Bundeswehr plant neue Kasernen von der Stange: 4-Personen-Stube, Fertigbau, kein Bunker
Während die schwarz-rote Koalition noch darüber streitet, ob im Gesetz für den geplanten neuen Wehrdienst die Wehrpflicht als Option oder bereits jetzt verpflichtend vorgesehen wird, läuft die Planung für eine Vergrößerung der Bundeswehr auf Hochtouren. Egal ob freiwillig oder eingezogen: In den nächsten sechs Jahren sollen Plätze für 40.000 zusätzliche Rekruten (und Rekrutinnen) entstehen – mit Kasernen in Fertigbauweise.
Die Eckdaten waren am (heutigen) Dienstag Thema bei einer Fachkonferenz Infrastruktur des Verteidigungsministeriums. 270 so genannte Kompaniegebäude sollen über einen Rahmenvertrag bei der Bauindustrie in Auftrag gegeben werden, so weit wie irgend möglich standardisiert. Diese neuen Bauten sollen auf Bundeswehr-Gelände errichtet werden, so dass es so wenig bürokratische Vorgaben und Verzögerungen wie möglich geben wird.
Für die neuen Gebäude, in den nächsten Jahren vor allem als Unterkunfts- und Stabsgebäude für Ausbildungskompanien vorgesehen, werden standardisierte Grundrisse und Größen für die jeweiligen Funktionen der Räume genutzt. So soll die Unterbringung regelmäßig in einem Vierbettzimmer erfolgen (Als Vier-Mann- oder Vier-Frau-Stube) mit einer Raumgröße von 35 Quadratmetern.
Was vergleichsweise viel klingt, ist der Zunahme an Ausrüstung geschuldet: Die vier Soldaten oder Soldatinnen auf einer Stube müssen dort künftig ihre ganze persönliche Ausstattung einschließlich der Schutzausrüstung unterbringen können – ein deutlich größerer Raumbedarf als zu früheren Zeiten.
Baubeginn für die neuen Standard-Kasernen soll 2027 sein. Damit will sich die Bundeswehr auf den geplanten Aufwuchs der Truppe von derzeit knapp 183.000 auf künftig 260.000 aktive Soldaten und Soldatinnen einstellen: Das wird nach den Planungen zur Steigerung der Zahl der Kurzdiener (bisher Freiwillig Wehrdienst Leistende; künftig Soldaten auf Zeit bis zu 23 Monaten) von derzeit rund 15.000 auf 40.000 im Jahr ab 2031 führen. Mit den vorhandenen Kasernen ließe sich die Unterbringung nicht sicherstellen.
Mit dem Bau der neuen Standard-Unterkünfte sind keine Schutzräume oder das geplant, was militärisch als Härtung bezeichnet wird. Warum, erläuterten der Leiter der neuen Ministeriums-Hauptabteilung Aufwuchs, Alexander Götz, und Verteidigungsminister Boris Pistorius bei ihrer Pressekonferenz im Anschluss an die Infrastrukturtagung:
Nachtrag: In den Kommentaren tauchen diverse Nachfragen auf (nicht zuletzt: warum neu bauen und nicht alte Gebäude sanieren?). Ein Teil davon wird in der ganzen Pressekonferenz von Pistorius, dem bayerischen Bauminister Christian Bernreiter und Hauptabteilungsleiter Götz beantwortet (zunächst Statements; Fragen und Antworten ab Minute 12:30):
@ MikeFox Ich bin in Magdeburg in einem Festungsverein. Unser Abschnitt, der nicht gerade klein ist, wurde von 1870 an innerhalb von drei Jahren hochgezogen. 15 Jahre später war das alles nutzlos, da die Bauten durch die Waffen- und Munitionsentwicklung keinen Schutz mehr boten. Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es also Plattenbauten. Hatten wir in Brandenburg an der Havel auch. Was den Baugrund angeht, empfehle ich einen Blick in die Altmark-Kaserne im GÜZ. Da standen wärend meiner Zeit oft Gerüste an den Unterkünften. Da gab es ordentliche Risse. Bei Betonflächen im T-Bereich war es nicht anders. Schutzbauten könnte man zur Not auch oberirdisch anlegen. Auf der Canadian Forces Base in Shilo, Manitoba, gab es einen nicht gerade kleinen Bunker. Natürlich werden große Teile der aktiven Truppe ihre Kasernen verlassen, schon, bevor es losgeht. Aber die nächste Welle will ja auch ausgebildet sein. Das wird dann wohl in den dann zu großen Teilen leeren Kasernen stattfinden. Und jetzt wünsche ich mir Vollgas bei den Bauvorhaben. Wir haben genug Zeit verplempert.
