Wehrpflicht in Dänemark: Auch Frauen nehmen künftig an Verlosung teil
Dänemark wird als drittes skandinavisches Land nach Norwegen und Schweden eine Wehrpflicht auch für Frauen einführen. Praktisch bedeutet das, dass demnächst Frauen ab 18 Jahren wie bisher schon Männer an einer Auslosung teilnehmen, die über ihre Einberufung entscheidet.
Die bereits erwartete Neuregelung gab das dänische Verteidigungsministerium am (heutigen) Dienstag in Kopenhagen bekannt. Die Einführung der Frauenwehrpflicht war nach vorliegenden Gesetzentwürfen spätestens für 2027 geplant, durch ein Zusammenlegung mit anderen Entwürfen soll die Neuregelung nun zum 1. Juli in Kraft treten. Zur Musterung und möglichen Wehrpflicht sind Frauen in Dänemark dann ab dem kommenden Jahr aufgerufen.
Aus der Mitteilung des dänischen Ministeriums:
Dies bedeutet, dass Frauen, die nach dem 1. Juli 2025 das 18. Lebensjahr vollenden, am Tag der Verteidigung, der im Jahr 2026 stattfinden wird, unter anderem gleichberechtigt mit den Männern eine Losnummer ziehen müssen und somit zum Wehrdienst verpflichtet werden, wenn es nicht genügend Freiwillige gibt.
„Ich freue mich, dass die Liberale Allianz nun beschlossen hat, den Vorschlag für eine vollständige Gleichstellung bei der Wehrpflicht zu unterstützen. Angesichts der aktuellen Verteidigungs- und Sicherheitslage müssen die Streitkräfte mehr Leute rekrutieren, und deshalb ist es ein wichtiges Signal, die vollständige Gleichstellung von Frauen und Männern auf den 1. Juli 2025 vorzuziehen“, sagt Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen. (…)
„Die Verteidigung braucht alle Kampfkraft, die wir mobilisieren können. Dazu müssen wir aus der ganzen Gesellschaft rekrutieren. Mit der weiblichen Wehrpflicht stärken wir unsere Fähigkeit, die talentiertesten und motiviertesten jungen Dänen zu gewinnen. Unabhängig vom Geschlecht. Vielfalt stärkt unsere Fähigkeit, Aufgaben zu lösen, und schafft eine stärkere Verteidigung“, sagt der amtierende Verteidigungschef Michael W. Hyldgaard.
(Übersetzt mit deepl.com)
Ebenfalls im kommenden Jahr soll der Wehrdienst von bislang vier auf dann elf Monate verlängert werden. Diese Neuregelung war bereits im vergangenen Jahr beschlossen worden. Mehrmals im Jahr werden junge Dänen, künftig dann Männer und Frauen, zu einem Verteidigungstag (Forsvarets Dag) geladen, der eine Mischung aus Musterung und Eignungstest ist. Dabei werden auch Lose gezogen, deren Zahl darüber entscheidet, ob der jeweilige Mann oder die Frau eingezogen wird.
Nachtrag: Das mit der Auslosung scheint für ein bisschen Verwirrung zu sorgen – was es damit auf sich hat, wird hier erklärt:
Wenn Sie am Tag der Verteidigung eine niedrige Zahl ziehen, wird dies als „Sollzahl“ bezeichnet, weil es bedeutet, dass Sie möglicherweise zum Wehrdienst einberufen werden, wenn sich nicht genügend Leute freiwillig melden. Der Sitzungsleiter wird Sie bitten, zwei Präferenzen für den Dienstort und das Gebiet anzugeben, die die Sitzung im Falle einer Einberufung zum Wehrdienst auf der Grundlage Ihrer „Zielnummer“ zu erfüllen versuchen wird.
Alle sechs Monate weist die Session denjenigen, die sich freiwillig zum Wehrdienst gemeldet haben, einen Platz zu. Wenn sich genügend Menschen freiwillig zum Wehrdienst gemeldet haben, wird Ihre „Zielnummer“ in eine freie Nummer umgewandelt und Sie werden vom Wehrdienst befreit. Sie erhalten ein Schreiben in Ihrem digitalen Briefkasten, wenn die Zuteilung erfolgt ist. Heute liegt die Freiwilligenquote bei über 99 %, was bedeutet, dass in der Regel niemand zum Wehrdienst gezwungen wird.
(Übersetzt mit DeepL.com)
Auf jeden Fall sinnvoll und gerecht.
Dafür müsste man in Deutschland allerdings zwei „heilige Kühe“ schlachten.
1. Wehrpflicht für Frauen (Grundgesetzänderung notwendig)
2. Unsere hochgehaltene Wehrgerechtigkeit (Stichwort Verlosung)
Ich höre schon die üblichen Bedenkenträger….
Wenn die Besten gezogen werden, wenn die Freiwilligen nicht reichen, ist verständlich bei einer Teil-Wehrpflicht. Aber nach Losnummern, finde ich etwas komisch & nicht besonders gerecht.
Eine Gleichberechtigung von Frauen und Männern bei der Einziehung führt nicht zu einer optimalen Armee, denn in den Kampfverbänden sind Männer im Vorteil und wichtiger als Frauen.
Deshalb halte ich es aus Sicht einer Armee besser, wenn die Wehrpflicht nur für Männer gilt, aber alle Frauen verpflichtet wären, sich mustern zu lassen, aber nur Freiwillig in die Armee eintreten müssen.
[Nein, die Debatte von 1970 wollen wir hier nicht erneut bei Null beginnen. Ganz davon abgesehen verrate ich Ihnen ein Geheimnis: Streitkräfte bestehen nicht nur aus Kampfverbänden. Und den Alte-Männer-Gestus „Männer sind wichtiger (sic!) als Frauen“ lassen wir hier nicht raushängen. T.W.]
Was passiert denn wenn bei der Verlosung zehn Nieten gezogen werden, mit denen man gar nichts anfangen kann? Zieht man dann 10 weitere Lose?
Ich finde diese Verlosung persönlich etwas suspekt.
[Oben im Nachtrag ist die Auslosung erklärt. T.W.]
Dänemark,~ 6 Mio Einwohner, BiP $ 390,7 Mrd.
Unser nördlicher Nachbar hat mit einer sozialdemokratischen Regierung seine Verteidigungsfähigkeit zur Chefsache bei MP Mette Frederiksen gemacht, nicht nur beim Personal.
Hans Tino Hansen
@HthHans
Today, Denmark announced an accellerated development of the heavy infantry brigade with an investment of 4.7bn DKK (630m EUR) into among other things:
– 2 armoured infantry companies
– 1 mechanised engineer company
– all-terrain trucks and containerised supply & logistics units
Zwei Kp sind nicht unbedingt beeindruckend, jedoch umfasst das Heer nur 2 Brigaden mit u.a. sechs aktiven mechInfBtl, die den CV9035DK verwenden. Jenseits der Brig bestehen noch drei Rgt in Heimatschutz- und Sicherungs/Repräsentationsfunktion für das Königshaus.
Ich finde die Skandinavier finden zielorientierte Lösungen, bravo!
@Closius
Ergänzend zu den Ausführungen des Hausherrn möchte ich darauf hinweisen dass es der Bundeswehr nicht an Kämpfern mangelt. Die Generäle beklagen bei ihren Vorträgen den Mangel im Bereich Logistik, IT, etc., da können Frauen locker mithalten. Aber ohne Pflicht zum „Reinschnuppern“ ist der Laden auch für viele Frauen derzeit wenig attraktiv.
