Haushaltsausschuss billigt lange Liste von Bundeswehr-Beschaffungen – und macht neue Vorgaben
Angesichts von Zeitenwende, russischem Angriffskrieg gegen die Ukraine und Sondervermögen für die Bundeswehr nimmt die Zahl der Beschaffungsvorhaben für die Truppe, die das Verteidigungsministerium dem Parlament vorliegt, deutlich zu. In der letzten Sitzung vor der Sommerpause billigte der Haushaltsausschuss des Bundestages zwar die lange Liste, machte aber auch – mit den Stimmen der Koalitionsabgeordneten – Kritik am Vorgehen des Wehrressorts und vor allem an Preissteigerungen deutlich.
In der Ausschusssitzung am (gestrigen) Mittwoch lagen den Parlamentariern als größte Vorhaben die Beschaffung des künftigen schweren Transporthubschraubers mit einem Finanzvolumen von 7,2 Milliarden Euro und der Bau drei neuer Flottendienstboote mit einem Finanzumfang von nunmehr 3,2 Milliarden Euro vor. Beide Projekte fallen teurer aus als zuvor geplant, und darauf reagierte der Ausschuss mit so genannten Maßgabebeschlüssen.
Beim größten Brocken, der Beschaffung von 60 Hubschraubern des Typs CH-47F Chinook (mehr dazu hier) warnten die Abgeordneten insbesondere vor Haushaltsrisiken durch die noch fehlende Zertifizierung beim Kauf des vorgesehenen Modells. Der von den Koalitionsfraktionen initiierte Maßgabebeschluss:
Die Beschaffung einer Nachfolgelösung für den Schweren Transporthubschrauber ist eines der wesentlichen Beschaffungsvorhaben des Sondervermögens Bundeswehr, das nicht nur aus verteidigungspolitischer Sicht, sondern auch für den deutschen NATO-Beitrag höchste Priorität hat.
Bisher wird ein Modell eines Schweren Transporthubschraubers genutzt, das sich seit über 50 Jahren im Bestand der Bundeswehr befindet. Dadurch ergeben sich erhebliche Kosten für die Obsoleszenz-Beseitigung und die Nutzung. Entsprechend dringlich ist die Beschaffung einer Nachfolgelösung. Nach Darlegung des Ministeriums der Verteidigung führt die Eröffnung eines zweiten „Foreign Military Sales“-Verfahren zum jetzigen Zeitpunkt zu einer zeitlichen Verzögerung, die aus verteidigungspolitischen Gründen – auch vor dem Hintergrund der veränderten Sicherheitslage – nicht vertretbar wäre.
Für die angestrebte Nachfolgelösung des Schweren Transporthubschraubers liegt bisher keine Zertifizierung durch die US Army vor, was zu Haushaltsrisiken, auch aufgrund der Infrastrukturkosten, führen kann.
Der Haushaltsausschuss möge beschließen:
1. Entsprechend den Ausführungen des Bundesministeriums der Verteidigung zu den in der Vorlage identifizierten Risiken ist die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Risiken gering. Eine Umsetzung der Beschaffung der Nachfolgelösung für den Schweren Transporthubschrauber im Zeit- und Kostenplan ist für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr von großer Bedeutung und ist folglich einzuhalten.
2. Verzögerungen und Kostensteigerungen sind zu vermeiden. Sollten sich seitens des Ministeriums bei der Bewertung der Risiken mit ihren Eintrittswahrscheinlichkeiten Änderungen ergeben oder weitere Risiken identifiziert werden, die den Zeit- oder Kostenplan gefährden, sind der Haushaltsausschuss und der Verteidigungsausschuss unmittelbar darüber zu informieren, bspw. bei Verzögerungen durch die Zertifizierung der Luft-zu-Luft-Betankungsfähigkeit.
3. Das Ministerium ist nach Unterzeichnung des Foreign Military Sales Cases zur dauerhaften Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft aufgefordert, bei Wartung, Ersatzteilversorgung, weiterer Waffenintegration, -ausrüstung und Weiterentwicklung, Instandsetzungs- und Inspektionsarbeiten sowie Logistik und Unterstützung spätestens nach Beginn des Flugbetriebs in Deutschland einen Verbleib der wesentlichen Wertschöpfungsanteile in Deutschland sicherzustellen; das Ministerium ist aufgefordert sicherzustellen, dass Verzögerungen bei der Zertifizierung deutscher Unternehmen nicht zu vermeidbaren Verlagerungen von Wertschöpfungsanteilen führen.
4. Den zuständigen Berichterstattern des Haushalts- und Verteidigungsausschusses ist jährlich, beginnend ab dem 31.03.2024, ein Bericht vorzulegen, in welchem die Umsetzung der Infrastrukturmaßnahmen (u.a. Neubau Staffel-/Liegeplatzgebäude sowie Luftfahrzeughallenabstellplätze, Anpassung Flugbetriebsflächen und Erweiterung bestehender Tanklager/Flugkraftstoffversorgung) für dieses Beschaffungsvorhaben dokumentiert wird.
5. Das BMVg ist aufgefordert, die Einsatzbereitschaft von 70 Prozent sicherzustellen. Bei Unterschreitung der geforderten Einsatzbereitschaft sind die zuständigen Berichterstatter des Haushalts- und Verteidigungsausschusses zu unterrichten.
Noch kritischer sahen die Abgeordneten, wiederum auch die der Koalition, das Verfahren für die Beschaffung der so genannten Flottendienstboote, die mit ihrer Aufklärungstechnik vor allem für die Überwachung russischer Marineeinheiten in der Ostsee immer wichtiger werden. Zwar war bereits im Juni 2021 der Auftrag für diese Schiffe vom Haushaltsausschuss gebilligt worden. Allerdings stiegen die vorgesehenen Kosten für die Nachfolger der drei bisherigen Flottendienstboote Oste, Oker und Alster einschließlich einer Ausbildungs-und Referenzanlage Aufklärung (ARAA) von damals knapp 2,1 Milliarden Euro mit dem jetzt vorgelegten Änderungsvertrag auf nunmehr 3,2 Milliarden Euro.
Zwar hatte der Haushaltsausschuss seine Billigung vor zwei Jahren mit der Maßgabe verbunden, die Abnahme der Bauspezifikation dürfe den vorgegebenen Finanzrahmen nicht überschreiten. Dass das nicht eingehalten wurde, begründete das Verteidigungsministerium nach dem Begleittext des Bundesfinanzministeriums so:
Der Mehrbedarf an Haushaltsmitteln i. H. v. rd. 1.231,2 Mio. Euro (Preisstand 12/2022) für den 1. Änderungsvertrag bezogen auf den durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages gebilligten Finanzierungsbedarf in Höhe von 2.028,5 Mio. Euro (im Preisstand 12/2020) resultiert nach Darlegung des BMVg hauptsächlich aus:
– dem Wertausgleich vom Preisstand 12/2020 zum Preisstand 12/2022,
– den durch die Preisüberwachungsstelle Bremen und Hamburg geprüften erhöhten Stundensätzen für Fertigungs- und Bürostunden,
– den ebenfalls durch die Preisüberwachungsstelle Bremen geprüften erhöhten Zuschlagssätzen auf Fremdlieferleistungen und Leistungen der Blohm&Voss (Teil der NVL Group).
Darüber hinaus wird das Erfordernis gesehen, die vorgesehene Managementreserve von rd. 64,65 Mio. Euro auf jetzt 200,07 Mio. Euro zu erhöhen.
Zwar hatte der Bundesrechnungshof laut Medienberichten bereits nach dem ersten Vertrag vor einer Kostenexplosion gewarnt. Angesichts der Notwendigkeit, diese Fähigkeit für die Bundeswehr zu sichern und diese Schiffe zu beschaffen, stimmte aber der Haushaltsausschuss zu – wie sich aus dem damit verbundenen Maßgabebeschluss entnehmen lässt, mit Zähneknirschen:
Der Haushaltsausschuss teilt die umfassende Kritik des Bundesrechnungshofs an der vom Verteidigungsministerium gewählten Vertragskonstruktion ohne konkrete Leistungsbeschreibung. Die fehlende Leistungsbeschreibung für das Trägersystem, der nicht vorhandene Plan der Leistungsnachweise sowie der fehlende Einblick des öffentlichen Auftraggebers in die Kostenbestandteile des Vertrages führen nun zu kalkulatorisch nicht nachvollziehbaren Kostensteigerungen. Es bestehen erhebliche Risiken für den Bundeshaushalt, insbesondere auch durch den fehlenden detaillierten Kostenaufbruch durch den Hauptauftragnehmer.
