Lesehinweis: US-Mittelstreckenraketen sind Regierungssache
Die die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland wird weiter debattiert – und in dem Zusammenhang ist eine Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages bedeutsam: Die Vereinbarung mit den USA, sagen die Parlaments-Fachleute, kann die Regierung ohne Beteiligung oder Zustimmung des Parlaments treffen.
Die entsprechende Kurzinformation: Die Stationierung von US-amerikanischen weitreichenden Waffensystemen in Deutschland veröffentlichte der Bundestag am (heutigen) Freitag auf seiner Webseite. Bei der Einschätzung beruft sich der Fachbereich WD 2 (Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung,
Menschenrechte und Humanitäre Hilfe) vor allem auf ein bereits 1984 ergangenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Damals war es um den so genannten NATO-Doppelbeschluss und die Entscheidung zur Stationierung nuklear bewaffneter US-Mittelstreckenraketen in Deutschland gegangen (zur Erinnerung noch mal: in diesem Fall geht es um konventionelle Systeme, nicht um Atomwaffen). Die Bundesregierung, so entschied das Karlsruher Gericht, handelte auf Grundlage des NATO-Vertrags und des Vertrags über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in Deutschland. Diese Verträge bzw. die Gesetze dafür seien vom Bundestag gebilligt worden – so dass die Bundesregierung ohne konkrete Parlamentszustimmung für diesen Fall handeln durfte.
Gleiches gelte für die nun getroffene Vereinbarung. Die wesentliche Passage in der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste:
Die derzeit für das Jahr 2026 geplante Stationierung von US-amerikanischen Raketen und Marschflugkörpern dürfte sich ebenfalls im Rahmen des NATO-Bündnissystems abspielen. Dafür spricht zum einen, dass die geplante Stationierung auf dem NATO-Gipfel im Juli 2024 verkündet wurde. Zum anderen bezieht sich die gemeinsame Erklärung der USA und Deutschland auf die NATO-Verpflichtungen der USA. (…)
Die Rechtsgrundlagen, aufgrund derer die Bundesregierung ohne weitere Einbindung der legislativen Gewalt eine Zustimmung erteilen könnte, dürften somit auch hier wohl der NATO-Vertrag sowie der Aufenthaltsvertrag i.V.m. den dazugehörigen Zustimmungsgesetzen sein.
Das hindert die Bundesregierung natürlich nicht, die Debatte darüber im Parlament zu führen – und auch den Bundestag nicht, eine entsprechende Debatte anzusetzen und gegebenenfalls in einer Entschließung dazu Stellung zu nehmen. Ob es dazu kommt, wird sich vermutlich erst nach der Sommerpause und im Lichte der bis dahin laufenden Debatte zeigen. Bislang hatte die Regierung nur knapp mitgeteilt, durch ein Schreiben an die Ausschüsse für Auswärtiges und Verteidigung sei das Parlament ja schon befasst worden.
Ist damit die ganze Diskussion nur eine Scheindebatte /dem Sommerloch geschuldet? Oder, gibt es hier Auslegungsspielräume?
*kopfschüttel*
@M.
Es geht darum was „zwingend“ sondern was „geboten“ ist. Ich halte eine Debatte (keine Abstimmung) im BT über diese causa für geboten, dabei können sich auch der Kanzler, Fr. Baerbock und Hr. Pistorius erklären. Vielleicht gibt es auch einen Redebeitrag von Hr. Mützenich 😎
@M
Ist wohl eher der „Putinversteher“ getarnt als „Hardcore Friedensbewegten“ im Bundestag zu verdanken. Dass so etwas von BSW, Linke und AFD kommt war klar, dafür gibts ja Bargeldbündel per Boten, aber dass die stärkste Regierungsfraktion den eigenen Bundeskanzler so beschädigt, irre….wo sind nur die Münteferings unserer Zeit (ach Kevin?). Pistorius hätte echt aufzuräumen in der SPD.
Dass die Unionsfraktion eine Bundestagsdebatte fordert ist soweit ok, die stellen ja wenigstens nicht die grundsätzliche Entscheidungsbefugnis des Bundeskanzlers infrage. Die Union ist da ausnahmsweise sachlich, während der eigene SPD Fraktionschef Ängste schürt und entweder keine Ahnung hat oder bewusst einige Dinge falsch darstellt und inhaltlich vermengt, um mal wieder Atomkriegsängste zu schüren. (er hat dazu von einer besonders kurzen Vorwarnzeit gewarnt, auf Eskalationsrisiken verwiesen, als würde es sich um ballistische Raketen mit atomaren Sprengköpfen zu Erstschlagszwecken handeln. Garniert mit dem Hinweis, dass er die US Atombomben aus Deutschland raus haben will, sehr geschickte Angstmacherei, bzw. Geschäft und Wahlkampfhilfe für BSW und AFD)
Sorry, aber wer auch immer diese Entscheidung auf welcher Rechtsgrundlage getroffen hat, kann sich bei einer derart weitreichenden und möglicherweise katastrophalen Auswirkung auf die formale Position zurückziehen, dass hier die Exekutive frei entscheiden könne.
