Merkposten: Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes absehbar
Trotz des im vergangenen Jahr geschlossenen Abkommens zwischen den USA und den Taliban, alle internationalen Truppen in Afghanistan bis Ende April abzuziehen, deutet inzwischen vieles auf eine Verlängerung des Einsatzes hin. Die Bedingungen, die mit dem Abzug verbunden seien, wurden bislang nicht erfüllt, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters NATO-Offizielle. Die Verteidigungsminister des Bündnisses wollen im Februar über den Fortgang der Mission am Hindukusch beraten.
Reuters beruft sich bei seiner Meldung am (heutigen) Sonntag gleich auf mehrere Quellen in der NATO:
International troops plan to stay in Afghanistan beyond the May deadline envisaged by the insurgent Taliban’s deal with the United States, four senior NATO officials said, a move that could escalate tensions with the Taliban demanding full withdrawal.
“There will be no full withdrawal by allies by April-end,” one of the officials told Reuters.
“Conditions have not been met,” he said on condition of anonymity because of the sensitivity of the matter. “And with the new U.S. administration, there will be tweaks in the policy, the sense of hasty withdrawal which was prevalent will be addressed and we could see a much more calculated exit strategy.”
Ein möglicher Sinneswandel der USA als wichtigstem Truppensteller in Afghanistan, der sich dann auch auf die anderen Nationen in der NATO-geführten Resolute Support Mission auswirkt, kommt nicht überraschend: Unter dem früheren Präsidenten Donald Trump hatte der Abzug der US-Soldaten Priorität; sein letzter (amtierender) Verteidigungsminister Christopher Miller hatte auch Mitte Januar wie von Trump verlangt eine Reduzierung auf 2.500 Soldaten umgesetzt. Als Vorgabe diente das Abkommen, dass die USA Ende Februar vergangenen Jahres mit den Taliban abgeschlossen hatten.
Der neue Präsident Joe Biden und sein Verteidigungsminister Lloyd Austin setzen dagegen auf ein anderes Vorgehen, wie Austins Pressesprecher John Kirby in der vergangenen Woche klarmachte:
We are still involved in trying to get a negotiated settlement. The Taliban have not met their commitments. As you know, there is a looming deadline of early May that — that before everybody in terms of you wanting to have the solution here.
But without them meeting our commitments to renounce terrorism and to stop the violent attacks on the Afghan National security forces and by dint of that the Afghan people, it’s very hard to see a specific way forward for the negotiated settlement.
But we’re still committed to that. There’s no question about that. The secretary has been clear in testimony that that’s — that we need to find a reasonable rational end to this war and that it’s got to be done through a negotiated settlement.
That includes the Afghan government has to be involved in this. And thus far, the Taliban has been, to put it politely, reticent to their requirements. (…)
We have many NATO partners in Afghanistan. In fact, that was another thing that we talked — that the secretary talked about the German defense minister was their commitment to the NATO mission who were also involved in some advise and assist missions as well. So right now we think we have enough to do what we need to do.
But there’s no — let me put — there hasn’t been any decisions made now about what that force presence is going to look like going forward. And I would say this to the leaders of the Taliban, that it is going to be — that they make it that much more difficult for final decisions to be made about force presence by their reticence to commit to reasonable, sustainable, and credible negotiations at the table.
Mit anderen Worten: Die neue US-Regierung hat eine andere Lesart des Abkommens mit den Taliban. Denn die Aufständischen hatten sich – so weit bekannt – zwar weitgehend an die Vereinbarung gehalten, ihre Angriffe auf die internationalen Truppen zurückzufahren – erhöhten aber im Gegenzug ihre Angriffe auf die afghanischen Sicherheitskräfte und auf Zivilisten. Und die ausdrückliche Erwähnung Deutschlands bei der Pentagon-Pressekonferenz deutet darauf hin, dass die US-Administration auch die Verbündeten dabei im Blick hat, jedenfalls mehr als die Regierung Trumps.
