Von Dänemark lernen…. Nach Auslosung: Wehrpflicht in Drohnen-Spezialeinheit
Mit dem Streit in der Berliner Regierungskoalition über Details einer möglichen Wehrpflicht für die Bundeswehr sind die Streitkräfte des Nachbarn Dänemark hierzulande etwas bekannter geworden: Die Planungen für eine Auslosung der Wehrpflichtigen orientieren sich an dem skandinavischen Land. Eine weitere dänische Idee könnte der Bundeswehr auf andere Weise weiterhelfen: Ein Teil der Wehrpflichtigen soll künftig in einer Spezialeinheit für den Drohnen-Einsatz ausgebildet werden.
Über die Pläne hatte bereits in der vergangenen Woche Danmarks Radio berichtet:
Wenn die Streitkräfte im Februar die Türen für den neuen elfmonatigen Wehrdienst öffnen, starten sie gleichzeitig eine ganz neue Form des Wehrdienstes: die neue Drohnenabteilung des Special Operations Command. Das ist eine Einheit von Wehrpflichtigen, die alle Drohnen der Streitkräfte fliegen können müssen.
Das gilt für alles, von größeren, älteren Überwachungsdrohnen, die die Streitkräfte seit den Missionen in Afghanistan eingesetzt haben, bis hin zu den neuesten offensiven Angriffs-, Bomben- und Selbstmorddrohnen, die die Streitkräfte – gelehrt durch die Erfahrungen aus dem Krieg in der Ukraine – angeschafft haben. (…)
Im Februar beginnen etwa 30 Soldaten ihren Wehrdienst. Der Plan sieht vor, dass nach und nach eine ganze Drohnenkompanie mit etwa 100 Soldaten aufgebaut wird.
Dazu gehört auch nach Angaben von Oberstleutnant Nicolai Martinu, Leiter der Ausbildungsabteilung im Drohnenzentrum der dänischen Streitkräfte, dass diese Wehrdienstleistenden nach ihrer Grundausbildung nicht wie üblich für Wach- und Sicherungsaufgaben ausgebildet und eingesetzt werden.
Die dänischen Streitkräfte haben bereits mit der Erprobung von Einsatzkonzepten für verschiedene unbemannte fliegende Systeme (Unmanned Aerial Systems, UAS) begonnen, zum Beispiel bei ihren Truppen in der NATO-Battlegroup in Lettland, wie das Ministerium mitteilte:
Der Test wird über mehrere Monate in verschiedenen Phasen durchgeführt, in denen ausgewählte Soldaten zunächst eine Grundausbildung im Umgang mit Drohnen erhalten und sich anschließend entweder auf Aufklärung, Überwachung und Erkundung oder auf bewaffnete UAS spezialisieren. Anschließend werden sie taktisch im Einsatzkonzept für Drohnen geschult und schließlich in die Unterabteilungen des Kampfbataillons integriert. Der Prozess wird von Ausbildern der Arbeitsgruppe für das UAS-Konzept der Armee geleitet.
(Undatiertes Archivbild: Ein dänischer Soldat der NATO-Battlegroup in Lettland beim Einsatz einer First-Person-View (FPV)-Drohne – Lærke Weensgaard/Forsvaret; Übersetzungen aus dem Dänischen: deepl.com)
Wie ist das eigentlich im Militär. Im zivilen Bereich haben wir Multiplikatoren ausgebildet, oft als X-Key User (bzw. die Bezeichnung ist gefühlt über all unterschiedlich) bezeichnet. Die Idee ist, man trainiert einzelne Personen aus der Belegschaft, die dann außerhalb der Hierarchie und sehr niedrig schwellig Wissen und Fähigkeiten weiter geben. Dabei ging es z.B. um die Einführung neuer Software oder Prozesse. Die Leute wurden sowohl in der Software und den Prozessen ausgebildet als auch im Bereich wie gebe ich Wissen weiter. Ich denke mal das ist ja die Idee von Spezialisierungen oder?
Wäre das nicht bei sowas wie Drohnenfähigkeiten nicht auch sinnvoll? Also dass ich die spezialisierten Einheiten mit den normalen Reservisten mische und die dann gemeinsam trainieren und ihr Wissen weiter geben lasse? Oder wird das bereits gemacht?
