Jahresbericht der Wehrbeauftragten: Mängelliste wie immer, KSK, Corona-Pandemie
Die Amtsinhaberin ist neu, die Mängelliste nicht: Eva Högl, seit Mai vergangenen Jahres Wehrbeauftragte des Bundestages, hat in ihrem Jahresbericht für 2020 viele Probleme der Bundeswehr wieder aufgegriffen, die schon ihre Vorgänger moniert hatten. In den vergangenen Monaten kam außerdem noch die Coronavirus-Pandemie hinzu – in der sich die Truppe nach Ansicht der Wehrbeauftragten wacker geschlagen hat. Und: die jüngsten Vorgänge rund um das Kommando Spezialkräfte (KSK) irritieren auch die Parlaments-Kontrolleurin.
Vor der Bundespressekonferenz stellte Högl am (heutigen) Dienstag den Jahresbericht vor, und in den Fragen spielte natürlich zu einem großen Teil eine Rolle, was in jüngster Zeit zum KSK bekannt geworden war. Deshalb das Thema mal vorangestellt:
• Von einer Amnestie-Aktion für die Rückgabe von Munition aus den Reihen des Eliteverbandes hat die Wehrbeauftragte nach ihren Worten auch erst aus den Medien erfahren – im Januar aus dem Bericht der taz über das Gerichtsverfahren gegen einen KSK-Oberstabsfeldwebel. Sie habe sich nach dieser Meldung gewundert, warum diese Aktion im Zwischenbericht von Generalinspekteur Eberhard Zorn im November vergangenen Jahres nicht erwähnt wurde, sagte Högl.
Zudem war dieses Vorgehen, noch vor dem Brandbrief von KSK-Kommandeur Markus Kreitmayr im Mai vergangenen Jahres, nach Angaben der Wehrbeauftragten weder Thema in der von ihr begleiteten Arbeitsgruppe zur Reform des KSK noch bei ihrem Besuch bei dem Verband in Calw im vergangenen Jahr: Das Thema Amnestie ist niemals angesprochen worden. Sie sehe mit Sorge, dass durch diese Aktion wieder Zweifel an der Reform der Eliteeinheit entstehen könnten. Allerdings sollten vor weiteren Schlussfolgerungen die vom Verteidigungsministerium angekündigten Untersuchungen abgewartet werden.
• Die Meldungen zu extremistischen Verdachtsfällen in der Bundeswehr insgesamt sind nach dem Bericht der Wehrbeauftragten im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Insgesamt habe es 211 Berichte zu meldepflichtigen Ereignissen gegeben, nach 178 im Jahr davor. Auch die Meldungen des MAD zum Bereich Rechtsextremismus seien gestiegen, auf 477 zu vermuteten Rechtsextremisten und 31 zu so genannten Reichsbürgern. Im Bereich Islamismus gab es 48 neue Verdachtsfälle.
• Wie in der gesamten Bundeswehr war auch für die Wehrbeauftragte die Bewäligtung der Coronavirus-Pandemie der Schwerpunkt des vergangenen Jahres. Dazu gab es nach Högls Angaben fast 500 Eingaben, vor allem wegen fehlender Einhaltung von Hygienevorschriften wie Maskenpflicht oder Mindestabständen. Auch die Frage nach dem Schutz der Soldatinnen und Soldaten, die in der Amtshilfe an infektionsgefährdeten Orten eingesetzt werden, habe eine wesentliche Rolle gespielt.
Die Wehrbeauftragte verteidigte trotz sehr unterschiedlichen Umgangs mit den Pandemie-Regeln die dezentrale Entscheidung über die jeweiligen Maßnahmen und das Verhalten in den Einheiten. Es müsse vor Ort entschieden werden, wie die Rahmenbedingungen umgesetzt würden, sagte Högl. Die verschiedenen Dienststellen und Einheiten hätten zum Beispiel in der Ausbildung sehr unterschiedliche Anforderungen, das können Sie nicht einheitlich handhaben.
