Dokumentation: Konzept „neuer Wehrdienst“
Parallel zur Pressekonferenz von Verteidigungsminister Boris Pistorius zu der Konzeption für einen neuen Wehrdienst hat das Verteidigungsministerium die Eckpunkte veröffentlicht. Zur Dokumentation und zum Nachlesen (ausführliche Berichterstattung aus der Pressekonferenz folgt):
Bedrohung und Ausgangslage
- Zeitgemäße Landes- und Bündnisverteidigung ist Kernauftrag der Bundeswehr.
- Wir gehen davon aus, dass Russland trotz des Angriffes gegen die Ukraine und der dortigen Verluste bis 2029 in der Lage ist, NATO-Territorium anzugreifen.
- Wir müssen unsere Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung so verbessern, dass Aggressoren davon ablassen, NATO-Territorium anzugreifen.
- Wir sind dabei, die Bundeswehr besser auszustatten, ihr eine bessere Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, und wir reorganisieren die Streitkräfte so, dass sie in einem Verteidigungsfall optimal aufgestellt sind.
- Zusätzlich brauchen wir eine stabile und einsatzbereite Reserve. Sie muss dafür sorgen, dass die Bundeswehr im Spannungs- oder Verteidigungsfall schnell aufwuchsfähig ist. Dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen.
Neues Wehrdienstmodell
- Wir wollen ein neues Modell, das vor allem auf Freiwilligkeit setzt, im Bedarfsfall aber auch verpflichtende Elemente beinhaltet.
- Das neue Modell umfasst einen Grundwehrdienst von sechs Monaten mit einer Option für zusätzlichen freiwilligen Wehrdienst von bis zu zusätzlichen 17 Monaten.
- Dazu wird eine verpflichtende Erfassung und bedarfsorientierte Musterung als notwendige Grundlage eingeführt.
- Konkret heißt das: Frauen und Männer werden zum Erreichen des wehrdienstfähigen Alters angeschrieben. Männer werden aufgefordert werden, einen Fragebogen auszufüllen. Sie sind verpflichtet, ihn zurückzusenden. Frauen können den Fragebogens ausfüllen und zurücksenden, sind dazu aber nicht verpflichtet.
- Auf der Grundlage des Fragebogens trifft die Bundeswehr die Entscheidung darüber, wer zur Musterung eingeladen wird. Anschließend wählt sie aus den Gemusterten die Geeignetsten und Motiviertesten. Es erfolgt also eine Auswahl nach Qualitätskriterien.
- Das Verfahren führt dazu, dass sich viele junge Menschen zum ersten Mal mit der Frage befassen, ob sie nach der Schule einen Wehrdienst leisten möchten. Wir gehen davon aus, dass sich viele junge Männer und Frauen freiwillig melden.Den ausgewählten jungen Menschen steht die Möglichkeit offen, einen sechsmonatigen Grundwehrdienst zu leisten oder sich für bis zu insgesamt 23 Monate zu verpflichten.
- Denjenigen, die den Wehrdienst über sechs Monate hinaus leisten wollen, bietet die Bundeswehr zahlreiche Weiterentwicklungsmöglichkeiten.Zusätzlich zu den bisher rund 10.000 Freiwillig Wehrdienstleistenden wollen wir ab 2025 bis zu 5.000 weitere Wehrdienstleistende ausbilden. Das bisherige Modell des Freiwilligen Wehrdienstes wird in das Modell „Neuer Wehrdienst“ überführt. Die Kapazitäten und damit auch die Zahl der Wehrdienstleistenden werden wir in den Folgejahren schrittweise erhöhen.
- Der deutsche Beitrag zur Bündnisverteidigung erfordert nach heutiger Bewertung langfristig insgesamt einen Verteidigungsumfang von rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten (davon geplanter Umfang rund 200.000 aktive (stehende Streitkräfte), Rest Reserve). Ein großer Teil davon müsste schnell aus Reserven aufwachsen können.