Mal aus Interesse gefragt: Wie hat man das in Dänemark denn mit der Verfassung gelöst? Ich kenne mich mit dem dänischen Rechtssystem gar nicht aus und daseinzige was ich dort fand war §81 der Verfassung, „Every male person able to bear arms shall be liable with his person to contribute to the defence of his country under such rules as are laid down by statute.“Aus der Übersetzung der verlinkten News werde ich da leider auch nicht schlauer, außer dasses dort offenbar per einfachem Gesetz machbar ist?
Ein sehr kreativer Ansatz, welchen Dänemark hier wählt. Spannend.
@ Pio-Fritz:
Ich bin ganz bei Ihren 2 „Problem-Kühen“.
Wenn man den dänischen Ansatz einmal auf Deutschland übertragen wollte, wären jedoch beide 2. heilige Kühe schnell erlegt.
„Wehrgerechtigkeit“ stützt sich ja heute nur darauf ab, dass Männer vom Wortlaut des Gesetztes zum Wehr- (oder alternativ Ersatzdienst) verpflichtet sind.
Würde man diese Verpflichtung – dann auch für Frauen/ div – wie bei den Dänen auf das Ziehen des Loses reduzieren (auch hier Grundgesetzänderung zum Wortlaut nötig – aber sowas geht ja heute sogar innerhalb weniger Tage mal fix über das Wochenende, wenn man nur will) wäre die Gerechtigkeit für alle noch immer gegeben (sogar auf Frauen/ div erweitert). Ein Anspruch auf einen „Freifahrtschein“ besteht wie auf einen Lottogewinn halt aber nicht.
Zumal auch die Ausgestaltung mit Angabe von 2 Wunschdienstorten/ Tätigkeit, welche „man nach Möglichkeit versucht zu erfüllen“ das Ganze doch recht erträglich und je nach Interessenlage vielleicht sogar sinnstiftend für den oder die Betroffene macht.
So all denjenigen die hier Mal wieder von fehlender Wehrgerechtigkeit schwafeln. Nein, das Losverfahren ist gerecht und eines der ältesten Systeme.
Es unterscheidet nicht zwischen Arm und Reich und folgt dem System das die Streitkräfte nicht 100% eines Jahrgangs benötigen sondern nur einen Teil davon. Da fängt die „Ungerechtigkeit“ ja schon an. Jetzt versucht man die Reihen durch freiwillige zu schließen, was in Skandinavien gut gelingt. Die jungen Menschen blicken da wohlwollender auf ihren Staat und vertrauen diesem nicht nur mehr, sie sind auch ehr bereit die umfassenden Privilegien zu verteidigen die ihnen dieser Staat gewehrt. Sollte es jetzt doch notwendig werden jemanden zu Ziehen der sich eben nicht zuvor freiwillig gemeldet hat ist ein Losverfahren das einzig faire und gerechte… für den einzelnen dann „dumm gelaufen“ aber er/sie kann es dann auf Zufall, Schicksal, Göttlichen Willen oder Pech schieben und nicht darauf das man sich evtl. kein Studium leisten konnte. Aus einem armen Elternhaus kommt oder den „Falschen“ Beruf ausübt der nicht frei gestellt ist. Sondern das man einfach dran ist weil man Ausgelost wurde. Für die Freiwilligen auch bestimmt eine Motivation „Wenn ICH mich nicht melde muss ein anderer gehen.“ „Wenn ICH mich melde darf meine Freundin Zuhause bleiben.“
Schafft auch Anerkennung im Sozialen Umfeld… „Danke Knut das du gegangen bist damit wir nicht mussten.“
In Deutschland hat man das Schisma alle gleich zu machen und jeden im gleichen Maße zu benachteiligen. Das äußert sich in unserem total verbockten Steuerrecht und das jeder gegen die größten und wichtigsten Infrastrukturprojekte klagen kann von denen Millionen profitieren würden.
Zur Wahrheit über die Wehrgerechtigkeit gehört aber auch, das die nie exestierte nicht Mal zu Kaisers Zeiten. Selbst in der DDR konnte man sich erfolgreich um den Wehrdienst drücken, vorausgesetzt man wollte in dem Staat nix mehr werden. Und in der alten BRD zog man einfach nach West Berlin um und Studierte da, wenn man keine Prosa Aufsätze über Pazifismus verfassen wollte. Und im wiedervereinigten Deutschland reichte es einfach nicht zur Musterung zu erscheinen irgendwann gab es 50 DM Bußgeld dafür.
In einem Land mit knapp 6 Mio. Einwohnern mag das eine „schöne“ Lösung sein, für uns sehe ich das nicht.
Zuerst muss der Staat mal seine Hausaufgaben machen. Ist denn die Bundeswehr zum attraktivsten Arbeitgeber der Republik aufgestiegen? Wie präsentiert sich denn die Bundeswehr selbst? In meiner Gegend, Süddeutschland, kommt sie in der öffentlichen Wahrnehmung gar nicht mehr vor.
Alle schwadronieren jetzt von einer Dienstpflicht, aber kein Plan wie man denn diese „Dienste“ sinnvoll einsetzen könnte. Dafür vorhandene Infrastruktur bei Null. Aber alle klagen über Nachwuchsprobleme, THW, Feuerwehr, Rotes Kreuz, Pflegedienste. Mental ist doch die Bereitschaft für diesen Staat etwas zu leisten nahe Null und das Anspruchsdenken am Maximum. Und warum eigentlich nur die Jungen? Eigentlich sollte das für alle gelten, dass jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten was beisteuert.
Und Grundgesetzänderungen sind für die nächsten Jahre erstmal passe.
@Closius:
Ich bin im Leistungssportbereich aktiv und empfehle ihnen, sich zu dem Thema auf einen aktuellen Stand zu bringen. Kurzfassung: mit guter und konsequenter, wissenschaftlich basierter Sportausbildung kann man den Geschlechterunterschied bezogen auf den soldatischen Alltag fast nivellieren, zwar kaum im Bereich Kraft, umso mehr im Bereich Ausdauer. Das gilt übrigens besonders auch im Bereich Schiessen, wo Frauen unter kontrollierten Bedingungen regelmäßig durchschnittlich bessere Ergebnisse als Männer erzielen. Entscheidend ist in der Praxis aber die Vorprägung, und hier schlagen Rollenbilder voll durch. Wenn der Sohn nachmittags zum Fussballverein und die Tochter ins Kinderzimmer zu den Puppen gesteckt wird, sind die Vorerfahrungen mit 18 natürlich auf einem ganz anderen Level. Eine Wehrpflicht für alle hat – dazu gibt es Erkenntnisse aus Israel und Norwegen – auch Effekte auf Geschlechterrollen. Kurzgesagt: mehr Mädchen dürfen nachmittags auf den Bolzplatz und sind mit 18 deutlich besser mental und körperlich vorbereitet, als in Ländern mit hypermännlichen und hyperweiblichen Geschlechteridealen.
Davon abgesehen zeigt nicht zuletzt die Kriegsrealität in der Ukraine, dass der entscheidende Faktor für den Erfolg auf dem Schlachtfeld nicht die Frage ist, wie viel Gewicht der Einzelschütze im Studio stämmen kann. Allein schon die Altersstruktur der Soldaten an der Front bietet hier Ansatzpunkte.
Ich finde am System gut, dass auch Frauen berücksichtigt werden.
Nicht gut finde ich, dass nur die Frauen berücksichtigt werden, die dieses Jahr ab dem Stichtag 18 werden.
Da hätte man ruhig ein Höchstalter von Ende 20 festlegen können, damit auch die Frauen, die jetzt schon über 18 sind, berücksichtigt werden.
Denn so ist das System nicht besonders gerecht.