Für die in der Amtshilfe eingesetzten Soldatinnen und Soldaten, egal ob aus dem Sanitätsdienst oder als helfende Hände, sollte nach Högls Worten eine gezielte Ehrung geschaffen werden: Dieses herausragende Engagement sollte durch eine Einsatzmedaille ausgezeichnet werden. Das wäre eine sehr verdiente Anerkennung.
• Die Materiallage der Bundeswehr hat sich im Vergleich zu den Vorjahren nur wenig verbessert – und die Worte, die Högl in ihrem Bericht dafür fand, unterscheiden sich nur wenig von dem, was ihre Vorgänger bereits bemängelt hatten. Dabei geht es, wie zuvor, nicht allein um die Höhe des Verteidigungshaushalts, sondern auch um die bürokratischen Hemmnisse bei der Beschaffung, vom Kampfrucksack bis zum schweren Transporthubschrauber.
Und wie in jedem Jahresbericht des/der Wehrbeauftragten gibt es auch diesmal mindestens ein Beispiel für einen Beschaffungsvorgang, der den Außenstehenden staunen lässt. Diesmal: Der Pilotenhelm für den Seefernaufklärer P-3C Orion. Aus dem Bericht:
Im Rahmen eines Truppenbesuchs auf dem Marinefliegerstützpunkt in Nordholz im Dezember 2019 kam die Klage, die Bundeswehr sei aktuell nicht in der Lage, ihre Marineflieger angemessen mit Fliegerhelmen auszustatten. So seien die mit dem Luftfahrzeug P-3C ORION aus den Niederlanden übernommenen Fliegerhelme altersbedingt nicht mehr nutzbar. Nach Darstellung des Verteidigungsministeriums begann deshalb bereits 2008 die Anpassung eines bereits in der Bundeswehr genutzten Helmmodells an die technischen Erfordernisse dieses Flugzeugs. Vor Beschaffung der angepassten Helme habe jedoch das Luftfahrtamt der Bundeswehr eine Musterprüfung für deren Zulassung gefordert. Dabei sei es zu langjährigen Verzögerungen gekommen. Als Gründe hierfür nannte das Ministerium beispielsweise die Umorganisation der Wehrverwaltung, unklare Zuständigkeiten, häufige Bearbeiterwechsel, ungenaue Absprachen, die Änderung von Anforderungen und schlussendlich einen langwierigen Zulassungsprozess.
Da der reguläre Weg dadurch zunächst versperrt war, entschied sich die Bundeswehr für eine Interimsmaßnahme und beschaffte in den Jahren 2018 und 2019 mehr als 200 Helme zur „Erprobung“. Immerhin konnte die Bundeswehr das Zulassungsverfahren im August 2020 abschließen, sodass einer angemessenen Ausstattung der Marinefliegermit den angepassten Fliegerhelmen nichts mehr im Wege zu stehen scheint.
Das bittere Fazit der Wehrbeauftragten Anfang 2021: Es bleibt zu hoffen, dass eine ausreichende Anzahl der Helme die Marineflieger noch vor der Ausmusterung der P-3C ORION im Jahr 2025 erreicht.
Die komplette Pressekonferenz zum Nachhören:
Den Jahresbericht zum Nachlesen hier als pdf und hier, erstmals, als e-Book (epub). Das schriftliche Statement (etwas anders als das tatsächlich gehaltene, wie im Audio zu hören ist) hier.
(Foto: Die Wehrbeauftragte vor der Bundespressekonferenz – Florian Gaertner/photothek.de)
SPIEGEL Online hebt auf die desaströse Personallage ab:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wehrbeauftragte-zur-bundeswehr-eva-hoegl-warnt-vor-ueberalterung-der-streitkraefte-a-5b6b67c0-b6ff-484b-9d87-63667ed284de
Daß sie nicht gut ist, ist ja bekannt – aber so schlecht?
Mich wundert bei solchen Dingen wie dem Helm auch die Zeitachse. Wo kommt diese Bearbeitungsdauer her? Sitzen dort tatsächlich 6 voll ausgebildete Ingenieure a 40 h die Woche jahrelange um den Helm rum um ihn zu qualifizieren?