- Mit der Reaktivierung der Wehrerfassung und Wehrüberwachung sowie dem Einstieg in den Neuen Wehrdienst machen wir hierzu wichtige und notwendige Schritte.
Wehrgerechtigkeit
- Die geplanten gesetzlich festgelegten Kriterien für die Heranziehung orientieren sich an den konkreten Bedarfen für die Landes- und Bündnisverteidigung. Damit werden die Kriterien der Wehrgerechtigkeit erfüllt.
Gesetzlicher Rahmen
- Ausgesetzt wurde im Jahr 2011 nicht die „Wehrpflicht“, sondern die verpflichtende Ableistung des „Grundwehrdienstes“.
- Eine Wiedereinführung des Wehrdienstes in der beschriebenen Form bedarf einfachgesetzlicher Regelungen. Hierfür sind mindestens das Wehrpflichtgesetz und das Soldatengesetz anzupassen.
- Wir werden in dieser Legislaturperiode keine allgemeine Dienstpflicht und auch keine Wehrpflicht für Frauen einführen. Beides erforderte eine Grundgesetzänderung. Stattdessen wollen wir einem „Neuen Wehrdienst“ noch in dieser Legislatur eine gesetzliche Grundlage geben und die dafür erforderlichen Strukturen und Kapazitäten in der Bundeswehr schaffen.
(Archivbild Juli 2010: Ein Wehrpflichtiger probiert am ersten Tag seines Wehrdienstes in der Drögeheide-Kaserne in Torgelow seinen Gefechtshelm auf – Thomas Trutschel/photothek.net)
Oh, Mann…
Grundsätzlich war ja klar das es auf das „schwedische“ Modell hinauslaufen würde.
Und auch das sich keine Regierung, ob diese oder eine andere, die Finger mit einer Grundgesetzänderung verbrennen will.
Meine einzige Frage:
Was zum Teufel passiert mit denjenigen Jungs die den Fragebogen NICHT zurückschicken ?
Und die wird es geben !
Knast ? Geldstrafe ? Untersuchungshaft ? Keine Verbeamtung möglich ? Eintragung einer Vorstrafe ? Registrierung als ausländischer Agent ? Beantragung eines Reisepasses nicht möglich ?
Guter Ansatz und der erste Schritt in die richtige Richtung. Die Institution Bw kann sie wieder „berappeln“, Wehrerfassung und Musterung konzeptionell angehen und aufwachsen lassen und mittel- bis langfristig wieder auf den Wehrdienst ausgerichtet werden. Wer eine sofortige Wehrpflicht und Einberufung ab 2025 erwartet hat, wird verstehen müssen, dass es dafür keine Strukturen, Infrastruktur und Ausbildungskapazitäten gibt. Gut, dass man es jetzt wohl dosiert angeht… gern stetig weiter so.
Interessant bleibt, ob es eine verpflichtende In-Übung-Haltung gibt, z.B. ein Reservedienst von zwei Wochen alle zwei Jahre oder eine Woche / Jahr.
Bekommen die Grundwehrdienstleistenden auch ein paar Goodies ?
Also nix mit WehrPFLICHT. Wer nicht will gibt das auf dem Fragebogen an und fertig.
Gut, den einen oder anderen mag man vielleicht auf dem Weg geworben bekommen. Aber für Masse wird gelten: wer heute keinen FWDL leisten will, wird morgen wohl kaum hurra schreien und sich als Interessent für den Wehrdienst melden.
Der einzig momentan umsetzbare Weg in die richtige Richtung. Zu viele einschneidend und begrenzente Punkte lassen anderes in der Kürze der Zeit / Durchsetzbarkeit nicht zu. Leider
> Die Entscheidung, die Verpflichtung zum Grundwehrdienst auszusetzen, ist
richtig, und sie ist nicht mehr infrage zu stellen.
Eine Wehrpflichtarmee lässt sich erstens sicherheitspolitisch nicht mehr begründen,
und sie ist zweitens militärisch nicht mehr erforderlich. Eine umfassende Wehrgerechtigkeit wäre drittens auch nicht mehr gewährleistet. Es gibt keinen Weg zurück.
