Lürssen baut neue Flottendienstboote – Marine soll neue Aufklärungsschiffe ab 2027 bekommen (Nachtrag: BAAINBw)
Dass die Bremer Lürssen-Werft die neuen Flottendienstboote der Deutschen Marine bauen soll, war schon seit einiger Zeit ein offenes Geheimnis – jetzt ist es auch offiziell: Nachdem der Haushaltsausschuss des Bundestages dafür am (gestrigen) Mittwoch das Geld freigegeben hatte, wurde der Vertrag mit dem Unternehmen unterzeichnet. Die drei neuen Aufklärungsschiffe sollen der Marine ab 2027 zur Verfügung stehen.
Den Vertragsschluss machte Lürssen am (heutigen) Donnerstag bekannt:
Das Bremer Familienunternehmen Lürssen ist mit dem Bau von insgesamt drei neuen Flottendienstbooten für die Deutsche Marine beauftragt worden. Die neuen Boote werden die aktuellen Einheiten der OSTE-Klasse ersetzen und der Deutschen Marine voraussichtlich ab 2027 zur Verfügung stehen.
„Wir freuen uns, dass uns das Bundesverteidigungsministerium im Anschluss an die Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages die Verantwortung übertragen hat, als Generalunternehmer dieses wichtige Beschaffungsvorhaben zu realisieren“, sagte Tim Wagner, Geschäftsführer der Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG. „Wir werden nun unverzüglich in die Entwurfsphase einsteigen und Gespräche mit potenziellen Partnern aus der Werftenbranche und Systemtechnik aufnehmen. Mit einer werftenübergreifenden Kooperation wollen wir das Know-how und die Kompetenzen an Werftstandorten der Lürssen-Gruppe mit den Kapazitäten weiterer norddeutscher Werften zusammenführen, um die dringend benötigten neuen Flottendienstboote unter Einbindung aller notwendigen Ressourcen auf den Weg zu bringen.“
Auch führende deutsche Unternehmen der Systemtechnik werden an diesem Projekt beteiligt und für die Realisierung der hochkomplexen Elektronikausstattung verantwortlich sein.
Die rund 130 Meter langen neuen Flottendienstboote werden der Deutschen Marine zur elektronischen Aufklärung und Informationsbeschaffung dienen und sollen mit modernster Sensorik ausgerüstet werden. Ihre Auslegung erfüllt die neuesten Anforderungen an zukunftsfähige Marineschiffe.
Die Nachfolger der drei bisherigen Flottendienstboote Oste, Oker und Alster sollen nach der vom Parlament gebilligten Vorlage einschließlich einer Ausbildungs-und Referenzanlage Aufklärung (ARAA) knapp 2,1 Milliarden Euro kosten. Bei der Technik dieser Kriegsschiffe, die mit moderner Elektronik gegnerische Schiffs- und Flugbewegungen aufklären sollen, handelt es sich gleich mehrfach um so genannte nationale Schlüsseltechnologien: Sowohl der Überwasserschiffbau der Marine als auch die informationstechnische Ausstattung und die Verschlüsselungstechnik werden nicht europaweit ausgeschrieben; in diesem Fall wurde die Vergabe gezielt vorgenommen.
Der Haushaltsausschuss hatte die Freigabe der Gelder deshalb auch mit umfangreichen Vorgaben verbunden. Aus dem so genannten Maßgabebeschluss zur Billigung des Projekts:
1. Das Bundesministerium der Verteidigung hat sicherzustellen, dass beim Gesamtprojekt Flottendienstboote die industrielle Fähigkeit zur Anpassung- und Weiterentwicklung sowie zur Herstellung national durchgehend gewährleistet wird.
2. Das Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie vom 12. Februar 2020 wird zum Erhalt von Schlüsseltechnologien in diesem Vorhaben vollständig angewendet. Das BMVg hat über den Generalunternehmer sicherzustellen, dass solange ein Wettbewerb zur Aufklärungstechnik ohne Produktvorgabe wirtschaftlich national möglich ist, dieser durchgeführt wird.
