Hubschrauber für Mali: BMVg spricht von „grober Verständigung“ mit dem Außenministerium (m. Transkript)

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Die Bundesregierung tut sich noch ein bisschen schwer, ihre Überlegungen zum Einsatz deutscher Hubschauber im UN-Einsatz in Mali zu präzisieren. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, sprach am (heutigen) Mittwoch von einer groben Verständigung mit dem Auswärtigen Amt über diese Frage. Entscheidungen müssten aber von den Vereinten Nationen getroffen werden, weil es doch ein UN-Einsatz sei. Einig sind sich beide Ressorts offensichtlich vor allem in einem Punkt: Deutschland darf nicht dauerhaft in diese Aufgabe rutschen.

Da blieb doch glatt offen, ob es von deutscher Seite nun eine Entscheidung über ein solches Angebot an die UN gibt. Ach, hört einfach selbst, was Flosdorff und Außenamtssprecher Martin Schäfer dazu zu sagen hatten:

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Nachtrag: Die Abschrift dazu:

Frage : Herr Flosdorff, Herr Schäfer, können Sie kurz den Stand der Dinge für die Entscheidung, Hubschrauber der Bundeswehr nach Mali zu schicken, darstellen?

Flosdorff: Sie haben sicherlich verfolgt, dass wir im Sommer schon erste Überlegungen begonnen haben, nachdem unsere niederländischen Partner in Gao erst inoffiziell, aber dann auch offiziell angemeldet haben, dass sie im Frühjahr des kommenden Jahres ihre Hubschrauberkapazitäten aus Gao abziehen müssen, weil sie das Engagement in dieser Form nicht länger aufrechterhalten können. Daraufhin hatten Untersuchungen und Sondierungen auf der UN-Ebene begonnen – denn wir reden ja über MINUSMA, also eine VN-Mission -, um zu schauen, wie man dieses Engagement der Niederländer möglichst gleichwertig ersetzen kann.

Als Hintergrund für diejenigen, die in der militärischen Thematik nicht so tief drinstecken: Hier geht es um Transporthubschrauber, um Evakuierungshubschrauber, die auch für die medizinische Rettungskette wichtig sind, hier geht es aber auch um Kampfhubschrauber, die diese Evakuierungsaktionen decken können, und es geht auch darum, wie man die Aufklärungsaktivitäten rund um Gao beziehungsweise den Auftrag der Bundeswehr dort in Gao unterstützen kann.

Diese Sondierungen der Vereinten Nationen, welche andere Nation das machen könnte, waren bisher nicht von Erfolg getragen. Es sieht im Moment auch nicht so aus, als wenn dort kurzfristig noch Erfolge zu erzielen wären. Die Niederlande haben allerdings auch schon angekündigt, dass sie dort im Frühjahr abziehen wollen; die Zeit drängt also. Insofern hat es hier eine Verständigung zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Auswärtigen Amt gegeben – die ja seit vielen Wochen in sehr engem und gutem Kontakt sind, auch mit den Vereinten Nationen -, dass dort ab dem nächsten Frühjahr als Rückfallposition – falls sich auf die Schnelle keine weitere Nation findet, die dieses Engagement in derselben Qualität übernehmen kann – auch die Bundeswehr zeitlich befristet einspringen könnte – vorzugsweise in einem Rotationsmodell.

Ich sage hier aber ganz ausdrücklich: Dazu ist noch keine Entscheidung getroffen. Wir müssen jetzt einfach abwarten, was die nächsten Tage noch bringen.

Schäfer: Ich kann das, was Herr Flosdorff gesagt hat, bestätigen und bekräftigen. Ich möchte aus Sicht des Auswärtigen Amtes und vielleicht auch für die Bundesregierung nur ergänzen, dass wir uns aus Überzeugung – weil es wichtig ist – für die Stabilisierung von Mali im Rahmen der Aktivitäten der internationalen Staatengemeinschaft einsetzen. Das ist nicht nur ein militärisches Engagement; im Gegenteil, das ist im Wesentlichen ein sehr breit angelegtes auch ziviles Engagement. Es geht darum, die Bedrohungen Malis und der ganzen Region durch islamistischen Terrorismus zu bekämpfen – deshalb sind wir auch in Gao -, und es geht darum, Mali zu stabilisieren, um Migrationsströme aus der Region durch Mali oder aus Mali heraus zu begrenzen und zu kontrollieren. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir uns im Rahmen der internationalen Gemeinschaft an den Stabilisierungsbemühungen für Mali beteiligen. Dabei sind wir schon ganz gut vorangekommen. Die Arbeit ist noch nicht getan; die Arbeit wird aber irgendwann zu einem Ende kommen. Bis dahin ist es so, wie Herr Flosdorff sagt, dass wir auch militärisch bereit sind, uns weiter zu engagieren. Die Details werden Sie dann zu gegebener Zeit von dieser Bank oder an einer anderen Stelle – zum Beispiel im Bundestag – natürlich erfahren.