Der Haushaltsausschuss erkennt jedoch den notwendigen bruchfreien Erhalt der Fähigkeiten an, die durch das Flottendienstboot bereitgestellt werden. Das gilt insbesondere für den Erhalt der weiträumigen signalerfassenden Aufklärung. Für Einsätze zur hydroakustischen, Fernmelde- und elektronischen Aufklärung kann weltweit aktuell allerdings kein erprobtes und marktverfügbares System beschafft werden. Daher kann auf eine Neuentwicklung nicht verzichtet werden.
Der Haushaltsausschuss weist darauf hin, dass die Abnahme der Bauspezifikation wie in der Maßgabe auf Ausschussdrucksache 19(8)8831 bis spätestens 28. Februar 2023 nicht erfolgt und nicht ausreichend dokumentiert ist.
Der Haushaltsausschuss fordert das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) auf:
1) In Zukunft keine Verträge für die Beschaffung von Schiffen und Booten ohne konkrete Leistungsbeschreibung zu schließen.
2) In Zukunft bei Inanspruchnahme einer vergaberechtlichen Ausnahme einen breiten Wettbewerb einzuleiten.
3) Für die Fortführung des Vorhabens FDB424 ausreichend Personal einzustellen bzw. zu versetzen, um die Umsetzung wichtiger Prozesse, wie der anstehenden Preisprüfung oder die enge Baubegleitung sicherzustellen.
4) Die Umwandlung des Selbstkostenrichtpreises in einen Selbstkostenfestpreis zu prüfen, um die Angemessenheit des Preises der Eigenleistungen des Hauptauftragnehmers für das Trägersystem zu beurteilen.
5) Die Ausgaben im Beschaffungsvorhaben eng zu verfolgen und für die Preiseskalation sowie Aufwüchse in der Ausstattung im Rahmen der Haushaltsaufstellung Vorsorge zu treffen.
6) Den zuständigen Berichterstattern des Haushalts- und Verteidigungsausschusses ab dem 31. März 2024 quartalsweise über die Fortschritte, Meilensteine und Preisentwicklung schriftlich in tabellarischer Form zu berichten.
7) Dem Haushalts- und Verteidigungsausschuss jeweils zum 31.12. eines jeden Jahres (beginnend mit dem 31.12.2024, bis zur Abnahme des 3. Bootes) über den Stand des Projektes zu berichten (insb. vorgesehene Änderungsverträge, vorgesehene Leistungsanpassungen, Kostenentwicklung einschließlich Inanspruchnahme der Managementreserve und Preiseskalation, Mittelabfluss, Personalausstattung des Projektes inklusive Baubegleitung, Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen, Maßnahmen zur Unterstützung der bundeswehreigenen Preisprüfer).
8) Den zuständigen Berichterstattern des Haushalts- und Verteidigungsausschusses über das Ergebnis der Umwandlungskalkulation des Hauptauftragnehmers sowie das Ergebnis der Preisprüfung durch das BAAINBw unmittelbar im Anschluss zu berichten.
9) Den zuständigen Berichterstattern des Haushalts- und Verteidigungsausschusses rechtzeitig zu berichten, sofern der höchstbegrenzte Gesamtwert (ohne Preiseskalation) des Vertrages voraussichtlich überschritten wird.
In einem anderen Punkt kamen die Haushälter allerdings dem Verteidigungsministerium entgegen. Die Haushaltssperre für die Beschaffung von modernem Digitalfunk wurde teilweise aufgehoben. Aus dem entsprechenden Beschluss, ebenfalls initiiert von den Koalitionsfraktionen:
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags nimmt die Vorlage zur Aufhebung der qualifizierten Sperre der Ausgaben im Sondervermögen Bundeswehr – Wirtschaftsplan 2023 – bei Kapitel 1491 Titel 554 32 – D-LBO- gemäß § 36 BHO in Verbindung mit § 22 BHO zur Kenntnis und stimmt der Vorlage unter folgender Maßgabe zu:
1.) Die im Kapitel 1491 Titel 554 32 vorgesehenen Mittel werden bis auf den Führungsfunk (SDTR- und SDHR-Funkgeräte) entsperrt.
2.) Für den am 14. Dezember 2022 geschlossenen Vertrag über die Lieferung von SDTR- und SDHR Funkgeräten (Führungsfunk) ist eine Entsperrung wie folgt möglich:
a. Es können mit sofortiger Wirkung bis zu 3.000 Geräte abgerufen werden.
b. Bei dem Erwerb muss sichergestellt werden, dass keine Schadenersatzpflichten aufgrund des laufenden Rechtsverfahrens entstehen.
c. Den Berichterstattern des Einzelplans 14 ist quartalsweise über den Zulauf und den Einbau der Geräte zu berichten.
d. Es ist sicherzustellen, dass die Gewährleistungsfrist erst mit Ein- und Verbau der Geräte beginnt.
Der zweite Punkt orientiert sich offensichtlich an dem laufenden Verfahren gegen die Beschaffung der digitalen Führungsfunkgeräte, gegen die die deutsche Tochter der französischen Rüstungsfirma Thales in nunmehr dritter Instanz vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf klagt.
Die weiteren Punkte auf der (gestrigen) Tagesordnung des Haushaltsausschusses waren dagegen weitgehend unstrittig. Das gilt für die Beschaffung von bis zu 3.058 luftlandefähigen Fahrzeugen für das Heer, die von Rheinmetall als Generalauftragnehmer geliefert werden sollen. Zudem genehmigten die Abgeordneten die (Nach)Beschaffung von Munition, von Übungsmunition für Maschinengewehre im Kaliber 7,62mm über Munition für den Schützenpanzer Puma bis zu Granaten für Leopard-Kampfpanzer und die Panzerhaubitze 2000 in verschiedenen Varianten (die Mitteilungen des Ministeriums dazu hier und hier).
(Grafik: Designskizze der neuen Flottendienstboote Klasse 424 – BAAINBw)
Wie sieht es eigendlich mit dem Funk für die Panzer für die Ukraine aus? Wäre dass immernoch SEM 80/90 wo jeder mithören kann und nichts verschlüsselt ist?
„Vertragskonstruktion ohne konkrete Leistungsbeschreibung“
Hm? Etwa (aus Geheimhaltungsgründen???) Open-Book-Vertrag über Stundensätze, Selbstkostenregelung und Nachunternehmer-Zuschläge mit Schätzwerten gemacht? Das wäre ggf. ja gar nicht so blöd – wenn man einen Mechanismus hat, der verhindert, dass der Nachunternehmer mit “closed-book” absahnt…
Dante sagt:
06.07.2023 um 17:44 Uhr
Wichtig ist doch, dass die Funkgeräte mit den von den Ukrainern genutzten Geräten kompatibel sind. Was würden hochmoderne Digitalfunkgeräte in Leos und Mardern nützen, wenn die nicht mit den (z.B.) R-123 der BMP und T-72 kommunizieren können? Ich denke nämlich nicht, dass die Ukrainer die ollen Röhrengeräte aus UdSSR- Produktion inzwischen auf „NATO-Niveau“ gebracht haben.
Auf den ersten Blick sollen ja zwei Caracals in den Chinook passen. Dennoch frage ich mich, wie das Heer 3000! davon durch die Luft transportieren zu gedenkt… Hinzu kommen ja auch noch die luftbeweglichen Waffenträger.. Die würde ich auch gerne in signifikanter Anzahl beschafft sehen.
Also auch hier: Sofort Loslegen ist gut aber es wäre gut dann in einen geregelten Zulauf mit kleiner Rate einzusteuern.
Was muß die US Army denn da alles noch zertifizieren?
Und wieviel kosten bei den Flottendienstbooten die Boote und wieviel die „Sonderausstattung“?
Kann jemand aufklären, was die mehr als 3.000 „luftlandefähigen Fahrzeuge“ (oder laut PM „hochmobile, geländegängige und allradgetriebene Radfahrzeuge“) konkret sind? (… Quadbikes, Geländewagen, geschützte Fahrzeuge?) Die Anzahl hat mich (als Laie) bei den sonstigen so beschafften Stückzahlen erstaunt.
@Landmatrose3000:
Nein, der Hintergrund waren wohl zwei andere:
Erstens:Legislatur und Haushaltsmechanik: Eine detaillierte Leistungsbeschreibung ließ sich nicht bis Legislaturende entwickeln und die Zeit hat gedrängt. (sie drängt immer noch, heute mehr denn je).