3. Die bestehenden Flottendienstboote (Klasse 423) wurden Ende der 80iger Jahre in Dienst gestellt und eine Ersatzbeschaffung ist geboten. Die Abnahme der Bauspezifikation hat bis spätestens zum 28. Februar 2023 zu erfolgen und darf den im Vertrag vorgegebenen Finanzrahmen nicht übersteigen. Der Haushaltsausschuss behält sich sonst vor, über eine Anpassung der Maßgabe oder Fortführung des Projektes neu zu entscheiden.
4. Der Haushaltsausschuss begrüßt das Ansinnen des Bundesministeriums der Verteidigung die Bauweise der Plattform so weit wie möglich nach zivilen Standards und Spezifikationen auszulegen, solange die Qualität der Aufklärungsergebnisse und/oder die militärischen Kernfähigkeiten dadurch nicht beeinträchtigt wird.
5. Das Projekt bereits in der Entwurfsphase ausreichend mit Personal auszustatten.
6. Am Ende der Entwurfsphase mit der Bauspezifikation eine klare Definition der Forderungen, eine mess- und prüfbare Beschreibung der Leistung sowie der Leistungsnachweise sicherzustellen.
7. Die Ausgaben im Beschaffungsvorhaben weiter im Blick zu behalten und für notwendige Aufwüchse in der Ausstattung rechtzeitig haushalterische Vorsorge zu treffen.
Nachtrag: Die Mitteilung dazu vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw):
Mit dem Ziel des bruchfreien Fähigkeitserhalts zur seegestützten signalerfassenden Aufklärung hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) mit der Firma Lürssen Werft GmbH & Co. KG am 23.06.2021 einen Vertrag über den Entwurf und den Bau von drei Flottendienstbooten der Klasse 424 inklusive einer Ausbildungs- und Referenzanlage geschlossen.
Die besonderen Anforderungen an die Über- und Unterwasseraufklärungskomponenten im weltweiten Einsatz in Verbindung mit spezifisch militärischen Anforderungen wie Eigenschutz, Führungsfähigkeiten und der Notwendigkeit extrem geräuscharmer Fahrantriebe charakterisieren exemplarisch die hohe Komplexität des Projektes. Um eine möglichst wirtschaftliche Beschaffung zu gewährleisten, basieren die neuen Boote auf zivilen Schiffbaustandards.
Im Jahr 2027 soll das Erste der drei Boote in Dienst gestellt werden und damit nahtlos die seit über 30 Jahren in Nutzung befindlichen Flottendienstboote Oker, Alster und Oste der Klasse 423 ablösen.
(Grafik: Designskizze der neuen Flottendienstboote Klasse 424 – BAAINBw)
Lukratives Aufklärungsziel in der Entwicklungs- und Bauphase für den russischen Militär – Nachrichtendienst GRU.
„Die Abnahme der Bauspezifikation hat bis spätestens zum 28. Februar 2023 zu erfolgen und darf den im Vertrag vorgegebenen Finanzrahmen nicht übersteigen. Der Haushaltsausschuss behält sich sonst vor, über eine Anpassung der Maßgabe oder Fortführung des Projektes neu zu entscheiden.“
DER HHA ???
Die Herren Abgeordneten sollten bei Gelegenheit mal auf ihre eigene Homepage schauen:
„Für den Bundestag gilt das Diskontinuitätsprinzip. Es beinhaltet die sachliche, personelle und organisatorische Diskontinuität (Nicht-Fortsetzung) nach Ablauf einer Wahlperiode. Im Einzelnen bedeutet das:
Alle bisherigen Abgeordneten verlieren mit der Konstituierung eines neu gewählten Bundestages ihr Mandat (personelle Diskontinuität).
Alle Untergliederungen und Organe des Bundestages wie etwa die Ausschüsse müssen neu gebildet werden (organisatorische Diskontinuität).
Alle Gesetzesvorlagen, die vom alten Bundestag noch nicht beschlossen wurden, müssen neu eingebracht und verhandelt werden (sachliche Diskontinuität).“
https://www.bundestag.de/services/glossar/glossar/D/diskont-245382
Rechtsvergleichend
https://www.bundestag.de/resource/blob/423384/8640b5a2cef428fcab386076e9eda5c1/wd-3-014-07-pdf-data.pdf
Dieser HHA wird bald nicht mehr existieren.