Nichtsdestotrotz wünsche ich mir auch in Deutschland eine Gleichberechtigung der Männer und Frauen bei der Wehrpflicht. Ich hoffe, dass die Frauen, die sich stark für die Frauenrechte machen, dies auch für eine Änderung des Grundgesetzes tun werden.
“ Sollte es jetzt doch notwendig werden jemanden zu Ziehen der sich eben nicht zuvor freiwillig gemeldet hat ist ein Losverfahren das einzig faire und gerechte… “
Auf die Gerechtigkeit kann ich verzichten. Ich will neben mir im Graben nicht die Lusche, die an nichts anderes denkt, als daran, wie man sich am besten verpissen kann. Und das auf einem einfachen Grund, es kann mich das Leben kosten, wenn ich mich auf den Kamerad neben mir nicht verlassen kann.
1. Ja, wo ist das Problem? Wie sieht das z.B. unsere Ethik-Kommission? Warum können die Skandinavier das und wir nicht? Sind da die Frauen anders …?
2. Ist diese „Wehrgerechtigkeit“ gerade in einem Raum mit uns? Die gab es doch Minimum die letzten zehn Jahre der Wehrpflicht schon nicht mehr. Auf dem Papier hört sich das super an, in der Realität war es nicht Praxis. Davon abgesehen: Interessiert es den Russen, dass nicht genügend Soldat:innen mobilisiert werden konnten, weil nicht der Gerechtigkeitssinn von jedem vollumfänglich befriedigt wurde?
@Pham Nuwen sagt: 26.03.2025 um 11:51 Uhr
„1. Ja, wo ist das Problem?….“
Ganz einfach, es fehlen die Mehrheiten, politisch und gesellschaftlich, die das mittragen würden. Sie sehen es doch gerade an den Koalitionsverhandlungen, wo es „nur“ um die Wiedereinsetzung der ruhenden Wehrpflicht geht. Und dafür reicht eine einfache Mehrheit!
„2. Ist diese „Wehrgerechtigkeit“ gerade in einem Raum mit uns?“
Ohoh, haben Sie die Diskussionen um die Wehrpflicht seinerzeit bei Ruhendstellung und die letzten mindestens drei Jahre nicht mitverfolgt? Das ist ein zentraler Punkt, zumindest in Zeiten des Friedens und den jetzigen Zwischenphasen in der Vorstufe zum Krieg. Kopfmäßig ist der Durchschnittsmichel noch im tiefen Frieden und sorgt sich derzeit maximal um steigende Eierpreise zu Ostern und vielleicht noch seinen Arbeitsplatz.
Wir sind hier gesellschaftspolitisch nicht bei „wünsch dir was“, sondern bei „so isses“. Und deshalb ja, die Skandinavier sind da anders als wir. Bedauerlicherweise.
Solange es in Deutschland keine nennenswerten außerparlamentarischen Diskussionen bzw. öffentliche Debatten hinsichtlich eines (verpflichtenden) Wehrdienstes für beide Geschlechter gibt, wird es m.M.n. zu keiner Veränderung kommen. Demoskopisch analysiert sollte es rein zahlenmäßig machbar sein, körperlich und geistig fitte 18jährige Deutsche zu rekrutieren. Zum dänischen Losverfahren bzw. „Verteidigungstag“ wird es unter den politisch Verantwortlichen in unserem Land eher verhaltenes Schweigen geben.
@AB
In einer freiheitlichen Demokratie darf es nicht Aufgabe des Staates sein, Geschlechterrollenbilder zu beeinflussen. Im Grundgesetzt ist im Art. 6 festgeschrieben, dass die Erziehung von Kindern ein Recht der Eltern ist, in das der Staat prinzipiell nicht eingreifen darf.
Das Eintreten für eine wehrhafte Gesellschaft muss unter diesen Bedingungen durch die Zivilgesellschaft selbst geleistet werden. Es steht z.B. jedem frei, Menschen, die durch geleisteten Wehrdienst auf besondere Weise praktische Solidarität mit dem Gemeinwesen demonstriert haben, auf besondere Weise wertzuschätzen und Personen, die diese Solidarität nicht gezeigt haben, zugleich demonstrativ ein wenig weniger wertzuschätzen. Hart gesagt: Man sollte ruhig öfters mal wieder die Frage stellen „wo gedient“. Wer gesellschaftliche Anerkennung will, sollte sich diese wieder aktiv verdienen müssen. In Israel wird der Wehrdienst in bestimmten Einheiten z.B. inoffiziell als Voraussetzung für bestimmte Ämter und Funktionen betrachtet.
Von freien Bürgern sollte man in einer Republik davon abgesehen erwarten können, dass sie nicht darauf warten, einzogen zu werden, weil sie sich ohnehin freiwillig melden. Attraktivere Kurzlaufbahnen für Reservisten würden dies unterstützen.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung; ich nehme allerdings an, dass die meisten nicht in die Zeit des Hauptmanns von Köpenick zurückwollen. T.W.]
@Der Realist
Nur 18 jährige reicht aber in Dänemark, denn:
1. Es melden sich genug Freiwillige das man gar nicht losen muss.
2. Ein Jahrgang ist groß genug für den Bedarf und mit 18 wird/würde halt gelost wer hin muss. Wenn dann
jemand z.B. noch zur Schule geht etc ist er halt für ein folgendes Jahr schon ausgelost.
@Beobachter
Natürlich darf und macht der Staat das, z.B. durch die Schulpflicht. Alleine das die Kinder so andere Familen- Rollenbilder sehen und kennenlernen beeinflusst diese.
Und Dienst als Vorraussetzung gehört zu Starship Troopers.
Wie wäre es mit Für jede 2 Jahre Dienst gibt es 1 Jahr Steuerfrei im Nachgang.
Es ist verwunderlich, wie massiv das Thema „Wehrgerechtigkeit“ in Deutschland die Diskussion und Rechtsprechung der letzten knapp dreißig Jahre beeinflusst hat. Wenn man den Blick in Raum und Zeit weitet, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwecken, dass es eine rechts- und wehrpolitische Idee aus einer bestimmten politischen Denkschule und ein deutscher Sonderweg ist. Und nicht in Stein gemeißelt sein muss. Unabhängig vom politischen System gab es in Kriegs- und Friedenszeiten nie ein Modell ohne Fenster für Drückeberger. Selbst im 2WK gab es „Druckposten“ wenn man die richtigen Beziehungen hatte und in der alten Bundeswehr gab es schlaue Dienstposten der „KDV in Uniform“, Stabsdienst in Ämtern oder als „Vorzimmersoldat“ bei der A16+ Verwandschaft. Früher war es sogar in vielen Systemen möglich, sich legal von der Wehrpflicht durch sogenannte „Einsteher“ freizukaufen. Auch gab es immer Systeme der selektiven Wehrpflicht durch Losentscheid oder schlimmer – Willkür. Auch die „dynamische Anpassung“ der Musterungskategorien in den 1990ern war eine indirekte Auswahlwehrpflicht. Die aktuelle Debatte in der SPD ist leider wieder ein deutscher Sonderweg, erzwungen vom linken Flügel einer 16% Partei unter Leugnung der Realität. Ähnlich wie beim NATO – Doppelbeschluss, wo die SPD dem eigenen Bundeskanzler kündigte. Brutale Gesinnungsethik, die sich im Augenblick unglaublich gut anfühlt, ohne die Langzeitfolgen zu sehen. Aber im Gegensatz zu 1983 gibt es keine stabile Mehrheit der Realisten, welche die Sicherheit Deutschlands aufrecht erhät. Die Weitsicht und die Standfestigkeit der beiden Helmuts ist nirgends zu sehen. Abgesehen davon: Im übrigen bin ich der Meinung, dass wir eine Allgemeine Dienstpflicht für alle Schulabgänger und -abgängerinnen brauchen.