Zusatzfrage : Herr Flosdorff, wenn Sie sagen, die Entscheidung sei noch nicht gefallen: Wovon hängt jetzt ab, dass diese Entscheidung fällt, und was ist der angepeilte Zeitrahmen?

Flosdorff: MINUSMA ist, wie gesagt, keine deutsche Mission, sondern eine VN-Mission. Das heißt, dass es jetzt darum geht, in enger Abstimmung aller Partner, die daran beteiligt sind – auch in Gao sind unterschiedliche Partner beteiligt -, auch mit New York, zu schauen, ob der Entscheidungsprozess so weit ist, dass das entschieden werden kann. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Wochen – von heute ausgehend, würde ich denken, dass wir sicherlich nicht mehr über Monate reden – zu einer belastbaren Grundlage kommen, sodass wir dieses Thema, das schon den ganzen Sommer über in der Schwebe ist, in geregelten Bahnen haben.

Schäfer: Auch an dieser Stelle volle Übereinstimmung mit dem Auswärtigen Amt. Nur noch die Ergänzung zu den Gesprächen und Beratungen in New York: Für uns ist es wichtig, dass es, wenn wir denn hineingehen, auch klare Absprachen darüber gibt, wann und wie wir wieder herauskönnen.

Frage: Herr Schäfer, ich will gleich daran anknüpfen. Wie kann so etwas aussehen, dass man sagt: „Wir gehen für ein Jahr mit den Hubschraubern rein, und dann muss eine andere Nation kommen“? Wie fest muss denn die Zusage einer anderen Nation sein? Gibt es schon Gespräche dazu?

Schäfer: Keine Mission, weder eine zivile noch eine militärische Mission ist in Stein gemeißelt und auf Ewigkeit angelegt. All das, was wir für Mali tun – militärisch, zivil, in vielfacher Weise, mit der Europäischen Union, mit den Vereinten Nationen, zum Teil auch bilateral mit Entwicklungshilfe und vielen anderen Dingen mehr -, dient dem Zweck, das Land zu stabilisieren. In dem Maße, in dem unsere internationalen Anstrengungen erfolgreich sind, besteht in der internationalen Gemeinschaft und auch bei uns ein Interesse daran, dieses Engagement wieder zurückzufahren.

In den vielen Gesprächen, die die Bundesregierung mit möglichen Partnern, aber im Wesentlichen, wie Herr Flosdorff es gerade dargestellt hat, mit den zuständigen Stellen der Vereinten Nationen geführt hat, war es nicht so, dass es nicht andere Partner gegeben hätte, die bereit und aus unserer Sicht auch in der Lage wären, militärische Dienstleistungen zu erbringen, die für uns und für die Mission als Ganzes wichtig sind. Diese Gespräche werden wir fortsetzen. Bei diesen Gesprächen sehen wir weiterhin auch die Vereinten Nationen klar in der Pflicht, uns Fristen, Zeiten und Pläne zu nennen, mit denen wir dann für uns planen und entsprechende Entscheidungen treffen können.

Zusatzfrage: Wird das als Bedingung formuliert?

Schäfer: Es gibt überhaupt keinen Grund, irgendetwas, was ich gesagt habe, als Bedingung oder Ultimatum zu formulieren. Aber wir haben die klare Vorstellung, dass unser Einsatz insgesamt, aber dann vielleicht auch der zusätzliche Einsatz von Hubschraubern nicht auf Ewigkeit angelegt ist.

Flosdorff: Ich möchte an dieser Stelle ergänzen. Die Fähigkeit, um die es geht, ist eine wirklich kritische Fähigkeit für alle, die dort unterwegs sind. Sie ist sehr wichtig für die Erfüllung des Aufklärungsauftrages. Davon hängt ab, in welchem Radius rund um den Stationierungsort Gao aufgeklärt werden kann. Davon hängt ab, wie stark auch die anderen Nationen bereit sind, sich dort zu engagieren. Wenn die Rettungskette steht und wenn die Transporte gesichert werden können, ist alles viel einfacher. Deswegen hat das eine sehr hohe Bedeutung. Das haben wir gegenüber den Vereinten Nationen formuliert. Auch vonseiten der Partner, die in Gao sind, besteht diese Erwartung.