Im Übrigen ist der Hinweis, dass es sich aktuell um konventionelle und nicht nukleare Waffensysteme handelt, zweifach irreführend: a) sind sie prinzipiell dual-capable, was sogar die Sache noch schlimmer macht, weil ein Gegner von außen und fern nicht erkennen kann, ob eine angefeuerte Rakete konventionell oder nuklear bestückt ist,
b) können die in Frage stehenden Waffensysteme auch russische nukleare Assets und NC3 erreichen und damit kein geringeres Bedrohungspotenzial besitzen, als Nukleare Counterforce Waffen.
[Langsam verliere ich dann doch die Geduld. Die frei erfundene Behauptung
sind sie prinzipiell dual-capable, was sogar die Sache noch schlimmer macht, weil ein Gegner von außen und fern nicht erkennen kann, ob eine angefeuerte Rakete konventionell oder nuklear bestückt ist,
wird künftig belegt, sonst lösche ich den Kommentar. Mit alternativen Fakten arbeiten wir hier nicht. T.W.]
Kurzer Zusatz:
Interessant wäre die Frage ( die sich so wohl wenige gestellt haben ) wer denn eigentlich wirklich den Finger am Abzug hat bei diesen Systemen.
Das diese nicht nuklear sind und auch nicht dafür vorgesehen sollte mittlerweile klar sein.
Die BW oder die USA oder die NATO ?
Bei allen früheren in D stationierten Mittelstreckenrakten hatte NICHT die BW die endgültige Entscheidungsgewalt. Sollte das jetzt anders angedacht sein wäre es eine Zeitenwende ?
Die „Fischfangquotendurchsetzungsverordnung“ wird im Deutschen Bundestag diskutiert. Die Stationierung von Abstandswaffen nicht.
Wir brauchen ein sicherheitspolitisches Parlamentsbeteiligungsgesetz. Ganz einfach.
@ T.W.
Können Sie ausschließen, dass die Tomahawks mit nuklearen Gefechtsköpfen ausgerüstet werden? Vorrangig werden sie aktuell konventionell genutzt.
[Die Tomahawks werden nicht „vorrangig aktuell konventionell genutzt“ – die derzeit genutzten Versionen sind nicht nuklearfähig. Die etwas merkwürdige Vorstellung, dass auf so einen Marschflugkörper je nach Lust des Chefs mal ein konventioneller und mal ein nuklearer Sprengkopf geschraubt wird, lassen wir bitte mal hinter uns. Es handelt sich um unterschiedliche Varianten; derzeit sind keine nuklearfähigen Tomahawks im Arsenal, so weit bekannt. T.w.]
Warum stört die besorgten Bürger eigentlich nicht, dass sowohl die Marschflugkörper als auch ballistische Iskander Variante dediziert auch nuklear bestückt werden kann?
Ist doch unverantwortlich welch Eskalation der Russe so betreibt oder? Was für „möglicherweise katastrophalen Auswirkung“ diese russische Esjakation wohl hat?
Es ist schon spannend, das vor allem die Leute diskutieren wollen, die eh keine Ahnung haben und/oder Desinformation im öffentlichen Raum streuen.
Darüber hatte der Minister sich ja schon vor ein paar Tagen beschwert.
Bei der Stationierung handelt es sich nicht um Nuklearwaffen. PUNKT
Die einzig nuklear bestückbaren UND noch aktiven Marschflugkörper der USA sind die AGM-86 ALCM.
Die würden von B-52 Bombern aus eingesetzt. Die Stückzahl wurde im Rahmen von Abrüstungsabkommen auf 400 reduziert. Das ist alles was noch übrig ist.
Die moderneren AGM-129 ACM wurden wegen Problemen mit einer eventuellen Nutzungsdauerverlängerung [$$$$] außer Dienst gestellt.
Die Nachfolge für beide Systeme soll die AGM-181 Long Range Stand Off Weapon (LRSO) werden. Um das Jahr 2030 herum ist die Einführung der ersten Exemplare geplant. Zu diesem Zeitpunkt wird die AGM-86B ihr 50 jähriges feiern…. Waffenträger werden B-21 und B-52 Bomber.
Bestückt wird dieser neue Marschflugkörper mit dem W80-4. Dabei handelt es sich um eine Nutzungsdauerverlängerung des W80-1 Sprengkopfes, der aus den beiden Vorgängersystemen stammt.
Die Tomahawks des Natodoppelbeschlusses, die BGM-109G Ground Launched Cruise Missile (GLCM) mit ihren sind seit über 30 Jahren Geschichte… die Zerstörung dieser Waffen hat die Sowjetunion dokumentiert.
Die W84 Gefechtsköpfe wurden 2008 aus dem Inventar gestrichen. Sie waren INAKTIV gestellt und dienten eigentlich nur noch Studienzwecken zum Alterungsprozess der verwendeten Sprengstoffe. Diese Sprengköpfe hatten feuerresistente Sprengladungen, die aber als problematisch befunden wurden. Es gab da bereits zum Anfang der Dienstzeit Probleme mit der Langlebigkeit und zu geringer Leistung. Das wurde in der laufenden Produktion wohl korrigiert aber man wollte sehen wie das eben 20 Jahre später aussieht.
Die Sprengköpfe existieren also nicht mehr und die spezielle Version des Tomahawks für diese wurde vor langer Zeit verschrottet.
Die BGM-109A Tomahawk Land Attack Missile – Nuclear (TLAM-N), der US Navy sind auch Geschichte. Diese Uboot gestützten Waffen hatten einen anderen Gefechtskopf, den W80-0 und sind seit circa 2011 nicht mehr im Bestand und seit Mitte der 1990er auch aus der aktiven Nutzung.