Das dänische System macht Sinn und wäre auch auf DEU übertragbar. Wenn man denn will. Schön ist die Skalierbarkeit – über das Lossystem kann man die Zahl der Einberufenen bedarfsweise handhaben. Dass DNK kleiner ist als DEU ist kein Argument dafür, dass das bei uns nicht anwendbar wäre.
@ TomCat sagt:
26.03.2025 um 9:30 Uhr
Die BW muss attraktiver werden, unbestritten. Sie wird aber nie „der attraktivste Arbeitgeber der Republik“ werden. Das kann nicht Maßstab und Ziel sein, und wenn die Situation eintreten würde hätten wir wohl ein ernstes Problem in der zivilen Wirtschaft.
@ MrDiversity sagt:
25.03.2025 um 22:07 Uhr
Dass es der BW „nicht an Kämpfern mangelt“ sondern doch die Spezialisten gebraucht werden ist aus meiner Sicht ein schlimmer Denkfehler auch der BW-Führung. Wir müssen dringend weg von der Denke mit dem zivilen Fachkräftemarkt konkurrieren zu wollen. Bildet man Rekruten jung als Sicherungssoldaten bzw infanteristisch aus und schafft eine Grund-Affinität zur Truppe hat man die Grundlage für vieles weitere. Daraus hervorgehende Reservisten bringen später dann Berufserfahrung mit – die BW ist bloss derzeit in der Fläche zu doof und zu bequem, um diese Kompetenzen zu ermitteln und sinnvoll und unbürokratisch einzusetzen oder eine weite Kohäsion mit Reserve zu schaffen. In UKR sieht man wie es wenn es hart auf hart kommt laufen muss: Die Hauptlast wird durch leichte Inf und leicht bedienbare Drohnen getragen, für das Spezialistentum bringt man die im Zivilen erworbenen Kompetenzen ein.
Ich bin gegen eine Wehrpflicht.
Aber ich bin für eine Dienstpflicht.
Jede und Jeder zwischen 18 und 28 gibt ein Jahr seines Lebens für die Gesellschaft.
Das kann die Bundeswehr sein, das können aber auch zivile Alternativen sein, die unsere Gesellschaft ebenfalls dringend braucht. Man entscheidet selbst.
Wichtig: Keine Ausnahmen. Keine Regelung des dritten Sohnes, keine Ausmusterung, sondern eben passende Stellen für körperlich Eingeschränkte, keine Ausnahmen für Frauen, Auch Migranten müssten selbstverständlich auch ein Dienstjahr machen, usw.
Gerade das Argument, weshalb Frauen bisher ausgenommen wurden, zieht bei 1,35 Kindern pro 2 Erwachsene in Deutschland nicht mehr.
Wir haben einen Mangel in fast allen Bereichen, den man so gerecht abfedern könnte.
@TomCat sagt:
26.03.2025 um 10:51 Uhr
[…]Auf die Gerechtigkeit kann ich verzichten. Ich will neben mir im Graben nicht die Lusche, die an nichts anderes denkt, als daran, wie man sich am besten verpissen kann. Und das auf einem einfachen Grund, es kann mich das Leben kosten, wenn ich mich auf den Kamerad neben mir nicht verlassen kann.[…]
Ähm ja….und wer sagt uns, Ihnen und der „Lusche“, dass Sie nicht derjenige sind der sich „verpisst“ weil Sie auf einmal Angst bekommen?
Kurz zur Erklärung: niemand von uns weiß wie er oder sie sich unter Feuer final verhalten wird. Es ist auch völlig egal was Sie von sich selbst annehmen. Die Kriegsgeschichte zeigt uns, dass Menschen immer wieder anders reagieren wenn sie im Gefecht stehen. Selbst die erfahrensten Soldaten können panisch werden, hysterisch oder irgendwann keinen Bock mehr haben.
Um diese Eventualitäten zu reduzieren wurde der Drill erfunden. Damit man einfach nur noch handelt, egal was im Kopf passiert. Das funktioniert aber auch bei Wehrpflichtigen.
Die Geschichte ist voll von Millionen (vermutlich Milliarden) Menschen die eingezogen, ausgehoben oder zwangsverpflichtet wurden und dann an der Front genau so gekämpft haben wie Berufssoldaten.
Und auch letztere desertieren, fliehen, „pissen“ sich ein, weinen, schreien oder rennen hysterisch ins Sperrfeuer.
Also überdenken Sie doch noch mal den Begriff „Lusche“
@Windlicht: Wehrgerechtigkeit ist nicht der 100%-ige Ausschluss jedweder Drückebergerei, sondern die Vermeidung von systemischer Ungerechtigkeit bei der Heranziehung der Wehrpflichtigen durch Zufall oder Willkür. Wenn nämlich nur ¼ oder ⅓ eines Jahrgangs tatsächlich zu einem Dienst herangezogen wird, hat man ein Problem die Wehrpflicht insgesamt für alle zu begründen, weil dann das eigentlich angestrebte Regel-Ausnahmeverhältnis umgekehrt wird. Der Zivildienst war ja für die Sozialverbände aus diesem Grund ein echter Glücksfall und auch ein Gerechtigkeitsargument, weil dadurch ja wenigstens die Mehrheit der Dienstpflichtigen immerhin einen Dienst leisten mussten, aber nachdem die Truppe immer weniger Bedarf und Kapazität hatte, war das irgendwann auch eine unangenehme Schieflage.
Eine Wehrpflicht muss also wenigstens systematisch anstreben, möglichst alle Dienstpflichtigen zu erfassen und zu einem Dienst heranzuziehen. 100% sind nicht gefordert, aber wenn die Zielmarke schon bei 30% liegt, stimmt etwas nicht.
Oder op Kölsch: „Dann ess et uch nit su wischtisch!“
Jetzt mal ne (vielleicht blöde) Frage:
Was hält denn die Regierung davon ab, mit einfacher Mehrheit ein Gesetz zu beschließen, in dem sinngemäß steht:
„Die Wehrpflicht gilt für M/W/D und die unzeitgemäße Formulierung des Grundgesetzes ist zukünftig unbeachtlich. Siehe auch Gleichheitsgrundsatz, Antidiskriminierungsklausel, EU-Verträge etc.“
Wenn dann jemand in Karlsruhe klagt, kann das Gericht ja feststellen, dass die derzeitige Formulierung nicht mehr tragbar ist und eine Änderung beauftragen. Wäre doch einfacher, das so herum anzugehen.
Die Überhangmandate hätte ja auch kein Parlament freiwillig abgeschafft, da musste auch erst das Gericht die Problematik bewusst machen…
[Wir hören jetzt mal auf, die Abschaffung des Rechtsstaats zu fordern, nur weil die Vorbilder mancher in den USA das gerade so treiben. T.W.]
@Beobachter
Es gibt auch Möglichkeiten der Gesellschaft zu dienen, die nicht im Militär stattfinden.
FSJ, Feuerwehr, Polizei ….
Hunger Games werden Realität. Irre.
[Sie haben die Bücher offensichtlich nicht gelesen. Und nein, wie weiter unten angemerkt: Jetzt eine beliebige Literatur-Wahrnehmung hier als Leitpfosten in die Debatte einrammen zu wollen, machen wir nicht. T.W.]
Was spricht in der Frage Wehrpflicht/Dienstpflicht eigentlich gegen eine Volksabstimmung ? (In Österreich hat sich vor Jahren eine Mehrheit für deren Beibehaltung ausgesprochen).