Zweitens- und mBn viel wichtiger aber war, dass sich gerade bei solchen hochkompelxen Entwicklungen „vom Zeichenbrett an“ wie einem Kriegsschiff in der Vergangenheit die vertraglich vereinbarte Leistungsbeschreibung am Ende regelmäßig technisch garnicht umsetzen ließ oder, falls doch, nur zu erheblichen Mehrkosten und mit Verzögerungen.
Dem hier gewählten Ansatz, das Design gemeinsam mit demjenigen der es technisch umsetzen muss, zu entwickeln um den o.a. Problemen vorzubeugen und -als positiver Seiteneffekt- gleich hinreichende Datenlagen und Mengengerüste für Festpreise zu generieren, finde ich persönlich gut und sinnvoll.
Hinzu kommt: Dieses Vorgehen wurde in der 25 Mio Euro Vorlage 2021 ja transparent dargestellt, erläutert und durch den HHA gebilligt.
Daher recht irritierend, dass eine künftige Nutzung nun mittels Maßgabe unterbunden wird, noch bevor es überhaupt eine Chance hatte seine Tauglichkeit oder Untauglichkeit in der Umsetzung unter Beweis zu stellen. Schade.
Die Vorgabe des Wettbewerbes bringt mich jedoch gelinde gesagt auf die Palme: Es war das Parlament selbst, welches nach der europäischen Vergabe F126 reflexhaft genau diesen Wettbewerb unterbunden und Schiffbau mittels Papieren des BMWK in bester protektionistischer Manier zur „nationalen Schlüsseltechnologie“ erhoben hat. Sich nun über fehlenden Wettbewerb zu echauffieren zeugt von Weltfremdheit.
Wie bitte soll denn der Auftraggeber die handvoll nationaler Werften, die ohnehin am Ende eine ARGE bilden, dazu animieren konkurrierende und preisdrückende Angebote zu unterbreiten?
Sorry, aber dieses Klagelied ist peinlich. Man hat es -politisch!- exakt so gewollt wie es jetzt läuft.
1 Milliarde pro Schiff (+- 100 Meter lang) ist einfach nur grotesk. Total gaga. Die Norweger haben 2016 ein vergleichbares Aufklärungsschiff (125m) beschafft. Gesamtkosten 160 Millionen € https://de.wikipedia.org/wiki/Marjata_(Schiff,_2016) . Die Bw hat sich von Lürssen komplett über den Tisch ziehen lassen.
@thomfe
„Kann jemand aufklären, was die mehr als 3.000 „luftlandefähigen Fahrzeuge“ (oder laut PM „hochmobile, geländegängige und allradgetriebene Radfahrzeuge“)“
der Mungo und Wolf Ersatz, Luftlandeplattform. Der Caracal von Rheinmetall/Mercedes, ein weiteres G-Klasse Derivat. Wie die Zahl zustande kommt weiß ich aktuell auch nicht, da war einmal von 1000 für DEU und 500 für NL die Rede.
@Loki
Geldwert, Kaufkraft, Inflation, Löhne 2016 / 2023, und auch #RUSUKRWAR mit Preis treibendem Einfluss aufgrund tatsächlicher Bedrohung mit integriertem Zeitdruck.
Ein unseriöser Vergleich.
@thomfe
Bitte bedenken, das mit den „Caracals“ auch viele Fahrzeuge ersetzt werden sollen, wie z. B. die Luftlande-Wölfe, die Mungos, teilweise Wiesel und einige mehr. Aber es stimmt die Anzahl von 3.058 ist schon recht hoch.
Zuerst hatte ich gedacht, bei den 3.058 Einheiten handelt es sich um die Gesamtzahl an „Caracals“ die Deutschland und die Niederlande gemeinsam beschaffen wollen. Ich hatte in diversen Fachblättern immer von einem deutschen Bedarf von maximal 2.000 Fahrzeugen gelesen…..aber scheinbar hat man die Zahl für die Bundeswehr erhöht.
Bei der Luftlandeplattform Caracal, die jetzt beschafft wird handelt es sich um ein Fahrzeug basierend auf dem Fahrgestell der G-Klasse. Hersteller sind Rheinmetall, Mercedes und ACS. Einfach mal auf die Homepage von Rheinmetall schauen.
@All
Zum Thema Munitionsbeschaffungen möchte ich hier die Anmerkung machen, das auch ein großer Teil der 25 Mio € Vorlagen für Munition im Kaliber 155mm und 120mm für die Ukraine vorgesehen sind. Der große Rahmenvertrag 155mm soll laut Spiegel 333.000 Geschosse bis 2029 umfassen! Für die Bundeswehr sind eher homöopathische Mengen vorgesehen. Zum einen soll ein 2. Los von 20.000 Geschossen 155mm aus bestehenden Rahmenvertrag (EP14) bestellt werden plus eine Nachbeschaffung von 24.500 Geschossen aus EP60. Bei dem neuen Rahmenvertrag für die 120mm Leopard 2 Munition werden in einem ersten Schritt lediglich die an die Ukraine gelieferten Geschosse nachbeschafft (EP60). Anzahl hier unbekannt. Weitere Abrufe dann immer nur nach und nach….
Ich will damit nur sagen, der große Sprung in Sachen Munitionsbeschaffung ist das für die Truppe noch nicht, aber wenigstens geht es in kleinen Schritten voran.
@Loki:
Ich bin da bei den Flottendienstbooten komplett auf Ihrer Seite. Das sind Preise pro Stück, die man normalerweise für Fregatten bezahlt.
Die 9 Anmerkungen des Haushaltsausschusses sollten eigentlich ein Show-Stopper sein, allein die Punkte 1 bis 3 sind eine gewaltige Ohrfeige. Wie man ein solches Projekt bei solchen Mängeln in den Leistungsanforderungen und den Projekt- und Vertragsgestaltungen überhaupt in Gang setzen kann, ist mit unbegreiflich.
Umso mehr verwundert dann aber die Schlussfolgerung, dass man wegen des dringenden Bedarfs nicht länger warten kann und die Sache trotzdem lostritt. Angesetzte 3+ Milliarden und keine Vorstellungen davon, was es können soll. So kann es eigentlich nur vor die Wand gefahren werden: garbage in – garbage out …
Bei den Hubschraubern hoffe ich das Beste.
Zum Thema 3000 Caracal
Ja der ist luftverladefähig was aber nicht heißt das er das nur damit transportiert wird ich denke bei der Anzahl von Fahrzeugen werden wohl auch bald andere Fahrzeuge wie der Wolf ausgesondert und Einheiten die den Wolf als „Gefechtsfahrzeug“ nutzen werden auch den Carakal bekommen in der für sie vorgesehenen Konfiguration heißt ja nicht das diese 3000 Fahrzeuge nur auf die Standorte verteilt werden welche Luftbeweglich sind und wenn man Mal welche als Ersatz hat ist das auch nicht verkehrt es geht leider auch Mal was kaputt und dann ist es besser das Fahrzeug 1 zu 1 zu tauschen anstatt wieder hophop das notdürftig zu reparieren und dabei vielleicht andere mängel zu übersehen
@KlausP ich glaube die haben ab 2014 alle Funkausrüstung von Aselsan bekommen, viel moderner als der BW kram.
@all Sind Sie sich sicher dass beim Caracal auf G Modell Basis nicht bei den 3000 das Komma verrutscht ist? Selbst 300 wären viel. Zumal Nachfolger Wiesel ja durchaus in der Pipe ist.
bei den Caracals sind die 3.000 Fahrzeuge wohl die Anzahl für den kompletten Rahmenvertrag.
Davon sind langfristig 2.000 für die Bundeswehr und 1.000 für die NL geplant.
In einem ersten Los sollen 1.000 für die Bundeswehr und 500 für die NL kommen.
In unterschiedlichen Varianten, aber auf gleicher Basis.
Ich hoffe noch auf zwei potente Feuer-unterstützungs Varianten
1) kleine Waffenstation R150 von Diehl mit 20mm MK + SPIKE-LR
2) leichte „Artillerie“ mit 4 x SPIKE NLOS oder 4-8 x HERO120
bzgl Munition… gibt es ein Artikel bei esut.de
Fazit: ein Tropfen auf den heißen Stein. Beispiel Artillerie
Die Bundeswehr bekommt 50.000 Schuss bis 2026 und die Ukraine 25.000 Schuss (Rahmenvertrag lässt 330.000 Schuss zu) Im Lager hat die BW noch 20.000 Schuss. Angezeigter Bedarf sind aber 230.000 Schuss für die Bundeswehr. Das Ziel sollten meiner Meinung nach die 230.000 Schuss bis 2026 sein… aber da fehlt es wohl an finanziellen Mitteln… Gerade Artillerie ist meiner Meinung nach wichtig… teilweise wichtiger als andere Munitionssorten
bzgl Spionageschiffe.