Insoweit ist eine Bindung an Maßgaben durch bloße Ausschuss-Beschlüsse über das Ende der Legislaturperiode verfassungsrechtlich äusserst zweifelhat.
Als neuer BMVg (insb bei anderer Koalition) würde ich mich auf den Standpunkt stellen, an diese Maßgaben rechtlich nicht gebunden zu sein …
[So, jetzt kommen die Hobby-Verfassungsjuristen. Nach Ihrer Argumentation sind auch Gesetze nicht bindend, denn die wurden ja von einem Bundestag erlassen, den es so nach der nächsten Wahl dann nicht mehr gibt. Ich rate dringend dazu, hier nicht so weiterzumachen. Ganz abgesehen davon: einem Ministerium zu empfehlen, dem Parlament und seinem Budgetrecht den Mittelfinger zu zeigen, ist nicht besonders clever. T.W.]
Ich Frage mich, auf welcher Grundlage der Auftrag an die Luerssen Gruppe vergeben wurde? Denn die bisherigen Flottendienstboote hatte die Flensburger Schiffbaugesellschaft gebaut. Eine Ausschreibung scheint es nicht gegeben haben. Denn entweder ist die FSG eingebunden oder das Projekt wird vor der Vergabekammer landen. FSG hat sich gerade Erfolgreich gegen die Nichtbeachtung bei der Vergabe der Tanker gewehrt.
„Die rund 130 Meter langen neuen Flottendienstboote werden der Deutschen Marine zur elektronischen Aufklärung und Informationsbeschaffung dienen und sollen mit modernster Sensorik ausgerüstet werden.“
Lässt sich ein konkreter Grund für das beträchtliche „Längenwachstum“ von den <90m der bisherigen Schiffe auf 130m benennen?
Besteht mehr Platzbedarf für neue Technik, ein Flugdeck, eine längere Seeausdauer, eigene Effektoren, andere oder unbekannte Gründe?
LG
@Positroll
Ich werde mit Ihnen hier keine pseudo-verfassungsrechtliche Diskussion führen, schon gar nicht darüber, ob das für Gesetze geltende Prinzip der Diskontinuität auch für Maßgabebeschlüsse des Haushaltsausschusses bindend ist.
Ihre Ansicht „Beschlüsse des Haushaltsausschusses sind über die Legislaturperiode hinaus nicht gültig und wertlos“ entspricht nicht der geübten Praxis. Ob es, wie Sie behaupten, tatsächlich rechtlich so fixiert ist, werde ich klären. Aber mit Fachleuten.
@CallSignRomeo
Alle neuen Schiffe der Marine erfahren ein „Längenwachstum“. Dies dient angeblich der Steigerung der Ausdauer und Sicherstellung kleinerer Besatzungsgrößen, weil umfangreichere Vorräte mitgeführt werden können und der Platzbedarf der zu einem höheren Grad automatisierten Systeme gedeckt wird.
Außerdem zielt die Marine darauf ab, den Besatzungen einen mit der kommerziellen Schifffahrt vergleichbaren Komfort zu bieten. Aber apropos Effektoren, warum sind Flottendienstboote eigentlich nicht bewaffnet? Stellen sie nicht ein Hochwertziel für feindliche Angriffe dar?
Eine Frage an die Marienefraktion hier: sind diese unbewaffneten Boote in einem heißen Konflikt nicht Tontauben zum abschießen? Jedes noch so alte Flugzeug kann den unbewaffneten Schiffen doch den Garaus machen?
@muck
weitere Gründe für mehr Raumbedarf könnten die Steigerung der Durchhaltefähigkeit in tropischen Einsatzgebieten (Kühlung!), mehr Flexibilität bei Missionsmodulen und Raumreserven für künftige Technologieentwicklungen sein.
Bewaffnung:
Weder der USS Pueblo, noch der USS Liberty, hat die vorhandene Bewaffnung etwas gebracht. Eine andere Frage wären Selbstschutzsysteme.
Moin,
auf die Frage:
CallSignRomeo sagt:
24.06.2021 um 17:39 Uhr
„Die rund 130 Meter langen neuen Flottendienstboote werden der Deutschen Marine zur elektronischen Aufklärung und Informationsbeschaffung dienen und sollen mit modernster Sensorik ausgerüstet werden.“
Lässt sich ein konkreter Grund für das beträchtliche „Längenwachstum“ von den <90m der bisherigen Schiffe auf 130m benennen?
