Mali: Der aktuelle (offizielle) deutsche Stand

Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang der Woche Bereitschaft zu einer deutschen Beteiligung an einem internationalen Militäreinsatz in Mali signalisiert hatte und Außenminister Guido Westerwelle Kampftruppen ausgeschlossen hatte, hier mal der letzte offizielle Stand aus der Bundespressekonferenz am (heutigen) Freitag. Auf die Fragen antworten Regierungssprecher Steffen Seibert und der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Peschke:

FRAGE: Eine Frage zum Thema Mali. Herr Regierungssprecher, sieht die Bundeskanzlerin Anlass, diese Ansprüche, die jetzt auch von französischer Seite an Deutschland gestellt werden, zum Anlass zu nehmen, etwaige Vertrauensdefizite, was deutsche Außenpolitik und deutsches Engagement im Ausland angeht, zu beheben? Ist das Teil des Abwägungsprozesses bei der Kanzlerin?

STS SEIBERT: Erste Antwort ganz generell: Ich bin überzeugt, dass die deutsche Außenpolitik großes Vertrauen genießt. Das zeigt sich in der erfolgreichen Zusammenarbeit bei vielen UN- und EU-Missionen, in denen wir mit anderen Ländern und Partnern sehr gut zusammenarbeiten. Das ist meine generelle Antwort.

Auf Mali bezogen haben wir hier in der letzten Regierungspressekonferenz sehr ausführlich dargestellt: Die Bundeskanzlerin hat von der denkbaren Unterstützung eines Einsatzes gesprochen. Eine mögliche Beteiligung deutscher Streitkräfte hängt natürlich davon ab, dass erst einmal die Voraussetzungen geklärt sind. Bei der Klärung der Voraussetzungen steht die internationale Gemeinschaft gerade am Anfang. Es sind Erkundungsmissionen unterwegs. Da gibt es bestimmte Fristen. Es gibt ein Treffen der europäischen Außen- und Verteidigungsminister am 19. November, wo man sich einen Bericht dazu vornehmen will. Erst dann, wenn das alles geklärt ist, wird hier zu entscheiden sein, ob und in welcher Weise Deutschland sich beteiligen kann. Es gibt also gar keinen Grund, da jetzt bereits etwas herbeizureden.

ZUSATZFRAGE: Hat sich die Bundeskanzlerin auch schon beim Verteidigungsminister erkundigt, ob und in welchem Umfang die Bundeswehr überhaupt zu seinem solche Einsatz im aktuellen Stadium in der Lage wäre?

STS SEIBERT: Erst einmal klären wir doch, wie ich gesagt habe, ob die Voraussetzungen für einen möglichen Einsatz überhaupt gegeben sind. Die Bundesregierung hat sich sehr frühzeitig dafür ausgesprochen, dass es ein afrikanisches Engagement in Mali gibt. Sie hat sich dafür ausgesprochen, dass wir eine politische Lösung suchen.

Nun wird geklärt, ob es darüber hinaus die Notwendigkeit und überhaupt die Voraussetzungen für einen wie auch immer gearteten militärischen Einsatz gibt. Von einem Kampfeinsatz ich sage das bei der Gelegenheit ist ohnehin überhaupt nicht die Rede. Wenn diese Klärung abgeschlossen ist, kann man daraus ein Bild machen. Bis zu dem Zeitpunkt wird die Bundeskanzlerin mit dem Verteidigungsminister und dem Außenminister natürlich engstens abgestimmt sein.

PESCHKE: Sie haben mich zwar nicht gefragt, aber da schwang doch ein Vorwurf in Richtung deutsche Außenpolitik mit, den ich so nicht erkennen und auch nicht nachvollziehen kann und der auch von unseren internationalen Partnern uns gegenüber nicht geäußert wird.

Ich kann keinerlei Vertrauensdefizit sehen. Das Gegenteil ist eigentlich der Fall. Unsere internationalen Partner suchen breitest das aktive Gespräche mit uns, um sich zu allen wichtigen internationalen Fragen abzustimmen. Warum? Weil wir uns international sehr intensiv engagieren.

Da Sie das Thema Auslandssätze ansprechen: Deutschland ist in Afghanistan der drittgrößte Truppensteller. Deutschland stellt im Rahmen von KFOR im Kosovo ein ganz erhebliches Truppenkontingent und ist in diesen Einsätzen viel stärker involviert und beteiligt als zum Beispiel wichtige europäische Partner. Denken Sie an die Afghanistan-Diskussion, die zum Beispiel in unserem Nachbarland Frankreich geführt wird. Da gibt es weder ein Engagementdefizit noch ein Vertrauensdefizit.