Damit sieht es danach aus, dass die NATO-Verteidigungsminister bei ihrem Treffen im nächsten Monat zumindest keinen Abzug zum Mai beschließen. Für Deutschland bedeutet das wiederum voraussichtlich, dass das nötige neue Mandat für den Bundeswehreinsatz verlängert wird – ohne große Änderungen. Das derzeit gültige Mandat hatte der Bundestag im März vergangenen Jahres beschlossen, und vor Ende März dieses Jahres muss eine Entscheidung über den Umgang mit diesem Einsatz fallen, auch und gerade wenn es keinen schnellen Abzug gibt.
(Archivbild Dezember 2018: Raider Brigade Soldiers with 2nd Squadron, 1st Cavalry Regiment, 1st Stryker Brigade Combat Team, 4th Infantry Division conduct a foot patrol in support of Operation Resolute Support and Operation Freedom’s Sentinel – Markus Bowling/U.S. Army photo)
Eine wirkliche Verbesserung wird sich auch durch eine weitere Verlängerung nicht ergeben – auch nicht durch nochmals massiv erhöhten Druck auf die Taliban durch die USA.
Deutschland kann natürlich auch das Mandat nochmal verlängern, gleichzeitig wird jedoch das vorhandene Material erheblich reduziert:
https://www.bundeswehr.de/de/aktuelles/mediathek/5000-kilometer-bundeswehr-material-afghanistan-5020940
Es werden dann halt komplette 20 Jahre ohne echten Willen und Plan.
Die Würfel sind längst gefallen, man sucht nur weiterhin verzweifelt den gesichtswahrenden Weg zum Ausgang.
Ein Blick in die wirkliche Lage im Land, ausserhalb der Lager von RS, auch in der Provinz Kunduz:
https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/war-and-peace/living-with-the-taleban-3-local-experiences-in-dasht-e-archi-district-kunduz-province/
Nächste Woche wird zudem der Bericht der „Afghanistan-Kommission“ (Afghanistan Study Group) vorgelegt:
https://www.usip.org/events/afghanistan-study-group-releases-final-report
Dann werden die USA eine Entscheidung treffen und wir werden der Linie folgen.
Vielleicht schafft es ja dann die nächste Koalition eine ehrliche Evaluierung des Einsatzes durchzuführen.
Es gäbe viel zu lernen.
Das die Sichtweise der Biden Regierung zum ,,Agreement for Bringing Peace to Afghanistan between the Islamic Emirate of Afghanistan which is not recognized by the United States as a state and is known as the Taliban and the United States of America‘‘ divergent zur Trump Regierung betrachtet werden, zeichnet sich seit Wochen ab.
Link zum Agreement:
https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/Agreement-For-Bringing-Peace-to-Afghanistan-02.29.20.pdf
Jetzt wird’s spannend…
Die Taliban (TB) zu bewegen ihre Angriffe auf GIRoA und ANSF einzustellen um alleinig am Verhandlungstisch Lösungen herbeizuführen wird nicht gelingen, dieser Fakt ist als most likely anzusehen.
Die TB haben bewiesen das sie fähig sind bis auf Provinz Ebene zu delegieren und kurzzeitige Phasen des Waffenstillstands umzusetzen.
Dennoch wird es der TB Führung nicht gelingen eine längere Phase ohne Kämpfe durchzusetzen. Das liegt zu großem Teil daran das die Möglichkeit ,,Kriegsbeute‘‘ zu gewinnen nicht mehr gegeben wäre. Die zunehmend wachsende Stärke der TB Einheiten erfordert dies zwingend und ist mittlerweile fester Bestandteil der Versorgung und Finanzierung der eigenen Kämpfer. Dazu endet in wenigen Wochen der Winter und die Vorbereitungen zur Opium Saison beginnen.
Somit steckt meiner Bewertung nach ein gewisses Kalkül hinter dem neuen US Kurs. Die TB werden einen verzögerten Abzug als endgültigen Vertragsbruch ansehen und dementsprechend reagieren, allein um das Gesicht zu wahren und die Position der eigenen Stärke zu unterstreichen.
