposition/ humanitare Org.
UK setzt also Entscheidungen der EU um. Nur die ueblichen Anti- US Kommentare unterstellen Trump- Hoerigkeit.
Anders der IRN. Es gab bereits seit Monaten mehrere Vorfaelle ( Drohnenangriffe aus der Luft/ zu Wasser, mglw. Torpedo- oder andere Sprengsatz- Angr durch Pasdaran und/ oder verbuendete Milizen im weiteren Arabischen Golf). Die gegenwaertige Eskalation ist zwar Tit- for- Tat und dient hauptsaechlich der Mobilisierung der Oeffentlichkeit im IRN; aber es aendert nichts daran, dass der IRN die aktive Befahrung der Strasse von Hormuz faktisch und potentiell bedroht.
@all
Ich bin sehr für eine lebhafte Debatte, ebenso aber auch dafür, nicht in die Gefahr zu geraten, in persönliche Anwürfe abzugleiten. Die Gefahr sehe ich in diesem Thread und würde mich freuen, wenn es nicht dazu kommt.
@wacaffe sagt:23.07.2019 um 12:16 Uhr
Sie verschließen schlicht die Augen vor der realen Situation und deren Ursachen, da hilft auch kein argumentieren.
Nur noch ein Fakt am Rande, DEU bekommt gem Statista.com 2017 ca. 8,6% Erdöl aus der Golfregion (vgl. 44% aus Russland), ich schrieb es bereits in einem anderen Thread. „Vitale Ressource“ ist da nicht das Schlagwort, das mir da einfällt. Sicherlich ist Erdöl immens wichtig, aber die Menge lässt sich ersetzend woanders am Weltmarkt beschaffen. Da wäre sogar noch eine ordentliche Preissteigerung drin, bis man die Kosten eines Militäreinsatzes erreicht.
Man erntet, was man sät!
Mit ein wenig Sinn für Treppenwitze, fällt einem sehr schnell auf, dass die neuere Geschichte zwischen Iran und GB mit Erdöl begann (Mossadegh wollte ja die vornehmlich britischen Ölfirmen verstaatlichen) und der Streit mit dem Kampf ums Öl weitergeht.
In den rund 65 Jahren dazwischen wurde eine komplette Region destabilisiert, gut ein Dutzend Kriege im Nahen Osten geführt und sinnlos Geld und vor allem Menschen geopfert…..
DEU muss (!) dringend die Finger von solchen postkolonialistischen Machtspielchen lassen!
@Mike Lima sagt: 23.07.2019 um 13:20 Uhr
Die Sache mit dem Atomdeal sehe ich eben anders, und da ist wahrscheinlich auch eine Hauptdiskrepanz zwischen uns. Die AEAO hat bei jeder Inspektion den Iranern bescheinigt, sich an das Abkommen zu halten. Inkl. Anreicherung auf max. 3,7%. Jetzt reichern sie auf 4,67% an, quasi als Trotzreaktion auf die westlichen Sanktionen. Für waffenfähiges Plutonium brauchen Sie aber eine Anreicherung auf 90%, und wir (der Westen) hat keine Inspektionsmöglichkeit mehr.
Wie doof muss man eigentlich sein, um so ein Inspektionsregime freiwillig aus der Hand zu geben?
Und wenn Sie über freien Welthandel etc. reden, ja steht das dem Iran nicht zu? Wenn nicht, aus welchen Gründen?
Bei Ihrer Betrachtung, wie aggressiv und manipulativ der Iran Konflikte in der Region schürt und unterstützt, bitte ich Sie, die selbe Betrachtung mit den gleichen Maßstäben für Saudi-Arabien und Israel durchzuführen. Sollte das in Ihren Augen nicht vergleichbar sein, weil die komplett anders gelagerte Fälle sind (in Ihren Augen), interessiert mich die Begründung dazu.
Denn, wo war nochmal die Keimzelle von Al-Quaida? Es fängt mit S an….
@ all
beim Bezug auf SPON ging es mir primär um den zunehmend gesinnungsethischen Ton der beim Iran Dossier auch hier Einzug hält.