…ist zu sagen: die gegenwärtigen Flottendienstboote sind miserable Seeschiffe; sie haben einen sehr hohen Schwerpunkt (bedingt auch durch den hohen Mast) und sie liegen nicht gut in der See. Sie haben auch keine Flossenstabilisierung, da dies unter Wasser zusätzliche Geräusche hervorgerufen hätte, die für den akustischen Bereich (die Unterwasseraufklärung) störend gewesen wären.
Ausserdem besteht der Plan, diese Einheiten auch weltweit einsetzen zu können (u. a. auch in tropischen Gewässern). Vor Somalia wurde einmal ein Einsatz durchgeführt, der wegen der hohen Luftfeuchtigkeit im Schiffsinneren letztendlich wieder abgebrochen wurde; in den Spinden schimmelte die Bekleidung…
Die Klimaanlage war einfach nur für nördliche Bereiche ausgelegt.
Auf der größeren Schiffslänge kann natürlich auch eine entspanntere Unterbringung der passiven Antennen für die Signalerfassung erfolgen.
Noch ein Nachtrag zum Thema Bewaffnung:
im Rahmen von einer Nachrüstung wurde auf den Seitendecks hinter der Brücke an Backbord- und an Steuerbordseite ein schweres Maschinengewehr 12,7 mm eingebaut. Ich denke, hierfür wird auch an Bord der FD-Boot-Klasse 424 Platz vorgehalten werden.
Als die FD Boote entworfen wurden waren sie nicht für den weltweiten Einsatz gedacht sondern hatten ihren Fokus in der Ostsee. Die Relevanz von trchnischer Aufklärung und „Cyber“ steigt bekanntermassen, die Zahl der eingeschifften Badegäste wird daher grösser, und die neue Klasse komfortabler und seefähiger. Man muss sich klar machen, dass solche Boote/Schiffe nur sehr wenige fremde Häfen anlaufen aus offensichtlichen Gründen, sie sozusagen im permanenten Coronamodus unterwegs sind und Hoheitsgewässer meiden.
Bewaffnet sind sie genausowenig wie die Tanker, was international so üblich ist: Freies prominentes Oberdeck wäre den Waffen zu opfern, man bräuchte zudem zusätzliches Personal und würde für fremde Einheiten eine Bedrohung darstellen, was jedoch nicht Sinn der Übung ist, und auch der „Missbrauch“ als OPV entstünde als Verlockung. Operiert wird dort wo es nicht hoch her geht, und zur Not wird man sich eben schützen lassen z.B. für eine bestimmte Passage. Handwaffen sind freilich an Bord.
Jetzt noch einen richtigen “Militär-Nachrichtendienst” (MND?) für die Bw bitte. Dann bewegen wir uns langsam in eine brauchbare Richtung, was Aufklärung und Intelligence allgemein angeht.
Gibt es sinnvolle Spekulationen über die Fähigkeiten der neuen FD Boote? Was werden die können? ELINT? SIGINT? Und was sollen die Unterwasser aufklären? Danke
–
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
24.06.2021 um 16:29 Uhr
“Lukratives Aufklärungsziel in der Entwicklungs- und Bauphase für den russischen Militär – Nachrichtendienst GRU”
Nun, ich hoffe das BAMAD ist in der Spionageabwehr deutlich fähiger als in der Extremismusabwehr.
Warum werden die Boote länger?
– es gibt seit F125 nur noch 2-Personen Kabinen mit jeweils einem „Bad“. Bisher hat es bis zu max. 8-Personen Kabinen und ein „Bad“ je Dienstgradgruppe
– der Müll wird gelagert, nicht mehr verbrannt. Braucht Platz. Muss gekühlt werden, braucht Strom, braucht daher Dieselbunker und Aggregate.
– auf der o.g. Skizze sieht es aus als gäbe es ein Helideck achtern, das haben die alten nicht.
– und viele weitere Gründe
by the way: Die alten habe keine Klimanlage sondern Seewasserkühlung. Daher ging das schief am Horn von Afrika.