@Ex_Inst
Schulen haben einen Bildungs- und keinen Erziehungsauftrag, weil ein solcher gegen Art. 6 GG verstoßen würde.
„Starship Troopers“ kennen die meisten leider nur als Film. Im zugrundeliegenden Buch denkt der Autor über ein Gesellschaftsmodell nach, in der politische Verantwortung an die Bereitschaft von persönlicher Übernahme von Verantwortung für das Gemeinwesen in Form von Wehrdienst verbunden ist. Es gibt dort keine Wehrpflicht, aber wer keinen Wehrdienst leisten will, ist in der beschriebenen Gesellschaft nur Einwohner mit Grundrechten, aber nicht Staatsbürger mit Bürgerrechten.
Der Autor hat damit eine provokative Antwort auf ein politisches Grundproblem formuliert, das der Risikoforscher Nassim Taleb als „skin in the game“ bezeichnet hatte. Organisationen (auch Staaten) funktionieren demnach nur dann gut, wenn Entscheider für die Folgen ihrer Entscheidungen zur Verantwortung gezogen werden, und die Qualität von Entscheidungen steige, wenn die Entscheider von den Folgen möglicher Fehlentscheidungen persönlich getroffen werden. Wer als Abgeordneter über Krieg und Frieden und als Wähler über den Abgeordneten entscheidet, trifft demnach bessere Entscheidungen, wenn er als Soldat bzw. Reservist persönlich für die Konsequenzen haftet.
[Hier wird’s abstrus – es geht in Heinleins Buch mitnichten darum, dass Entscheider für die Folgen ihrer Entscheidungen zur Verantwortung gezogen werden. Bitte nicht mit solchen Vernebelungen die Debatte derailen. T.W.]
@T. Wiegold
Beim „Hauptmann von Köpenick“ bestand das Problem nicht darin, dass hier ein Soldat übertriebene Anerkennung erfuhr, sondern dass die betreffende Person sich nur als Soldat verkleidet hatte. Natürlich bin ich dagegen, Hochstaplern jeglicher Art besondere Anerkennung zu gewähren. In meinem Kommentar bezog ich mich auf echte Soldaten.
[Kühne These – aus Ihrer Sicht also: wäre es ein echter Hauptmann von Köpenick gewesen, wäre sein Verhalten gerechtfertigt? Nein, Kriminelle in Uniform wollen wir natürlich erst recht nicht, und ich verstehe nicht, warum Sie dafür plädieren. Aber vielleicht können wir diese hinreichend abstruse Debatte, die mit dem eigentlichen Thema hier nichts zu tun hat, jetzt mal beenden. T.W.]
@Metallkopf: Sie tragen genau die geschichtliche Ausnahme der „nahezu 100% Ableistung eines Dienstes anzustreben“ als rechtlich-politisches Dogma vor. Das zu Erkennen wäre in der Debatte aber wichtig. D.h., wir sind nicht handlungsfähig, weil wir uns eine rechtliche und historische (Minder-) meinung als Dogma über die Notwendigkeiten der Wirklichkeit stellen. Das fügt sich sehr gut in die deutsche Politik der letzten Jahrzehnte ein, gegenüber den europäischen Partnern moralisch und rechtlich immer auf dem hohen Roß der eigenen (Minder-) meinung zu sitzen. Die aktuellen Koalitionsverhandlungen in Berlin weisen auch in diese Richtung. Eine gesinnungsethisch aufgeladene SPD schafft es, die realistischen verteidigungspolitischen Forderungen der Union aus dem Wahlkampf zu verhindern. P.S.: Und ich unterscheide sehr wohl zwischen Drückebergerei und systemischen Ungleichgewichten.
@Wiegold: Ihre Kritik an meinem Beitrag finde ich deutlich übertrieben:
1. Ich habe mich zum Dänischen Modell geäußert, die bisher wohl nur 1 Prozent zwangsweise einziehen. Ein tatsächliche Bedarf an eine Frauenwehrpflicht besteht nicht aus dem Bedarf. Trotzdem kann jeder ein solches Modell für gerechter halten.
2. Ich habe lediglich behauptet, daß in einer optimalen Armee die Kampfkraft höher wäre, wenn nur Männer in den Kampfeinheiten dienen würden. Was Biologisch völlig klar ist, Sonst hätten wir längst Frauen im KSK, bei den Kampfschwimmern oder den Fernspähern. Irgendwann werden dies Frauen auch schaffen, aber es werden sicher nicht viele sein. Und welche Armee ist schon optimal? Die BW kommt ohne 13 % Frauen nicht aus. Die Israelische Armee hat 40 % Frauen, aber nur 3 – 4 % in Kampfeinheiten sind Frauen. Wie viele Frauen die BW in Kampfeinheiten hat, weiß ich nicht und ich habe auf die Schnelle auch keine Zahlen im Internet finden können? Vielleicht weiß hier jemand diese Zahlen?
3. Über meine Formulierung wichtiger kann man streiten. Es war jedenfalls nicht meine Absicht eine Grundsatzdebatte aufzumachen in Sachen Frauen bei der BW. Ich habe schon mehrfach in Beiträge auf AG kritisiert, daß die BW erst durch ein Europäisches Gericht für Frauen an der Waffe geöffnet werden musste und die BW nicht die Chance der Einheit genutzt hat, weil in der NVA Frauen an der Waffen dienen durften, dies für die BW zu übernehmen, sondern die Frauen in der NVA gezwungen wurden von BRD umzuformieren in Zivilbeschäftigte. Führende Staatsrechtler wie Herzog, haben schon vor lange vor der Zulassung der Frauen zum Dienst an der Waffe, deutlich vertreten, daß das GG den freiwilligen Dienst an der Waffe nicht verbieten würde. Das Verbot von Frauen an der Waffe war folglich nur aus politischen Gründen vorgeschoben worden.
4. Daß die BW nicht nur aus Kampfverbänden besteht, weiß jeder. Aber die BW hat die Kampfverbände(und die Kampfunterstützer) seit 1990 in jeder sog. BW Reform zusammengestrichen. Die BW hat nur noch 23 Kampfbataillone & 2 Kampfregimenter bei 182.000 aktiven Soldaten. Bis zur Einheit hatte das Heer dagegen (nach meiner überschlägigen Rechnung im Kopf) 148 Kampfbataillone alleine im Feldheer. ( Die Berechnung beruht auf 33 Brigaden mit 4 Kampfbataillonen, den drei Luftlandebrigaden mit jeweils nur 3 Kampfbataillonen und den beiden Heimatschutzbrigaden 51 & 56, die dem Feldheer unterstanden & moderner bewaffnet waren, mit 4 bzw. 3 Kampfbataillonen. Wenn man die Regimenter wie doppelte Bataillone rechnet, haben wir nur noch 27 Bataillone zu einst 148! Dies belegt, daß die Kampftruppen weit überproportional abgebaut worden sind. Die BW hat noch eine Stärke von 36,76 % Prozent im Vergleich vor der Einheit, aber die Kampftruppen haben nur noch 18,2 % der alten Stärke, sind also doppelt so stark reduziert worden. Deshalb betone ich gerne die von der BW eher vernachlässigten Kampfverbände.
5. Den Schuh, als alter weißer Mann, frauenfeindlich zu sein, ziehe ich mir nicht an. Wehrgerechtigkeit setzt nach meiner Meinung nicht voraus, daß Männer & Frauen der Wehrpflicht unterliegen müssen. Aber natürlich kann hier jeder anderer Meinung sein.
Vielleicht einmal ein ganz anderer Denkanstoß:
Weshalb versucht man seitens der EU nicht, eine gemeinsame Wehrpflicht/Dienstpflicht zu etablieren?