Merkmal ist eben die affektive Parteinahme für eine Regime, dass in so ziemlich jeder denkbaren Thematik eine Poltik verfolgt, die deutschen Interessen zuwider läuft.
Nur mal am beispiel freie seewege:
Die Straße von Hormus gehört ist eine internationale Schiffahrtsstraße deren freie Durchfahrt auch von den territorialstaaten nicht willkürlich beschränkt (siehe retourkutsche für iranischen tanker) oder gar geschlossen werden darf. Iran hat zwar UNCLOS nicht ratifiziert aus eigeninteresse ist es aber für Deutschland sinnvoll sich der entsprechenden Völkergewohnheitsmeinung anzuschließen und entsprechend zu handeln.
Das ist umso mehr wichtig, als sich Völkerggewohnheitsrecht aus Rechtsauffasung und tatsächlicher Staatenpraxis ergibt. Tut Deutschland in derart gelagerten fällen nichts (Geleitschutz/Protest usw), trägt es unmittelbar zur Erosion eines für Deutschland wesentlichen Völkergewohnheitsinstituts bei.
Das nur zu diesem Thema.
Was mich grundsätzlicher stört ist die latente Ansicht Vieler, man müsse in derart gelagerten Konflikten eine neutrale Äquidistanz zu den unmittelbar betroffenen Parteien waren. UK und die USA sind trotz aller Differenzen Lichtjahre kongruenter mit deutschen Interessen als dies der Iran in seiner gegenwärtigen Verfassung sein kann. Deutschland ist keine Weltverbesserungs NGO sondern ein Staatswesen mit Interessen denen es im Sinne seiner Bürger zur Geltung verhelfen sollte. Genau diese Perspektive geht aber hier leider aber zunehmend verloren.
Die anderen Themen nehem ich aus Zeitgründen jetzt mal nicht auf, der Tenor wäre aber ähnlich
@ T.W.
keine Angst ich bin diskursiv robust ;-)
@ Mike Lima
Was Sie als Maßnahme für den Iran skizzieren unterscheidet sich nur leider im wahrscheinlichen Ergebnis nicht großartig von den Aktionen die sie klar als Fehler benennen (Libyen, Irak).
Wenn man eine (vielfach)Multipolare Welt verhindern möchte, müssen die großen Pole sich an einen Tisch setzen und dafür sorgen daß die Menge der Pole begrenzt bleiben. EU, US+?, CN, RU und dann… mal schauen wer sich so zusammenraufen kann. Afrika wäre überfällig, Ozeanien, irgendwas im mittleren Osten? Aber bisher ist die westliche Politik eher dadurch aufgefallen mögliche neue Pole nicht aufkommen zu lassen. Eher das Model Teile und Herrsche. Das ist sicher verständlich, aber ich fürchte die Zeiten sind vorbei und werden im Zeitalter assymetrischer Kriege auch mit 4% vom BIP für Militärausgaben nicht zurück kommen.
Schon allein die Man-Power wird da zum Problem. Iran hat heute rund 80 Mio Einwohner. Irak knapp 40. Libyen 6-7. Keines der Länder hat man mit Wirtschaftssanktionen in „den Griff“ bekommen. Afghanistan hat knapp 40 Millionen. Da war nicht viel zu Sanktionieren aber militärisch hat man es auch nicht in den Griff bekommen.
Das was wir als Freiheit und Wohlstand lange Zeit genossen haben ist leider zu nicht unwesentlichen Teilen auf schlechter Stellung andere Regionen Zustande gekommen. Das gilt für billige Rohstoffe wie für preiswerte Arbeiten – je nach Region. Die einen haben es trotzdem verstanden daraus etwas zu machen, andere eher nicht so. Grundsätzlich haben sich jedoch die Mittel und Möglichkeiten weiter angeglichen. Die massive wirtschaftliche wie militärische Überlegenheit ist nicht mehr gegeben. Die Block-Konfrontation des kalten Krieges hat da zusätzlich vieles begünstigt. Aber selbst zu den Zeiten des kalten Krieges waren Kolonien nicht mehr zu halten bzw gingen direkte Einflußzonen verloren, weil die lokalen Bevölkerungen nicht mehr so wollten.