Interessant, wie man sich aus meinem Kommentar wieder nur einen Punkt rauspikt.
Es wird halt schwierig neue Soldaten zu gewinnen, wenn die Kasernen im Nirgendwo liegen.
Der Dienst wegen der Materiallage und der Bürokratie unattraktiv ist und in der Wirtschaft deutlich besser bezahlt wird.
https://www.theguardian.com/world/2025/aug/10/south-korea-military-shrinks-by-20-per-cent-as-low-birthrate-hits-recruitment
Währenddessen in Schland:
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/migration-einbuergerung-100.html
[Das mit der Migrationsdebatte lassen wir hier. T.W.]
@ Metallkopf
Ich bin mir sicher, dass die Bundeswehr reihenweise Bewerber bekommt, die eine 4-Bett-Stube einem Job in der freien Wirtschaft, wo man jeden Tag Zuhause ist und noch 1/4 mehr verdient, vorziehen werden…
Und diese unendliche Zahl von Interessenten sorgt seit Jahren dafür, dass die Anzahl der Soldaten steigt und steigt…
Kommen Sie mal in der Wirklichkeit an.
Wir haben Fachkräftemangel in fast jedem Bereich in Deutschland. Da muss die Bundeswehr schon etwas mehr anbieten, als die Anderen.
@Der Realist sagt:
10.10.2025 um 17:57 Uhr
„und noch 1/4 mehr verdient“
„Da muss die Bundeswehr schon etwas mehr anbieten, als die Anderen.“
Millionen Menschen in diesem Land haben bestimmt nicht vom 1. Tag an ein Einkommen von ca. 2.400 € / netto… ohne (!!!) jede Qualifikation mitzubringen…
Und bekommen dann noch als Bonus: kostenloses Bahnfahren (in Uniform)…
Freie Heilfürsorge im Rahmen der utV
Bei mindestens 12 Monaten Dienstzeit… einen Zuschuss bis 3.500 € / steuerfrei zum zivilen Führerschein (geplant)
Also bieten tut der Dienstherr schon Einiges…
Aber , in diesem Punkt bin ich bei Ihnen, dies wird trotzdem nicht genügen um den Aufwuchs auf 260.000 bis 2031 auch nur annähernd zu schaffen…
Nicht weil 2.400 €/netto nicht ein sehr guter Verdienst sind, für einen Menschen der noch nichts gelernt hat, sondern weil das gesellschaftliche und persönliche Mindset der jungen Menschen heute einfach total anders ist als vor 30…40 Jahren.
Jemanden der nicht Soldat werden will, weil es nicht seiner Lebensplanung entspricht, werde ich auch nicht mit noch so viel Geld oder „sinnstiftenden Dienst“ locken können.
Auch bei einer richtigen Wehrpflicht wird sich da nichts ändern.
Denn dies sind dann nicht freiwillige SaZ, sondern Wehrpflichtige die für knapp unter 1000 € ihre z.B. 12 Monate „abreißen“… Länger bleiben werden auch hier nur die Wenigsten… weil die Masse doch die Zukunft auf dem sehr guten zivilen Arbeitsmarkt sieht (bis ca. 2035 werden dem Arbeitsmarkt ca. 7.000.000 Arbeitskräfte fehlen…)
Ich kann mich noch an einen Beitrag von General a.D. Kather bei Welt TV im Juni erinnern, dass veräußerte Kasernen ggf. auch zurückgekauft werden müssten. Ich denke mal, dass sich das auf Objekte bezieht, die von ihrer Infrastruktur noch nicht so weit zurückgebaut wurden, dass eine künftige militärische Nutzung sinnvoll erscheint. Genau in solchen Liegenschaften könnte man ja parallel verfahren, indem man Gebäude nach dem neuen Prinzip errichtet und gleichzeitig noch vorhandene Kompanieblocks renoviert. Am Platz dürfte es in ehemaligen Kasernen, zumindest in einer Bauphase, nicht mangeln
Das gilt auch für Wirtschaftsgebäude! Zu meiner aktiven Bundeswehrzeit musste zum Beispiel auch eine Truppenküche nach ausgesprochener Sperrung durch den Wehrbereichsveterinär saniert werden. Da wurde dann mit Feldküchen und Containersystemen in der Zeit gearbeitet und funktioniert hat das relativ Problemlos.
