Untersuchung zu laufenden Auslandseinsätzen der Bundeswehr – Punkt 3 wird Sie überraschen

Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium haben einen Bericht zu Bewertung der laufenden Auslandseinsätze der Bundeswehr vorgelegt – und den auch mit Schlussfolgerungen verbunden. Die Evaluierung, die am (heutigen) Mittwoch vom Bundeskabinett gebilligt wurde, kommt überwiegend zu wenig überraschenden Ergebnissen. Mit einer Ausnahme.

Ein Bericht der Bundesregierung zu einer Evaluierung der laufenden, mandatierten Auslandseinsätze der Bundeswehr war bereits 2021 im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbart worden. Dass er jetzt erstmals vorgelegt wurde, hat eine sehr offenkundige Folge: Die laufenden Auslandseinsätze sind eben nicht mehr Afghanistan oder Mali, so dass diese Missionen nicht in den Bericht eingeflossen sind.

Die Auslandseinsätze, die von den beiden Ministerien näher betrachtet wurden, sind die Beteiligung an der

• Anti-IS-Koalition im Irak, Counter Daesh/Capacity Building Iraq (OIR/NMI),
• Maritimen Sicherheitsoperation Sea Guardian
• Kosovo Force (KFOR)
• European Union Force ALTHEA in Bosnien-Herzegowina
• European Union Naval Force Mediterranean IRINI (EUNAVFOR MED IRINI)
• und den beiden verbliebenen Blauhelmmissionen United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) und United Nations Mission in the Republic of South Sudan (UNMISS)

Bislang (?) wurde nur eine Zusammenfassung veröffentlicht, noch nicht der Bericht selbst. Enthalten ist aber das grundsätzliche Bekenntnis zur Bundeswehr-Beteiligung an solchen Missionen jetzt und auch in Zukunft: Die Evaluierung hat gezeigt, dass die Auslandseinsätze der Bundeswehr relevante Beiträge zu
den multinationalen Gesamteinsätzen leisten und zur Sicherheit Deutschlands beitragen.

Laut Zusammenfassung komt die Evaluierung zu fünf Schlussfolgerungen – und mit allem gebotenen Respekt: Ein großer Teil davon sind Überlegungen, von denen man erwartet hätte, dass sie vor Beteiligung an einem solchen Auslandseinsatz auch bisher schon angestellt würden:

• Erstens sollte die Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen im Rahmen des internationalen Krisenmanagements angesichts wachsender sicherheits- und verteidigungspolitischer Herausforderungen und begrenzter Ressourcen künftig klarer entlang der sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands priorisiert werden.
• Zweitens sollte das Ambitionsniveau der Auslandseinsätze stets realistisch formuliert und ausgestaltet werden. 
• Drittens sollten militärische und zivil-militärische Handlungsoptionen der Bundesregierung flexibler und skalierbarer ausgerichtet werden.
• Viertens sollte die Bundeswehr vollumfänglich ausgestattet werden, um ihren Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen zu können.
• Fünftens sollten Auslandseinsätze der Bundeswehr an die Realitäten von Multipolarität und wachsender Systemrivalitäten angepasst werden.

Interessant und auch ein wenig überraschend finde ich Punkt 3, der mehr und flexiblere Handlungsoptionen für die Bundesregierung anmahnt. Im entsprechenden Absatz wird das auch weiter ausgeführt, da heißt es unter anderem:

Zugleich muss die Bundesregierung in der Lage sein, flexibel und robust auf akute Krisenentwicklungen zu reagieren. Bei bereits laufenden Einsätzen sollten nationale, einsatzbegründende Beschlüsse, wie z. B. die Bundestagsmandate, hierfür grundsätzlich wichtige Handlungsspielräume bieten.

Das erinnert an zähe Verhandlungen, fast schon ein Feilschen, um die Personalobergrenzen in früheren Mandaten – in denen dann schon mal das politisch noch Durchsetzbare in den Beschluss geschrieben wurde und die Bundeswehr anschließend anfing, in bestimmten Bereichen Soldaten und Soldatinnen nach Hause zu schicken, um andere Bereiche aufstocken zu können. Diese Forderung richtet sich  direkt an die Abgeordneten des Bundestages, die bislang mit der Zustimmung eben auch zur Zahl des eingesetzten Personals ein Druckmittel in der Hand haben. Mal sehen, wie es bei denen ankommt.

Die Zusammenfassung des Berichts
20240626_Zusammenfassung_Evaluierung_Auslandseinsaetze

(wenn der Bericht selbst veröffentlicht wird, trage ich das hier nach)

(Archivbild Februar 2024: Feldjäger bei der Einsatzvorbereitung für die KFOR-Mission in Hohenfels – U.S. Army photo by Capt. Harold I. Shorter)