Diese Zustände werden wahrscheinlich nicht zurück kommen. Ich halte es nicht für klug das künstlich wieder herbei zu führen nur weil es damals so schön gemütlich war. Solange das das Ziel ist, werden vermutlich viele der potentiellen Gegner auch nicht mitspielen wollen bzw sind dabei für diesen Fall Allianzen zu schmieden, die weit bessere Chancen haben einen Blockkonflikt mit dem „Westen“ zu ihren Gunsten zu entscheiden. Wie hier schon angemerkt ist „der Westen“ auch bei weitem nicht mehr ähnlich vereint. Der gemeinsame Gegner ist schon zu lange weg und die Lust auf einen neuen arg begrenzt.
Ich denke daß die Zukunft eher in wirtschaftlicher Kooperation und Anreizen für Entwicklung und Kooperation liegen. Ja man braucht wahrscheinlich trotzdem leider einen Knüppel den man ab und zu mal rumzeigen muß. Aber in dem Moment wo man ihn ernsthaft und substanziel einsetzen muß hat man eigentlich schon verloren, es sei denn man wurde selbst angegriffen. Siehe Irak, Afghanistan und Libyen. Oder Jemen.
Wir haben mehr zu gewinnen wenn wir dafür sorgen daß sich Regionen zu neuen größeren Polen zusammenschließen und wir mit denen kooperativ zusammenarbeiten. Teile und Herrsche muß aufhören. Das geht zwar bei uns mit Wohlstandsverlust einher (Rohstoffe, Nahrung, Billigarbeiten werden teurer) aber anders wird es (meiner Meinung nach) nicht gehen wenn wir weiter in relativem Frieden leben wollen.
@Eric Hagen:
Sie heben sehr stark auf das „EU-Embargo“ ab!
Aber die Frage, die meiner Meinung nach zu wenig gestellt wird muss doch lauten:
Wieso sollten sich Staaten/Reedereien an ein EU (!)-Embargo halten, wenn sie nicht Teil der EU sind?
Kann die EU dem Rest der Welt vorschreiben, mit wem Handel betrieben werden darf? Die EU will sich ja auch nicht dem US-Embargo gegen den Iran anschließen , dann kann man das wohl auch nicht für diesen Fall anwenden, oder? Oder soll die Begründung lauten, die Passage von Gibraltar kann pauschal als Sanktionsverstoß gelten, sobald dort EU-TTW durchfahren werden? Wie sieht das mit den Aspekten „Friedliche Durchfahrt“, respektive „Transitpassage“ aus?
DAS hinterfragt irgendwie keiner – ist aber ein entscheidender Auslöser des Konfliktes auch wenn es in keinster Weise den Iran zu seiner Reaktion berechtigt (rechtlich betrachtet – rein machtpolitisch war das ein logischer Akt).
@ Eric Hagen sagt:
23.07.2019 um 14:01 Uhr
Die betreffende Sanktionsregelung „Verordnung (EU) 36/2012“, auf die GBR sich als primäre Grundlage für das Festsetzen der Grace 1 bezieht, gilt:
„a) im Gebiet der Union einschließlich ihres Luftraums,
b) an Bord der Luftfahrzeuge und Schiffe, die der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats unterstehen,
c) für Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, innerhalb und außerhalb des Gebiets der Union,
d) für die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten oder eingetragenen juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen,
e) für juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen in Bezug auf Geschäfte, die ganz oder teilweise in der Union getätigt werden.“
Siehe, in konsolidierter Fassung unter Berücksichtigung aller Verordnungsänderungen: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:02012R0036-20190304 , Artikel 35.
Davon trifft b)-e) auf Grace 1 nicht zu, und a) kann keinesfalls herangezogen werden, da
GBR sowie PANAMA als Staat unter dessen Flagge die Grace 1 fährt beide das UN-Seerechtsübereinkommen ratifiziert haben, genau so wie SINGAPUR, wo der Eigner sitzt, und demnach unzweifelhaft das Recht auf freie Durchfahrt durch EU-Gewässer besteht.
IRAN ist keine Partei der EU-Sanktionen gegen SYR. Gegen IRN bestehen auch keine Sanktionen der EU hins. Ölexport. EU hat kein Recht gegen SYR eine Blockade für Dritte zu verhängen.