Unter Trump wurde erklärt man wolle diese Waffenklasse wieder in Dienst stellen, passiert ist aber nichts.
Der W80-0 ist insofern besonders, als dass das verwendete Plutonium extrem „rein“ ist und daher weniger Strahlung abgibt. Der Pu-239 Anteil liegt bei >95%, der Anteil des störenden Pu-240 ist extrem gering gehalten.
Das ist wichtig wenn sich Soldaten regelmäßig sehr nah an den Sprengköpfen aufhalten.
Obwohl so besonders, wurde 2012 vermeldet, das der Zerlegeprozess abgeschlossen sei.
Fassen wir also kurz zusammen:
Der einzige noch aktive Sprengkopf, den die USA nutzen könnten, ist der W80-1, der am Ende seiner Nutzungsdauer steht. Der generalüberholte W80-4 wird noch nicht produziert und geht in andere Waffen.
Während Russland ein neues Nuklearwaffensystem nach dem anderen vorgestellt hat, wurde in den USA ein System nach dem anderen außer Dienst gestellt. Die Trägersysteme verschrottet und die Sprengköpfe entweder teildemontiert eingelagert oder endgültig zerstört. Das betrifft auch Systeme wie die Überschallmarschflugkörper AGM-69 SRAM und die LGM-118 Peacekeeper Interkontinentalraketen.
Die einzige Modernisierung bisher ist die B-61-12 mit besserer Navigation und bessere Höhenzünder and den W-76 Sprengköpfen der Interkontinentalraketen.
Kontrovers ist die W76-2 Variante, weil es ein Sprengkopf einer Interkontinentalrakete mit 5 – 7kt Sprengkraft ist.
Woher andere Länder wissen sollen, was da nun genau abgefeuert wurde und wo das wohl landet, kann bis heute keiner Beantworten.
Die Zukunft:
Geplant ist eingelagerte W87 Sprengköpfe in die neuen Interkontinentalraketen zu verbauen und die Museumsstücke der aktuell genutzten Generation zu demontieren.
Und die B-21 Bomber sollen eben Marschflugkörper vom Typ AGM-181 LRSO bekommen.
Bei all diesen Programmen bleibt die Anzahl der Waffensysteme und Gefechtsköpfe gleich oder SINKT sogar deutlich.
Die riesige Aufrüstung in den USA, von der einige immer Schwafeln, findet nicht statt.
Ich bin wirklich beeindruckt, wie es teilweise durch den Kreml orchestriert, den Putinfreunden, Pazifisten und Populisten gelingt, die öffentliche Debatte zu steuern. Und ich frage mich, welcher Trigger eigentlich bei der Bevölkerung am besten verfängt.
Das Reizwort „Mittelstreckenrakete“? – Als ob es den Normalbürger interessiert, ob man eine Taurus flugzeuggestartet 500 km abfeuert, oder eine Tomahawk 1.200 km in Richtung Osten schicken kann.
Die Behauptung, man könne die Waffen mit Kernsprengköpfen versehen? – Die Sprengköpfe existieren gar nicht. Sie müssten neu entwickelt, gebaut und zertifiziert werden. Offensichtlich reicht es aus, wenn auf diese Punkte gar nicht eingeht, oder leise Zweifel äußert. Der berühmte besorgte Bürger. Muss denn erst jemand umkommen, bis wir Tempo-30 Raketen einführen?
Nostalgie? – Es war doch ein sooo schönes Erlebnis bei den Friedensdemos.
Angst? – Wir werden in Deutschland zum Ziel eines russischen (Erst-)Schlages. Aufwachen, das werden wir sowieso.
Und all diese Punkte werden so gut wie überhaupt nicht thematisiert, sondern eine Debatte über die Beteiligung des Bundestages geführt, die rechtlich ausdiskutiert ist. Ich bin selber der Meinung, dass man das wohl besser hätte machen sollen, von mir aus auch aus Respekt vor dem Parlament. Wenn man sich genau anguckt, wie häufig es Klagen aus dem Bundestag heraus über die zu kurze Beratung des Haushalts und den teilweise Entfall richtiger Debatten über andere wichtige Gesetze gab, was in der Bevölkerung niemanden wirklich empört hat, soll das jetzt der große Aufreger sein?
Wir reden hier über konventionelle Waffen mit etwas längeren Beinen, die militärische Hochwertziele ausschalten sollen, um die Bewegungsfreiheit der eigenen Truppen sicherstellen zu können. Nicht mehr und nicht weniger.
@SvD:
„…Während Russland ein neues Nuklearwaffensystem nach dem anderen vorgestellt hat, wurde in den USA ein System nach dem anderen außer Dienst gestellt. Die Trägersysteme verschrottet und die Sprengköpfe entweder teildemontiert eingelagert oder endgültig zerstört. Das betrifft auch Systeme wie die Überschallmarschflugkörper AGM-69 SRAM und die LGM-118 Peacekeeper Interkontinentalraketen…“
Guter in die Tiefe gehender Beitrag. Obiger Auszug ist eine Zusammenfassung der Kernaussage.
Interessant finde ich bei allen Abrüstungsverhandlungen immer was denn eigentlich mit dem (extrem teuer hergestellten) nuklearen Spaltmaterial der ersten Stufe (Zünder) der meist Wasserstoffbomben nach dem Teller-Ulam-Design passiert. Also Plutonium 239 und Uran 235.