Rede des Bundesministers der Verteidigung,
Dr. Thomas de Maizière,
zum Entwurf des Wehränderungsgesetzes 2011 vor dem Deutschen Bundestag am 24. März 2011 in Berlin
https://archiv.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/Rede_Maiziere_Wehrrechtsaenderungsgesetz_24_03_2011.pdf?file=1
Herr de Maizière, wo ein Wille, auch ein Weg!
> Die allgemeine Wehrpflicht stellt einen erheblichen Grundrechtseingriff dar.
Ihre konkrete Ausgestaltung und Durchführung ist deshalb auf ihre weitere Er-
forderlichkeit und Verhältnismäßigkeit hin regelmäßig zu überprüfen. Insbeson-
dere vor dem Hintergrund der dauerhaft veränderten sicherheits- und verteidi-
gungspolitischen Lage sind die mit gesetzlichen Pflichtdiensten verbundenen
Grundrechtseingriffe nicht mehr zu rechtfertigen.
https://dserver.bundestag.de/btd/17/052/1705239.pdf
Auf der einen Seite entspricht es der Konservativen Ideenlehre, das Jetzige dauerhaft zu erhalten, in Bezug auf externe Faktoren wie die verteidigungspolitischen Lage erscheint es in der Rückschau aber schon sehr naiv. Ist das damals wirklich niemandem eingefallen, dass das Jetzt evtl. doch nicht so „dauerhaft“ ist? Bin gespannt auf die lyrische Akrobatik in der Gesetzesbegründung!
„Bekommen die Grundwehrdienstleistenden auch ein paar Goodies ?“
Na klar, z.B. frische Nebeltöpfe und das neue G95! :-)))))
„Meine einzige Frage:
Was zum Teufel passiert mit denjenigen Jungs die den Fragebogen NICHT zurückschicken ?
Und die wird es geben !
Knast ? Geldstrafe ? Untersuchungshaft ? Keine Verbeamtung möglich ? Eintragung einer Vorstrafe ? Registrierung als ausländischer Agent ? Beantragung eines Reisepasses nicht möglich ?“
Wo denken Sie hin? Die arme Jugend…Nichts dergleichen. Stichwort: FREIWILLIGKEIT!!!
Spaß beiseite. Sie sehen selbst wohin das führt. Wieder mal nichts zu Ende gedacht.
Weil eine Dienstzeit von 6 Monaten ja so erfolgreich war. Ach Moment, es war ja einer der Gründe für die Aussetzung?
„Freut“ mich jetzt schon für alle Zugführer und Chefs wenn Sie Leute in die Stammeinheit bekommen, die nach Grundausbildung, Zusatzausbildung und Abzug von Urlaub und Überstunden höchstens 2 Monate in der Einheit sind. Solche Soldaten will man haben. Und dann am besten noch alle 3 Monate Neue.
Apollo11: Ordnungswidrigkeitsverfahren, bis 5.000€ Geldbuße, soweit ich es im Kontext wahrnahm. Also rechtlich keine Verurteilung/Strafe.
Spätestens mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der dadurch offensichtlich gewachsenen Kriegsgefahr für Deutschland ist die Bundeswehr nicht mehr ein „attraktiver Arbeitgeber“, sondern der Ort, an dem für den Einzelnen die Gefahr besonders erlebbar wird. Vor diesem Hintergrund auf Freiwilligkeit zu setzen, ist – vorsichtig ausgedrückt – naiv.
Jeden 18-Jährigen freundlich zu fragen, ob er nicht Lust auf Bw hat, erfordert auch schon Strukturen, die nicht vorhanden sind. Wo sollen die eigentlich kurzfristig herkommen?
Und mit welchem zeitlichen Vorlauf sollen denn die „Bestausgewählten“ unter diesen Voraussetzungen eine verbindliche Heranziehung bekommen, die für den einzelnen Planungssicherheit herstellt?
Die verpflichtende Ableistung des Grundwehrdienstes wurde nicht zuletzt ausgesetzt, weil 6 Monate angeblich nicht zur Ausbildung reichten, jetzt kommt genau das zurück?