Die enthalten halt schon enorm viel Technik… das kostet einfach Geld. Das Schiffsdesign und die Kosten hierfür sind zweitrangig. Trotzdem ist der Prozess, das Vorgehen und die Verträge ziemlich schlampig.
Bis die Schiffe in 2029/2030 zulaufen wird sich bzgl Elektronik und technischen Möglichkeiten auch noch sehr viel tun… ich denke man will hier einfach gewisse Entwicklungsrisiken absichern…
Das Schiffsdesign sollte Platz für zukünftiges Wachstum und einfache Modularität aufweisen… um alle 10 Jahre leicht neue Upgrades integrieren zu können…
erhalten die Schiffe eigentlich erweitertet Eigenschutzmöglichkeiten?? Das wäre meiner Meinung nach wichtig… minimum 2 x RAM, 2 x MLG27, aktive Torpedoabwehr
bzgl STH.
Wie gesagt… es gibt Risiken… aber meiner Meinung nach sind die einigermaßen überschaubar…
@Spionageschiffe. Das teure ist nicht das Boot sondern die Innereien und die Bundeswehrübliche Goldrandlösung. Wenn auch OT. Dennoch Schiffbau. Was ist den aus der Idee eines dritten Loses Korvette geworden, um das erste Los irgendwann Mal zu ersetzen bzw zu Tauschen?
„1 Milliarde pro Schiff (+- 100 Meter lang) ist einfach nur grotesk. Total gaga. Die Norweger haben 2016 ein vergleichbares Aufklärungsschiff (125m) beschafft“
Das meiste Budget wird ja für Entwicklungskosten für Sensoren, Eletronik und Software draufgehen.
Das wird Lürssen ja auch nicht selber machen, sodern die einschlägigen Zulieferer wie Atlas Elektronik beauftragen…
„Für Einsätze zur hydroakustischen, Fernmelde- und elektronischen Aufklärung kann weltweit aktuell allerdings kein erprobtes und marktverfügbares System beschafft werden. Daher kann auf eine Neuentwicklung nicht verzichtet werden.“
Einerseits wirft man vor, dass man nicht wisse, was man wolle, andererseits behauptet man, dass es in der (sicherlich als Verschlusssache eingestuften) Fähigkeitsklasse gar keinen Wettbewerb gebe. Ist das nicht ein Widerspruch?
Ich verstehe diese Klein Klein Bestellung bei der Munition generell und bei der 155mm Munition nicht.
Eigentlich war doch „Klar“ im Sommer 2022 wohin der Weg der Bundeswehr gehen soll.
Soll die Anzahl der Artilleriebatillone auf 14 aufwachsen, oder doch nicht?
Da die Artillerie wie Raketenwerfer ansich eine gewichtige Tollen spielen. Siehe Ukraine.
Reichen die 330.000 Schuss Munition im Rahmenverteag aus um die zukünftige Aufstellung der Artillerie mit Munition zu versorgen, für 30 Tage?
Wie viel Munition benötigt man um die NATO Vorgaben zu erfüllen?
Müsste man nicht per sofort den Rahmenvertrag gleich einlösen.
Vor allem im Bezug der Unterstützung der Ukraine?
Müsste nicht im Jahre 2023 nicht gleich ein weiterer Rahmenverteag geschlossen werden mit einer Menge von 600.000-900.000 Artilleriegeschosse?
@ Prometheus sagt:
06.07.2023 um 20:29 Uhr
Stimmt, ich hab im Beschluss aus 2021 nochmal nachgelesen, hatte ich vergessen, da war ja auch vermerkt „Am Ende der Entwurfsphase mit der Bauspezifikation eine klare Definition der Forderungen, eine mess- und prüfbare Beschreibung der Leistung sowie der Leistungsnachweise sicherzustellen.“
Aber was ist denn das, wenn es jetzt heisst „der fehlende Einblick des öffentlichen Auftraggebers in die Kostenbestandteile des Vertrages“? Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Kalkulationsgrundlagen jetzt Black Box sind??
@jo hartwig. So grotesk ist dass nicht. Erstens läuft dass über Jahrzehnte und soll 3X ne Technikbombe werden. Da sind 3 Mrd schon optimistisch.
Zitat:“Der Haushaltsausschuss teilt die umfassende Kritik des Bundesrechnungshofs an der vom Verteidigungsministerium gewählten Vertragskonstruktion ohne konkrete Leistungsbeschreibung.“
Zum Fall der Beschaffung der Flottendienstboote gab es am 4. Juli einen interessanten Artikel von Jürgen Wagner bei Telepolis. Wagner hat hierzu auch Informationen aus anderen Medien zusammengefasst.
„Unklarer und teurer Auftrag für Spionageschiffe: Bundesrechnungshof kritisiert Großprojekt“
Interessant finde ich dabei, dass „das Ministerium und die Bundeswehr nicht klar definiert haben, welche Leistungen die Schiffe erbringen sollen.“
Die Bundeswehr nutzt Flottendienstboote praktisch seit wir wieder eine Marine haben. Es sollte also völlig klar sein, wozu die neuen Schiffe eingesetzt werden sollen und daraus ergibt sich zwangsläufig, welche Leistungen sie erbringen müssen.
Laut Wagner ist die unklare Vertragsgestaltung „nicht zuletzt das Ergebnis massiven Drucks diverser Parlamentarierinnen und Parlamentarier.“
Wagner nennt hier zuerst „die heutige Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller (SPD), die zugunsten der Werften in ihren Wahlkreisen Druck auf die Unterzeichnung eines völlig abwegigen Vertragswerkes gemacht“ hatte. Herr Wiegold hatte im Mai 2021 hier ebenfalls festgestellt das drei weitere Abgeordnete mit Wahlkreisen an der Küste Druck ausgeübt haben.
Als Ergebnis wurde der Preis für die Anschaffung zwar gedeckelt aber der mit Lürssen geschlossene Vertrag enthielt praktisch keine Details. WDR, NDR und SZ berichteten darüber im Januar diesen Jahres, dass der Mängelbericht der Bundesrechnungshofes damals einfach als „geheim“ eingestuft wurde.
Laut Tagesschau: „Ein Kenner von zahlreichen Marineaufträgen, der anonym bleiben möchte, sagt: „Das ist der schlechteste Vertrag, den ich jemals gesehen habe. So etwas hätte Lürssen sich noch vor ein, zwei Jahren nicht einmal selbst geschrieben, weil es zu unverschämt wäre.“
Fazit: Die Fehler bei der Beschaffung sind nicht immer nur die Fehler der Bundeswehrverwaltung. Unser politisches System mit seinen hineinregierenden Ausschüssen hat an der problematischen Vergabepraxis und daraus rsultierenden Zeitrahmen- und Kostenrahmensprengungen ebenfalls ein gehöriges Maß an Verantwortung. Ich finde, dass bekannte Rüstungslobbyisten unter den Parlamentariern nichts in Ausschüssen zu suchen haben, in denen sie Einfluß auf die Vergabe von Rüstungsaufträgen haben. Zumindest sollten Abgeordnete in den Ausschüssen, bei Entscheidungen, bei denen sie offensichtlich nicht nur dem eigenen Gewissen gegenüber verpflichtet sind, sich enthalten müssen.
@ Schlammstapfer: Danke für die Infos! Ähnliches hatte ich befürchtet. Bei Lürssen werden die Sektkorken noch lange knallen… Das ganze Projekt gehört gestoppt und neu ausgeschrieben. Gibt auch noch andere Werften, zB Fassmer, die so ein 100m Schiff bauen können. Ein paar Jahre länger werden die alten FD-Boote auch noch durchhalten. Der entscheidende Punkt ist, dass die Bw regelmäßig ein Vielfaches dessen zahlt, was andere Nationen für fast identische Rüstungsprojekte ausgeben.