Wären solche unilateralen Sanktionen gegenüber einer Non-Party völkerrechtlich durchsetzbar, könnte IRN ja bei Gelegenheit das gleiche machen, und die Strasse von Hormus wäre in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu. Sie merken, das klappt nicht. Nur die UN könnten Sanktionsbeschlüsse mit Wirkung auf Dritte erlassen, aber es gibt gegen SYR eben keine entsprechenden UN-Sanktionen.
Die Handlungen von GBR und IRN sind hins. wohl völkerrechtswidrigem Festsetzen der Grace 1 und Stena Impero daher – leider – sehr vergleichbar.
Dass der Iran auch nicht hasenrein ist, sehe ich als gegeben an. Die Welt ist wie immer grau, nicht schwarz oder weiß… Auch, dass der Iran derzeit provoziert, wie er nur kann, ist klar. Und aus iranischer Sicht nur folgerichtig. Noch nie waren die westlichen Industrienationen mehr mit sich selbst und einander beschäftigt, hinzu kommen die internen Spannungen durch die Migration aus Syrien und Nordafrika bzw. in den USA über die mexikanische Grenze und die Migration dort. Militärisch sind die westlichen Länder – mit Ausnahme der USA – auch nicht mehr auf dem Zenit ihrer Schlagkraft, der regionale Rivale Saudi Arabien ist mit dem Stellvertreterkonflikt im Jemen dicke beschäftigt…
Die Iraner nutzen jetzt eine aus ihrer Sicht gegebene Möglichkeit, das Machtgefüge um den Persischen Golf zu ihren Gunsten zu verschieben.
Wildcard in dieser Hinsicht bleibt allerdings Israel. Israel hat bereits bewiesen, dass es die Überschreitung gewisser roter Linien hinsichtlich nuklearer Waffenprogramme nicht toleriert und notfalls auch militärisch präventiv agieren wird. Unabhängig von dem aktuellen Festsetzen von Schiffen dürfte das iranische Atomprogramm für die weitere Entwicklung viel relevanter werden. Ob es eine Rückkehr zum Atomabkommen geben wird, und sich die Iraner wieder kontrollieren lassen, dürfte viel mehr Bedeutung für Frieden in der Region besitzen, als alles andere.
Die EU hat ein vitales Interesse daran, die Meerenge für Handelsschiffe aller Nationen offen zu halten. Deutschland hat auch ein hohes Interesse daran, dass der Iran keine Atomwaffen bekommt. Denn in der derzeitigen Regimesituation würden diese mit ziemlicher Sicherheit vor allem ein Ziel haben: Israel! Wer es ernst meint, mit dem Spruch „Nie wieder!“ kann sich da kaum aus der Affäre ziehen.
@Roadrunner
„Aber die Frage, die meiner Meinung nach zu wenig gestellt wird muss doch lauten:
Wieso sollten sich Staaten/Reedereien an ein EU (!)-Embargo halten, wenn sie nicht Teil der EU sind?
Kann die EU dem Rest der Welt vorschreiben, mit wem Handel betrieben werden darf?“
– Sie haben die richtige Frage gestellt.
– Die Sanktionen, die von der EU gegen Syrien verhängt wurden, haben für den Iran völkerrechtlich keine Relevanz.
– Daher ist auch die Kaperung eines iranischen Schiffes mit diesem Argument völkerrechtlich – aus meiner Sicht – nicht zu begründen.
Zitat aus der UN-Charta:
„Völkerrechtliche Grundlage für die Verhängung von Sanktionen ist der Artikel 41 der Charta der Vereinten Nationen:
Der Sicherheitsrat kann beschließen, welche Maßnahmen – unter Ausschluß von Waffengewalt – zu ergreifen sind, um seinen Beschlüssen Wirksamkeit zu verleihen; er kann die Mitglieder der Vereinten Nationen auffordern, diese Maßnahmen durchzuführen…
Als Teil des Kapitels VII der UN-Charta kann der Artikel nur Anwendung finden, wenn der Sicherheitsrat gemäß Artikel 39 vorher feststellt, dass aufgrund einer Angriffshandlung oder in der Fortdauer einer Streitigkeit oder einer Situation eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens besteht. Sanktionen können nur vom Sicherheitsrat verhängt werden,…“
https://de.wikipedia.org/wiki/UN-Sanktion
Einen solchen Sicherheitsratsbeschluß, der die Kaperung der Grace 1 durch UK völkerrechtlich legitimieren würde gibt es meines Erachtens nicht. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, dass es eine andere völkerrechtliche Legitimation für eine solche Handlung gibt.
