(Nicht nur) Trump-Fallout: Neue Debatte über den deutschen Verteidigungsetat

Der NATO-Gipfel in dieser Woche stand ganz im Zeichen der Debatte über die Verteidigungsausgaben der Mitgliedsländer und der ein wenig, nun, erratischen Äußerungen von US-Präsident Donald Trump (zu Unrecht, weil in der Gipfelerklärung weit mehr und weitreichenderes drinsteht). Das hat auch Auswirkungen auf die Debatte in Deutschland.

Unter anderem, weil die Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brüssel von einigen als Ankündigung verstanden wurden, schneller als bisher vorgesehen den deutschen Wehretat zu erhöhen. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat das ganz konkret als Ziel ausgegeben, zur Verärgerung des Koalitionspartners SPD.

Die innenpolitische Debatte nimmt gerade erst Fahrt auf; als Merkposten ein kurzer Überblick:

Kauder pocht auf Militäretat von 1,5 Prozent schon 2021

Unions-Fraktionschef Volker Kauder pocht auf eine schnellere Anhebung der Verteidigungsausgaben.
“Wir müssen das 1,5-Prozent-Ziel am besten noch in dieser Wahlperiode erreichen”, sagte Kauder der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Freitagausgabe). Der Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellte sich damit gegen die Bundesregierung, die erst 2024 auf 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung kommen will.

Unterstützung bekam die Union vom früheren CDU-Verteidigungsminister Volker Rühe am Freitag im Deutschlandfunk:

Das heißt, es ist schon lange klar, auch bei seinen Vorgängern, die viel eleganter waren wie Obama, dass wir Europäer mehr eigene Verantwortung für unsere Sicherheit übernehmen müssen, um auch in diesem Jahrhundert ein angemessener Partner für die USA zu sein. Deswegen liegt das eigentliche Versagen in der deutschen Politik und das muss sich ändern, und es gibt ja auch Initiativen des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, Herrn Wadephul, der deutlich gemacht hat, dass man noch in dieser Legislaturperiode, um ein Minimum für die Bundeswehr zu erreichen, 1,5 Prozent braucht, und das muss durchgesetzt werden. (…)
Aber realistisch ist es, noch in dieser Legislaturperiode – und das ist ganz konkret bis 2021 – zu 1,5 Prozent zu kommen. Das ist noch nicht die Politik der Regierung, aber schon die Politik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und das muss die Politik Deutschlands werden. Das ist eine Summe, die man vernünftig investieren kann, ohne sich zu überfordern, und das wäre wirklich auch ein entscheidender Schritt, um der Bundeswehr wieder die Chance zu geben, den Weg in die Zukunft zu finden und dass sie eine leistungsfähige Armee ist.

(Nachtrag zur Erläuterung: Die von Rühe genannte Position des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Johannes Wadephul hatte der bereits am 5. Juli, nach dem Beschluss des Bundeskabinetts zum Haushalt und eine Woche vor dem Gipfel, in einem Interview ebenfalls im Deutschlandfunk deutlich gemacht – allerdings mit der von den Gipfelbeschlüssen nicht gedeckten Aussage, es seien genau 2,0 zugesagt:

Innerhalb der Koalition war für die Bundesregierung derzeit nicht mehr möglich als zu sagen, 1,5 bis 2024, aber bis 2024 sind genau 2,0 zugesagt. Deswegen sagt die CDU/CSU-Fraktion, wir brauchen 1,5 Ende dieser Legislaturperiode. Das wäre 2021 und das ist auch erreichbar.

Die Gegenstimmen dazu kommen aus der Regierungskoalition selbst, von den Sozialdemokraten:

SPD lehnt schnellere Erhöhung des Wehretats ab

Finanzminister Scholz erteilt Trump-Militärziel Absage

Deutschland wird bei der von US-Präsident Donald Trump geforderten schnellen Steigerung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftskraft nicht mitmachen.
Deutschland habe beim Nato-Gipfel am Mittwoch und Donnerstag nur zugesagt, was auch öffentlich bekannt sei, sagte Scholz am Freitag in Brüssel. (…) Die Höhe der Ausgaben ließe sich auch gar nicht so schnell ändern, da es dafür ein festgelegtes Prozedere gebe.

Ein wenig vermittelnder äußerte sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU)  am Donnerstagabend in den ARD-Tagesthemen:

Frage: Sie müssten sich doch als Verteidigungsministerin auch darüber freuen, dass da mehr Geld kommen könnte. Warum sagen Sie Kanzlerin Merkel nicht, lass uns das Ziel schneller erreichen, das hilft auch der Bundeswehr und nicht nur der NATO?
Antwort: Weil wir einen guten Plan ausgearbeitet haben innerhalb der Bundeswehr. Ich hatte eben geschildert die Lücken die wir haben, den Aufholprozess, den wir leisten müssen, und dies gemeinsam mit dem Parlament. Beispiel: Wenn die Bundeswehr wachsen soll – und das tut sie -, wieder mehr Soldatinnen und Soldaten, dann müssen diese Männer und Frauen ausgebildet werden. Das bedeutet Investitionen in die Fähigkeiten, die sie entwickeln müssen. Das braucht seine Zeit.
Wenn Sie neues Gerät brauchen – auch das braucht seine Zeit. Kasernen, die wieder modernisiert werden müssen, die ganze Digitalisierung, die nach vorne getrieben werden muss in der Bundeswehr, das braucht viele Investitionen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass jedes Jahr der Haushalt steigt, so wie wir es verabredet haben. Aber man kann das eben auch nicht übers Knie brechen, sondern man muss das mit Bedacht und sinnvoll investiertem Geld dann auch auf den Weg bringen.

Weiter dann vermutlich nach Entwicklung, vielleicht auch am Wochenende.

(Foto: Schützenpanzer Marder bei einer Vorführung am Tag der Bundeswehr am 9. Juni 2018 in Holzdorf – Bundeswehr/Johannes Heyn)