„Es sollte also völlig klar sein, wozu die neuen Schiffe eingesetzt werden sollen und daraus ergibt sich zwangsläufig, welche Leistungen sie erbringen müssen.“
Beim Schiffteil geht das vermutlich, aber bei Forschung- und Entwicklung-Teil ist im Highendelektronikbereich ist das schwierig vorab festzulegen, was vorher geht oder nicht, Und wenn hilft es auch wenig weiter, weil dann entlang der Vertragsvorgaben und nicht entsprechend menschlische Vernunft entwicklet wird. Welche sollte man solche speziellen F&E-Bereiche in eine staatliche Agentur angegliedert an die Bundeswehrunis auslagern…
Zitat:“Zudem genehmigten die Abgeordneten die (Nach)Beschaffung von Munition, von Übungsmunition für Maschinengewehre im Kaliber 7,62mm über Munition für den Schützenpanzer Puma bis zu Granaten für Leopard-Kampfpanzer und die Panzerhaubitze 2000 in verschiedenen Varianten…“
Die Einkäufe gleichen erklärtermaßen die Mengen aus, die an die Ukraine abgegeben wurden. Das ist schon mal eine gute Nachricht. Es wird aber nicht deutlich, in welchem Umfang man über dieses Maß hinaus geht. Es gab da doch diese Vorgabe, dass die Munitionsvorräte im V-Fall für einen bestimmten Zeitraum reichen sollen. Wird das mit den nun beschlossenen Einkäufen auch abgedeckt?
Laut den Haushaltsplänen für das nächste Jahr soll ja nur bei der Bundeswehr nicht gespart werden. Ich schätze mal, dass das tatsächlich nur für das nächste Jahr noch gilt. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung wird ab 2025 wohl wieder der Rotstift auch bei der Verteidigung angesetzt werden. Zumindest befürchtet Ole Henckel (Europäische Sicherheit und Technik) in seinem Artikel: „Die neue Nationale Sicherheitsstrategie – Vorbote einer harten Debatte“, dass die ganze schöne nationale Sicherheitsstrategie inklusive 2% Ziel nur zu halten ist, wenn es umfangreiche Sparmaßnahmen im Sozialbereich gibt. Das wäre für eine Sozialdemokratische Partei, die ohnehin auf dem absteigenden Ast ist, politischer Selbstmord.
Es sei denn, dass unser Olaf darauf baut, dass die Union bis dahin wieder so stark ist, dass die SPD die Verantwortung dafür an eine Unions-geführte Regierung abgeben kann und er wieder in die bequeme Vize-Rolle schlüpfen kann. Ob er das machen wird kann zwar keiner mit Sicherheit voraussehen aber zumindest wäre ich dieses ständige Gezanke zwischen Grünen und Liberalen längst leid.
@jo hartwig. Die werden das nicht jedem auf die Nase binden was da Technik reinkommt und was es kostet. Fragen Sie Mal Rohde und Schwarz, oder Hensoldt. Oder Atlas Elektronic. Und selbst wenn die Boote Mal tatsächlich schwimmen sollten wäre die bei min 20 Jahren Dienstzeit. Da relativiert sich dass. Zumal die im Gegensatz zu den Vorgängern auch voll hochseetauglich sein sollen.
Grundsätzlich ist es doch zu begrüßen, dass die lange Liste von Beschaffungsvorhaben – insbesondere solche, die dem Sondervermögen zugeordnet sind – nun endlich parlamentarisch genehmigt worden sind. Erstaunlich scheint mir allerdings, dass stetig Klagerufe aufkommen, man hätte für das Geld andernorts vermeintlich viel mehr bekommen – insbesondere wenn es um Marineprojekte geht.
Dieser Bereich ist kontinuierlich ein echtes „Fetischthema“: Hinkende Vergleiche zu realisierten Marineschiffbauvorhaben anderer Staaten (hinkend insbesondere in Bezug auf zur Anwendung gekommenen Bauvorschriften) und den dort aufgerufenen Preisen aus einer Jahre zurückliegenden Niedrigzinsphase (warum nicht gleich auf die Bismarck referenzierten, die hat auch „nur“ 200 Millionen Reichsmark gekostet) münden regelmäßig in Vorwürfen an die Industrie. Gerne garniert mit haltlosen Verweisen auf „eine andere Werft hätte es bestimmt auch billiger gekonnt“. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, dass die Preisüberwachungsbehörden die Preise und somit auch den zulässigen Gewinn überprüft und bestätigt haben. Es scheint also gute Gründe für das nunmehr genehmigte Budget zu geben – auch wenn es dem ein oder anderen nicht gefällt und man sich gerne weiter an dem Leckstein Marineschiffbau labt.
Viel entscheidender wäre doch aus den vorliegenden Umständen die Erkenntnis, dass solche Preise eben nicht „einer“ Firma und deren profitorientierten Managementebene entspringt (Achtung Spoiler: alles andere als Wertschöpfungsorientierung würde das Finanzamt auf den Plan rufen), sondern der Art und Weise der Planung der Marinerüstung entspringt. Das Thema „Linie“ statt „Klasse“ ist nicht neu und bestimmt würde auch ein Hersteller von Landfahrzeugen ganz andere Preise aufrufen, wenn lediglich 3 SPz Puma in 15 Jahren geordert werden würden. Möglicherweise ist die Marine eben deshalb hier im Fokus, weil die Gesamtsumme im Verhältnis zur Stückzahl hoch erscheint – es scheint aber noch niemand wegen § 291 StGB verurteilt wurden zu sein, daher darf man also annehmen, dass Alles mit rechten Dingen zugegangen sein muss.
/Trennung: Die Etablierung einer echten „Rüstungspolitik“ wäre sicherlich eine gute Grundlage um die aktuellen Preistreiber bei diversen Vorhaben anzugehen und langfristige Planungssicherheit für die Streitkräfte zu schaffen. Dafür braucht es aber politischen Willen und nicht den platten Hinweis „im Ausland kauft man billiger“. Letzteres erscheint bisweilen eher eine Erkenntnis basierend auf Erfahrungen mit dem privaten Einsatz von Handwerkern, als denn volkswirtschaftlichen Abläufen.
@Schlammstapfer sagt: 07.07.2023 um 18:41 Uhr
„Fehler bei der Beschaffung sind nicht immer nur die Fehler der Bundeswehrverwaltung. Unser politisches System mit seinen hineinregierenden Ausschüssen hat an der problematischen Vergabepraxis und daraus rsultierenden Zeitrahmen- und Kostenrahmensprengungen ebenfalls ein gehöriges Maß an Verantwortung.“
Da haben Sie definitiv recht.
Allerdings muss man auch ehrlicherweise sagen, dass das in parlamentarischen Demokratien nichts ungewöhnliches ist.
Unser Problem in DEU ist halt, dass der Verteidigungsausschuss, der die Interessen der nationalen Sicherheit vertreten sollte, aus zu wenigen politischen Schwergewichten besteht (und das generell sicherheitspolitischer Sachverstand im Parlament fehlt).
Damit kann dann den Industriepolitikern wenig entgegen gesetzt werden.
@Schlammstapfer
„Auch geht es darum, den NATO-Zielen zur Munitionsbevorratung zu entsprechen und den seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine erheblich gestiegenen Bedarf der Bundeswehr an Übungsmunition Rechnung zu tragen“
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/bundestag-bewilligt-beschaffung-von-zehntausenden-schussmunition-5646262
Sicherstellung der Munitionsvorräte für den V-Fall lese ich da auch heraus.
@ Dante und Jo Hartwig
Geht es denn bei einem Vertrag mit Lürssen nicht vor allem um den „Schiffteil“?
Da nehmen wir mal eine hochseetaugliche Korvette als Maßstab. Die Osteklasse hat eine LüA von 83,5 m und die K130 eine von 89,12 m. FD Boote haben ca 500 t mehr an Verdrängung aber ansonsen sind die Größenunterschiede jetzt nicht so groß. Für 20 kn bei voller Fahrt reichen auch kleinere und weniger ‚durstige‘ Maschinen. FD Boote tragen keine Bewaffnung, den Raum und die Zuladung, den diese an Bord einer Korvette einnehmen würde, würde bei FD-Booten also für Ausrüstung und Versorgungsmittel zur Verfügung stehen. Lürssen wäre vermutlich auch für den Einbau der gesamten Schiffselektronik verantwortlich (Maschinensteuerung und Navigation).
Was die „Lausch“- und Überwachungstechnik anbetrifft, so wird die vermutlich nicht von Lürssen eingebaut. Hier müssten also werftseitig nur die Montage- und Anschlußmöglichkeiten eingebaut werden. Wenn ich das jetzt mit den Kosten für eine Korvette K130 vergleiche, dann sollte man eigentilich drei FD-Boote für deutlich unter einer Milliarde bekommen können.
