Bestellen für (Über)Morgen

Vor der parlamentarischen Sommerpause, die am Ende der kommenden Woche beginnt, zeichnet sich ein Rüstungs-Trend ab: Große Beschaffungen für die Bundeswehr werden durch den Haushaltsausschuss des Bundestages geschleust, ob für Panzer, Fregatten oder Munition. Den meisten Projekten ist eines gemeinsam: Damit werden Ausgaben gebilligt, die Jahre in der Zukunft erst im Haushalt fällig werden – auch wenn niemand bislang sagen kann, wie der Etat zum Ende des Jahrzehnts aussehen wird.

Allein die Tagesordnung des Haushaltsausschusses am (morgigen) Mittwoch, die vorletzte vor der Sommerpause, listet mehr als zehn teils milliardenschwere Vorhaben der Streitkräfte auf. Und für die letzte Sitzung in der kommenden Woche sind weitere Großprojekte wie die Bestellung von 105 Kampfpanzern Leopard 2A8 oder ein weiterer Rahmenvertrag für Artilleriemunition zu erwarten. Tatsächlich finanziert werden muss vieles davon in den Jahren 2028 oder danach – wenn vom Sondervermögen für die Bundeswehr längst keine Rede mehr ist.

Geregelt wird das über so genannte Verpflichtungsermächtigungen, mit der das Parlament für die Zukunft Ausgaben genehmigt, die dann in die Zeit fallen, in der ein neues gewähltes Parlament über den Haushalt entscheidet. Der Sinn dieser Regelungen ist natürlich, die über Jahre laufenden Beschaffungen – und Zahlungen – gerade bei großen Rüstungsvorhaben nicht in das Korsett eines jährlich neu beschlossenen Haushalts zu pressen. Zum Teil sind diese Ausgaben bereits bei der langfristigen Planung absehbar gewesen, die Verpflichtungsermächtigungen waren erwartbar. Bisweilen aber, so die Argumentation des Verteidigungsministeriums, eben nicht – dann wird eine so genannte überplanmäßige Verpflichtungserklärung beantragt.

So werden zum Beispiel die Kosten für die 105 neuen Kampfpanzer, von denen 35 Fahrzeuge für die Brigade in Litauen vorgesehen sind, insgesamt knapp drei Milliarden Euro betragen – von denen knapp 2,2 Milliarden Euro bislang in den Etatplanungen nicht berücksichtig sind. Im Haushaltsdeutsch des Bundesfinanzministeriums klingt das dann in der Vorlage so:

Für die im Kapitel 1405 Titel 554 07 benötigte Verpflichtungsermächtigung fällig in den Haushaltsjahren 2028 bis 2031 steht keine ausreichende Verpflichtungsermächtigung zur Verfügung. Für eine Verpflichtungsermächtigung fällig in den Haushaltsjahren 2028 bis 2030 ist daher die Erteilung einer überplanmäßigen Verpflichtungsermächtigung gemäß §38 Absatz 1 Satz 2 Bundeshaushaltsordnung erforderlich. (…) BMVg beantragt die Erteilung einer überplanmäßigen Verpflichtungsermächtigung in Höhe von insgesamt 2.174,89 Mio. Euro, davon fällig
im Haushaltsjahr 2028 bis zur Höhe von 584,01 Mio. Euro
im Haushaltsjahr 2029 bis zur Höhe von 837,72 Mio. Euro und
im Haushaltsjahr 2030 bis zur Höhe von 753,16 Mio. Euro.

Dass das Wehrressort die Vorhaben begründen kann, ist seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine unbestritten. Dennoch wird natürlich diese Ausgabe in einigen Jahren von der dann amtierenden Regierung wie auch dem künftigen Bundestag irgendwie im Verteidigungsetat untergebracht werden müssen.

Wie es aussieht, wenn das nicht funktioniert, hat die Bundeswehr schon einmal erlebt: In der Spar- und Verkleinerungsrunde der Streitkräfte unter dem damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière vor mehr als einem Jahrzehnt mussten der Ressortchef und sein Staatssekretär Stéphane Beemelmans mit der Industrie verhandeln, um bereits vereinbarte Bestellungen zu reduzieren. Das führte zum Beispiel bei Hubschraubern in den Verhandlungen mit der damaligen Airbus-Vorgängerfirma EADS zum German Deal. Auch die Zahl der bestellten Schützenpanzer Puma wurde verringert.

Nach einer Reduzierung der Mengen an Waffensystemen und Munition sieht es für die kommenden Jahre angesichts der sicherheitspolitischen Lage allerdings nicht aus, im Gegenteil. Damit wird es sich langfristig um die Frage drehen, wie die jetzt eingegangenen finanziellen Verpflichtungen in den Haushalten der kommenden Jahre auch eingepreist werden.

Wie groß die Summe ist, die bis in die ersten Jahre der 2030-er da bereits festgelegt wird – das wüsste ich auch gerne. Eine Gesamtzahl habe ich bislang noch nicht finden können. Und auch aus der Opposition war nur zu hören, dass die ebenfalls gerne eine Gesamtzahl hätten.