Infolge dessen sind Angriffe auf NATO Truppen und Einrichtungen möglich und zu erwarten, was letztendlich zum Abbruch der Verhandlungen führen könnte.
Aus diesem Szenario heraus lassen sich einige Möglichkeiten des Handelns ableiten.
Vorteilhaft erscheint das der Abzug aus Kunduz und Meymaneh bereits vollzogen ist.
Was Lage und Größe angeht bietet MES einiges mehr an Sicherheit, das Aussetzen TAA aufgrund Corona hat die Abnablung der AFG Partner beschleunigt und nahezu vollzogen.
Wie auch immer die nächsten Wochen verlaufen mögen, ich hoffe das ich mich irre.
Die Eventualfall Planungen sollten spätestens jetzt in der Stauffenbergstrasse und in Potsdam mit einem worst-case scenario hinterlegt sein.
@Fritz
Andererseits dürfen die TB nicht so geschwächt werden, daß sie im möglichen Machtkampf mit dem IS nicht bestehen können.
Andererseits sind dann beide Parteien miteinander beschäftigt, und falls der IS die Oberhand bekommt müßte man wohl wieder ‚rein, wobei PAK sicher mit den TB kuschelt am Erstarken vom IS jedoch überhaupt kein Interesse haben kann.
Das ist jetzt eine rein politische Frage. Das militärische Ziel, Zerschlagung der Al-Quaida-Strukturen, Ergreifung von Osama bin-Laden etc. war spätestens 2011 erreicht. Aber da hat den Politkern der westlichen Allianz nicht gereicht. Es muß dann auch immer gleich die Implementierung von Demokratie, Gleichberechtigung Mann-Frau oder Zebrastreifen vor der Schule sein.
Militärisch macht eine Verlängerung keinen Sinn, das Pferd ist seit 10 Jahren totgeritten. Aber wir haben den Primat der Politik, den wir (in der Außenpolitik) nur über die Bundestagswahlen direkt beeinflussen können. Ergo versuchen wir die Vorgaben der politischen Führung umzusetzen, egal wie verschwurbelt oder schwachsinnig diese sind.
Die selben Fehler sieht man doch im Irak und auch wieder in Mali. Die Lernkurve unserer Politiker ist nicht vorhanden.
Korrektur:
Leider ist es so, dass wir keine eigene Exit-Strategie haben und sie auch nicht haben können. Wir sitzen im Wagen der NATO und damit hauptsächlich der USA. Haben wir eine post war conflict-Strategie oder ist diese ebenso wenig vorhanden wie die der Amerikaner im Irak? Ich mag nicht weiterdenken. Ja, möglichst ohne Gesichtsverlust von einem seit Jahren totgerittenen Pferd herabzusteigen ist eine Kunst. Beim Blick in den eigenen Spiegel sehen wir unser eigenes Gesicht. Gefällt uns das? Auf der anderen Seite, welche Möglichkeiten hätte es gegeben, wenigstens einigermaßen Nachhaltigkeit in AFG zu erzielen und den Hinterbliebenen der Gefallenen und den Angehörigen der PTBS-Kameraden in die Augen sehen zu können? Es bleibt spannend. Ich hoffe, wir beenden es bald. Zeitgleich stelle ich mir die Frage, wie lange wir noch im Kosovo bleiben und mit welchem wirklich plausiblen Narrativ?
@ Memoria
„Vielleicht schafft es ja dann die nächste Koalition eine ehrliche Evaluierung des Einsatzes durchzuführen.“
Ich halte mehr davon, eine „Unabhängige Kommission des Deutschen Bundestages“, und nicht eine, wie auch immer, sich zusammendensetzende Koalition damit zu beauftragen. Sofern dieses in einer Koaltionsvereinbarung so stehen würde, wäre das mit Sicherheit ein Gewinne für eine, wie von Ihnen gefordert, „ehrliche Evaluierung“ eines Einsatzes deutsche Streitkräfte außerhalb der bündnisbezogenen Landesverteidiung, von dem ich bis heute nicht weiß, warum er erfolgte. Während deutsche Soldatinnen und Soldaten unter ISAF den Dienst leisteten, kämpften us-amerikanische Streitkräfte immer unter Enduring Freedom in Afghanistan. So ähnlich läuft es in Mali. Während deutsche Soldatinnen und Soldaten einen Aufklärungdienst in MINUSMA leisten, kämpfen französische Soldaten und wohl auch Soldaten der französischen Fremdenlegion unter „Opération Serval“ in „Opération Barkhane“, Beides sind durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gebilligte Einsätze. Aber nebeneinander.
