Neues Sturmgewehr: Heckler&Koch verlangt Änderung der Ausschreibung (Nachtrag: Firmensprecher)

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Der jahrelange Streit um die Standardwaffe der Bundeswehr, das zur Ausmusterung anstehende Sturmgewehr G36 und die Suche nach einem Nachfolger, bekommt eine neue Wendung: In einem ungewöhnlichen Schritt hat der Oberndorfer Hersteller Heckler&Koch, der sich an der Ausschreibung für das neue Sturmgewehr beteiligt, direkt bei Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen interveniert, wie die Welt am Sonntag (WamS) berichtet.

In einem elfseitigen Schreiben beklagt das Unternehmen, die Anforderungen an eine neue Waffe seien nicht mit dem kleineren Kaliber des G36 zu erfüllen, sondern nur mit dem größeren Kaliber des früheren Sturmgewehrs G3. Darüber hinaus seien die Kriterien für die neue Waffe an einem Präzisionsgewehr orientiert und nicht an einer Standardwaffe für die Truppe.

In dem Schreiben umgeht das Unternehmen praktisch das laufende Ausschreibungsverfahren und fordert Änderungen an den Ausschreibungsbedingungen, berichtet das Blatt  (Link aus bekannten Gründen nicht; die dpa-Meldung dazu hier). Das Ministerium bestätigte lediglich, dass das Schreiben von Heckler&Koch eingegangen sei, wollte aber zu den Details nicht Stellung nehmen.

Nachtrag: Das Unternehmen meldete sich am Montag mit dieser Stellungnahme:

Mit Blick auf die Ausschreibung „Nachfolge Gewehr G36“ sind wir unserer Verpflichtung als Fachfirma nachgekommen, unseren Kunden kompetent und umfassend bei der Auswahl des neu zu beschaffenden Standardgewehrs zu beraten.
Ziel dieser technischen Information ist es, dass für die Soldatinnen und Soldaten eine überlegene Standardwaffe zur erfolgreichen Durchführung ihres Auftrages für alle realistischen Einsatzszenarien beschafft werden kann.
Darüber hinaus ist unser Schreiben an die Bundesministerin der Verteidigung von uns nicht weiter zu kommentieren.

Im Oktober vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass sich die Suche nach einem neuen Sturmgewehr für die Bundeswehr verzögert, weil alle bis dahin angebotenen Waffen den Anforderungen nicht entsprochen hätten. Zudem seien nur Waffen im kleineren NATO-Kaliber 5,56mm angeboten worden, wie es mit dem G36 genutzt werde. Für das größere Kaliber 7,62mm, wie es zuvor mit der früheren Standardwaffe G3 genutzt wurde, habe es keine Angebote gegeben.

In der Ausschreibung des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) vom April 2017 ist kein Kaliber vorgegeben. Von der Leyen hatte nach bekanntgewordenen Problemen mit dem G36 als bisheriger Standardwaffe erklärt, dieses Gewehr habe in seiner jetzigen Konstruktion keine Zukunft in der Bundeswehr, und den Beschaffungsprozess für ein neues Sturmgewehr angestoßen. Allerdings war das 1995 in die Bundeswehr eingeführte Gewehr ohnehin für eine Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgelegt, so dass die Suche nach einem Nachfolger auch ohne die – lange umstrittenen – technischen Probleme hätte begonnen werden müssen.

Laut WamS beklagte das Unternehmen in seinem Schreiben vom 12. April, dass die Anforderungen an das Gewicht von Waffe (3,6 Kilogramm) und leerem Magazin (160 Gramm) nur mit dem kleineren Kaliber 5,56mm zu erfüllen sei – zugleich aber die Anforderungen an die Wirksamkeit und Präzision nur mit dem größeren Kaliber. Das wiederum sei bei dem erwarteten Gewicht nicht möglich, wäre aber schon bei einigen 100 Gramm mehr Waffengewicht problemlos zu realisieren. Die Ministerin solle deshalb die Anforderungen der laufenden Ausschreibung überdenken.

Das BAAINBw kam laut WamS-Bericht in einer Stellungnahme für das Ministerium zu der Einschätzung, es sei sehr problematisch, dass das Unternehmen seine Forderungen außerhalb des Vergabeprozesses geäußert habe. Damit werde einem Konkurrenten der Weg eines Nachprüfungsverfahrens ermöglicht – was für Heckler&Koch das Risiko eines Ausschlusses vom Vergabeverfahren bedeute.

Offiziell hat das Verteidigungsministerium bisher nicht bekannt gegeben, welche Unternehmen sich um den Auftrag für die neue Standardwaffe der Bundeswehr bewerben. Neben Heckler&Koch gilt das Thüringer Unternehmen Haenel als weiterer Bewerber. Die Waffenhersteller SigSauer und eine Kooperation von Rheinmetall mit dem österreichischen Unternehmen Steyr-Mannlicher hatten ihre Beteiligung an dem Projekt zurückgezogen.

(Archivbild: German soldiers of 12th Armored Brigade, 10th Panzer Division prepare to clear a room while conducting urban operation training during exercise Saber Junction 16 at the U.S. Army’s Joint Multinational Readiness Center in Hohenfels, Germany, March 31, 2016 – U.S. Army photo by Spc. Lloyd Villanueva)