@Koffer
Zitat:“Unser Problem in DEU ist halt, dass der Verteidigungsausschuss, der die Interessen der nationalen Sicherheit vertreten sollte, aus zu wenigen politischen Schwergewichten besteht (und das generell sicherheitspolitischer Sachverstand im Parlament fehlt).“
Amen. Leider ist das nicht nur im Parlament so. Auch die „vierte Gewalt“ ist hier nicht gut aufgestellt. Herr Wiegold natürlich ausgenommen. Der aktuelle Fall der Flottendienstboote wurde zwar von den Medien aufgedeckt aber leider werden „Roß und Reiter“ nicht immer klar benannt. Wenn man Lobbyismus durch Abgeordnete und dessen finanzielle Folgen für die Allgemeinheit stärker in der Öffentlichkeit thematisieren würde, dann wären die Lobbyisten vielleicht auch weniger unverschämt.
Angenommen ein Politiker setzt sich in einem Interview für den Kauf eines bestimmten Waffensystems ein, dann würde es sich für den interviewenden Journalisten eigentlich gehören, zu prüfen, ob dieses Engagement tatsächlich völlig uneigennützig daher kommt. Und das Ergebnis dieser Prüfung sollte der Öffentlichkeit auch bekannt gemacht werden. Vielleicht wäre Frau Strack-Zimmermann dann in Zukunft weniger penetrant. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
@Schlammstapfer
Vielleicht ist es ja im Interesse der Wähler des,Abgeordneten, dass dieser sich für die lokale Wirtschaft einsetzt.
Ein Milliardenauftrag für die lokale Wirtschaft gilt für jeden Politiker wohl aks Erfolg.
@Schlammstapfer
„Wenn ich das jetzt mit den Kosten für eine Korvette K130 vergleiche, dann sollte man eigentilich drei FD-Boote für deutlich unter einer Milliarde bekommen können.“
Das ist ein spannender Ansatz. Denkt man jedoch länger darüber nach, kommt man zu dem Schluss, dass das möglicherweise mit dem Antennendeck und der Besatzungsstärke wohl nicht hinhauen kann – in einen 3er BMW, der bereits an der Grenze der maximalen Zuladung fährt, passt nun einmal nicht die Elektronik eines Audi Q6 e-tron. Wenn eine K130 aus dem zweiten Los mit 400 Mio EUR zu Buche schlägt (gemäß Rüstungsbericht), wird die Rechnung mit unter einer Milliarde auch nicht aufgehen: selbst wenn man nur einen zentralen Nassbereich und Unterkunftsbereiche der Lütjens-Klasse ausplanen würde, würden die Anpassungskosten im Design wohl das Einsparpotential übersteigen.
Davon ab würde ich persönlich erst einmal davon ausgehen, dass sowohl auf Seiten der Beschaffungsbehörde wie auch der Industrie Menschen arbeiten, die für die Entscheidung eben jene Idee zu verwerfen gute – fachliche – Gründe haben/hatten. Vermutlich unter anderem, weil der Hauptauftragnehmer idR keine Werft ist, sondern entweder eine Arbeitsgemeinschaft oder aber ein Systemanbieter.
Spannend ist an dieser Stelle die Frage, warum sich niemand über die Kosten für eine F35 aufregt: lausige Transportkapazität (1PX), der Nutzer muss mangels Unterkunftsmöglichkeiten Windeln tragen und ohne (die teure) Bewaffnung ist es nur ein schnelles Reisemittel. Bei einem Stückpreis von etwa 240 Mio EUR vermisse ich die durchaus begründete Empörung: die A400M kostet nur 190 Mio EUR und könnte viel mehr Nutzlast tragen. Oder zumindest den Vergleich mit einer A380 – die ist zwar teurer, dafür könnte man damit ein Bataillon Infanteristen mit einem Rutsch verlegen.
„Angenommen ein Politiker setzt sich in einem Interview für den Kauf eines bestimmten Waffensystems ein, dann würde es sich für den interviewenden Journalisten eigentlich gehören, zu prüfen, ob dieses Engagement tatsächlich völlig uneigennützig daher kommt.“
Eine interessante These. Das MdB’s sich für das Wohlergehen der Unternehmen Ihres Wahlkreises interessieren würde man vermutlich unter politischer Interessenvertretung verbuchen. Die Zahlen nämlich Steuern – einer der Gründe warum das Sondervermögen eben nicht Mehrwertsteuerfrei ist. Das Geld für Beschaffungsvorhaben landet ja nicht in der Privatschatulle eines Politikers…
@ Dominik
Zitat:“Ein Milliardenauftrag für die lokale Wirtschaft gilt für jeden Politiker wohl aks Erfolg.“
Natürlich. Es könnte auch die eine oder andere Wahlkampfspende dabei herausschauen. Es gibt bestimmt viele „gute“ Gründe für Politker, sich für das eine oder andere Projekt stark zu machen.
In der Folge aber hat das dazugeführt, dass es den verantwortlichen Politkern völlig egal zu seien scheint, ob das angeschaffte Gerät bzw. die angeschaffte Ausrüstung, ihren Zweck erfüllen kann. Solange es nur recht teuer war.
Ich denke, dass sich die verantwortlichen Politiker zu wenig der Tatsache bewusst sind, dass im Ernstfall das Leben unserer Soldaten davon abhängt ob genug Ausrüstung vorhanden ist und davon, dass diese Ausrüstung zuverlässig ihren Zweck erfüllen kann. Natürlich geht es nicht ohne Kompromisse. Natürlich müssen Preis und Leistung in einem angemessenen Verhältnis stehen, sonst lässt sich das „genug“ nicht finanzieren. Was würde es auch nützen, sich 30 super teure Panzer zu kaufen, wenn man für die Auftragserfüllung 300 braucht?
Ich kann nicht für alle Politiker sprechen, aber zum Vorwurf des Rüstungslobbyismus erklärt sich Frau Strack-Zimmerman sehr deutlich bei ihren jüngsten Auftritt bei Jung und Naiv.
Die Preise, die von den Rüstungsunternehmen aufgerufen werden, egal ob Puma, F-35, Tankschiffe oder jetzt die Flottendienstboote sind abenteuerlich. Man wird den Eindruck nicht los, dass der Steuerzahler massiv abgezockt wird. Die Argumentation „isso“ leuchtet mir nicht ein, weil es in allen Fällen kostengünstigere Alternativen gab und gibt, bzw solche, wo es schlicht mehr Bang for the Buck gäbe. Es gibt sicher viele Gründe, aber eines haben alle Projekte gemein: Für deutsche Sonderausstattungswünsche wird immer doppelt und dreifach abkassiert. Mich deucht: Wenn sich die Truppe auch mal mit 80 % Anforderungserfüllung zufrieden gäbe und konsequent 2-3 Angebote konkurrieren ließe, hätten wir vielleicht auch unterm Strich mehr Material. Es muss aber immer Goldrand sein.
@D.F.
„Man wird den Eindruck nicht los, dass der Steuerzahler massiv abgezockt wird.“
Den Eindruck kann man bestimmt gewinnen. Andererseits gibt es genau dafür das Instrument des Öffentlichen Preisrechts (wenn sich kein Marktpreis bilden lässt) – ein Umstand, der für die meisten Beschaffungsvorhaben der letzten Jahre zutreffend gewesen sein dürfte. Das dieses Instrument planwirtschaftlichen Charakter hat, kann sich ein jeder mit Hilfe der Suchbegriffe „Auskömmlichkeit+Bonner Formel+Bundeswehrbeschaffungen“ im Internet erlesen. Wenn man darüber hinaus den Begriff „abgezockt“ noch nutzen will, dann stellt sich eher die Frage, ob man hinsichtlich der Art und Weise der Beschaffung etwas ändern möchte/muss: sich homöopathisch von Projekt zu Projekt zu hangeln ist eben in vielerlei Hinsicht nicht effizient. Ich hätte es begrüßt, wenn sich „Rüstungspolitik“ als Teil der Nationalen Sicherheitsstrategie wiedergefunden hätte – aber im Schaupalast der Ressorteitelkeiten schien das Wohl ein zu dickes Brett.