Also mein Fazit nach all den Diskussionen:
1. Großbritannien und der Iran verhalten sich völkerrechtswidrig.
2. Deutschland sollte deshalb politisch darauf hinwirken, dass beide Parteien die beschlagnahmten Schiffe freilassen.
3. Deutschland hat ein Interesse daran, dass die Straße von Hormus für den internationalen Schiffverkehr geöffnet bleibt. Es gibt aber viele weitere Länder, die ein ebenso großes Interesse daran haben – nicht zuletzt auch alle Anrainerländer des Persischen Golfs. Es gibt also viele (vor allem auch asiatische) Staaten mit dem gleichen Interesse und wir benötigen hier sicher keinen EU-Sonderweg.
4. Deutschlands Politik, sich viele Zugänge zu Energiequellen zu verschaffen ist absolut richtig. Das gilt für Öl aus dem persischen Golf aber auch für Öl aus der Nordsee und Erdgas aus Russland. Weiter so und nicht durch einseitige Interesse (z.B. der USA in Bezug auf Nordstream) irritieren lassen.
5. Das ganze Thema ist eine Steilvorlage für die Energiewende in Deutschland. Lasst uns die regenerativen Energien noch stärker als bisher zu Diversifizierung unser Energieversorgung nutzen.
6. Unsere Marine-Beschaffungen des letzten Jahrzehnts K130 und F125 sind gar nicht so schlecht. Auf dem Level unterhalb einer offenen kriegerischen Konfrontation mit dem Iran – also beispielsweise Konvoischutz gegen kleine Schnellboote – und in der Durchsetzung von Embargos sogar fast optimal.
Ziel: Deeskalation
https://www.reuters.com/article/us-mideast-iran-france/france-germany-britain-working-on-maritime-observation-mission-in-gulf-le-drian-idUSKCN1UI1WO
Triumvirat, FRA, GBR, DEU. Der Ansatz einer Beobachter-Mission ist allerdings etwas anderes als der des maximalen Druckaufbaus aus Washington.
Die Teilnahme deutscher Kriegsschiffe ist nicht nur eine Selbstverständlichkeit zur Interessenwahrnehmung und Stützung von Partnern. Sie kann auch ein Zeichen gegen den ausgreifenden Teheraner Machtanspruch bedeuten. Dem diplomatischen Ansatz zum Erhalt der JCPOA widerspricht eine Beobachter-Mission nicht.
Obendrein, die Welt, und insbesondere unsere Partner können auch erkennen, dass wir nicht sind wie @NZZ schreibt „Der hässliche Deutsche trägt keinen Stahlhelm mehr – er belehrt die Welt moralisch“.
Es geht nur oberflächlich um 2 Tanker.
Das iranische Regime ist auf mehreren Ebenen aktiv, um regionale Vorherrschaft zu erlangen, dem Ziel der Zerstörung Israels näherzukommen und auch in Europa mit Spionage und Attentaten aktiv zu sein. 1992 ermordete ein iranisches Kommando 4 Exiliraner in Deutschland ( Mykonos- Attentat), nach einer kurzen Pause sind seit ein paar Jahren nach europäischen Geheimdienstinformationen wieder iranische Mord-Kommandos aktiv. In Frankreich und Dänemark wurden 2 Anschläge verhindert, in den Niederlanden gab es 2 Morde , die vermutlich von iranischen Kommandos begangen wurden. Der ehemalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe wurde vom iranischen Geheimdienst überwacht und ausspioniert, der Spion 2017 zu 4 Jahren Haft verurteilt. ( SZ,31.5.19 “ Angst vor Irans Killerkommandos“).Europa muss gegen diese Aggressionen zusammenstehen, ein “ mir egal“ gegenüber Großbritannien oder gar Antiamerikanismus nutzt dem Iran und schadet Europa.