Die werden nicht etwa „vernichtet“ ( also militärisch unbrauchbar gemacht durch z. B. Vermischung mit U 238 oder PU 240 ) .
Nein, die kommen in grosse Hochsicherheitslager. Die USA betreiben eines, ich vermute Russland auch…
Die Anzahl der Sprengköpfe ( im Dienst oder ausser Dienst ) mag massiv abgenommen haben seit 1990. Das spaltbare Material das zum Bau grundsätzlich erforderlich ist aber kaum…
Vor diesem Hintergrund erscheint die Diskussion über zu stationiernde rein konventionelle Mittelstreckenraketen recht untergeordnet…
Aber wie schon erwähnt, „Mittelstreckenraketen“ und „Nachrüstung“ sind Triggerworte die eine nüchterne Diskussion kaum zulassen…
Das Wording der Abschreckung als Begründung für ein konventionelle Nato System, das nicht nur in Deutschland stationiert wird und Teil einer Nato Fähigkeit ist war seitens Kanzler und Verteidigungsminister schlichtweg dumm.
Falsche Ängste werden geschürt und das ohne Not.
Aber jemand der Bazooka und Doppelwumms verwendet zeigt ja Schwächen in Begrifflichkeiten.
[Langsam verliere ich dann doch die Geduld. Die frei erfundene Behauptung
sind sie prinzipiell dual-capable, was sogar die Sache noch schlimmer macht, weil ein Gegner von außen und fern nicht erkennen kann, ob eine angefeuerte Rakete konventionell oder nuklear bestückt ist,
wird künftig belegt, sonst lösche ich den Kommentar. Mit alternativen Fakten arbeiten wir hier nicht. T.W.]
Zunächst:
Ich habe nicht behauptet, dass die geplanten Systeme dual-capable SIND, sondern dass sie es SEIN KÖNNTEN. Das ist zumindest mit „prinzipiell“ gemeint. Technisch ist es möglich bei Dark Eagle. Ein 400kt Sprengkopf einer Trident mit 300mm Durchmesser und 1000m Länge passt in den HGV und würde noch 100kg weniger wiegen. Quelle: https://dortmunder-friedensforum.de/wp-content/uploads/2024/05/231209-Kassel-Dark-Eagle-end-1.pdf
Die Tomahwaks SIND nuklear bestückbar – die Versionen, die so entwickelt und gebaut wurden, sind nicht mehr in Dienst gestellt und teilweise durch andere ALCM ersetzt worden.
Es ist auch richtig, dass seit 2011 keine US CM mehr nukleare Sprengköpfe trägt. Aber all das bedeutet keinesfalls, dass die in 2 Jahren aufgestellten Systeme der MDTF KEINE nuklearen Sprengköpfen haben werden oder haben könnten.
Die Behauptung, dass diese Systeme auch rein konventionell eine ernste Bedrohung auch nuklearer Assets darstellen, können Sie ja wohl nicht ernsthaft bestreiten.
[Sie können ja wohl nicht ernsthaft bestreiten, dass es Ihnen darum ging, den Eindruck zu erwecken, dass mal eben nuklear bestückte Marschflugkörper in Deutschland stationiert würden. Und selbst den verlinkten Beitrag des Dortmunder Friedensforums zitieren Sie sinnentstellend. Lassen Sie bitte diese Propagandaversuche hier. T.W.]
Der Bundestag kann wenn er will darüber debattieren, er muss es nicht. Die Regierung darf die Stationierung vorantreiben, das tut sie im bestehenden rechtlichen Rahmen. Wenn die Abgeordneten fragen dazu haben können sie diese ausformulieren und der Regierung stellen ob im Plenum oder auf dem Schriftlichen Wege bleibt ihnen überlassen.
Aber eine Verhinderung der Stationierung durch Bundestags Quorum ginge wohl nur über die kündigung des NATO Vertrages und des Truppenstationierungs Abkommens mit den USA…. also ehr nicht wahrscheinlich.
Sollen sie also Krach und Schaum schlagen, die Regierung und die US Streitkräfte tun genau das was sie im Rahmen geltenden Rechts tun dürfen.
@ T.W.
Es ist m.E. kein Qualitätsmerkmal, wenn Sie jeden Foristen derart verbal „abrasieren“, der eine etwas andere Auffassung vertritt.
Trennung
1. Es soll sich um konventionelle Tomahawks handeln, die in der Vergangenheit wiederholt und in verschiedenen Szenarien eingesetzt wurden.
2. Ausweislich der verfügbaren Informationen gab es eine Variante mit einem Nuklear-Sprengkopf.
3. Nicht jeder ist sofort „Putinversteher“ oder „Putin-Freund“, wenn er die Stationierung nicht toll findet.
[Falsche Behauptungen zu entlarven ist „Abrasieren“ wg. „etwas anderer Auffassung“? Die hier aufgestellte Behauptung, die in Frage stehenden Marschflugkörper könnten ja auch nuklear bewaffnet werden, ist entweder ahnungslos oder vorsätzlich falsch. Ich lasse das halt nicht zu, Sie können solche Dinge gerne woanders verbreiten. T.W.]