Ich verstehe die Sachzwänge, die dazu führen, nicht sofort die Dienstpflicht für jede/n einzuführen. Das vorgestellte Modell vermittelt der Bevölkerung allerdings falsche Bilder.
@O.Punkt
„Weil eine Dienstzeit von 6 Monaten ja so erfolgreich war.“
Sowohl die UKR als auch RUS bekommen Infanteristen in acht bis zehn Wochen „kriegstauglich“ (im Anschluß: sehr steile Lernkurve).
Da sollten sechs Monate schon ausreichend sein für eine (erweiterte) Wach- und Sicherungs-ATN, und ggf. muß man dann bei der SAZV nachjustieren.
Zu meiner Zeit (he, he) war man nach der Grundausbildung schon gut aufgestellt, sogar mit Ausbildung am eigentlichen WaSys.
Will die Bw in diesem Jahr nicht auch die Grundausbildung zu einer sechsmonatigen Basisausbildung reformieren?
„Damit alle Soldatinnen und Soldaten des Heeres auf dem Gefechtsfeld überleben und für Sicherungsaufgaben eingesetzt werden können.“
Der Zeitraum deckt sich dann ja. Für denjenigen, der nicht bleibt, war es das. Generiert aber potenzielle Reservisten. Muss man auch anerkennen.
Zitat (PersStOffz): „Guter Ansatz und der erste Schritt in die richtige Richtung.“ da stimme ich zu, aber eben auch nur der Anfang. Zitat (Thomas Melber): „…ob es eine verpflichtende In-Übung-Haltung gibt…“ das ist zwingend erforderlich. Zum einen, weil es mit der Freiwilligkeit > „Überraschung“ nicht ausreichend gut funktioniert und weil das Engagement der Reservisten auch in der Gesellschaft fest verankert werden muss; sonst wird es nicht sichtbar.
Die Umstellung von Wehrübung zu Reservistendienstleistung, klingt besser als sie ist. Man kommt damit der Arbeitgeberseite entgegen; diese honoriert dies aber nicht notwendigerweise. Ich persönlich habe deswegen z. B. eine Arbeitsstelle nicht erhalten; es war am Ende nicht zu meinem Schaden ABER die Sicherheit welche Streitkräfte einem Land geben, geben eben auch den Arbeitgebern/Unternehmen die Möglichkeiten zu wirtschaften.
Zitat (Kennedy zugerechnet): Frage nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern was Du für Dein Land tust. Das muss für jeden Bürger gelten, ob er Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ist oder eine weitere Rolle in der Gesellschaft ausfüllt. Das ist logischerweise eine stark vereinfachte Beschreibung, zu einer umfassenden Bewertung gilt es viele Argumente, differenziert zu betrachten.
Für mich persönlich hat all dies, unter dem Eindruck der Lage seit dem Angriff auf die Ukraine, dazu geführt eine Wiedereinstellung anzustreben; auch wir Ü40 müssen unseren Beitrag leisten und können nicht nur die „jungen“ vorschicken. Plan B ist ein Engagement als Reservefeldwebel, der AG wird dann wohl auch die Bundeswehr (Angestellter) da weder meine aktueller noch ein „neuer“ in Auge gefasster AG, dies unterstützen.
Naja nichts muss, alles kann. Es wird sich zeigen wie viel Prozent eines Jahrgangs dadurch zusätzlich gewonnen werden können?
Viel interessanter finde ich die beabsichtigten Zahlen zur Truppenstärke…
200.000 aktive Soldaten ist ja alter Hut, wird sich zeigen ob man die je erreicht.
260.000 Reservisten ist interessant…. wie werden die sich zusammen setzen?
-50.000 haben sich bereits heute beordern lassen.
-60.000 ex SaZ+BS in GBO
-150.000 ex FWDL’er… bei 15.000 pro Jahr müsste man die für knapp 10 Jahre „Wehrüberwachen“ sprich die Meldedaten aktuell halten.