Wie schon erwähnt, was interessiert den Rest der Menschheit ein unilaterales EU-Embargo. Daraus das Recht abzuleiten ein Schiff in der freien Passage zu kapern, könnte man auch Piraterie nennen.
Zu Mullahkratie, unser Buddy Saudi-Arabien ist noch viel schlimmer. Wenn ich morgen mit Kind und Kegel in eines der beiden Länder auswandern müsste (unter vergleichbaren wirtschaftlichen Bedingungen), dann wäre dies ohne zu Zögern Teheran und und nicht Dschiddah. Im Iran gibt es wenigstens noch den Hauch von Pluralismus.
Kern des Problems ist aber, so wie Milosevic mit seiner Rede auf dem Amselfeld die Fackel geworfen hat, so war es G. W. Bush mit dem Irakkrieg. Er hat gezeigt dass die USA ohne konkreten Grund zu einem Regime Change unter erheblichem Aufwand willens sind, wenn ihnen das Regime nicht passt. Dagegen gibt es nur eine Rückversicherung, nukleare Bewaffnung. Das haben der Iran und Nord-Korea begriffen.
Gibt es schon ein Video des Einsatzes der britischen Fregatte, die angeblich iranische Boote abdrängen musste? Ein Schiff für rund eine Milliarde Euro und kein Bildmaterial?
@ Klaus-Peter Kaikowsky sagt: 23.07.2019 um 19:49 Uhr
„Ziel: Deeskalation“
Stimmt schlicht und ergreifend nicht! Wer Deeskalation will verläßt nicht das JCPOA und kapert auch keine Handelsschiffe mit iranischer Ware ohne Legitimation durch die UN.
Das Ziel von USA/UK schien vielmehr „Eskalation“. Und wir sollten da nicht mitmachen!
@Nachhaltig
„6. Unsere Marine-Beschaffungen des letzten Jahrzehnts K130 und F125 sind gar nicht so schlecht. Auf dem Level unterhalb einer offenen kriegerischen Konfrontation mit dem Iran – also beispielsweise Konvoischutz gegen kleine Schnellboote – und in der Durchsetzung von Embargos sogar fast optimal.“
Tatsächlich? Der Iran hat U-Boote und man befindet sich in der Reichweite einer Vielzahl von Flugkörpern und weiterer Luftkriegsmitteln. Da sind K130 und F125 nicht sehr sicher aufgehoben wenn sie da offen Parade fahren.
@pio-Fritz:
„Die Sache mit dem Atomdeal sehe ich eben anders, und da ist wahrscheinlich auch eine Hauptdiskrepanz zwischen uns.“
Ja, das bewerte ich ähnlich ;) Ich vertraue erstens dem Iran kein bisschen und zweitens schüttet man meiner Meinung nach das Kind mit dem Bade aus, wenn man sich in einem Teilaspekt wie der Urananreicherung einigt, aber alle anderen Faktoren außer acht lässt, bzw. den Iran sogar noch durch ein Ende von Sanktionen und co massiv stärkt. Mal davon abgesehen, dass es technisch weitaus anspruchsvoller ist, Uran 235 von seiner natürlichen Konzentration auf etwa 4% anzureichern, als von 4% auf 90%. Den weitaus schwierigeren Schritt und vor allem die gesamte nötige Infrastruktur belässt das JCPOA ja intakt. Ich möchte hierzu mal Frau Dr. Beumler vom GIDS zitieren, da es den Sachverhalt extrem gut auf den Punkt bringt: „Die in Deutschland viel zitierte Aussage, das JCPOA (oder wie es auch genannt wird: „Atomabkommen“) hätte iranische Milizen in Nahost nicht zum Gegenstand, ist korrekt. Allerdings lässt dies außer Acht, dass die USA eben diese Milizen, ihre Entwaffnung und ihren Rückzug aus Staaten wie Syrien und dem Irak durchaus zum Gegenstand der Verhandlungen gemacht haben. Der US-Außenminister Pompeo hat vor über einem Jahr darauf hingewiesen, dass die USA die iranische Aufgabe dieser Milizen als Voraussetzung für einen amerikanischen Wiedereintritt in das JCPOA ansehen. Für die iranische Führung wird diese Bedingung indes unzumutbar sein, da die von ihnen gesteuerten Milizen ihr größtes Machtvehikel in Nahost darstellen – auch deshalb ist es naiv anzunehmen, dass sich die Frage um schiitische Milizen von der Weiterführung des JCPOA-Prozesses trennen ließe.“ ( https://gids-hamburg.de/wp-content/uploads/2019/07/Statement2019_02_Beumler.pdf )
„Und wenn Sie über freien Welthandel etc. reden, ja steht das dem Iran nicht zu? Wenn nicht, aus welchen Gründen?“
Dem Iran steht selbstverständlich das Recht auf freien Handel zu. Was ihm aber nicht zusteht, ist mit Sanktionen belegter Handel in den Hoheitsgewässern europäischer Staaten. Und was ihm auch nicht zusteht ist die Behinderung des Handels in internationalen oder fremden Gewässern. So manch einer scheint ja zu denken, die Straße von Hormus wäre iranisches Gesamteigentum – aber die Seegrenze verläuft in der Mitte und die andere Hälfte gehört dem Oman bzw. den VAE.