Zudem war es in den Gründerjahren der Bundeswehr auch nicht viel anders, dass die Verbände in Kasernen eingezogen sind, die noch Baustellen waren und erst nach und nach fertig geworden sind.
Machbar ist aus meiner Sicht alles, wenn denn nur Wille dazu besteht!
Bei den sich noch im Besitz des Bundes befindlichen Objekten dürfte sich die Frage einer künftigen militärischen Nutzung aus meiner Sicht übrigens gar nicht stellen, sondern es sollte umgehend rangeklotzt werden, diese schnellstmöglich wieder nutzbar zu machen, auch in Verbindung mit dem neuen Konzept.
Endlich ein Umdenken in diesem Punkt zu sehen. Keine Goldrandlösungen mehr! Zu der Frage der Härtung von Unterkunftsbauten und Bauwerken allgemein ein militärgeschichtlicher Hinweis, der Pistorius Aussage bestärkt: Im 2WK hat man schnell gelernt, dass sich nur zwei Konzepte lohnen: Massivster Schutz oder unter Tage Verlegung der Höchstwertziele, etwa U-Boot-Bunker, Schaltzentralen oder Führungseinrichtungen und für den Rest Auflockerung und/oder Schnellinstandsetzung vorbereiten. Also reichen im Spannungsfall viele Splitterschutzgräben und Unterstände in der Nähe von militärischen Liegenschaften und bei Bundeswehr oder THW sollte man sich zügig an die Aufstellung von nichtaktiven Eisenbahn- und Straßen-Instandsetzungseinheiten machen. Und auch den Bau von Behelfsunterkünften (Baracken) vorausdenken. Eine Lehre aus dem Ahrtal müsste auch sein, viel, viel, viel mehr Brückenbaumaterial einzulagern. Sei es Bailey aus dem Museum oder Mabey-Johnson, MGB dürfte nicht die nötigen Längen ermöglichen. Meines Wissens nach reichen alle eingelagerten Elemente zusammen für weniger als zehn Kilometer Brückenbau aller Arten. Wenn wir an die großen Flüsse denken, also für weniger als zwanzig Brückenschläge in ganz Mitteleuropa… Da müssen die Brücken nicht kaputt sein, da reicht es, wenn die Anfahrt nicht mehr möglich ist.
@Eckster 6 sagt:
12.10.2025 um 1:04 Uhr
„Zudem war es in den Gründerjahren der Bundeswehr auch nicht viel anders, dass die Verbände in Kasernen eingezogen sind, die noch Baustellen waren und erst nach und nach fertig geworden sind.“
Wir leben aber nicht mehr vor 70… oder 40 Jahren, sondern im Jahr 2025…
Klar kann ich das alles machen, aber zu glauben das man damit zehntausende (!) Freiwillige (!) aus GenZ und GenA gewinnen wird… die auch bereit sind mindestens 12 Jahre zu bleiben und insbesondere auch in höhere Laufbahnen einzusteigen… da kann man auch an den Weihnachtsmann glauben… 😉
Im geplanten Aufwuchs auf 260.000 Aktive bis 2031… was ja schon 2 Jahre nach 2029, DEM Jahr der Kriegstüchtigkeit, ist, sind mindestens 30.000 Uffz/Fw/Offz…
Diese gewinnt man in der heutigen Zeit bestimmt nicht indem man sie in marode Kasernen, die erst noch saniert werden müssen, oder (noch so moderne) Container steckt.
Ich erlebe im täglichen Dienst wie viele dieser Generation „ticken“… welche Vorstellungen und Ansprüche sie haben… Wenn da nicht ALLES passt… sind viele wieder weg, da der Arbeitsmarkt den Guten nun einmal heute die besten Möglichkeiten bietet.
Hier fehlt jeder Realismus bzgl. der gesellschaftlichen Gegebenheiten im Jahr 2025.