Die Vorgaben kämen von der EU, die Umsetzung würde national erfolgen.
Damit würde man ein starkes Statement einer weiter zusammenwachsenden EU abgeben, was in Anbetracht der gemeinsamen Herausforderungen dringend nötig ist.
@T. Wiegold
Ich muss doch darauf bestehen, dass ich nicht für „Kriminelle in Uniform“ plädiert habe, sondern für mehr gesellschaftliche Anerkennung für Soldaten.
[Ihre Formulierung klang anders:
Beim „Hauptmann von Köpenick“ bestand das Problem nicht darin, dass hier ein Soldat übertriebene Anerkennung erfuhr, sondern dass die betreffende Person sich nur als Soldat verkleidet hatte.
Also recht eindeutig, dass das Problem eben war, dass er sich nur verkleidet hatte. Oder haben Sie etwas unglücklich formuliert? T.W.]
@T.W.:
Entschuldigung, geht es vielleicht eine Nummer kleiner mit Ihren Anwürfen?
Das von mir skizzierte Vorgehen ist politischer Alltag.
Aktuelles Beispiel ist die (von manchen) geplante Abschaffung des Strafrechtsparagraphen zum Schwangerschaftsabbruch. Hierzu gibt durchaus einige Rechtsgelehrte, die eine Abschaffung im Widerspruch zum Grundgesetz sehen (Recht auf Leben).
Trotzdem ist eine nicht geringe Menge der Deutschen für die Abschaffung der Strafbarkeit, nicht nur die derzeitige Aussetzung des Vollzugs. Mit Recht verweisen sie darauf, dass der jetzige Zustand nicht Fisch und nicht Fleisch ist und obendrein die Betroffenen schädigen kann.
Sollte sich hier eine Mehrheit im Parlament finden, wäre Karlsruhe genauso am Zug. Ich hoffe, sie erkennen die Parallelen.
Also, wo fordere ich jetzt die Abkehr vom Rechtsstaat?
[Sie fordern, mal auszutesten, ob die Grundrechte abgeschafft werden können, z.B. der Gleichheitsgrundsatz, und dann zu warten, ob das vom Verfassungsgericht gestoppt wird. Wird gerade in den USA ausgetestet und ist eine ziemlich offensichtliche Pervertierung des Rechtsstaats. T.W.]
@Beobachter
Heinlein selber sagte, das der Dienst an der Föderation nicht nur auf Militärdienst beschränkt war
Nachdem hier die Frage nach der Erzeihung durch den Staat und damit auch durch die Wehrpflicht aufkam und auch ein solcher Erziehungsauftrag verneint wurde, (@Beobachter): Der Staat und seine Institutionen haben eindeutig AUCH (nach/neben den Eltern) einen Erziehungsauftrag, der zum Beispiel auch in Hinblick auf Wehrpflichtige gültig sein kann.
Ein gutes Beispiel für einen grundsätzlichen Erziehungsauftarg der Schule ist Artikel 33 Landesverfassung RLP: „“ Die Schule hat die Jugend zur Gottesfurcht und Nächstenliebe, Achtung und Duldsamkeit, Rechtlichkeit und Wahrhaftigkeit, zur Liebe zu Volk und Heimat, zum Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt, zu sittlicher Haltung und beruflicher Tüchtigkeit und in freier, demokratischer Gesinnung im Geiste der Völkerversöhnung zu erziehen.““ Zur Debatte um Erziehung in der Bundeswehr kann ich nur den folgenden Text aus dem Jahr 2024 (!) anraten, der die Dilemmata und Pflichten des Themas sehr gut zusammenfasst:
https://zms.bundeswehr.de/de/mediathek/erziehung-in-der-bundeswehr-transkript-5722390
Also: Mit der Wehrpflicht ist mMn untrennbar auch ein Erziehungsauftrag aller militärischen Führer verbunden, der zur Erfüllung des Auftrages und dem Bestehen in der Gefahr und damit der Verteidigung des freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ertüchtigt. Neulich in einer Reportage über schwedische Wehrpflichtige kam das in den kurzen Interviews richtig gut rüber. Führung und Erziehung, auch gegenseitig, damit die Kampfgemeinschaft bestehen kann. Oder in anderen Worten: Kameradschaft fällt nicht vom Himmel und hat keine Versorgungsnummer.
@ Windlicht
“ als „Vorzimmersoldat“ bei der A16+ Verwandschaft. Früher war es sogar in vielen Systemen möglich, sich legal von der Wehrpflicht durch sogenannte „Einsteher“ freizukaufen. Auch gab es immer Systeme der selektiven Wehrpflicht durch Losentscheid oder schlimmer – Willkür. Auch die „dynamische Anpassung“ der Musterungskategorien in den 1990ern war eine indirekte Auswahlwehrpflicht. Die aktuelle Debatte in der SPD ist leider wieder ein deutscher Sonderweg, “
Ich habe als OA/Offizier (S1/G1) von 1960 bis 1993 gedient. Die ersten Darstellungen Ihrerseits sind mir fremd. Ihr letzter Satz trifft genau.
Ich bin der festen Ueberzeugung dass
1. heute (und wahrscheinlich die naechsten 20 Jahre) eine allgemeine Wehrpflicht (incl Frauen) notwendig ist
2. diejenigen , die das negieren, wuerden sich als Allererste beklagen wenn sie in ein totalitaeres System gepresst werden wuerden weil unsere Abschreckung und/oder Verteidigung nicht funktioniert hat.
Und, ich meine: Wehrpflicht und nicht: Dienstpflicht! Die heutigen Waffensysteme benoetigen nur (geschaetzt) 40% boots on the ground, die restlichen 60% koennten auch Frauen am computer oder als Logistiker leisten.
(Anm: Meine Mutter haette im Bombenhagel auf Berlin 1943 lieber zurueckgeschossen an der Flak / was machen die Frauen in der Ukraine heute?)
Cheers
@T.W.: Nein, das war nur ein Missverständnis zwischen uns. Das „siehe auch Gleichheitsgrundsatz…“ bezieht sich als Begründung auf den ersten Satz. Sollte also verdeutlichen, warum so eine „penisbezogene“ Diskriminierung eben nicht mehr zeitgemäß ist.
Bitte etwas wohlwollender lesen oder auch mal Rückfragen stellen. Ich weiß, dass das bei reichlich kommentierten Artikeln eine sportliche Leistung ist… :-)
@ Windlicht Das mit der Gottesfurcht sollte man in Zeiten, in denen Atheisten die Mehrheit stellen, mal überarbeiten. Wo bleibt da die Religionsfreiheit? Was ist mit all den Schülern, die keine Christen sind oder keiner abrahamitischen Religionsgemeinschaft angehören? Natürlich ist ein militärischer Führer auch ein Erzieher. Das gehört zur Jobbeschreibung.
@Stöber:
Das Bundesverfassungsgericht. Denn das hat die Verfassung anzuwenden und Gesetze, die dagegen verstoßen, sind entweder nichtig oder verfassungswidrig und müssen (vom Gesetzgeber) geändert werden.
In Artikel 12a Abs. 1 GG steht ganz eindeutig drin, dass nur Männer ab 18 zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz (heute: Bundespolizei) oder Zivilschutzverbänden verpflichtet werden können. In Abs. 4 steht, unter welchen Umständen Frauen zu genau welcher Art von Dienst an anderer Stelle herangezogen werden können. Ein Gesetz, welches hiergegen verstößt, hat keine Chance, jemals durchgesetzt zu werden, solange keine verfassungsändernde Mehrheit zuvor die im Grundgesetz (m.E. aus gutem Grund) aufgestellten Hürden aus dem Weg räumt.