Damit würde man dann Aufwuchsfähigkeit durch drei Sorten von Reservisten herstellen. Den persönlich engagierten der regelmäßige RDL macht… den ehemaligen SaZ den man bis zu 6 Jahre nach DZE wieder holen kann, der nach kurzer wiederholungs Ausbildung seinen alten Job wieder machen kann… den ehemaligen Wehrdienstleistenden der bis Mitte Ende Zwanzig wieder geholt werden kann um nach den ersten Wochen die Verluste an der Front zu ersetzen.
Müsste man natürlich entsprechende Strukturen schaffen um dann auch aufzuwachsen und natürlich den Wehrdienst attraktiv genug gestalten damit sich genug finden…
Interessant ist die Aussage des Ministers zur Kapazität. Kasernen sind geschlossen worden und die Kreiswehrersatzämter wurden auf wenige Karrierezentren zusammengestutzt.
Die unbeantwortete Frage ist jetzt: möchte man diese Kapazitäten wieder aufbauen?
Wir haben ja noch einige Liegenschaften, die geschlossen werden sollten, aber noch nicht geschlossen wurden. Will man an diesen Plänen festhalten oder zieht man hier die Bremse? Ich befürchte, dass die Bundeswehr keine vergleichbaren Grundstücke mehr bekommt, sollten diese erst einmal abgegeben worden sein. Am Ende muss man sich irgendwelche freien Flecken am AdW suchen und die vollkommen unattraktiv für die dort stationierten Soldaten sein werden.
Insgesamt bleibt aber der Eindruck, dass der Verteidigungsminister von den Blockierern in der eigenen Partei ausgebremst wurde und jetzt gezwungen ist diese Sparlösung umzusetzen. Wobei mich immer wieder beeindruckt, wie er es nach extern verkäuft ohne seinen Parteigenossen in den Rücken zu fallen. Der Mann hat schon etwas drauf.
@Ford Prefect
Ich habe den Eindruck, daß man bei der Abgabe von Liegenschaften die Reißleine gezogen hat. Es sind durchaus noch einige vorhanden, die man natürlich ertüchtigen muß, z.B. ehemalige MobStützpunkte (DÜSSELDORF, u.a.). Auch die derzeit als Erstaufnahmeeinrichtung genutzten könnte man ggf. zurückfordern.
Eine Herausforderung ist das Konzept Stube 2000 – das erhöht den Unterkunftsbedarf sehr stark.
Zudem muß man auch die benötigten Ausbilder und (Unter-) Führer abstellen – dauerhaft 5.000 PAX sind immerhin ein Brigadeäquivalent.
Was passiert denn mit den seit Aussetzung des Wehrdienstes 2011 nicht gemusterten, potentiell der Wehrüberwachung unterliegenden Mitbürgern nach Art. 116 GG? Werden die nachgemustert oder haben wir da wieder „weiße Jahrgänge“? Wenn man sich die Altersstruktur der aktiven Reservisten ansieht (alleine der Bereich ZMZ mit heizungsnaher Verwendung wird sich in den nächsten Jahren altersbedingt erheblich ausdünnen; bei den HSchKp passen Alterstruktur und Verfügbarkeit auch nicht wirklich zu den Anforderungen), kann man auf dieses Altersband aus meiner Sicht nicht verzichten! Wenn man auch bedenkt, dass dies Jahrgänge sind, die sich beruflich schon weitgehend etabliert und Erfahrungen als Fach- und Führungskräfte vorweisen können, sind das potentielle Kandidaten als Seiteneinsteiger oder Überholspurfahrer Richtung U(o/)mP oder gar OffzmilFD im Crashkurs. Die Leute haben schon Qualifikationen, die die jetzigen Schulabgänger noch nicht haben können. Und, so habe zumindest ich es mal gelernt, ist das Rückgrat der Armee das Unteroffizierskorps.