„Die Argumentation „isso“ leuchtet mir nicht ein, weil es in allen Fällen kostengünstigere Alternativen gab und gibt, bzw solche, wo es schlicht mehr Bang for the Buck gäbe.“
Ja, sicherlich gibt es die. Da liegt dann aber der Schwerpunkt auf Alternative und nicht kostengünstig. Es hat doch den Charakter einer urbanen Legende, wenn irgendjemand annimmt, in der Wirtschaft würde die gleiche Leistung zu einem günstigeren Preis angeboten werden – günstigerer Preis kommt entweder mit weniger Leistung oder größeren Risiken (Abschlüssen) einher, außer es handelt sich um ein subventioniertes Non-Profit Geschäft (a.k.a Planwirtschaft). Und natürlich kann man Systeme/Produkte in Drittstaaten etwas billiger bekommen, die haben in der Regel auch keine Nachhaltigkeitstaxonomie für Banken (faktisch Zivilklausel), Lieferkettengesetz, EDL-G oder gar Tarifverträge. Und im Zweifel auch eine in der Sicherheitspolitik verankerte Rüstungspolitik in Bezug auf Exportvorhaben, dann besteht in Beschaffungsvorhaben auch weniger Notwendigkeit für die Berücksichtigung von Kohäsionsaspekten im Rahmen eines nationalen Fähigkeitserhalts. Wenn Kritik, dann bitte an der richtigen Stelle. Dann entsteht auch nicht der Eindruck, dass von Steuergeld Alimentierte sich über die die Gewinnerzielungsabsicht von Wertschöpfenden echauffieren.
Niemand macht der Rüstungsindustrie den Vorwurf, dass sie ihre Profite maximiert. Es geht um die Unfähig der Beamten und Soldaten, effizient mit Steuergeld umzugehen.
Es gibt zig Beispiele (PEGASUS, F125, die neuen Tanker…) wo die Bw im internationalen Vergleich sehr wenig Bang for the Buck beschafft hat. Viele andere Staaten könnten sich eine so ineffiziente Rüstung niemals leisten. Die Israelis, Franzosen, Polen etc. müssen jeden Cent doppelt umdrehen, weil sie sich einer (realen/gefühlten) existenziellen Bedrohung gegenüber sehen. Diesen Druck gab es in DEU in den letzten 30 Jahren nicht. Mit anderen Worten: Es gibt nur wenige Staaten weltweit, die so wohlhabend und sicher sind, dass sie glauben es sich leisten zu können, 3,2 Mrd. für drei Flottendienstboote auszugeben.
Rüstung (die Bw allg.) war lange nicht mehr als ein Selbstzweck, nach dem Motto „Streitkräfte gehören halt irgendwie zu einem Staat dazu“. Es fehlt in Folge an Effizienz, Zügigkeit, Pragmatismus, Risikobereitschaft, Fokus auf Letalität etc. Hier muss sich in der Bw gewaltig was ändern. Sowohl bei den Ofizieren, die die Fähigkeitsplanung verantworten, wie bei den Zivilen, die die Beschaffung durchführen.
@Loki
„Es fehlt in Folge an Effizienz,…“
Oh nein Effizienz hatten wir in den letzten Jahren genügend, nur eben keinen Effekt!
@Rene
Danke für die detaillierte Antwort. Ich hatte den Vergleich der FD-Boote mit der K130 nur gewählt weil die Korvette annähernd in der selben Größe daher kommt, wie die alten FD Boote. Über die Beschaffung der K130 haben sich einzelne Kommentatoren ja schon in früheren Threads ausgelassen. Ich habe auch nicht geemeint, dass man nur drei zusätzliche Rümpfe vom Typ K130 bauen und diese dann entsprechend zu FD Booten ausbauen sollte. Obwohl das vermutlich vieles vereinfachen würde.
Die von Ihnen genannten 400 Millionen sind der Systempreis der voll ausgerüsteten K130. Ziehen Sie von dem Preis mal die Kosten für die Bewaffnung und für alles andere, was zu einem echten Kriegsschiff gehört und was für ein FD Boot nicht wirklich essentiell ist, ab. Wenn 20 kn als Höchstgeschwindigkeit reichen, dann braucht man auch keine Dieselmotoren mit 20000 PS. Die 9000 PS Motoren der Oste sind vermutlich nur halb so groß und heutige Schiffsdiesel in der Größe sollten auch deutlich preiswerter zu haben sein als jene, die in der K130 verbaut sind. In den mit Technik vollgestopften Korvetten führt das bei 58 Mann Crew zu beengten Wohnverhältnissen. Die Oste hat dagegen eine Crew von max 40. Es sollte also in einem vergleichbar großen Schiff möglich sein, Bedingungen zu schaffen, unter denen es eine solche kleinere Crew deutlich länger als 28 Tage auf See aushalten kann.
Wenn ich mir so durchlese, mit was für Sensoren eine K130 ausgestattet ist, dann frage ich mich, was so ein FD Boot darüberhinaus noch gebrauchen könnte. Ich dafür kein Fachmann aber ich stelle mir vor, dass es in einem Schiff von K130 Größe ohne Munitionsbunker und Waffenanlagen eigentlich keinen Platzmangel geben sollte.
Ich bezweifele nicht, das Lürssen über die notwendige Expertise zum Bau der FD Boote verfügt. Die Werft war ja auch am Bau der K130 beteiligt. Es ist auch nicht so, dass ich unseren Werften solche Aufträge nicht gönnen würde. Aber wir haben ohnehin eine überalterte Flotte und wir haben ein Wartungs- und Instandsetzungsproblem (zumindest ist das mein letzter Stand dazu). Es muss andere Wege geben, mit denen wir unsere Werftindustrie erhalten, als den Bossen quasi das Scheckbuch hinzuhalten und sie aufzufordern, die Summe selbst einzutragen.
@ Schlammstapfer +
Eine staatliche Marinewerft wäre in Betracht zu ziehen. Echten Wettbewerb gibt es in der deutschen Rüstungsindustrie eh nicht. HK, Airbus, Hensoldt etc sind de facto Monopolisten.
@Schlammstapfer
Tatsächlich kommt man hier – wie bei diversen Beschaffungsvorhaben – ins Klein-Klein: der aktuelle Unterbringungsstandard forciert größeren Raumbedarf (im übrigen auch für die „Passagiere“ aus der Aufklärung), mangels Catering-Konzept bedarf es diverser Lasten (ob Convenience-Food wirklich schlechter als Kartoffeln aus Drittstaaten sind…, Geschmackssache), mehr E-Abnehmer aufgrund steigender Digitalisierung und somit mehr Raum für Erzeuger – die Liste könnte der versierte Kenner sicherlich um ein Vielfaches ergänzen. Das Rumpfdesign der K130 dürfte auch aufgrund der Anpassungen zwischen ersten und zweitem Los auch am Rand der Nutzlastreserven sein – d.h. was neues geht da vermutlich nur rein, wenn etwas anderes rausfliegt. Das kombiniert mit dem Antennendeck für das FD Boot (man sieht auf der Maling über dem Artikel, dass sich ein Teil der Sensorik im Mast sowie – wie wohl auch bei den anderen aktuellen Vergleichstypen – in den „Flachdachanteilen“ befinden muss) sorgt eben für eine gewisse andere Schiffsgröße (Antennen müssen oben sein, was sicherlich Einfluss auf den Gewichtsschwerpunkt hat). Das Schiff selbst soll dann wiederrum ja vermutlich als Einzelfahrer auch eine entsprechende Geschwindigkeit fahren, also müssen entsprechende Maschinen rein. In Summe kommt man so auf den eigentlichen Preistreiber: unsere Vorschriftenlage.
Wenn wir bei dem Beispiel K130 bleiben, ist es ja mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass die Anwendung des IT-Grundschutz-Kompendium vom BSI dem erfolgreichen Projektabschluss gelinde gesagt „Probleme“ bereitet. Als Unbedarfter Laie darf man sich da schon fragen, ob die Anwendung eines Standards für Behördeneinrichtungen (ergo Verwaltung-IT) an Bord eines Kriegsschiffes nun ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis mit sich bringt. Persönlich würde ich die Ursache hierfür in „Angst vor Justiziabilität fressen Seele auf“ (im Fachjargon vermutlich als Reaktion auf „Verantwortungsdiffusion“ bekannt). Was uns unter dem Summenstrich eben zur Unwucht in der Art und Weise der Beschaffung führt – der Prozess hinkt an seinem Bedarf an behördlichen Personalressourcen, wird durch die kameralistische Haushaltsführung in Zeitboxen gepresst und fährt daher zu guter Letzt unter Interpretation bestenfalls schemenhaft wahrnehmbarer, langfristiger Zielsetzung nur auf Sicht. Da muss man sich nicht wundern, wenn am Ende der Eindruck entsteht, die Verfahrensbeteiligten bei Behörde und Industrie wären in Badehose und -latschen an der Ablauflinie erschienen, während General T. mit knarziger Stimme den Angriff durch den Äther befiehlt. Und wenn der Erfolg dann ausbleibt, sucht man sich eben einen Schuldigen – im Zweifel ist der UvD Schuld, weil der Prozess ja nicht falsch sein kann.