Genau das kann das Bundesverfassungsgericht nicht. Es ist nämlich ein Teil der rechtsprechenden Gewalt und kein Ersatzbundestag. Manchmal wird mittels der sog. „verfassungskonformen Auslegung“ ein Gesetz, das an sich zu sehr in Grundrechte eingreift, limitiert und damit in rechtlicher Hinsicht „gerettet“, aber in dem von Ihnen geschilderten Fall ist es ja andersherum, da sprechen Sie ja davon, dass das Verfassungsgericht eine Ausweitung von Grundrechtseingriffen anordnen würde. Das wird ganz sicher nicht passieren, weil dies in das Erfordernis des Gesetzesvorbehalts eingreifen würde.
Stellen Sie sich das mal vor: Die Richter des Bundesgerichtshofs in Strafsachen würden einfach mal befinden, dass beispielsweise für bestimmte Delikte das im Gesetz vorgesehene Strafmaß nicht ausreichend bemessen ist, und verurteilen einfach zu mehr als gesetzlich erlaubt. Merken Sie selbst, oder?
Ja, das ist aber etwas gänzlich anderes, als eine eindeutige Regelung der Verfassung per ordre de Mufti aus dem Fenster zu werfen, weil „die Formulierung nicht mehr zeitgemäß“ sei. Was ist denn das auch überhaupt für ein Maßstab?
Im Falle der Überhangmandate lag das (rechtliche) Problem ja nicht in der durch die Mandate erfolgenden Vergrößerung des Bundestages, sondern darin, dass eine Partei bei mehr Stimmen ggf. weniger Sitze und bei weniger Stimmen mitunter mehr Sitze erlangen konnte (sog. „negatives Stimmgewicht“), das Ergebnis also dem Wählerwillen mit einiger Wahrscheinlichkeit in bestimmten Fällen diametral entgegenlaufen würde, und zwar, ohne, dass der Wähler dies im Vorfeld hätte erkennen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings völlig zu Recht Abstand davon genommen, eine konkrete Lösung vorzuschlagen, oder de lege ferenda das Recht so umzugestalten, dass es nach seiner Auffassung verfassungskonform gewesen wäre. Denn die Rechtsetzung ist und bleibt Aufgabe des Gesetzgebers, nicht der Rechtsprechung.
Ich empfehle Ihnen, sich mal einige Broschüren der Bundeszentrale für politische Bildung zu bestellen.
@Stöber
„Jetzt mal ne (vielleicht blöde) Frage: …“
Im GG stünde dann: das Nähere regelt ein Gesetzt oder z.B. „dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes (und nur für die Fälle eingeschränkt werden) …“
Ohne den Zusatz steht der Artikel absolut und kann nur durch eine Änderung des GG modifiziert werden. Teilweise gibt es natürlich Auslegungsfragen, der Artikel zur Wehrpflicht läßt m.E.n. hier aber keinen Raum für Interpretationen.
@Windlicht:
Was Sie als „rechtlich-politisches Dogma“ versuchen, in ein möglichst unkoscheres Licht zu stellen, ist letztlich die Grundlage unseres gesamten staatlichen Selbstverständnisses, nämlich unsere im Grundgesetz niedergelegten Verfassungsgrundsätze und die in nun nicht ganz 80 Jahren durch das BVerfG hierzu immer wieder getroffenen, richtungsweisenden Entscheidungen.
Das kann man natürlich für impraktikabel halten und fordern, dass das der Realität untergeordnet wird, aber das ist im Prinzip – ohne Ihnen nun persönlich zu nahe treten zu wollen – eine doch in Grundzügen recht ähnliche Argumentation zu jener, mit der seinerzeit am 23. März 1933 ein gewisser Herr die Selbstentmachtung des Reichstages durch Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes forderte: „Um sich in die Lage zu versetzen, die Aufgaben zu erfüllen, die in diesem Rahmen liegen, hat die Regierung im Reichstag durch die beiden Parteien der Nationalsozialisten und der Deutschnationalen das -Ermächtigungsgesetz einbringen lassen. Ein Teil der beabsichtigten Maßnahmen erfordert die verfassungsändernde Mehrheit. Die Durchführung dieser Aufgaben und ihre Lösung ist notwendig. Es würde dem Sinne der nationalen Erhebung widersprechen und für den beabsichtigten Zweck nicht genügen, wollte die Regierung sich für ihre Maßnahmen von Fall zu Fall die Genehmigung des Reichstags erhandeln und erbitten. Die Regierung wird dabei nicht von der Absicht getrieben, den Reichstag als solchen aufzugeben. Im Gegenteil, sie behält sich auch für die Zukunft vor, den Reichstag über ihre Maßnahmen zu unterrichten oder seine Zustimmung einzuholen.“
Not bricht eben nach unserem Verständnis nicht jedes Gebot. Insbesondere sollten wir enorm vorsichtig sein, die Eckpfeiler, die die Väter und Mütter unseres Staatswesens in der Verfassung unter dem Eindruck der durch das 3. Reich verursachten Katastrophe in weiser Voraussicht eingeschlagen haben, als „rechtlich-politisches Dogma“ zu entwerten.
@Stöber
Es ist ein wenig wie bei Diskussionsversuchen mit Populisten hier: Da werden einem ständig Worte in den Mund gelegt, die man nie gesagt hat, und sachliche Aussagen werden von der anderen Seite stets nur polemisch zugespitzt und verzerrt aufgenommen; Stichwort „Kriminelle in Uniform“. In so einem toxischen, jeglicher Diskussionskultur entbehrendem Umfeld müssen seriöse Gesprächsversuche scheitern. Nur ein Blog eben und kein Expertenforum.
[Ok, Sie wollen mich anpöbeln. Und bereits seit einiger Zeit austesten, was ich hier durchgehen lasse. Glückwunsch, Sie haben das Limit erreicht und finden hier nicht mehr statt. T.W.]
Der Hausherr möge mir den Ton verzeihen… @Metallkopf: Zu Beginn des dringend notwendigen Wochenendes eine deutliche Antwort: Sie heben die Frage nach der Wehrgerechtigkeit auf eine maßlos überhöhte Ebene. Das BVerfG hat in den Jahrzehnten seiner klugen Rechtsprechung einige „Dogmen“ der gesellschaftlichen Realitiät angepasst: Familienbild und Frauenbild, Auslandseinsätze der Bundeswehr, Informationelle Selbstbestimmung. In dieser Ebene sehe ich Potential, dass Karlsruhe eine Allgemeine Dienstpflicht und / oder die Wehrgerechtigkeit angesichts der Bedrohungslage und der Demographie (!) neu (!!) bewertet. Den Rest Ihrer Ausführungen zur Machtübernahme des GröFaZ nennt man wohl Nazikeule.
Hunger Games werden Realität. Irre.
[Sie haben die Bücher offensichtlich nicht gelesen. Und nein, wie weiter unten angemerkt: Jetzt eine beliebige Literatur-Wahrnehmung hier als Leitpfosten in die Debatte einrammen zu wollen, machen wir nicht. T.W.]
Werter T.W.,
nach Lektüre des Artikels war das die Szene, die in meiner Vorstellung auftauchte. Militärdienst bedeutet in meiner Beurteilung, die Bereitschaft (oder den Zwang) zum Einsatz des eigenen Lebens um andere zu töten. Kann man einen solchen Einsatz per Los bestimmen? Ich finde Nein. Am besten ist das Prinzip der Freiwilligkeit – für das die Gesellschaft dann auch genügend Anerkennung aufbringen muss. Das zweitbeste Prinzip ist dann gleicher Dienst für alle. Aber Losen? Das gleicht dann eben tatsächlich der Verlosungssequenz der „Hunger Spiele“. Ist einfach so. Kann man natürlich trotzdem gut finden, ist aber für mich erbärmlich.