„Vom Einsatz her denken“ war mal die Maßgabe. Gut, dass dies (derzeit und wohl auf absehbare Zeit) eher in den Hintergrund tritt. Und Zeit für eine Aufarbeitung ist gegeben.
@eric
ESP ist ‚raus, FRA ist ‚raus – warum sollten wir das nicht auch können? Wichtig ist nur: der Letzte macht das Licht aus.
@Josef König:
Die Koalition besteht ja nicht primär aus der Regierung. Notwendig wäre eine Kommission, die insbesondere das Handeln der Exekutive und der Legislative umfassend kritisch hinterfragt.
An einer solchen Bestandsaufnahme haben aber natürlich die Entscheider kein wirkliches Interesse. Daher würd es dazu nicht kommen.
Ich bin jedoch auch der Meinung, dass ein solcher Lernprozess dringend notwendig wäre, denn insbesondere in Mali wiederholen wir bereits wieder sehr viele der Fehler in Afghanistan.
Wenn eine neue Regierung beispielsweise sich verstärkt in UN-Einsätzen wie MINUSMA engagieren will, dann sollten die Hausaufgaben schon gemacht sein.
Doch allein mir fehlt der Glaube.
@Thomas Melber
Wir können das schon, nur wollen wir das ja nicht ohne den großen Bruder. Leider eine Binse …
@Pio-Fritz: Da hat man also alles getan, die Heimatfront robust zu gestalten, als das ein erreichen des Militärischen Ziels und Ende des Einsatzes wie eine Niederlage herüber käme?
Militärisches Ziel: Keine Terroranschläge gehen mehr von afghanische Boden aus, Al-Kaida ist geschlagen und die Drahtzieher 9/11 sind tot oder hinter Gittern.
Narrativ für die Heimatfront: Assoziert wurde von manchen, wir bauen eine zweite BRD an den Hindokusch.
Einfach mal bitter ehrlich sein: Politische Ziele, die man militärisch erreichen konnte, sind in greifbarer Nähe. Alles andere kann und soll nur Politik. Daher wird dieser KRIEG nun beendet. Und ja es war teuer: Kameraden sind gefallen, verletzt worden und erkrankt, der GWOT hat Unsummen verschlungen und unsere verfassungsmäßigen Bürgerrechte sind kaum wieder zu erkennen. Hat irgendwer behauptet, Krieg sei erträglich? Nein ist er nicht, daher heißt er Krieg, der antike Gott Mars, der ausser sich keine Sieger kennt…
Ausser man setzt sich das Zie, ddie Taleban militärisch zu werfen…
Wer glaubt daß nach einer Machtergreifung der Taliban die Region friedlich und sicher wird und daß sich dort keine Terroristen zurückziehen um sich neu zu formieren der hat aus der Geschichte nichts aber auch garnichts gelernt oder wünscht sich eine Wiederholung.
Der NATO ist es bisher dreimal gelungen die Taliban in die Marginalität zurückzudrängen nur um dann mit übereilten Aktionen das Erreichte zu verspielen.
Natürlich geht es nicht an auf Jahrhunderte mit hundertausenden Soldaten vor Ort zu bleiben. Aber realistisch betrachtet wird es wohl die nächsten 50 Jahre kaum ohne Spezialisten vor Ort gehen. Und da könnten 5000 Mann durchaus reichen die eng mit den afghanischen Sicherheitskräften zusammenarbeiten. Was derzeit ja gerade nicht der Fall ist.