Ich wurde damals nicht einberufen daher weis ich das leider nicht.
Die Dänen sind schon immer viel militärischer gewesen, als wir es wahrhaben wollten. Sei es 1994 in Bosnien mit der „Operation Bøllebank“ oder später in Afghanistan, wo das kleine Königreich, mit insgesamt 43 Gefallenen, gerechnet pro Kopf der Bevölkerung die höchsten Verluste zu beklagen hatte, weil man den Taliban eben aktiv und mutig entgegen trat…
Idealerweise führt man die Operators bereits in jungen Jahren – vielleicht ab Alter 12 oder 14 – spielerisch an das Thema heran. So zumindest in RUS und in LTU (s. NZZ, leider Zahlschranke):
„In Litauen lernt der 11-jährige Pijus, wie man eine Drohne fliegt. Er sagt: «Wenn man uns angreift, kann ich das einsetzen»“
und (schon vier Jahre alt !)
https://www.youtube.com/watch?v=aTKHF0986ro
Wobei – vielleicht braucht man gar keine menschlichen Operators mehr (zwei Jahre alt):
https://www.youtube.com/watch?v=EtRXay2kqtc
Da kann man Soldaten auch gleich in der Kunst der Höhlenmalerei ausbilden. Wie lange wird es noch dauern bis die Drohnen durch KI gesteuert selbständig fliegen? Ich vermute mal kein Jahr mehr.
Dänemark scheint in vielerlei Hinsicht viel pragmatischer, als Deutschland und vielleicht ist nicht alles dem Größenunterschied geschuldet. Es lohnt sich auch ein Blick auf das viel weniger stark institutionalisierte dänische Beschaffungswesen. Geschwindigkeit hat oft Priorität, auch wenn es deshalb teurer wird.
Premierministerin Mette Frederiksen im Februar 2025:
„Wenn wir nicht das beste Material kriegen, kaufen wir das nächstbeste. Das einzige, was zählt, ist Geschwindigkeit.“
Und man kauft durchaus „auf dem Markt“ und verbindet das gerne mal mit Gegengeschäften der Partner in Dänemark.
Gut geht es Dänen und denen, denen Dänen nahestehen.
@Neu krank, spätestens wenn ein potentieller Feind gelernt hat welche Höhlenmalerei er auf seine Fahrzeug malen muss damit die von meiner KI als geschützte Sanitätsfahrzeuge erkannt werden und damit kein Ziel sein dürfen, wird man froh sein wenn das jemand manuell übernehmen kann.
@ Bongo Ein Freund von mir ist Reservist und hat schon einige Lehrgänge zum Thema Drohnen besucht. Er beschäftigt sich mit dem Thema auch privat und könnte auch aktiven Soldaten was beibringen. Der kümmert sich zukünftig in seinem Regiment um die Aus- und Weiterbildung. Mit Multiplikatoren wird auch bei der Bundeswehr gearbeitet.
Nicht alle Soldaten werden bei den Einsätzen und Übungen Drohen steuern sollen. Hinzu kommt, dass die Drohnentypen, die beim Heer, der Marine und der Luftwaffe zum Einsatz kommen sollen, total unterschiedlicher Natur sein werden. Ich halte deshalb eine Drohnenausbildung von neuen Rekruten genau dort für sinnvoll, wo sie sie in den Teilstreitkräften dann auch weiter beüben können.
Es ist unfassbar, dass unser Land im Jahr 2025 erst die Idee einer Musterungspflicht für Männer und Freiwilligkeit für Frauen und dann auch noch ein Losverfahren erwägt.
Da kann doch keine gerechte Verteilung entstehen.
@Bongo
Selbstverständlich werden bei der Bundeswehr Multiplikatoren in der Ausbildung eingesetzt. Das ist in allen Bereichen üblich. Wie auch sonst?
Hier ein Artikel über Multiplikatorenausbildung mit Blick auf neue Munition für den LEO II:
Ausbildung am Kampfpanzer Leopard 2 A7V
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/heer/aktuelles/ausbildung-am-modernsten-kampfpanzer-der-welt-5667910
pi
[Was spricht eigentlich dagegen, den korrekten Link anzugeben statt eines Google Share-Links? Habe das mal korrigiert. T.W.]