[Hm, ich weiß ja nicht, ob Sie schon mal auf ’ner F125 waren, da geht es zwar schon geräumiger zu als auf den älteren Fregatten, aber „nur noch 2-Personen-Kabinen“ gibt’s da keineswegs…
https://www.flickr.com/photos/wiegold/32273355285/in/photostream/lightbox/
T.W.]
@Windlicht
Aber das ist doch kein Grund, auf Bewaffnung zur Selbstverteidigung zu verzichten. Ich glaube auch nicht, dass die fehlende Bewaffnung irgendeine deeskalierende Wirkung entfaltet.
@ muck
„Aber apropos Effektoren, warum sind Flottendienstboote eigentlich nicht bewaffnet? Stellen sie nicht ein Hochwertziel für feindliche Angriffe dar?“
Naja, da ist ein Abwägen.
Wenn die Boote (offensiv) bewaffnet wären, wäre es auch ein höheres Maß an Eskalation, sie vor irgend einer Konfliktküste kreuzen zu lassen. So kann man mit den Booten sagen: Wir wollen keineswegs an dem Konflikt teilnehmen (zu diesem Zeitpunkt), aber wir schauen uns die Sache mal genau an.
Die meisten Aufklärungsschiffe weltweit sind unbewaffnet oder nur zum Selbstschutz bewaffnet. Das handhaben auch die Russen oder Chinesen nicht anders.
Es ist einfach eine Sache, mit einem unbewaffneten Hilfsschiff bei einem Manöver der US Navy (oder der russischen Flotte) aufzukreuzen und eine völlig andere, es mit einem „richtigen“ Kriegsschiff zu tun.
@muck
Neben dem von anderen erwähnten mangelnden Bedarf an Bewaffnung:
In der Vergangenheit wurde aufgrund nicht vorhandener Bewaffnung die Notwendigkeit eines Bundestagsmandats für Einsätze der Schiffe durch die Bundesregierung – wenn nicht opportun – für nicht notwendig gesehen, da es sich bei Einzelfahrt ja dann nicht um einen „bewaffneten Einsatz“ handelt. In einigen Fällen erfolgte wohl dann immerhin eine nichtöffentliche Information des Verteidigungsausschusses vergleichbar zu KSK-Einsätzen. Eine Fortführung dieser Praxis würde ich erwarten.
@ Closius
„Ich Frage mich, auf welcher Grundlage der Auftrag an die Luerssen Gruppe vergeben wurde? Denn die bisherigen Flottendienstboote hatte die Flensburger Schiffbaugesellschaft [FSG] gebaut.
Ich sitze hier in Sichtweite zur besagten FSG. Die Werft ist nicht mehr dieselbe wie, die, die seinerzeit die Flottendienstboote gebaut hat. Die Werft ist mehrfach an einer Insolvenz vorbeigeschrammt und die alterfahrenen Schiffbauer haben das ’sinkende‘ Schiff verlassen. Aktuell arbeitet die Werft sehr, sehr langsam an einer RoRo Fähre. Ob da noch genug erfahrene Leute für drei hochmodere Flottendienstboote vorhanden sind bezweifle ich mal ganz stark.
Disclaimer: Das ist nur meine ganz laienhafte persönliche Ansicht. Ich mag mich irren.
Zur Diskussion um eine mögliche Bewaffnung:
Wurde denn explizit gesagt, dass die neuen Flottendienstboote unbewaffnet daherkommen?
Legt nicht die Formulierung bzgl. „spezifisch militärischen Anforderungen wie Eigenschutz“ (im Nachtrag oben; Quelle: BAAINBw) nahe, dass möglicherweise doch Effektoren, insbesondere leichte Rohrwaffen angedacht werden?
MLG27 oder Hitrole NT wie auf den F125 zum Eigenschutz im Nah- / Nächstbereich erscheinen mir für eine oft autonom agierende Einheit in Zeiten asymmetrischer Bedrohungen irgendwie logisch.
„2027 soll das Erste in Dienst gestellt werden “ Warum geht dass schneller als bei der F 126? Ich würde denken dass solche Boote wesendlich aufwendiger technikseitig sind als die Fragatten.
Ist eigentlich ein komplettes Hangar geplant oder nur ein Hubschrauberdeck wie bei den Korvetten geplant?