Was die Diskussion bezüglich Mali betrifft, so führen wir diese mit unseren Partnern in Afrika, aber auch mit unseren internationalen Partnern in der Europäischen Union und darüber hinaus allein auf Grundlage der sachlichen Problematik in Mali. Es geht uns um die Situation in Mali. Was kann getan werden, um diese schwierige Situation überwinden zu helfen? Da diskutieren wir das haben wir hier bereits am Mittwoch ausführlich erörtert nicht nur Sicherheitsfragen, nach denen Sie gerade gefragt haben, sondern auch politische und humanitäre Fragen.

Eines ist ganz klar: Das Wichtigste, was Mali im Moment braucht, ist ein politischer Prozess, der einerseits die politische Krise in ganz Mali überwinden hilft. Wie Sie wissen, gab es da vor einem halben Jahr einen Putsch. Derzeit gibt es dort eine Übergangsregierung und es konnten noch keine Wahlen stattfinden. Die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung muss fortgesetzt werden. Es gibt einen politischen Prozess mit den Bevölkerungsgruppen im Norden, die sich ja nicht erst seit einem halben Jahr, sondern schon seit Jahrzehnten politisch und wirtschaftlich benachteiligt fühlen. Es gibt das humanitäre Problem mit über 400.000 Mali-Flüchtlingen in Mali und in der ganzen Region. Des Weiteren gibt es ein Sicherheitsproblem. Diesbezüglich reden wir in der Tat in der Europäischen Union darüber, wie wir Europäer unter Umständen dabei helfen können, die Ausbildung malischer Streitkräfte zu unterstützen. Das ist das, worüber wir reden, und an dieser Diskussion ist Deutschland sehr aktiv beteiligt. Die Diskussion ist aber nicht abgeschlossen. Insofern stellen sich alle weiteren Fragen zur Beteiligung in welcher Form und wie auch immer diese stattfindet natürlich erst dann, wenn diese vorbereitenden Diskussionen abgeschlossen sind.

ZUSATZFRAGE: Herr Seibert, kommt ein Kampfeinsatz deswegen nicht infrage, weil die Bundeswehr dazu nicht in der Läge wäre, oder weil das politisch nicht gewünscht ist?

STS SEIBERT: Ein Kampfeinsatz kommt nicht infrage Punkt. Die Bundeswehr wird dazu in der Lage sein wenn es denn die Umstände ergeben , das zu leisten, was zu leisten in Mali möglicherweise notwendig ist; ich glaube, das hat Herr Peschke gerade sehr gut umschrieben. Das ist die Haltung.

PESCHKE: Das ist ja auch keine Diskussion, die im luftleeren Raum geführt werden kann. Der Außenminister hat gestern mit dem Präsidenten von ECOWAS, Herrn Ouedraogo, gesprochen; er hat am Dienstag mit dem VN-Sondergesandten für Mali und die Sahelzone, Romano Prodi, gesprochen; er wird heute noch sprechen mit der Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union, der früheren südafrikanischen Außenministerin Dlamini-Zuma. In allen diesen Diskussionen besteht eine ganz große Einigkeit innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft und auch innerhalb der Europäischen Union, dass eine Lösung für Mali auch für den Norden Malis auch in Sicherheitsfragen ganz klar ein afrikanisches Gesicht tragen muss. Insofern ist die Diskussion über einen Kampfeinsatz für uns allein aus außenpolitischen Gründen keine Diskussion, die wir führen.

Es hat ein Treffen der Unterstützer Malis in Bamako stattgefunden da war auch ein deutscher Vertreter, nämlich unser Afrika-Beauftragter , auf dem das noch einmal bekräftigt wurde. Am kommenden Dienstag wird das politische und Sicherheitskomitee der Afrikanischen Union in Addis Abeba zusammenfinden; dort wird diskutiert werden, wie eventuell afrikanische Sicherheitskräfte gewonnen werden können, um dem Problem der Sicherheitslage in Nord-Mali beizukommen.

Es ist aber ganz klar: Was auch immer da getan wird, muss ein afrikanisches Gesicht tragen. Insofern ist das, was Sie ansprechen, eine Diskussion, die mit der tatsächlich außenpolitischen Notwendigkeit wenig zu tun hat. Wir können etwas tun. Wir können unterstützend etwas tun, indem wir zum Beispiel bei der Ausbildung helfen. Über einen solchen Unterstützungs- bzw. Ausbildungseinsatz wird aktiv diskutiert, aber da endet es auch.