Planung bis 2022: Steigender Verteidigungshaushalt, sinkende NATO-Quote (neu: von der Leyen)

Der deutsche Verteidigungshaushalt wird in den kommenden Jahren zum Teil deutlich steigen – allerdings letztendlich geringer als die Forderungen aus Verteidigungsministerium und Bundeswehr. Zugleich wird nach der mittelfristigen Finanzplanung bis 2022 die so genannte NATO-Quote, der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, aufgrund der erwarteten guten Konjunkturentwicklung weiter zurückgehen und nicht nur unter den im Bündnis angestrebten zwei Prozent, sondern auch deutlich unter der Zusage von 1,5 Prozent für 2024 bleiben.

Daran ändert auch wenig, dass – nach dem Protest von Verteidigungs- und Entwicklungsmnisterium – die Ansätze gegenüber den Ende April/Anfang Mai beschlossenen Eckwerten und gegenüber der bisherigen Finanzplanung gestiegen sind.

Entsprechende Zahlen wurden am (heutigen) Dienstag aus Regierungskreisen bekannt. Das Bundeskabinett will den Entwurf des Bundeshaushalts 2019 und die Planung für die nächsten Jahre am kommenden Freitag beschließen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen begrüßte die Steigerung.

Nach dem Entwurf soll der Einzelplan 14, also der eigentliche Verteidigungsetat, im kommenden Jahr auf 42,90 Milliarden Euro steigen – gegenüber 38,95 Milliarden Euro in diesem Jahr (in dieser Zahl sind auch zusätzliche Gelder für Solderhöhungen in einem anderen Einzelplan eingerechnet). Für die kommenden Jahre sieht die Finanzplanung einen Anstieg auf 42,93 Milliarden Euro im Jahr 2020, auf 43,88 Milliarden 2021 und dann wieder ein leichtes Absinken auf 43,86 Milliarden Euro im Jahr 2022 vor.

Die NATO-Quote wird nach Angaben aus Regierungskreisen von 1,24 Prozent in diesem Jahr auf 1,31 Prozent 2019 steigen. Danach sinkt sie wieder: Im Jahr 2020 wird sie nach der mittelfristigen Finanzplanung 1,28 Prozent, im Jahr 2021 dann 1,27 Prozent und im Jahr 2022 noch 1,23 Prozent betragen. Der an die NATO gemeldete Anstieg auf 1,5 Prozent 2024 wird dann, das wird auch in Regierungskreisen eingeräumt, ein großer Sprung.

Neben dem Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt wird auch der Anteil der Rüstungsbeschaffung, also der investiven Angaben am Verteidigungshaushalt, unter dem in der Allianz angestrebten Ziel bleiben: Die avisierten 20 Prozent werden voraussichtlich in keinem der kommenden Jahre erreicht.

Die vergleichsweise deutliche Steigerung von 2018 auf 2019 ist vor allem den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag geschuldet: Der Wehretat erhält danach eine Milliarde Euro zusätzlich sowie weitere rund 900 Millionen für die Steigerung der Personalkosten. Hinzu kommen, und das geht über die im Frühjahr beschlossenen Eckwerte hinaus, rund 550 Millionen aus den nach der Steuerschätzung erwarteten zusätzlichen Mitteln: Verfügbare 1,1 Milliarden Euro kommen, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, je zur Hälfte dem Verteidigungs- und dem Entwicklungshaushalt zugute.

Im April hatte das Wehrressort noch die Steigerung des Haushalts in den kommenden Jahren als unzureichend beklagt. Wenn kein weiterer Aufwuchs erreicht werden könne, so hatte das Ministerium angekündigt, müssten verabredete internationale Rüstungsprojekte gestoppt oder gar nicht erst begonnen werden.

Nachdem das Verteidigungsministerium zunächst eine Stellungnahme zu den bekannt gewordenen Zahlen abgelehnt hatte, äußerte sich am Abend die Ministerin selbst positiv. Die Bundeswehr  braucht diese Investitionen, und insofern ist es gut, dass wir noch mal einen deutlichen Aufwuchs der Mittel für das Jahr 2019 haben, sagte von der Leyen vor ausländischen Journalisten, wie das Ministerium bestätigte. Die Ministerin verwies darauf, dass die Bundeswehr einen hohen Nachholbedarf habe. Sie sei mit dem Haushalt für das kommende Jahr sehr zufrieden.

Nachtrag: Aus dem Gespräch von der Leyens mit ausländischen Journalisten berichtet AP ergänzend:

German Defense Minister Ursula von der Leyen said Tuesday that “we stand by the 2 percent goal we’ve set.” She added that “we’re on the path there. And we’re prepared … to take substantial responsibility within the alliance.”
When faced with the suggestion that such German explanations for not spending 2 percent of GDP yet might not make an impression on [US-Präsident Donald] Trump, she retorted: “We don’t want to impress anyone.”

Auch wenn das Kabinett den Haushaltsentwurf beschließt – die endgültige Entscheidung fällt erst mit dem Beschluss des Parlaments, der für Ende November vorgesehen ist. Und da bringen sich die ersten in Stellung, zum Beispiel der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Johann Wadephul:

Noch besteht erheblicher Nachholbedarf – vor allem bei den Verteidigungsausgaben. Der Koalitionsvertrag enthält deswegen ganz zu Recht ein grundsätzliches Bekenntnis zum Zwei-Prozent-Ziel von Wales. Die derzeitige mittelfristige Finanzplanung für den Verteidigungshaushalt bis 2022 kommt dem jedoch noch nicht nach. Hier muss deutlich nachgelegt werden: Das erfordern unsere Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit im Bündnis. Vor allem aber: Die Bundeswehr braucht jeden zusätzlichen Euro, um ihren ungeheuren Investitionsbedarf zu decken. Wir halten es darum für nötig, die Verteidigungsausgaben so zügig wie möglich auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern.

(Archivbild: Tag der Bundeswehr am 9. Juni 2018 in Warnemünde mit Seaking-Hubschrauber und Korvette Oldenburg – Bundeswehr/Jonas /Weber)