Zur Bewaffnung:
Ich sehe das wie @TobyR.
Allerdings wären zwei 12,7 mm-RCHMG „HITROLE NT“, wie auf den F125, als Selbstschutz vor Speedbootangriffen sicher wünschenswert.
Dazu machen wahrscheinlich noch zwei MASS Täuschkörperwerfer Sinn. Schaut man sich potenzielle Einsatzräume an, z.B. Küste vor dem Jemen oder Libyen etc. an besteht durchaus die Gefahr von Seezielflugkörpern angegriffen zu werden.
Wenn auch in der Bundeswehr – wie hier in den Kommentaren – so lange an einem Rüstungsprojekt rumgeschraubt wird, bis aus einem Aufklärungsschiff ein Hilfskreuzer mindestens mit drölf Kanonen und Hubschrauberhangar wird, dann wundere ich mich nicht über Kostenexplosionen bei solchen Vorhaben… Können wir das Ich-wünsch-mir-was-Spiel an dieser Stelle vielleicht einstellen?
@Dante
Lürssen baut heute vor allem Yachten, und von der generellen Konfiguration her sind solche Boote (auch die 423) im Prinzip yachtähnlich. Halt nur anstelle von Borddisco und 5 Pools und einem Superbösewicht-Hauptquartier sehr viel Elektronik und weniger Luxus (wahrscheinlich).
@Navales: Die Erwähnung des Eigenschutzes war mir auch aufgefallen. Das kann so formuliert alles und nichts bedeuten und sich auch auf nur rein bauliche Massnahmen beziehen wie z.B. Rundumkameras oder eine beschussgesicherte Brücke sowie gesicherte Zugänge und Aufnahmen für körpergesteuerte MGs. Eine Vorbereitung für RAM analog zum EGV hingegen wäre das obere Ende der theoretischen Skala und eine Abkehr von den bisherigen Prinzipien, die passende Sensorik einmal vorausgesetzt. Die jetzt gezeigte Skizze gibt keine Effektoren her. Wir werden sehen, was uns das Ergebnis der Designphase dann in ca. 2 Jahren zeigt.
Ich wette 100 Euro gegen die genannten Zahlen:
„der Deutschen Marine voraussichtlich ab 2027 zur Verfügung stehen.“
Mit Sicherheit aber nicht einsatzfähig 2027, sondern maximal schwimmfähig und fertig zum Einrüsten für die Aufklärungstechnik.
„Die Nachfolger der drei bisherigen Flottendienstboote Oste, Oker und Alster sollen … knapp 2,1 Milliarden Euro kosten.“
Auch hier wette ich dagegen.
700 Millionen Euro im Jahr 2023-2027 für ein Flottendienstboot, von welchem nur 3 gebaut werden und das nur alle 30 Jahre.
Der Preis ist zwar heftig und eigentlich auch absurd teuer, aber die 700 Millionen werden nicht ausreichen für ein komplett fertiges und einsatzfähiges Schiff. Es sei denn, die neuen Flottendienstboote können weniger als die alten Boote.
Mag ja sein ,daß der russische Militärgeheimdienst da Aufklärung betreiben wird.Mit Sicherheit aber dürften technologische Schlüsselerkenntnisse ,die im Zusammenhang mit Entwicklung und Bau anfallen, Amerikanern ( und vermutlich auch Franzosen) ganzlich ohne eigene Anstrengung ,auf bloße Anforderung hin, durch deutsche Stellen zugänglich werden.
@ CallSignRomeo
Ein bisschen Spekulation.
In der Mitteilung des BAAINBw steht:
„Die besonderen Anforderungen an die Über- und Unterwasseraufklärungskomponenten im weltweiten Einsatz…“
Die alten Flottendienstboote waren nor zur Zeit des kalten Krieges entwickelt worden und waren ursprüglich für den Einsatz in der Ostsee gebaut worden. Mit einer Reichweite von 5000 Seemeilen waren sie nicht unbedingt für „weltweiten Einsatz“ geeignet. Ich schätze das schon der Einsatz im Mittelmeer die Technik und die Crew klimatisch vor Herausforderungen gestellt hat, denen die Schiffe nicht wirklich gewachsen waren.
