Deutschland und Israel besiegeln Kauf von Raketenabwehrsystem Arrow 3

Deutschland und Israel treiben die Anschaffung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3 weiter voran. Die Verteidigungsminister beider Länder unterzeichneten eine Absichtserklärung für den Kauf des Systems zur Verteidigung gegen ballistische Raketen für die Bundeswehr. Zugleich vereinbarten die israelische und die deutsche Industrie eine Kooperation zur Einführung in die deutschen Streitkräfte. Für den Einstieg in die Beschaffung hatte der Bundestag bereits im Juni die ersten Gelder bewilligt.

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein israelischer Kollege Yoav Gallant zeichneten am (heutigen) Donnerstag in Berlin den Letter of Intent für den Kauf. Details zum genauen Inhalt und Umfang machte das deutsche Wehrressort zunächst nicht. Nach den bisherigen Informationen ist der Kauf von drei Raketenabwehrsystemen des Typs Arrow und der dazu gehörenden Lenkflugkörper Arrow 3 geplant. Das System war von Israel mit Unterstützung der USA entwickelt worden; die die Regierung in Washington hatte zwischenzeitlich der Weitergabe der Technik an Deutschland zugestimmt.

Nach der Unterzeichnung betonte der deutsche Verteidigungsminister, das israelische System zum Schutz vor ballistischen Raketen sei wichtig, um die deutsche Luftverteidigung zukunftsfähig aufzustellen. Das gelte auch angesichts der Tatsache, dass solche long distance Raketen, gegen die Arrow 3 wirken soll, im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bislang keine Rolle gespielt hätten.

Pistorius reagierte damit auf die Kritik, mit dem Kauf des israelischen System rüste sich Deutschland für eine derzeit nicht aktuelle Bedrohung aus Russland. Verschiedene Experten, unter anderem vom Frankfurter Peace Research Institute (PRIF), hatten darauf verwiesen, dass Arrow 3 gegen ballistische Raketen außerhalb der Erdatmosphäre und damit gegen Waffen eingesetzt werde, über die Russland aktuell nicht verfüge.

Der Bundestag hatte im Juni die ersten 560 Millionen Euro für das System freigegeben, um die Beschaffung von so genannten Langläuferteilen zu ermöglichen, die eine lange Lieferzeit haben. Pistorius kündigte an, das Abwehrsystem, zu dem auch weit reichende Radare gehören, werde bereits Ende 2025 in einer ersten Stufe genutzt werden können und danach schrittweise ausgebaut. Mit dem Kauf von Herstellerfirma Israel Aerospace Industries (IAI) eröffne sich eine neue Dimension in der Rüstungszusammenarbeit beider Länder, die bereits zur Beschaffung der Drohnen Heron 1 und Heron TP sowie des Schutzsystems Trophy für Kampfpanzer geführt habe.

Der israelische Verteidigungsminister bezeichnete die gemeinsame Erklärung zur Beschaffung als bewegenden Moment für jeden Juden. Nur 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges arbeiteten beide Länder zusammen an einer sichereren Zukunft. Gallant räumte ein, dass auch Arrow 3 keinen hundertprozentigen Schutz gegen Angriffe mit ballistischen Raketen bieten könne. Das System komme diesem Ziel jedoch nahe.

Gallant ging nicht auf die Nachfragen ein, welche Projekte in der Rüstungszusammenarbeit beider Länder als nächste vorgesehen sind. Beide Minister erwähnten insbesondere nicht den Mehrfachraketenwerfer PULS, der als mögliche Alternative zum HIMARS-System der USA angesehen wird. Der israelische Minister betonte lediglich, die israelische Rüstungsindustrie habe zwar viele Anfragen, könne aber leichter an Deutschland verkaufen, weil beide Länder gemeinsame Werte und gemeinsame Interessen auf vielen Gebieten teilten.

Die Statements der beiden Minister zum Nachhören (einschließlich von Fragen und Antworten auf Hebräisch ohne Übersetzung):

Pistorius_Gallant_Arrow3_28sep2023     

 

Parallel zur Absichtserklärung auf Regierungsebene unterzeichneten IAI und die deutsche Tochter des Lenkflugkörperherstellers MBDA ein Memorandum of Understanding zur Zusammenarbeit bei der Einführung des Waffensystems. Aus der Mitteilung der Unternehmen:

Israel Aerospace Industries (IAI) und MBDA Deutschland haben ein Memorandum of Understanding (MoU) zur Kooperation bei der Einführung von Arrow 3 in Deutschland unterzeichnet. Die Unterzeichnung folgt der Genehmigung der US-Regierung für die Beschaffung des Waffensystems Arrow 3 durch Deutschland. Im Rahmen der Vereinbarung wird MBDA alle notwendigen Maßnahmen zur Anpassung, Integration und Wartung des Systems in Deutschland unterstützen. MBDA soll die Aktivitäten der deutschen Industrie koordinieren, die zur Unterstützung des Programms erforderlich sind. Das Arrow 3-System ist ein exo-atmosphärischer Flugkörper in der oberen Abfangschicht zur Bekämpfung von Bedrohungen über große Entfernungen. Er ist ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Fähigkeit Deutschlands zur Abwehr ballistischer Flugkörper (BMD). Als Hauptauftragspartner von IAI in Deutschland wird MBDA sowohl IAI als auch die Bundeswehr dabei unterstützen, die Einsatzfähigkeit von Arrow 3 sicherzustellen und zu erweitern.

(Undatiertes Archivfoto: Start eines Arrow 3-Flugkörpers – IAI)