Ach ja, fast vergessen: Wie viele neue Gewehre wurden bei HK bestellt?? Sind da auch die HSchKr mit bedacht? Und was ist mit den Reservekräften der aktiven Verbände zum Schutz oberhalb der Bewachung ortsfester Infrastruktur? Z.B. wird die Lw ja wieder mehr ObjSKr brauchen. Die Kameraden in Schortens können sich ja nicht samt Material klonen. Und das fängt ja alles nicht erst bei Gefährdungsstufe Delta an. Denn Boots on the ground nützen nix ohne rifle in the hand (from The Länd).
„Sowohl die UKR als auch RUS bekommen Infanteristen in acht bis zehn Wochen „kriegstauglich“ (im Anschluß: sehr steile Lernkurve).“
Das Problem ist hausgemacht: Die ukrainische Mentalität unterscheidet sich fundamental von der deutschen.
Stichwort Vaterlandsliebe (sorry!) ist nur so ein Beispiel! Unsere Gesellschaft ist – bis auf immer weniger Ausnahmen – maßlos übersättigt, träge und egozentrisch. Ein echtes WIR gibt es kaum noch.
Die Ukrainer kämpfen für/ um ihr Land/ ihre Identität, weil sie es lieben. Bei uns undenkbar.
@Thomas Melber sagt: 12.06.2024 um 18:45 Uhr
„Sowohl die UKR als auch RUS bekommen Infanteristen in acht bis zehn Wochen „kriegstauglich“ (im Anschluß: sehr steile Lernkurve).
Da sollten sechs Monate schon ausreichend sein für eine (erweiterte) Wach- und Sicherungs-ATN, und ggf. muß man dann bei der SAZV nachjustieren.
Zu meiner Zeit (he, he) war man nach der Grundausbildung schon gut aufgestellt, sogar mit Ausbildung am eigentlichen WaSys.“
Für die Infantrie mag das ja stimmen Herr Melber, aber bei der Luftwaffe und Marine (da kenne ich mich aus!) reichen auch 6 Monate nicht.
Auf den modernen Schiffen brauchen sie mittlerweile fachlich gut ausgebildete Menschen, die sowohl die schiffstechnischen als auch die Waffensysteme unter Einsatzbedingungen fehlerfrei unter hohem Zeitdruck bedienen können müssen.
Dieses Fachpersonal ist mit Pistorius‘ „Luftnummer“ definitiv nicht zu rekrutieren.
Falls Putin also jemals die NATO angreift, wird er das sicherlich nicht nur an Land tun!
@LuckySailor: Um Lw, Mar, Cyber und wer weiß was geht es beim Aufbau einer durchhaltefähigen Reserve eher nicht. Sondern um das Heer und seine Reserve (einschl. Heimatschutz).
@Heiko Kania sagt: 13.06.2024 um 8:01 Uhr
„Um Lw, Mar, Cyber und wer weiß was geht es beim Aufbau einer durchhaltefähigen Reserve eher nicht. Sondern um das Heer und seine Reserve (einschl. Heimatschutz).“
Werter Forist Kania, es geht doch hier um Wehrdienst allgemein und eben nicht nur um „Reserve“ für das deutsche Heer.
Zur Wiedererlangung der „Kriegstüchtigkeit“ Deutschlands reicht es m.E. nicht, nur immer an Infanterie und Heimatschutz mit dem G36 zu denken. Auch auf See und ganz besonders bei der Luftverteidigung und in Drohnenkriegführung müssen wir schleunigst abwehrbereit werden, wie man am aktuellen Krieg in der Ukraine doch sieht.
Die Grüne Jugend lehnt das ja schonmal ab. Sprecherin Appuhn: „Unsere Krisengeschüttelte Generation muss gerade schon genug durchmachen“.
Ich sehe die schon, wie sie mit einem russischen Infanteristen diskutiert: „Nee, jetzt geht echt nicht, ich muss gerade schon genug durchmachen, ehrlich.“ Und die russischen Fahrzeuge halten alle an, wenn sich die Letzte Generation vor ihnen festklebt, weil sie kein AdBlue verwenden!
Wie weltfremd muss man eigentlich sein, um die Zeichen der Zeit nicht zu erkennen?