Der Hausherr äußert sich hier ausführlich zur Thematik
https://www.zeit.de/politik/2024-08/us-mittelstreckenraketen-deutschland-nato-kritik-politikpodcast
Im Ergebnis sagt er,
i) die eigentliche grundsätzliche Entscheidung zur Stationierung solcher Systeme auf dem Territorium Deutschlands ist die der vier europäischen Staaten DEU, POL, FRA, ITA – dazu ist die US-Entscheidung vorlaufend; wobei nach meinem Verständnis die Landstützung deren kommenden Systemen implizit entschieden ist;
ii) die Stationierung erhöhe die Sicherheit der deutschen Bevölkerung – aber leider ohne Herleitung dieses Ergebnisses;
iii) Zur Herleitung einer Fähigkeitslücke der NATO verweist er auf geheime Kalkulationen der NATO.
[Pardon, aber Punkt iii habe ich so nicht gesagt – ich habe gesagt, dass die NATO an Deep Precision Strikes arbeitet, aber nicht das so dargestellt wie Sie es tun. T.W.]
Sehr guter Beitrag von @SvD.
Was bleibt ist leider die grottenschlechte Kommunikation des Bundeskanzlers und der Regierung, die zum wiederholten Male hinter der Lage bleibt und einfach nicht vor die Lage kommt. Das Bundespresseamt mit seiner gesamten Expertise ist ein Totalausfall. Wie ist es möglich bei diesem Thema dermaßen den Faden AfD, BSW und Co. zu verlieren?
Bei der SPD ist alles klar, die verlieren im Osten gerade massiv an BSW und kämpfen um das Versinken in die Bedeutungslosigkeit, so und nur so ist Herr Mützenich zu verstehen.
Aber sonst? Wo ist der sicherheitspolitische Sachverstand in der Journalistengilde? Sind das handwerkliche Fehler, völlige Ahnungslosigkeit oder gar Unfähigkeit und Unwillen bezüglich offensiver Presse- und Informationsarbeit auf Seiten des Bundespresseamtes? Wann bloß hört diese Eigen-Tormentalität auf?
Desinformation hin oder her. Öffentliches Interesse ist Grund und Anlass für parlamentarische Befassung. Die Regierung bringt ihre Begründung vor, untermauert diese, räumt markant mit Fake-News auf. Die Gegner der Stationierung bringen ihre Argumente vor, die Regierung tut es trotzdem.
Was bleibt? Führung!
[Aus gegebenem Anlass mal die Bemerkung vorangestellt: So geht Derailing. Jemand stellt eine falsche Behauptung auf, dann kommt der nächste und sagt „aber das können Sie doch für die Zukunft nicht ausschließen!“. Das beenden wir jetzt. T.W.]
@ T.W.
Ich bewundere ihre Fähigkeit ausschließen zu können, dass Variante A später mal durch Variante B ersetzt wird.
Wenn wir schon nukleare Abwurfmunition in Deutschland haben, dann hätte ich nichts gegen nuklear bestückte Raketen. Aber bitte mit einem klaren Votum des Deutschen Bundestag.
Gerade bei wichtigen Themen in der Verteidigungspolitik spricht nie etwas gegen eine vernünftige Diskussion und auch nie etwas gegen eine Beteiligung inklusive kontroverser Debatte im Bundestag. Zuständigkeit hin, oder her.
Ich bin aber der Meinung, dass das öffentliche Interesse hier überhaupt nicht bestand, bis verschiedene Gruppen aus sicherlich sehr unterschiedlichen Gründen ein öffentliches Interesse so lange herbeigezetert haben, bis es dann auch da war.
Es gibt einige achtbare Gründe, gegen eine Stationierung der hier angesprochenen Waffen zu sein. Z.B. Herrn Mützenich unterstelle ich ehrliche Absichten, bin halt nur nicht seiner Meinung. Die vornehmlich ins Feld geführten Argumente vieler anderer beruhen aber auf Täuschung und Desinformation. Die Debatte und die Empörung ist konstruiert und hilft nur AfD, BSW und Putin selbst.
P.S.: Und bitte einfach mal die Struktur einer Multi-Domain Task Force angucken. Hier geht es um das Strategic Fires Battalion. Eine Batterie HIRMAS, eine MRC-Batterie (um die geht es hier vornehmlich), eine Batterie LRHW (Long-Range Hypersonic Weapon, noch gar nicht fertig entwickelt). Die MRC-Batterie (Mid-Range Capability) hat vier Launcher mit jeweils vier Startzellen, auf die die Tomahawks und SM-6 verteilt werden. Mithin werden ab 2026 maximal 16 startbereite Tomahawks in Deutschland stationiert.
@TW
“ iii) Zur Herleitung einer Fähigkeitslücke der NATO verweist er auf geheime Kalkulationen der NATO.
[Pardon, aber Punkt iii habe ich so nicht gesagt“
Sorry, ja, so haben Sie es sooooo nicht gesagt. Aber gefragt war, ob Stegner nicht recht habe, dass es keine Fähigkeitslücke gebe, so dass Landstationierung nicht erforderlich sei. In Ihrer Reaktion auf diese klare Frage sind Sie ausgewichen, indem Sie allein auf bestehende Langstreckenwaffen von FRA Bezug genommen haben. Dann sagten Sie, die NATO habe kalkuliert, daher der Bedarf; Und wieso Stegner darauf komme, die Kapazitäten in See- und Flugzeugstützung reichten aus, könnten Sie nicht nachvollziehen.