Wir haben in den Gesprächen die Erfahrung gemacht, dass den Vereinten Nationen bewusst ist, dass sie dabei in der Pflicht stehen. Es gibt, wie Herr Schäfer gesagt hat, durchaus andere Nationen, die ein Interesse daran haben, sich in Gao und auch in der von uns gewünschten Validität zu engagieren. Manchmal ist der Knackpunkt der Zeitrahmen, dass es nicht so kurzfristig geht. Das Interesse ist da. Aber es ist jetzt nicht an Deutschland, eine Reihung hinzustellen und alle diese Zusagen einzuholen. Diese Aufgabe liegt bei den Vereinten Nationen. Es trifft zu, dass von unserer Seite aus die Erwartungshaltung besteht, dass man dieses Thema aktiv und auf Basis der gemachten Erfahrungen und Informationen, die wir in den vergangenen Wochen und Monaten eingeholt haben, bewältigen kann.

Frage : Herr Flosdorff, sowohl die Hubschrauber als auch die Techniker dafür können ja jeweils nur an einem Ort sein. Als die Ministerin in Fritzlar beim Kampfhubschrauberregiment 36 war, war nicht zuletzt eines der Themen, dass dieses Regiment noch lange nicht voll ausgestattet ist, dass noch sowohl einige Tiger sozusagen im mittelfristigen Zulauf sind, als auch an Personal noch einiges fehlte. Gleichzeitig sind einige der Tiger in die „battle group“ eingemeldet.

Jetzt würde ich von Ihnen schon gern wissen, wie viele Menschen nach Mali gehen müssten. Ich meine, mindestens fünf Tiger müssten dort hinunter – vielleicht auch sechs oder sieben – und entsprechendes Personal dafür.

Wie sieht es denn aktuell mit dem Zulauf aus? Wie viele Tiger haben Sie denn momentan tatsächlich zur Verfügung? Wie weit ist man beim Personalstand?

Flosdorff: Ich werde hier nicht mit Ihnen in Zahlenexegese gehen, solange keine Entscheidungen getroffen worden sind. Dann wird alles das militärisch ausgeplant. Ich kann Ihnen nur grundsätzlich sagen – das war auch damals Thema in Fritzlar -, dass der Klarstand bei dieser Fähigkeit, über die die Bundeswehr verfügt, derzeit gut ist, viel besser als in den vergangenen Jahren. All die Fragen, die Sie ansprechen, werden selbstverständlich in den Planungen berücksichtigt werden. Sie dürfen dabei volles Vertrauen in die Bundesregierung haben.

Frage : Ich habe eines noch nicht ganz verstanden. Ist aufseiten der Bundesregierung die Entscheidung getroffen, den Vereinten Nationen dieses gegebenenfalls konditionierte Angebot zu machen, oder ist auch aufseiten der Bundesregierung noch Entscheidungsbedarf vorhanden?

Vorsitzender Feldhoff: Herr Schäfer? Oder Herr Flosdorff?

Flosdorff: Jetzt waren so viele Konditionen darin, dass ich – – –

Zuruf : Nein, die Konditionen haben Sie gesagt. Ich möchte nur wissen, ob es aufseiten der Bundesregierung noch Entscheidungsbedarf gibt oder ob die Bundesregierung schon entschieden hat, dieses Angebot an die UN zu machen, die dann, wie Sie uns dargestellt haben, letztendlich entscheiden müssen.

Flosdorff: Es gibt eine grobe Verständigung, wie ein erweitertes Engagement der Bundeswehr aussehen könnte. Aber jetzt müssen erst einmal Prozesse bei den Vereinten Nationen laufen.

Zusatz : Ich habe es nicht verstanden. Gibt es in der Bundesregierung noch Entscheidungsbedarf an der Stelle?

Flosdorff: Wir entscheiden nicht über die Mission MINUSMA. Das tun die Vereinten Nationen.

Zusatz : Aber über das deutsche Angebot entscheidet die Bundesregierung.

Flosdorff: In Abstimmung mit den Vereinten Nationen.

Schäfer: Ich verstehe nicht recht, was Ihnen jetzt unklar ist.

Zusatz : Ich bin ja laienhaft gestrickt und denke, die Bundesregierung macht den Vereinten Nationen ein Angebot, unter Umständen konditioniert, und die Vereinten Nationen sagen: „Ja, das machen wir“ oder: „Nein, das machen wir nicht.“ Habe ich das richtig verstanden?

Gibt es dieses deutsche Angebot an die Vereinten Nationen?

Flosdorff: Wir sind gerade in einem Prozess. Ich habe gesagt, dass die Entscheidung noch nicht gefallen ist. Wenn der Prozess abgeschlossen ist, können wir darüber informieren. Aber wir führen das sicherlich nicht öffentlich in der Bundespressekonferenz.

 

(Archivbild: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 9. August 2016 beim Kampfhubschrauberregiment in Fritzlar)