Um damit Ihre abschließende Frage aufzuwerfen: die gibt es bestimmt. Dafür benötigt man allerdings auch den Willen, mit dem Post-Kalte-Kriegs-Beschaffungsmuster zu brechen und sich langfristig zu überlegen, was man denn eigentlich mit der Bundeswehr möchte. Die heutigen Pressemeldungen um MdB Gädechens (in Bezug auf das langfristig notwendige Bw-Budget) in Verbindung mit MdB Hofreiter (Rüstungsexporte nur noch in EU und NATO-Staaten) lassen erwarten, dass in Berlin während dieser Legislaturperiode noch ein signifikanter Wurf für Änderungen zu erwarten ist. Seien wir doch also froh, dass die bewilligten Gelder mehrheitlich in Deutschland ausgegeben werden, sonst gäbe es sicherlich demnächst ein paar Tausend arbeitsuchende Menschen mehr in diesem Land.
@Loki
Die Deutsche Werftenunion kommt sicherlich irgendwann. Dann bleibt nur zu hoffen, dass es eher eine Naval Group, als denn eine PGZ wird. Ob der VEB Warnemünde als erster Schritt in diese Richtung eine Erfolgsgeschichte oder ein Millionengrab wird, werden wir ja in dieser Dekade noch erleben. Es bleibt also spannend.
Preiswert für den Staat ist echter Wettbewerb oder Beteiligung bei Monopolisten. Im Falle der Flottendiensboote gibt der deutsche Markt (und der soll es ja explizit sein) keine Konkurrenz her. Deshalb wäre hier bei den beteiligten Firmen eine Staatsbeteiligung sinnvoll.
Ansonsten finde ich das bei der F126 gewählte Verfahren zwar aufwendig aber. wahrscheinlich am preiswertesten.
In dem gleichen Geist halte ich Auswahlentscheidungen ohne ausverhandelte Angebote für eine Verschwendung von Steuergeldern.
Neben dem hier Gesagten, was ich unter dem Aspekt der Pflicht zur Vertraulichkeit kritisch sehe, bleibt die wesentliche Frage, wie die Unterfinanzierung der Bundeswehr beseitigt wird. Das IFO-Institiut bestätigt lt. ntv von heute, dass das Erreichen des NATO-Ziels, wonach jedes Land jährlich zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in den Verteidigungsetat stecken, auf Dauer gefährdet sei und äußert Zweifel am Willen der Bundesregierung, dieses Ziel zu verfolgen.
Ein bedauerlicher Befund, der mich leider nicht überrascht. Das Verständnis, was unter einer „Zeitenwende“, einem „Sondervermögen“ und dem „2 % Ziel“ zu verstehen sei, ist nachwievor unklar und dürfte nicht nur zu Hause, sondern auch bei unseren Verbündeten für Fragen nach unserer Verlässlichkeit führen.
@Christian Bühring
Zitat:“…bleibt die wesentliche Frage, wie die Unterfinanzierung der Bundeswehr beseitigt wird.“
Das habe ich auch mal geglaubt. Wenn man die FInanzierung der Bundeswehr mit den Wehretats anderer und ähnlich großer Staaten vergleicht muss man zu dem Schluß kommen, das die Menge an Geld nicht das Problem ist. Die Bundeswehr hat bei der Beschaffung einfach ein Effizienzproblem. Sie gibt zu viel Geld für die Erhaltung der Einsatzverfügbarkeit von inzwischen obsoleten Waffensystemen aus. Sie kauft, aufgrund schlechter Vertragsgestaltung, zu teuere Ausrüstung bzw. untaugliche Ausrüstung, die erst mit enormen Verzögerungen und zusätzlichem finanziellem Auffwand tauglich gemacht werden müssen. Die Beispiele dafür kennen Sie bestimmt selbst.
Dazu kommt das Beharren auf Insellösungen, also das Beschaffen von Waffensystemen oder Variantionen von Ausrüstung, für die es weltweit kaum andere Abnehmer gibt und die zudem nur in kleinen Stückzahlen produziert werden. Dadurch steigen die Stückpreise nicht nur anfänglich im Einkauf sondern auch später bei der Ersatzteilbeschaffung.
Mit anderen Worten, die Bundeswehr schmeißt mit vollen Händen das Geld zum Fenster raus. So lange sich an diesem Teil der Beschaffungspraxis nichts ändert, ist ‚mehr Geld‘ keine Lösung. Herr Pistorius hat vollmundig versprochen, beim Beschaffungswesen aufzuräumen. Nun erwarte ich, dass er auch liefert und ich wünsche ihm von ganzem Herzen dafür viel Erfolg.
@ Schlammstampfer: Sie vergessen die politische Dimension. Eigentlich möchte [in Deutschland] keine Partei eine wirklich einsatzbereite und gut ausgerüstete Bundeswehr haben. Wenn diese vorhanden wäre, dann müsste man damit rechnen, auch tatsächlich zu harten Einsätzen innerhalb von NATO, UNO o.ä. herangezogen zu werden. Da ist eine nur in Teilen funktionale, wenn auch teure, Truppe aus politischer Perspektive sinnvoller. Wenn die Verbündeten wissen, dass man sich nur Ärger mit einem Bundeswehreinsatz ins Hause holt, dann ist das Risiko geringer, auch tatsächlich gefragt zu werden. Ein paar Friedensmissionen – ok. Aber Kampfeinsätzen kann man so gut aus dem Wege gehen. Machen sich politisch hierzulande nicht gut.
Kann man ein bisschen mit der Entscheidung gegen Gorleben als Endlager für strahlende Abfälle vergleichen. Zig Milliarden investiert, über Jahrzehnte hinweg geprüft, de facto für einen menschlich überschaubaren Zeitraum geeignet. Doch anstatt dass die Politik Klarheit schafft – Kanzlerin Merkel hätte hier eine 1A Chance gehabt – und sagt: das ist es jetzt – wird eine Entscheidung auf den St. NImmerleinstag verschoben. Kein Politiker muss sich in den nächsten Jahren damit beschäftigen.
M.E. muss es erst in der Politik eine echte Änderung im Mindset geben, bevor auch ein Beschaffungsapparat etc. wieder auf Effizienz getrimmt werden können. Und ehrilch gesagt nicht nur der Beschaffungsapparat: viele Zulieferer der Bundeswehr müssen wieder Effizienz lernen. Man hat sich eben über 30+ Jahre dem Mindset und Verhalten der Bundeswehr als Hauptauftraggeber angepasst. Der Mangel an Exportaufträgen, wiederum verursacht durch die restriktive Politik, hat auch nicht geholfen. Die Werften sind da sicherlich keine Ausnahme.
@Rene
„Es ist es ja mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass die Anwendung des IT-Grundschutz-Kompendium vom BSI dem erfolgreichen Projektabschluss gelinde gesagt „Probleme“ bereitet. Als Unbedarfter Laie darf man sich da schon fragen, ob die Anwendung eines Standards für Behördeneinrichtungen (ergo Verwaltung-IT) an Bord eines Kriegsschiffes nun ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis mit sich bringt.“
Das ist falsch. Mindeststandards betreffen die Bundesverwaltung (inkl. Verteidigungsministerium), aber nicht die Bundeswehr. Mit dem IT-SiG 2.0 wurden die Standards vom Grundschutz entkoppelt. Mit dem §5 muss die Bundesverwaltung davon unabhängig sogar z.B. Systemlogs oder Netzverkehr(logs) bereitstellen, wenn das BSI das wünscht. Das Ministerium mit seiner Beratenarmee wird ja wohl gut augestellt sein ;).
Der Grundschutz ist eine Sammlung von BSI-Standards für die Informationssicherheit. Es ist veraltet, dass diese nur für die Verwaltung gelten. Zweifelsfrei ist eine Werft, die Schlüsseltechnolgien entwickelt, ein Unternehmen von besonderem Interesse und muss daher nach ISO oder Grundschutz arbeiten.
Dass es Angriffe in der Vergangenheit auf Bundestag und Auswärtiges Amt gab, ist medial belegt. Dass es zur gleichen Zeitraum einen ähnlichen erfolgreichen Angriff auf die Bw gab, nicht.
Wollen wir hoffen, dass wir in diesen Zeiten gut aufgestellt sind!