Tatsächlich verstehe ich diese Debatte überhaupt nicht! Warum aktiviert man denn nicht einfach die Wehrpflicht wieder? Liegt es am politischen Eingeständnis, dass es ein Fehler war? Was ist denn mit der, auch im militärischen Kontext so häufig gepredigten „Fehlerkultur“? Wenn es so wenig junge Menschen gibt die ihr eigenes Land verteidigen wollen ist das schade, dann wenigstens was Gutes in der Pflege leisten. Auch in anderen Ländern geht es um den Dienst am Land oder der Gesellschaft. Spricht doch nichts dagenen, dann löst man eben den Pflegenotstand. Ein weiterer viel wichtigerer Punkt ist die Transparenz und Aufklärung der jungen Menschen. Eine junge Frau (18, Gymn. LK Politik) fragte mich vor kurzem warum man sich freiwillig als „Kanonenfutter“ melden sollte. In einer Zeit geprägt von so viel Unsicherheit in der Welt muss die Bundeswehr besser informieren. Keine coole Werbeästhetik mit Kampfflugzeugen und Panzern, zeigt den jungen Menschen was Ihr Beitrag ist ohne sie zu Einzelkämpfern zu erklären. Da sollte man sich schon vernünftig überlegen die 70 Mio. Werbeetat in 2026 zu investieren. Diese aktuelle Werbestrategie geht so völlig an der Realität vorbei!
@all
Von einigen – wie im Kommentar direkt hier drüber – soll jetzt offensichtlich dieser Thread für die erneute Grundsatzdebatte über die Wehrpflicht in Deutschland missbraucht werden, statt das im entsprechenden Thread zu posten. Findet nicht statt, entsprechende Kommentare werden rückstandsfrei entfernt.
@Y-998201
Teilweise werden zur Ausbildung auch privat beschafft Drohnen verwendet, insbesondere bei Reservisten. Hierzu gibt es eine Handreichung des VdRBw:
„Ausbildung mit Drohnen: Das ist erlaubt
Der Reservistenverband hat einen Leitfaden für den Einsatz für Drohnen bei Verbandsveranstaltungen herausgegeben. Das steht drin.“
https://www.reservistenverband.de/magazin-die-reserve/ausbildung-mit-drohnen-das-ist-erlaubt/
Ich finde es immer erstaunlich wie in der öffentlichen Diskussion Möglichkeiten als Tatsachen dargestellt werden.
Ja, in Dänemark gibt es das Losverfahren.
Aber aktuell findet es keine Anwendung weil sich genügend Freiwillige finden:
„Für den Fall, dass zum Erreichen der obigen Sollzahlen aus der Gruppe der tauglich Gemusterten nicht genügend Freiwillige zur Verfügung stehen sollten, haben die dänischen Streitkräfte ein Lossystem entwickelt, dass bei Bedarf darüber entscheidet, wer eingezogen wird und wer nicht.
„Auch wenn seit 2022 die in die dänischen Streitkräfte Eingezogenen ihren Wehrdienst alle freiwillig angetreten haben, ist vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Wehrdienstleistenden in Dänemark aufgrund der Sicherheitslage in Europa schrittweise auf 15.000 pro Jahr erhöht werden soll, künftig nicht auszuschließen , dass zur Deckung des Fehls das Los über die Verpflichtung zum Wehrdienst entscheidet.“ Quelle: DBT WD / WD 2 – 3000 – 014/25 vom 19.05.2025
D.h. bisher läuft es genauso wie in DE noch nach dem Prinzip Freiwilligkeit und niemand weiß,
wie die dänische Jugend reagieren wird, sobald es zum Zwang kommt, für Männer und Frauen.
[Letzter Hinweis: Für die Debatte über Wehrpflicht grundsätzlich und Losverfahren und Dänemark gibt es passende frühere Threads. Wer trotz meines Hinweises in diesem Thread über Drohnen-Ausbildung die Wehrpflicht-Debatte führen möchte, will trollen? T.W.]