Die Flottendienstboote gehören zwar organistorisch zur Marine sind aber nicht bewaffnet und gelten nicht als Kriegsschiffe, deshalb dürfen sie in Seegebiete einfahren, die aufgrund internationaler Abkommen für Kriegsschiffe gesperrt sind.
Wenn sich an diesem Einsatzkonzept nichts geändert hat, dürfte sich auch die Frage nach einer Bewaffnung der neuen Schiffe erübrigen.
@Schlammstapfer sagt: 25.06.2021 um 16:34 Uhr
„Die Flottendienstboote gehören zwar organistorisch zur Marine sind aber nicht bewaffnet und gelten nicht als Kriegsschiffe, deshalb dürfen sie in Seegebiete einfahren, die aufgrund internationaler Abkommen für Kriegsschiffe gesperrt sind.“
Das ist nicht mein Kenntnisstand. Die Flottendienstboote sind mEn sehr wohl Kriegsschiffe, aber eben nur zum Selbstschutz bewaffnet (Handwaffen etc.).
„Wenn sich an diesem Einsatzkonzept nichts geändert hat, dürfte sich auch die Frage nach einer Bewaffnung der neuen Schiffe erübrigen.“
Hier stimme ich Ihnen allerdings zu. Es gibt (außer Selbstschutz) keinen Notwendigkeit zur Bewaffnung.
Vice Admiral Kay-Achim Schönbach
@chiefdeunavy (Vor 20 Std.)
„Der Hauptnutzer war nie die Deutsche Marine gewesen. Wir waren immer vorrangig der Betreiber. Der wirkliche Hauptnutzer der Aufklärungsergebnisse dieser Schiffe by-the-way ist die Bundesrepublik Deutschland.
Als Antwort auf „Sicherheit+ @SicherheitPlus“
„Hauptnutzer der Flottendienstboote wird – statt der @deutschemarine – der @cirbw.“
.
„Die Flottendienstboote gehören zwar organistorisch zur Marine sind aber nicht bewaffnet und gelten nicht als Kriegsschiffe, deshalb dürfen sie in Seegebiete einfahren, die aufgrund internationaler Abkommen für Kriegsschiffe gesperrt sind.“
Hier liegen sie falsch.
Gemäß Seerechtsübereinkommen – und damit völkerrechtlich verbindlich –
„bedeutet ‚Kriegsschiff‘ ein zu den Streitkräften eines Staates gehörendes Schiff, das die äußeren Kennzeichen eines solchen Schiffes seiner Staatszugehörigkeit trägt; es muß unter dem Befehl eines Offiziers stehen, der sich im Dienst des jeweiligen Staates befindet und dessen Name in der entsprechenden Rangliste der Streitkräfte oder in einer gleichwertigen Liste enthalten ist; die Besatzung muß den Regeln der militärischen Disziplin unterliegen.“
Dies ist bei den Flottendienstbooten trotz des „A“ der Fall, wie auch bei Tendern und Einsatzgruppenversorgern. Hilfsschiffe im Sinne des SRÜ sind die zivil besetzten Schiffe der Marine, z.B. Betriebsstofftanker.
(@ T.Wiegold: ich habe am Handy leider keine ordentliche Formatierung des Zitat hinbekommen)
@ Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
25.06.2021 um 18:22 Uhr
Naja, bis 2002 hat die Marine auch das Personal für Technik, Erfassung, Auswertung, Bearbeitung und Aufbereitung an Bord und Land mit MFmSkt 72 bzw. MFmStab 70 gestellt. Da war schon ziemlich viel von Nutzerseite Marine, auch wenn die Endkunden der in Flensburg im MFmStab70 erstellten Lageberichte dann im BMVg saßen. Das klingt bei VAdm Schönbach (von dessen gestriger Grundsatzrede unter https://www.bundeswehr.de/resource/blob/5099808/d512088f6af7a7052c819ce9575cc298/20210625-grundsatzrede-inspm-100-tage-data.pdf ich übrigens ziemlich angetan bin, wenn der Hinweis @TW gestattet sei) in seiner Twitter-Antwort nicht so durch.
Ich danke T.W. und den Kommentatoren für die Richtigstellung. Ich habe einen Artikel zum Status der Flottendienstbote wohl fehlinterpretiert. Man lernt halt nie aus.