Bundeswehr-Generalinspekteur dringt auf Auswahl-Wehrpflicht

Dass Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer einem Losverfahren bei einer möglichen Wehrpflicht wenig abgewinnen kann, ist wenig überraschend – da befindet sich der General auf einer Linie mit Verteidigungsminister Boris Pistorius. Aufhorchen lässt aber die Planung des obersten Soldaten, falls sich nicht genügend Freiwillige finden: In dem Fall sollten die Streitkräfte mit einer Auswahl-Wehrpflicht nach Bedarf einziehen können.

Der Generalinspekteur machte den Vorschlag in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), das am (heutigen) Montag veröffentlicht wurde. Darin lehnt er ein Losverfahren für die Auswahl von Wehrpflichtigen, wie es die Unionsfraktion im Bundestag vorgeschlagen hat, sowohl für die Musterung als auch für die Heranziehung nach einer Musterung ab. In beiden Fällen würde ein solches Verfahren dem Bedarf der Bundeswehr nicht gerecht, argumentierte Breuer.

Die eigentliche Nachricht des Generalinspekteurs folgt danach:

Sollte die Zahl der Freiwilligen jedoch nicht ausreichen und eine verpflichtende Einberufung durch Kabinett und Bundestag beschlossen werden, würden wir diejenigen heranziehen, die besonders qualifiziert und motiviert sind. Dabei orientieren wir uns am jeweiligen Bedarf. Wenn wir zum Beispiel zu einem bestimmten Zeitpunkt besonders IT-Spezialisten benötigen, würden wir gezielt auf diese zugehen – und nicht nach dem Zufallsprinzip Personal heranziehen, welches dann mit viel mehr Aufwand ausgebildet werden müsste.

Das ist ein neuer und potenziell explosiver Ansatz – denn der General rüttelt damit am Verständnis der Wehrgerechtigkeit, wie sie in Deutschland (anders als zum Beispiel in den skandinavischen Staaten) verstanden wird: Die Wehrpflicht alten Stils hatte sich an den objektiven Kriterien der Tauglichkeit orientiert und damit dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprochen. Ob eine Einberufung nach Qualifikationskriterien diesen Maßstab auch erfüllt – das dürfte ziemlich sicher vor dem Verfassungsgericht ausgefochten werden.

Breuer stützte seine Argumentation für die Auswahlwehrpflicht auf den Faktor Zeit. Bis zum Ende des Jahrzehnts, so der Generalinspekteur, müsse die Bundeswehr sowohl die Zahl der aktiven Soldaten und Soldatinnen erhöhen als auch eine starke Reserve aufbauen.

(Archivbild Oktober 2025: Breuer bei einer Veranstaltung in der Dänischen Botschaft in Berlin – Kasper Jensen/Dänische Botschaft)