Zitat:
„Eine aktuelle Bevölkerungsumfrage des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr zeigt, wie sich der ramponierte Ruf der Bundeswehr auf ihre Position im Arbeitsmarkt auswirkt.
So ist das konkrete Interesse junger Menschen zwischen 16 und 29 Jahren als Soldat zu dienen weiter gesunken : „16 Prozent der jungen Männer können sich vorstellen, den Soldatenberuf zu ergreifen. Das ist weniger als im Vorjahr. Noch nie seit Erhebungsbeginn haben sich so wenige junge Menschen für den Soldatenberuf interessiert“, sagt Timo Graf, Autor der Studie.“
Quelle: Zeit.de vom 11.10.2025
@DerRealist:
Bei einer möglichen Reaktivierung des Wehrdienstes muss die Bundeswehr im Zweifel gar nichts bieten. Da gilt dann wieder die alte Möglichkeit, aus Gewissensgründen zu verweigern und Ersatzdienst zu leisten.
Den Ersatzdienst und dessen Auswirkungen auf die Gesundheits- und Pflegewirtschaft sehe ich im Übrigen kritischer, als die zu erwartenden Probleme der militärischen Seite. Ich hoffe inständig, dass ein plötzliches Angebot an jungen Arbeitskräften im zivilen Bereich nicht dazu führt, dass ausgebildete Pflegekräfte einem neuerlichen Lohndumping ausgesetzt werden. Überdies müsste ja auch die Zivilwirtschaft im Bereich des Ersatzdienstes Ausbildungskapazitäten schaffen.
Bei der Geschwindigkeit mit der die Bauverwaltung hier alles erledigt…..wird das bestimmt mittelfristig* was.
(also zwischen 5 und 10 Jahren)
vielleicht dauert es auch noch länger, Gelder müssen erst bewilligt werden, alte Gebäude abgerissen, Asbest entsorgt und was im Biden liegt das wissen wir auch nicht
@Andre Brosda
Die Bauverwaltung benötigt einen Projektleiter für ein Vorhaben, der sicherlich mehrere Baustellen parallel betreuen kann und im Prinzip nur für die notwendigen Unterschriften benötigt wird. Für alles andere gibt es Dienstleister und entsprechende Vertragsmodelle, siehe z.B. Jacobs Engineering bei SüdLink.
@MFG
Die Baudurchführenden Ebenen (BfE) ,Staatlichen Hochbauämter (SHBA) mit den BAIUD Bw KompZ haben Personal, das was fehlt sind Generalunternehmer die auch Handwerker haben.
Und es gibt so einige Gesetze / Verordnungen die uns einbremsen, Nachhaltigkeit, Umweltschutzgutachten, Lärmgutachten etc.
Vom 14.10.2025 auf BMVg.de zum Thema…
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/schneller-bauen-fuer-eine-staerkere-bundeswehr-6006256
Auszug:
„In der Stufe 1 liegt der Fokus des Programms beim schnellen Bau neuer Unterkünfte.
An voraussichtlich über 120 Standorten in fast allen Bundesländern ist die Errichtung von rund 270 Gebäuden geplant.
Die standardisierten Kompaniegebäude mit Funktions- und Unterbringungsmöglichkeiten, Lehrsaal und Waffenkammer werden grundsätzlich auf vorhandenen Bundeswehrgrundstücken errichtet.
Beim Dialog mit der Industrie wurden die Rahmenbedingungen und der Leistungsumfang vorgestellt und diskutiert, welche Leistungen von den Auftragnehmern grundsätzlich erbracht werden können
Vorstellbar sind zunächst drei Gebäudegrundtypen, die Platz für bis zu 240 Rekrutinnen und Rekruten sowie das Kompaniestammpersonal bieten.
Die Gebäude müssen schnell errichtet werden, aber auch den gesetzlich vorgegebenen Energiestandards und den bauordnungsrechtlichen Vorgaben entsprechen.
Die Nutzungsdauer soll mindestens 25 Jahre betragen.
Noch in diesem Jahr soll die Ausschreibung für die Rahmenverträge veröffentlicht werden. Im nächsten Jahr soll bereits das Vergabeverfahren abgeschlossen sein, damit im ersten Halbjahr 2027 die erste Infrastruktur bereitgestellt werden kann.“
[Wenn schon der Link da steht, warum so ausführlich zitieren? T.W.]