Aufgrund des hier häufigen Eingreifens des Hausherrn mal ganz kurz eine nüchterne Aufzählung der „Basics“:
– Angedachte Stationierung von Tomahawk. Für die verfügbaren Versionenen gab und gibt es schlichtweg keine nukleare Option. Auch nicht geplant, beantragt oder gefordert bei den zuständigen Stellen oder dem US Kongress.
– Stationierung von Iskander Raketen in Kalliningrad seit mind. 2018. Nukleare Sprengköpfe hierfür sind im Lager. Bestätigt duch Russland. Flugzeit nach Berlin wenige Minuten. Und mit entsprechenden Drohungen von Russland.
Ich finde die Diskrepanz könnte nicht grösser sein.
– 2018 zu 2026 (?)
– Hätte/Könnte/Würde des „Alternativen Fakten-Personenkreises“ zu handfester Stationierung und verbalen Nukleardrohungen.
-Noch dazu mit öffentlich ausgewalzten
„Übungen“ der russischen Nukleartruppen
Man könnte auch der Meinung sein das die westliche Antwort hier sehr moderat ausfällt…
Mal ganz im Ernst, wer hat denn wirklich erwartet, dass mit der Umorganisation (Bw-interne Maßnahme) eine Verschlankung in der Führungsdichte einhergeht?
Welche Führungskraft sägt denn Äste ab, auf denen er gerne einmal sitzen möchte? Das wäre ja ganz neu.
@Ökonom
Stegner und Mützenich ignoriert man am Besten.
Die US Navy hat nicht permanent Zerstörer oder Uboote in Europas nördlichen Gewässern um das seeseitig abzudecken.
Die Reichweite eines Tomahawks ist luftseitig nicht abzudecken. Die AGM-86C/D ist seit 5 Jahren außer Dienst.
Die JASSM-ER hat eine deutlich geringere Reichweite.
Die Geschwindigkeit einer SM-6 ist momentan auch durch nichts zu ersetzen.
Lockheed hatte ja vor kurzem den Hyperschallmarschlfugkörper Mako vorgestellt. Der passt auch in die Waffenbuchten der F-35. So eine Sammelbestellung für Europa wäre vielleicht ganz sinnvoll.
@SvD
Es ja in der Tat seit Neustem eine luftgestützte SM-6, die zumindest von einer F/A-18E/F getragen werden kann: AIM-174B.
Das Vorgehen des Kanzlers hat einen ganz einfachen Grund:
Man erinnere sich an die elendig langen Diskussionen um Drohnen.
Was wurde da vom linken Spektrum nicht alles fabuliert.
Drohnen wurden mit Terminator 2 gleich gesetzt.
Und das die Bundeswehr weder mit der CIA vergleichbar ist, noch deren Drohnen mit der Reaper, war egal.
Hauptsache, man war eine Friedenspartei und schwelgte in den Ostermärschen der 80er.
Ähnlich hat man bereits andere sinnvolle Themen politisch getötet.
Die F/A 18 Super Hornet war der Atom-Bomber, der nicht sein durfte.
Daher vermeidet man vorherige Diskussionen im Parlament, damit Mützenich das Thema nicht erschlagen kann.
Man sieht es ja auch hier im Thread.
Und selbst wenn es mal atomar bestückbare Marschflugkörper in D geben sollte-so what?
Die Ursache ist Wladimir P aus M.
Sonst stört keiner den Frieden in Europa.
Aber das will die russophile Linksfraktion nicht wahr haben.
Wie sagte ein zurück getretener SPD Politiker noch gleich:“Als ich für die Ukraine geworben habe, grüßten mich meine Genoss-*/_innen nicht mehr „.
War Herr Mützenich jetzt endlich in Butcha?
Hier mal ein Link zu den „Bundeswehr Classics“ aus den 1970ern:
https://youtu.be/X20hEaLQphI?si=DdM4HBS2WxNfibp9
Pershing 1.
Das wohl erste und einzige Mal das US Mittelstreckenraketen in BW-Einheiten waren. Natürlich auch mit US Personal da nur Atomsprengköpfe verwendet wurden.
Sehr verstörend aus meiner Sicht (ehemaliger W15 in den 80ern) das hier „50% des Personals“ W15er waren und mit Atomsprengköpfen hantieren sollten.
Nach Aussage des Film waren die Einheiten mit sofortiger Einsatzbereitschaft stationiert. Das legt nahe das die Nuklearwaffen direkt am Stadort waren. Heute völlig undenkbar, schon aus Sicherheitsgründen.
Bei der für 2026 angedachten Tomahawk-Stationierung völlig ohne Atom-Option werden aber wohl eher keine neuen BW-Einheiten aufgestellt sondern die Amerikaner übernehmen das…
Zur Ergänzung.
Ich hatte ja gesagt das es bei der Wiedereinführung der nuklearen Tomahawks der US Navy noch keine große Bewegung gibt.
Es gab aber wohl vor einigen Tagen eine Anhörung im US Senat dazu und der Haushaltsausschuss des Senates hat dann folgendes auf den Weg gebracht:
„Navy Modernization: The bill provides $252 million above the budget request for SLCM-N; and includes $95.7 million for two additional Conventional Prompt Strike missiles, an increase of $25.7 million above the budget request.“
https://www.appropriations.senate.gov/news/majority/bill-summary-defense-fiscal-year-2025-appropriations-bill
Man wirft also Geld auf ein Projekt im Komastatus, damit es doch noch abhebt.
Die US Navy geht übrigens von Kosten um die 2 Milliarden Dollar aus – ohne die Sprengköpfe.