P.S. Übrigens, es sind als Taschenbuch drei Bände, nicht „ein“ Buch, und die habe ich tatsächlich gelesen.
Wie alle skandinavischen Länder, sind auch die Dänen hier so erfreulich Unkompliziert! Da weiß man, was es bedeutet, seine Freiheit zu verteidigen und die Bevölkerung zieht mit, weil sie genau diese Werte so schätzen.
Dänische Soldatinnen sind ja so gesehen nichts grundsätzlich Neues; ich kann mich noch gut an Bold Guard 86 erinnern, als bei uns hier im Dorf eine M109-Besatzung stand und die Hälfte davon Frauen waren. Die haben das damals schon gerne für ihr Land getan!
@BS
Sie zeigen, wie viele andere in den verschiedenen Chats, dass Sie egoistisch sind und sich nicht auf einen tatsächlich gerechten Beitrag und Zusammenhalt berufen.
Das Motto „Die paar Freiwilligen machen das“ ist genau, was in der Menschheitsgeschichte für das erfolgreiche gemeinsame Staatswesen nicht funktionierte. Die griechischen Poleis waren deshalb so erfolgreich, da jeder seinen Beitrag zu leisten hatte. Es gab auch dort Losverfahren – warum? Nun. Es ist ganz einfach ein gerechtes System. Es könnte jeden gleichermaßen treffen. Das hat nichts mit Ihrem faden Vergleich der Hunger Games zu tun, in welcher die Lose eingesetzt werden, damit Menschen zur Show der reichen Elite sich abschlachten, um Ihren Lieben möglichst ein besseres Leben zu ermöglichen. Sie scheinen das Werk nicht ansatzweise durchdrungen zu haben und Militär und gesellschaftliches Zusammenwirken erst Recht nicht.
In ihrem Wunschszenario der reinen Freiwilligkeit überleben die Egoisten. Die Altruisten sterben. Aber auch das ist normal für die Menschheitsgeschichte. Diejenigen, die sich für andere einsetzen, nehmen früher Schaden.
Um Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu schaffen, wurde die Wehridee, die Wehrpflicht und damit die Wehrgerechtigkeit geschaffen. Wir sind in unserer egoistisch-individualisierten Zeit so fernab von einem Miteinander, dass ich sehr befürchte, die autokratischen Staaten, werden uns niederwerfen.
Wer soll denn noch verteidigen? „Nö. Da fliehe ich lieber.“ Ja. Laufen bis zum Ende der Welt und am Abgrund muss man eben doch aufpassen, dass man nicht runterfällt. Irre ist Ihre Sicht auf die Situation und das Losverfahren.
@Coin:
Freiwilligendienst, siehe oben, „für den die Gesellschaft genügend Anerkennung aufbringen muss.“ Anerkennung. Anerkennung dafür, unter Einsatz seines Lebens die Nation zu verteidigen. Das ist viel mehr als Geld. Das ist vor allem ein Gefühl der Achtung. Gäbe es in unserer Nation genügend Achtung für die Soldaten, dann hätten wir kein Problem mit der Zahl an Freiwilligen.
Und ja natürlich: Welche Armee wird besser trainiert und motiviert sein, als eine Armee von Freiwilligen aus einer Nation, die diese hoch achtet? Klar wird das die beste Armee sein.
Und wenn die Achtung fehlt, dann ist eine Freiwilligenarmee immer noch die zweitbeste Variante.
Und wenn das auch nicht geht, dann gleicher Dienst für Alle.
Das Losverfahren ist Ausdruck einer gescheiterten Gesellschaft oder ein Übergang.
Ihr Verweis auf die Antike ist irreführend. A) War keiner von uns dabei. B) Wenn man schon Vermutungen anstellt, dann die, dass die griechische Polis ihre Soldaten auf das Höchste geachtet hat – das Los also im Wortsinn ein Gewinn war, denn mit ihm Verband sich die Aussicht auf gesellschaftlich beste Aussichten. Aber das ist alles Spekulation.
Zum Thema Hunger Spiele: Ein per Los bestimmter Wehrpflichtiger, der für Merz, Leyen und Kallas oder Zelensky sein Leben einsetzen soll? Tut mir leid, das wären für mich Hunger Spiele. Eins zu eins.
Ich stimme Ihnen darin zu, dass die Gesellschaft genügend Anerkennung aufbringen muss, nur machen Sie das eben genau auch nicht durch Ihre vorherige Aussage und vor allem nicht mit dem kruden Vergleich der Hunger-Spiele.
Es ist nicht nur die Achtung. Es ist auch das Verständnis von Recht und Pflicht, von dem was eine Gesellschaft ausmacht. Das Leben so zu tragen, dass man nur nutznießend den eigenen Vorteil erreichen möchte, ohne das Risiko eines Opfers ist billig und unrecht. Genau das geschieht, wenn man auf reine Freiwillige verweist und lieber selbst fliehen möchte. Das kooperative Element aber schafft einen Mehrgewinn, den viele übersehen.
Gleicher Dienst für alle, gleich welchen Geschlechts. Da bin ich vollkommen bei Ihnen. Auch hier geht der deutsche Blick schnell fehl.
Ein Losverfahren ist kein Ausdruck eines Scheiterns. Beim Übergang kann ich noch mitgehen, da mehr Gewöhnung wohl wieder erreicht werden soll. Mein Beispiel aber war mitnichten irreführend, da es A) unerheblich ist, ob wer von uns dabei war, weil das in keinem historischen Fall so ist B) ich aufzeigen versuchte, dass in den griechischen Poleis das Kleroterion, eine Wahlmaschine, für öffentliche Posten genutzt wurde, weil es eben ein gleichermaßen gerechtes System von den jeweilig Beteiligten ist. C) Das Los nicht die Achtung als Soldat war, sondern dass jeder Bürger, um Bürger sein zu dürfen, die Pflicht hatte, Kriegsdienst zu leisten. Das ging Hand in Hand und mit der Verknüpfung mag die Achtung gekommen sein, aber nicht, weil ein Soldat mehr gewesen wäre, sondern der freie Bürger.
Auch später: Französische Revolution: Die Wehrpflicht überrennt Europa. Mit Achtung und Einsatz und Inbrunst, aber mit Gemeinsinn.
Und heute: Der Verlust der Wehrhaftigkeit und eines Gutteils des gesellschaftlichen Miteinanders und Dienst-tuens, Verständnisses eines Gemeinsinnes, aufgrund der fehlenden Wehrpflicht.
Insofern stimme ich Ihnen dabei zu. Eine Freiwilligenarmee ohne den Gemeinsinn ist stets nur ein Söldnerheer.
Kein per Los bestimmter Wehrpflichtiger setzt sein Leben für einzelne Politiker ein, die sie anführen. Sie halten weiter an Ihrer Irreführung der Hunger-Spiele fest und fügen nun noch diese Spaltung hinzu.
Die Redewendung Eins zu Eins könnte nicht schlechter passen, da die Hunger-Spiele der Tribute von Panem in einer Gesellschaft angesiedelt sind, die Unterteilung in verschiedene Wertgruppen vornehmen und damit die gleichen Rechte und die Würde des Menschen nicht achten, die Spiele zur Belustigung der Elite sind.
Nichts hat das mit einem Pool aus Wehrpflichtigen einer gleichberechtigten Gesellschaft zu tun, aus welchen gelost wird, außer, dass gelost wird, was wie oben beschrieben, ein faires Auswahlverfahren ist, möglicherweise das gerechteste überhaupt.