@JMWSt: Die angeblich schlecht treffenden G36 werden ersetzt durch das G95 und stehen dann in ausreichender Anzahl für die LV zur Verfügung, denke ich.
Interessanter Ansatz.
Für mich stellt sich danach die Frage, wie viele „Taugliche“ dann wirklich antreten wollen.
Denn im Endeffekt ändert sich nix: Nur wer will, der kommt.
Das einzige was sich ändert, ist die größere Datenbasis bzgl. der körperlichen und geistigen Eignung des jeweiligen Jahrgangs.
@Metallkopf: Meinung das Eine, Engstirnigkeit das andere. GRÜNEN-Bashing ist im Zusammenhang mit Russlands völkerrechtswidrigem Angriffskrieg deplatziert. Diese Partei hat sich in allen Fragen des Themas als einzige wirklich, schnell und radikal bewegt.
@LuckySailor: Es geht bei der jetzt diskutierten Lage um 200.000 Aktive (davon = Marine ca. 15.000) und Reserve 260.000. Da wird es natürlich „auch“ Marine geben. Jedoch sind die – sorry, ich möchte Sie natürlich nicht „unlucky“ machen – ein „überschaubares“ Problem. Der V-Auftrag BW lautet m.E. (mit QUADRIGA 2024 geübt): 1. Präsente (Heeres)Kräfte schnell (in Kräftekategorien abgebildet) an der NATO-Ostflanke einsetzen. 2. alliierte Verstärkungskräfte aufnehmen und Folgeauftrag für die wie 1. und 3. die LV in DEU sicherstellen. Pkte 2. u. 3. mit Mobilmachungsabhängigkeit und für alle Bereiche Personalersatzgestellung sicherstellen.
@ Ford Prefect sagt:
12.06.2024 um 21:55 Uhr
Die Debatte zu fehlendem Platz halte ich zumindest bzgl. Unterkunftskapazitäten größtenteils für eine Phantomdebatte. Es gibt noch haufenweise BW-Liegenschaften oder Ex-BW-Liegenschaften im Eigentum der BIMA ohne massgebliche Weitervermietung mit großen unbebauten aber bebaubaren Flächen oder untergenutzten Gebäuden. Es fehlt nur an einem vernünftigen Liegenschaftsmanagement und vorausschauenden Liegenschaftskonzepten. Würde jemand im BMVg die Frage stellen, welche Unterkunftskapazitäten auf welchen Liegenschaften geschaffen werden könnten, bekommt er derzeit vermutlich keine verwendbaren Antworten. Genau genau das ist das Problem. Viele Liegenschaften gelten halt als „belegt“, die Belegungdichte ist dann aber vielerorts recht gering.
Flächenabgaben, die diese Potenziale vermindern, sollten allerdings wirklich mal beendet werden. Beim ehem. Fliegerhorst Leck zum Beispiel hat die BIMA in 2022 trotz „Zeitenwende“ den Verkauf von Flächen vorgenommen, so dass eine Reaktivierung für irgendeine militärische Nutzung wohl verunmöglicht wurde. Das Mieter–Vermieter–Modell der BW Liegenschaften gehört schnellstmöglich abgeschafft und ist ungeeignet Bedürfnisse der Streitkräfte angemessen zu erfüllen.
@LuckySailor, natürlich muss ich beim Thema Kriegstüchtigkeit insgesamt in allen Dimensionen denken und diese entsprechend aufstellen. Je nach Bereich habe ich aber einen unterschiedlichen Bedarf an Reserven. Und bei der Marine dürfte der Bedarf an Reservebesatzungen eher gering sein um z.B. die Personalverluste einer versenkten Fregatte zu ersetzen. Der Zug Heimatschützer der im Hafen streift dürfte da schon eher Bedarf haben nach dem er unter eigenen Verlusten den Sabotagetrupp gestoppt hat.
@LuckySailor
Die jetzt diskutierte Form des Wehrdienstes dient aber ausdrücklich zum Aufbau einer stärkeren Reserve und nicht unmittelbar der Personalverstärkung/ Aufwuchs der (aktiven) Bundeswehr.