„Bei Ihrer Betrachtung, wie aggressiv und manipulativ der Iran Konflikte in der Region schürt und unterstützt, bitte ich Sie, die selbe Betrachtung mit den gleichen Maßstäben für Saudi-Arabien und Israel durchzuführen. Sollte das in Ihren Augen nicht vergleichbar sein, weil die komplett anders gelagerte Fälle sind (in Ihren Augen), interessiert mich die Begründung dazu.
Denn, wo war nochmal die Keimzelle von Al-Quaida? Es fängt mit S an….“
Bei Saudi Arabien gebe ich ihnen komplett recht. Natürlich haben die Saudis (übrigens in der ganzen islamischen Welt, nicht nur im nahen Osten) vor Allem durch die massive Verbreitung ihrer wahabitisch-salafistischen Denke, unglaublichen Schaden angerichtet. Hinterher ist man immer schlauer, aber diese Entwicklung hätten die USA im Keim ersticken und nicht noch im Rahmen von schlecht gemachtem „divide et impera“ fördern dürfen. MBS hat ja durchaus hoffnungsvolle Ansätze gezeigt, die schlimmsten Entartungen der saudischen Theokratie aufzubrechen, aber das wird ein langer Weg und seine Position ist durch die unsägliche Causa Khashoggi auch vorerst geschwächt. Trotz allem steht uns realpolitisch und geostrategisch Saudi-Arabien deutlich näher als der Iran und ist in meiner Bewertung daher ein „Schweineh*“, aber eben unser „Schweineh*“.
Völlig anders bewerte ich hingegen Israel. Israel ist der einige wirkliche demokratische Rechtsstaat im ganzen nahen Osten. Natürlich gibt es auch dort mal Aktionen, die moralisch zweifelhaft sind, aber welcher Staat kann sich denn bitte davon frei machen? Israel muss sich seit seinem Bestehen permanent einer existenziellen Bedrohung erwehren, gegen Feinde, die aus ihrer Absicht der völligen Auslöschung Israels im Allgemeinen und des jüdischen Volkes insbesondere, keinen Hehl machen. Alle maßgeblichen Militäreinsätze Israels waren Reaktionen auf vorherige Angriffe, oder auf Präventivschläge gegen existenzielle strategische Bedrohungen (z.B. Osirak). Wer ernsthaft Israel und den Iran auf eine Stufe stellt, hat meiner ganz persönlichen Meinung nach, ein großes Problem mit der Justage seines moralischen Kompasses. Bewerten sie denn ISR und IRN gleich? Und wenn ja, warum?
@Ralf Gabriel:
„Was Sie als Maßnahme für den Iran skizzieren unterscheidet sich nur leider im wahrscheinlichen Ergebnis nicht großartig von den Aktionen die sie klar als Fehler benennen (Libyen, Irak).“
Das sehe ich anders. Beim Irak (2003) war das erklärte Ziel der Regime Change. In Libyen war es der Eingriff in einen Bürgerkrieg auf Rebellenseite, was auch auf Regime Change hinauslaufen musste. In der von mir skizzierten Maßnahme geht es aber eben nicht darum das Regime durch eine Invasion zu stürzen und es gibt auch im Iran keinen Bürgerkrieg den man beeinflussen könnte. Es geht mir ausschließlich um Abschreckung und Eindämmung eines machtpolitischen Akteurs.