Der einzige Grund der meiner Meinung nach einen bedingungslosen Abzug rechtfertigen würde wäre eine Boykott-Haltung der Nachbarn. Mit Pakistan, Iran, China und russischen Satellitenstaaten ist das durchaus realistisch. Ob allerdings die genannten Nachbarn wirklich an einem starken Talibanistan interessiert sind…???
Der Balkan wurde auch nicht über Nacht befriedet. In manchen Regionen waren NATO-Soldaten ein Vierteljahrhundert stationiert.
„Der Balkan wurde auch nicht über Nacht befriedet. In manchen Regionen waren NATO-Soldaten ein Vierteljahrhundert stationiert.“
Nun ja, der Balkan hat aber eine Kultur, die Europa sehr nahe steht. Das ist mit dem archaischen Afghanistan nicht zu vergleichen, auch wenn in den 1970er Jahren Miniröcke in Kabul möglich waren.
@SOFNewsUpdate
In Feb 2021 the United States Institute of Peace (USIP) has published it’s Afghanistan Study Group Final Report: A Pathway for Peace in Afghanistan. This 88-page document is the result of work by a study group established by Congress in Dec 2019.
https://sof.news/afghanistan/afghanistan-study-group-final-report/
The Co-chairs for the study group were Senator Kelly Ayotte, General Joseph Dunford (Ret.), and Ms. Nancy Lindborg.
The study group believes that a significant revision of U.S. policy is needed …
Zugegebenermaßen, die 88 Seiten habe ich mir nicht angetan. Da zum einen aber Joseph Dunford Einfluss hatte, zum anderen Joe Biden offenbar die U.S. Sicherheitspolitik einem umfassenden Revirement unterzieht, kann die Lektüre erkenntnisreich sein.
Als verbindlich darf angenommen werden, einen Friedensprozess der diese Bezeichnung verdient, kann es gegen die Taliban nicht geben. Eine alternative Anstrengung zur Vernichtung des Feindes durch die multinationale Koalition ist gleichfalls illusorisch.
Was tun also?
@Wait&C sagt: 02.02.2021 um 19:07 Uhr
„Der einzige Grund der meiner Meinung nach einen bedingungslosen Abzug rechtfertigen würde wäre eine Boykott-Haltung der Nachbarn. Mit Pakistan, Iran, China und russischen Satellitenstaaten ist das durchaus realistisch. Ob allerdings die genannten Nachbarn wirklich an einem starken Talibanistan interessiert sind…???“
Na, dann müssten wir ja schon lange raus sein. Sowohl Pakistan als auch der Iran pflegen gute Kontakte zu den ihnen nahestehenden Volksgruppen und damit auch den Taliban. Die hätten Einfluss. China interessiert sich nur für die Rohstoffe im Zusammenhang mit der neuen Seidenstrasse und die russischen Satelliten sind freundlich desinteressiert.
Afghanistan ist jetzt ein Fall für die regionalen Mittelmächte und nicht für die westliche Allianz. Vor allem, wo soll die Zustimmung für die von Ihnen avisierten 50 Jahre herkommen? Und sollten sich da tatsächlich wieder Terroristen ansiedeln, dann wird eben bombardiert und ggf. SOF reingeschickt mit ganz klaren Aufträgen. Dafür muss man nicht ständig vor Ort sein. Spätestens nach dem dritten Mal hat auch der letzte Ziegenhirte kapiert, das Unterstützung von Terroristen richtig weh tut.
Ohne eine Machtbeteiligung der Taliban wird es in diesem Land keinen Frieden geben. Ein beständiges Zurückdrängen oder Zerschlagen der Taliban oder was auch immer, bringt nichts, wenn sich erinnert wird, warum die Taliban einst so stark geworden sind und wenn darauf geschaut wird, wer im Land heute wie damals auf der Gegenseite-/Regierungsseite die Fäden zieht. Der Grundkonflikt ist seit Jahrzehnten nicht gelöst.