Und genau die waren bei einer Anhörung im April der interessante Punkt. Man braucht ja sehr spezielle dafür und hat keine mehr. Vor 3 Jahren wollte man einen “W80-4 ALT-SLCM“ entwickeln lassen. W80-4 ist die Nutzungsdauerverlängerung des W80-1 in den Marschflugkörpern. Und der W80-4 ALT-SLCM ist vermutlich das gleiche, nur mit dem geringer strahlenden Kernmaterial der ehemaligen W80-0.
Das Programm ist im Haushalts mehrfach abgesoffen, weil nie klar war ob er überhaupt gebraucht würde. Ob die nuklearen Tomahawks zurückkommen sollen ist bis heute nicht wirklich klar.
Im April hieß es wenig souverän zu den Sprengköpfen:
„We’re also looking at other options that might, might, we don’t know yet, be simpler to do without disrupting our current production flow.”
Man will also diese Waffenklasse zurück, steht aber mit heruntergelassenen Hosen dar.
Es scheint als wollte man vom W80-0 abweichen und einen 0815 Sprengkopf verbauen. Für die Besatzung würde sich damit das Strahlenrisiko massiv erhöhen. Sicherheitsabstand auf den U-Booten einzuhalten ist nicht so einfach.
Man muss sich vorstellen, dass diese Tomahawk von Torpedorohren aus gestartet wurden. Die Sprengsköpfe waren also auf dem gleichen Level wie die Mannschaft.
Bei den Interkontinentalraketen ist das anders, da diese ja senkrecht in den Silos sitzen. Dadurch kann man den oberen Bereich um die Silos zur Sicherheitszone machen. Aber neben den Torpedorohren geht das logischerweise nicht.
Tomahawks kann man aber auch aus Senkrechtstartanlagen und Silos abfeuern. Ob das auch mit den nuklearen ging, weiß ich aber nicht. Es gibt dafür 3 Trägersysteme. In Zukunft wird es noch eines sein.
Einige ältere Boote der Ohio Klasse sind auf die SSGN Variante umgebaut worden. Dabei wurden im Rahmen der Abrüstung 22 von 24 Raketensilos je Boot mit einer Senkrechtstartanlage für 7 Tomahawks ausgestattet – gesamt also 154. Die anderen beiden sind Taucherschleusen. Problem bei diesen 4 Booten ist das stolze Alter und der ausbleibende Ersatz. 2026 sollen die ersten beiden, 2028 die anderen beiden außer Dienst gestellt werden – nach 45 Dienstjahren. Die Nuklearen Tomahawks werden diese Boote nicht mehr erleben.
Die späteren Jagd-U-Boote der Los Angeles Klasse bekamen auch eine Senkrechtstartanlage mit 12 Schächten. Diese kamen auch auf die Nachfolgerklasse Virginia. Diese Boote sind immer noch dabei die Los Angeles Boote abzulösen. Für die Ablöse der Ohios reicht die Produktionsrate nicht aus.
Die neueren Virginias bekommen nun die Standard ICBM Silos mit der Senkrechtstartanlage wie sie auf den Ohios verbaut wurde. Die „Silos“ bieten halt mehr Flexibilität, weil man auch andere Dinge als die 0815 Senkrechtstartanlage einrüsten könnte. Viginia Payload Module nennt sich diese neue Rumpfsektion. Leider ist sie aberwitzig teuer.
Durch die Senkrechtstartanlagen ist der Abstand zwischen Besatzung und Sprengkopf eventuell groß genug. Das muss im Rahmen von Studien abgeklärt werden.
Dann könnte man den W80-4 nutzen, den man eh ab 2027 in Serie produzieren wird.
Geht das eben nicht, dann muss noch eine neue Variante entwickelt werden, die dann irgendwann mal produziert werden kann.
Man hat im Moment schlichtweg keine Sprengköpfe.
Die Dinger kann man halt nicht einfach unendlich lange lagern und nach blieben auf irgendwelche Waffen basteln.
Nochmal zu Erinnerung: Diese Waffenklasse wurde in den 90ern von den Schiffen genommen und an Land gelagert. In der Ausbildung wurde sie weiterhin berücksichtigt. Also auch Sicherheit, Brandbekämpfung usw.
Und dann kam vor 12 Jahren das finale Aus.
Tomahawks sind trotz aller Modernisierungen ein System der 1980er. Ob das überhaupt Sinn macht ist sehr fraglich.
Es kann durchaus sein, dass man diese Waffen als Ersatz für etwas anderes haben will:
Interkontinentalraketen mit 5 – 7 kt Sprengkraft. Quasi ein Warnschuss, der aber auf den Frühwarnsystemen der Supermächte auftaucht. Diese Schnapsidee wurde unter Trump verwirklicht.
Die Trident II mit dem W76-2 Sprengkopf. Man muss für diesen Wahnsinn auch noch mindestens eine Rakete pro Boot freihalten, die nicht mehr ihren eigentlichen Nutzen erfüllen kann.
[Das ist jetzt sehr OT, die Marine-Lage so detailliert wo wir über landgestützte Systeme reden… bitte nicht weiter vertiefen. T.W.]
Als Ergänzung zu den landgestützten Tomahawks würde ich nach dem Kommentar von SvD aber denken das die USA für die Zukunft ( 2030+ ) ein völlig neues System entwickeln wird. Vermutlich dann für Army, Navy und Airforce.