Und damit steht nun mal der Heimatschutz und die (infanteristischen) Ergänzungstruppenteile im Schwerpunkt. Also im Bereich Lw/ M die Sicherungs/Objektschutzkräfte.
Wenn das alles sowieso freiwillig ist, warum befragt man dann nicht auch die Frauen?
So gesehen ist die Aktion hinter die Zeit gefallen.
[Hm, ich dachte es wäre klar geworden, dass auch die Frauen befragt werden. Der Unterschied ist, dass sie nicht zu einer Antwort verpflichtet sind. T.W.]
Moin,
für die Unterbringung könnte man auch das Konzept der Mobilen Betreuungsreserve des Bundes nutzen.
https://www.bbk.bund.de/DE/Themen/Gesundheitlicher-Bevoelkerungsschutz/Betreuungsdienst/Pilotprojekt-Labor-Betreuung-5000/pilotprojekt-labor-betreuung-5000_node.html
Wäre übrigens auch eine Option für die Unterbringung von Brigaden als Intermediate Staging Base.
Genau, eine Zeltstadt, gedacht als Notunterkunft nach Katastrophenfällen, zur Unterbringung der sich freiwillig Meldenden.
Vielleicht noch Nerf Retaliators als Überbrückungswaffen? Oder reicht Fingerzeigen und Pengrufen?
Sorry, aber diese Mentalität begegnet mir seit Jahrzehnten in der Bundeswehr, und sie ist aus meiner Sicht ursächlich für den erbärmlichen Zustand der Bundeswehr.
Noch ein bisschen mehr Panzertape und Spucke hier, noch ein bisschen mehr Schönrederei dort.
Weil anscheinend niemand bereit ist, die notwendigen dicken Bretter zu bohren. Und nein, die Bundeswehr hat kein Erkenntnisproblem. Sie hat ein Umsetzungsproblem. Hauptsächlich begründet in der Unfähigkeit Führender, Konsequenzen zu tragen.
„Ach, das mit dem Schimmel ist nicht so schlimm. Nein, das Gebäude sperren wir nicht, sonst können wir ja den Auftrag nicht erfüllen. Wie, der Vermieter [BImA] hat trotz wiederholter Meldung seit Jahren nichts getan? Na, nächsten Monat kommt bestimmt jemand. Gefährdungsbeurteilung? Mögliche dauerhafte Gesundheitsschäden? Das sehen sie zu eng.“
Wenn man sich da die zahlen so ansieht wird das wohl etwas werden, was man dann lange zeit als Erfolg verkaufen kann. Dann hat man am ende seine 5000 Wehrpflichtige … nur vielleicht 5000 FWDLer weniger…
Die Idee die tatsächlich eine Reserve zu haben ist durchaus ja ganz gut und deckt sich mit der Ukraine Erfahrung. Man muss nur bedenken dass ein Minimum an in Übung Haltung nötig wäre und ,falls es dann wirklich mehr werden sollten als wir jetzt FWDLer haben, binde ich mehr aktive Truppe zu Gunsten der Reserve. Das ganz zu Zeiten wo ich bei aktiven schon ein Problem habe.
@chris
Wenn die Reserve wirklich ernstgenommen wird in Zukunft, und das bedeutet endlich auch die entsprechende materielle Ausstattung, kann sich die Reserve fast vollständig alleine in Übung halten. Da reicht dann der (kleine) aktive Stamm der na Einheiten/ Verbände
@Thebee
Ist das Problem nicht eher das die BW ein sehr unattraktiver Dienst ist anstatt des mangelnden Willens und der Bereitwilligkeit Deutschland zu verteidigen
So vom Fall Bierfang – zu Ausbildern die sich mit Verhalten brüsten, das an gewisse Schleifer erinnert
@PzH2000
Sie meinen die Reserve „könnte“ sich selbst in Übung halten….würde man nicht in seinem job gebunden sein. So üben die ganz wenigen sehr viel und die anderen garnicht.