Tragischerweise haben sich offenbar alle Konfliktbeteiligten auch nach Jahrzehnten noch nicht dermaßen zerschlissen und abgenutzt, dass man sich als letzte Lösung doch an einen gemeinsamen Tisch setzen will. Offenbar braucht es genau eine Fortsetzung bzw. fortwährende Rekonfigurierung von Pattsituationen zwischen den politischen Polen um zu dieser Einsicht zu gelangen.
Die politische Entscheidung der Nato, scheint dann jetzt zu sein, wie hoch der Beitrag sein muss, um mit möglichst wenig eigenem Risiko den Konfliktbeteiligten zu dieser o.e. Einsicht zu verhelfen.
Mit dem Balkan ist das nicht zu vergleichen. Das ehemalige Jugoslawien hat sich in einem leidvollen Prozess zahlloser kriegerischer Auseinandersetzungen zu neuen politischen Gebilden auseinanderdividiert. Auch diese Lösung wird es in Afghanistan wohl nicht geben.
@KPK:
Einfach zusammenpacken und heimgehen.
Der Bericht ist voller guter Ideen, die so oder so ähnlich seit mehr als 10 Jahren aufgeschrieben werden, jedoch stets an der Situation vor Ort und der eigenen Bürokratie scheiterten.
Die Taliban haben – wenig überraschend -bereits Konsequenzen angekündigt:
http://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-taliban-truppenabzug-101.html
Die Gegenseite hat echten Willen und Eskalationsdominanz.
Auch deswegen ist es aussichtslos.
Die im Bericht beschriebenen Ziele werden sich auch in einem Jahr nicht erreichen lassen – und dann?
Bjoern Müller: ‚Sönke Neitzels „Deutsche Krieger“ hat die Grünen im Bundestag dazu animiert, eine kleine Anfrage nach Erkenntnissen deutscher Soldaten über Kriegsverbrechen während des ISAF-Einsatzes in #Afghanistan zu stellen‘:
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/263/1926369.pdf
Dahinter darf auch eine Attacke gegen die bei ISAF [bzw RSM] eingesetzten Deutschen Soldaten vermutet werden?
Schließlich war Combinedness Grundlage der Operationsführung. Will heißen, wer sich mit Bündnispartnern/ANA im Einsatz befindet, bekommt Verletzungen HVR mit und hat (nicht) gemeldet?
Das Thema Afghanistan behandelt Neitzel im Kap VI unter
– Die Bundeswehr in Afghanistan
– Der Krieg in Afghanistan im politisch-gesellschaftlichen Diskurs.
Wikipedia: „…
„[Es] gehört zum Kriegsvölkerrecht auch das Recht im Krieg (ius in bello), also Regeln zum Umgang mit Kombattanten, Nichtkombattanten, Kulturgut und andere Vorschriften, welche die mit einem Krieg verbundenen Leiden und Schäden vermindern oder auf ein unvermeidbares Maß beschränken sollen. …“
Gespannt sein darf man auf die Antwort.
Gefragt werden muss, weshalb „Die Grünen“ keine anderweitigen Ableitungen für jetzige und künftige sicherheitspolitische Ansätze zur Einbindung der Bw in Staat und Gesellschaft erkennen, oder auch zur Ausstattung der Truppe.
[Mal ganz ernsthaft gefragt: Ein Wissenschaftler schreibt nach Interviews mit Soldaten, es gebe Hinweise, dass sie Kriegsverbrechen mitbekommen haben. Eine Oppositionspartei fragt, ob die Bundesregierung diese Hinweise auch hat. Und Sie werten die Nachfrage als „Attacke auf die Deutschen [sic!] Soldaten“? Bislang war ich der Meinung, dass Sie nicht zum Freundeskreis der Kriegsverbrecher gehören… T.W.]
Herr Wiegold, ich habe gefragt (!), denn mir erscheint diese kleine Anfrage jetzt, im Vorwahlkampf, äußerst merkwürdig. Vorher gab es angesichts der in toto kritischen Einstellung keinerlei Anlässe?
Das mit „Freundeskreis der Kriegsverbrecher“ hab ich überlesen.