Denn in der Tat ist das Tomahawk-System eine Entwicklung der 1980er… Und über 40 Jahre alt…
Es bleibt bei der aktuellen Diskussion aber bei Stationierungsüberlegungen der „alten“ Tomahawk OHNE nukleare Option. Wirklich verändern wird sich die Sicherheitslage damit nicht. Sehr wohl aber leider die öffentliche Meinung. Das Thema Mittelstreckenraketen in Tateinheit mit NATO-Doppelbeschluss ist ja auch über 40 Jahre alt und untrennbar mit Atomsprengköpfen verbunden.
Das ist nach 40 Jahren für viele kognitiv wohl schwer zu trennen…
Irre, da ist man ein paar Wochen im Urlaub und schon tauchen hier Typen auf, die offenbar glauben, dass man mit einem Sprengkopf, einem Raketentriebwerk und einer Rolle Panzertape mal eben eine Nukleare Mittelstreckenwaffe bauen kann (pardon, „könnte“)… oder nicht verlässlich ausschließen kann, dass die pöhsen, pöhsen USA das en passant bis nächste Woche Donnerstag machen… Während – wie sehr richtig angemerkt wurde – Russland ständig neue „Wunderwaffen“ präsentieren will, mit denen dann die Hardliner dem Westen mit dem atomaren Untergang drohen.
Das rangiert auf einem Nachrichten- und Bildungsniveau noch irgendwo unterhalb von Publikationen, die für gewöhnlich in Frisörsalons ausliegen und in grandios sinnentstellender Weise über das Privatleben von B- bis E-Prominenten berichten („Olli und Svenja nicht gemeinsam im Urlaub, ist das das Aus für ihre Ehe?“)
Das mag ja dem Stammtisch in der Friedensbewegung genügen, da bildet es ja Gemeinschaft, vor allem kräftig dagegen zu sein, und Angst vor irgendwas zu haben, aber für ein sicherheitspolitisches Forum sollte der Anspruch allemal höher liegen. Da kann der Hausherr gern mal „rasieren“, wenn es ihm allzu blöde wird.
Meinungsfreiheit und -pluralismus heißt immerhin nicht, dass man mit jeder als „Meinung“ deklarierten Äußerung überall auch Gehör finden oder keinen Widerspruch erdulden müsste. Die „Meinung“, der Mond bestehe aus Käse, hat auch keine Existenzberechtigung. Vor allem deshalb, weil es sich gerade nicht um eine Meinung handelt, sondern um eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung, die durch die von den Apollo-Missionen mitgebrachten Gesteinsproben als widerlegt gelten kann. Und genauso ist es auch mit der Behauptung. angeblicher „dual-use“ Tomahawks. Wer so etwas behauptet, sollte dann bitteschön auch sein hermetisches Geheimwissen offenlegen, wie er denn auf das schmale Brett kommt.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/spd-spitze-unterstuetzt-stationierung-von-us-raketen-in-deutschland-a-d0db87f1-b71d-464a-ad3e-5fdbfaf1acc6?sara_ref=re-so-app-sh
Die SPD Spitze ist jetzt auch offiziell dafür…
Für mich entscheidend ist allerdings etwas anderes. Man könnte der Meinung sein die bösen Mittelstreckenraketen waren ja schon immer ein Werk des Teufels. Deshalb ja diverse Ächtungs- bzw. Verbotsverträge… ( im engl. Sprachgebrauch gibt es zusätzlich die Unterscheidung zwischen militärisch „missile“ und zivil „rocket“… )
Ob die Rakete jetzt 500 km oder 2500 km fliegt macht militärisch natürlich einen Unterschied.
Ganz entscheidend finde ich aber die Art des Sprengkopfs. Wie hier schon mantraartig wiederholt sind das konventionell vielleicht 500 kg ( wie jetzt geplant ) gegen 50 Millionen (!!!) oder noch mehr Kilogramm TNT-Äquivalent ( wie in Kalliningrad schon stationiert als Kurzstreckenvariante ).
Der entscheidende Unterschied liegt in der Wirkung nur eines einzigen Sprengkopfs. Es gibt die bekannte Seite Nukemap auf der die Explosion von Atombomben simuliert wird.
Bei solch einer Explosion gibt es auf einen Schlag eine Situation die durch alle Rettungsdienste eines Landes völlig unbeherrschbar ist. Das gab es das letzte Mal in Nagasaki 1945 durch eine einzelne Bombe. Aus medizinischer Sicht absolut grauenvoll sind zudem die Strahlungs- und Verbrennungs-Folgen die es so bei konventionellem Sprengstoff nicht gibt. Und auch extrem viel Fachpersonal bindet.
Wirklich keiner kann sagen wie denn ein Bündnis / eine Regierung oder ein Staatsoberhaupt, gleich von welcher Seite, auf eine solche Situation reagieren würde.
Das es auf BEIDEN Seiten Atombomben gab und eine Seite diese eingesetzt hatte, diese Situation gab es schlicht noch nicht….
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Und jetzt zurück zur Mittelstreckendebatte mit den geplanten maximal 500 kg chemischem Sprengstoff.
Der Unterschied zum kalten Krieg sollte klar sein…
[Ich greife den SPD-Beschluss noch in einem gesonderten Eintrag auf, aber ohne den etwas merkwürdigen Spin, dass sich die Partei an den 2+4-Vertrag halten will… T.W.]