G36-Nachfolger: SigSauer zieht Angebot zurück

Im Wettbewerb um die Nachfolge des Sturmgewehrs G36 als neue Standardwaffe der Bundeswehr hat das Unternehmen SigSauer sein Angebot zurückgezogen. Die deutsch-amerikanische Firma sei von Bundeswehr und Verteidigungsministerium gegenüber der Konkurrenz gezielt benachteiligt worden, kritisierte SigSauer-Geschäftsführer Franz von Stauffenberg am (heutigen) Freitag im Gespräch mit Augen geradeaus!: Ich trete nicht an, um da ausgestrichen zu werden.

Damit dürften als mögliche neue Sturmgewehre der deutschen Streitkräfte eine Waffe des Schwarzwälder Herstellers Heckler und Koch oder der österreichischen Firma Steyr Mannlicher in Kooperation mit Rheinmetall infrage kommen. Nach der Aufforderung zum Angebot an Rüstungsunternehmen im September konnten sich aber auch weitere europäische Firmen bewerben; welche Unternehmen zu einem Angebot aufgefordert wurden, bleibt allerdings zunächst unklar.

Stauffenberg verwies gegenüber Augen geradeaus! darauf, dass das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in den Bedingungen für die neue Waffe vorgegeben habe, dass keine Technik verwendet werden dürfe, die einem Genehmigungsvorbehalt der USA unterliege. Damit habe die Behörde der deutsch-amerikanischen Firma wissentlich den Genickschuss verpasst: SigSauer habe zwar eine rein deutsche Fertigung angeboten und auch mitgeteilt, dass es keine patentrechtlichen US-Vorbehalte gebe, das reiche aber nicht aus. Die Vorgabe sei einseitig gewesen, weil die Bundeswehr bei vielen anderen Rüstungsgütern die US-Vorbehalte und die so genannten ITAR-Regelungen akzeptiere, bei dem neuen Sturmgewehr jedoch nicht.

Darüber hinaus sei das Unternehmen bei der Zuteilung von Munition für die Erprobung der neuen Waffe deutlich benachteiligt worden, kritisierte Stauffenberg. Zwar sei SigSauer zunächst schriftlich die Zuteilung in Aussicht gestellt worden. Diese Zusage sei aber drei Monate später mit der Begründung zurückgezogen worden, dass die Munition dann allen Wettbewerbern zur Verfügung gestellt werden müsse. Dabei sei es nur darum gegangen, dass der Hersteller der Geschosse die Erlaubnis erhalte, dass die Waffenhersteller die Munition auf eigene Kosten erwerben dürften.

Der Hauptkonkurrent Heckler&Koch, Hersteller der bisherigen Standardwaffe G36 und Anbieter für eine neue Waffe, habe dagegen wegen laufender Lieferungen für die Streitkräfte und Tests im Auftrag der Bundeswehr genügend Munition, um auch ein neues Angebot im Hinblick auf die Anforderungen des BAAINBw zu prüfen, sagte der SigSauer-Geschäftsführer. Ohne die exakt gleiche Munition könne das Unternehmen wichtige Details seiner angebotenen Waffe jedoch nicht testen.

Das Verteidigungsministerium lehnte aus vergaberechtlichen Gründen eine Stellungnahme zur Kritik von SigSauer ab. Die Veröffentlichung von Unternehmen nehmen wir zur Kenntnis, werden unsererseits allerdings nicht kommentiert, sagte ein Ministeriumssprecher.

Über den Ausstieg von SigSauer aus dem Wettbewerb um die G36-Nachfolge hatte zuerst die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

Das BAAINBw hatte im Februar dieses Jahres den Auftrag für die neue Standardwaffe öffentlich ausgeschrieben, nachdem das G36 nach  einer langwierigen und kontroversen Debatte über die Treffsicherheit (Details in vielen Einträgen hier nachzulesen) von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen faktisch für ausgemustert erklärt wurde (Hat in dieser Konstruktion keine Zukunft in der Bundeswehr). Allerdings war die Nutzung des Mitte der 1990-er Jahre in die Bundeswehr eingeführten Gewehrs von Beginn an auf etwa 20 Jahre ausgelegt, so dass auch ohne diese Kontroverse die Suche nach einem neuen Sturmgewehr angestanden hätte.