Wenn wir zusätzlich einfach als Gedankenspiel einen Regime Change im Iran betrachten, komme ich aber auch dort zu einer anderen Bewertung als im Falle Irak, Libyen oder auch Syrien. Alle zuvor genannten Staaten vereint (oder vereinte), dass sie unter prinzipiell sekular-baathistischer Führung standen (bei Gaddafi etwas weniger, aber auch er war kein Islamist im klassischen Sinne), die aufkommende radikal-islamistische Strömungen relativ erfolgreich unterdrückt haben. Nach dem Sturz von Gaddafi und der Schwächung von Assad, waren es gerade die sunnitischen Islamisten, die am organisiertesten waren. So verwundert es kaum, dass diese Strömungen ein derartiges Gewicht bekamen (in Ägypten konnte das ja zum Glück durch Al-Sisis entschlossenes Handeln noch verhindert werden). In Libyen wurde das Zersplittern der Gesellschaft durch das Clansystem noch weiter gefördert und Syrien und Irak sind nicht nur multi-ethnisch, sondern auch konfessionell gespalten (in beiden Fällen mit „minority rule“ – Assad über die sunnitische Mehrheit und Hussein über die schiitische). Das Zerbrechen und Scheitern dieser Staaten nach dem Regime Change war im Anbetracht dieser Faktoren eigentlich unausweichlich.
Im Iran stellt sich die Situation allerdings anders da – das Land ist ethnisch und auch religiös weitaus homogener und besitzt eine historisch gewachsene, nationale und kulturelle Identität. Die persische Hochkultur umfasste über Jahrtausende eine geographisch mit dem heutigen Iran weitgehend deckungsgleiche Region. Mit Ausnahme der Kurden im Westen, die vermutlich in so einem Szenario nach Autonomie streben würden, sehe ich keine hohe Wahrscheinlichkeit für ein grundsätzliches Zerfallen des Irans. Politisch sind die schlimmsten Islamisten bereits an der Macht – es gibt im Iran keine extremistischere Gruppe, die diese Stellung einnehmen könnte. Viele junge Iraner (und auch genug ältere) sind nach Jahrzehnten der islamistischen Unterdrückung und Gängelung eher sekular-persisch eingestellt (jedenfalls die Perser die ich persönlich kenne, wie z.B. meine Nachbarn) und könnten eine gemäßigte Regierung ins Amt bringen. Die parallelen staatlichen Strukturen des Iran liefern hierfür bereits eine Ausgangsbasis. Würde man Revolutionsgarden, Wächterrat und den „obersten Revolutionsführer“ beseitigen, wäre immer noch eine funktionsfähige Regierung vorhanden.
@Klaus-Peter Kaikowsky sagt: 23.07.2019 um 19:49 Uhr
Und welche Rolle soll Deutschland in diesem Triumvirat geben? Den reichen „Crassus“? „Cäsar“ wird es ja wohl nicht werden. Sollte es auch nicht, angesichts seines Schicksals und der darauf folgenden Ereignisse (2. Triumvirat, römischer Bürgerkrieg).
Und das historische Triumvirat (das 1. und das 2.) war auch nicht auf „Deeskalation“ angelegt, sondern auf Durchsetzung kühl kalkulierte Machtinteressen einzelner aber voneinander abhängiger Personen, die es an „guter“ Rhetorik, zur Verschleierung ihrer wahren Absichten schon damals nicht haben fehlen lassen . Sehen Sie die Parallelen? Aus d(ies)er Geschichte kann man lernen.
Seit Jahrzehnten wird im Nahen Osten gezündelt, seit Jahren immer intensiver. Neben der rechtfertigenden Dauerfrage: „Wem nützt es?“ sollte man aus perspektivischen Gründen auch mal die Frage stellen „Wem schadet es?“.