Wofür braucht man in einem Flieger mit Druckkabine n Helm???
(Sorry für den OT)
„Als Gründe hierfür nannte das Ministerium beispielsweise die Umorganisation der Wehrverwaltung, unklare Zuständigkeiten, häufige Bearbeiterwechsel,“
Möchte ich nur allen ins Tagebuch schreiben, die eine weitere Reform/Transformation/Umstrukturierung der Bundeswehr oder seiner Teilstreitkräfte fordern.
„Die Materiallage der Bundeswehr hat sich im Vergleich zu den Vorjahren nur wenig VERBESSERT.“?
Sorry, aber eine VERBESSERUNG kann man weder für Luftwaffe und Marine aus dem Bericht herauslesen und auch für’s Heer konstatiert die WB lediglich ein „ausreichend“.
Bin mal gespannt, wie man bei der nächsten Stärkemeldung für Januar die Personallage schönredet bei über 20.000 nicht besetzten DP oberhalb der Mannschaftsdienstgrade.
„Die Wehrbeauftragte verteidigte trotz sehr unterschiedlichen Umgangs mit den Pandemie-Regeln die dezentrale Entscheidung über die jeweiligen Maßnahmen und das Verhalten in den Einheiten. Es müsse vor Ort entschieden werden, wie die Rahmenbedingungen umgesetzt würden, sagte Högl. Die verschiedenen Dienststellen und Einheiten hätten zum Beispiel in der Ausbildung sehr unterschiedliche Anforderungen, das können Sie nicht einheitlich handhaben.“
Sehr erfreulich. Da hat die Wehrbeauftragte mal der Auftragstaktik nachhaltig den Rücken gestärkt.
Gefreut hätte es mich, wenn sie es auch so (zusätzlich) begründet hätte, aber 95% Zustimmung ;)
@Thomas Melber sagt: 23.02.2021 um 14:09 Uhr
„SPIEGEL Online hebt auf die desaströse Personallage ab“
Vor allem wird mal (endlich) deutlich die bedenkliche Entwicklung beim Durchschnittsalter angesprochen!
Die Problem mit der „Covid-Delle“ sind ärgerlich, aber das wird man lösen können.
Die Probleme mit den Spezialisten und Piloten sind bekannt und nur schwer lösbar.
Aber das erhebliche und langfristige und weitgehende Problem der fortschreitenden Überalterung (mEn fast die Mutter aller Probleme), wird leider viel zu häufig ignoriert.
Was mich wundert sind die Zahlen des fliegerischen Diensts der Luftwaffe. Im Bericht des Jahres 2019 stand noch (unter der Warnung, dass die Datenlagen unübersichtlich sei):
„So liegt die Piloten-Besetzungsquote für das Waffensystem TORNADO bei 88 Prozent und für den EUROFIGHTER bei 80 Prozent.“ und
„Auch die Luftwaffen-Hubschrauberpiloten kommen mit 184 besetzten Dienstposten bei einem Soll von 262 Dienstposten nur auf 70 Prozent.“
Im jetzt veröffentlichten Bericht heißt es auf einmal:
„Von 220 Dienstposten für Jetpiloten sind 106, also weniger als die Hälfte, besetzt. Nur wenig besser sieht es bei den Hubschrauberführern aus. Der Besetzungsgrad erreicht mit 44 von 84 Dienstposten nur 52 Prozent.“
Ich frage mich, wie man zu dieser drastischen Reduzierung kommt? Wurden vielleicht die Scheinerhalter in den Ämtern herausgerechnet? Auf jeden Fall sieht es danach aus, dass hier mit Zahlen jongliert wird.
@Koffer ;23.02.2021 um 16:32 Uhr
Sehr erfreulich?
Sehr unerfreulich finden dies genau jene, die dummerweise hochspezialisiert, oder einer „Mangel-AVR“ angehörend, weiterhin (nahezu durchgängig) Dienst verrichten, während un-spezialisierte Spezialisten mit Heimatnahen Anspruchsverwendungen (und auch die sind sehr reichlich vorhanden) im Home Office „Dinge tuen“ und ebenfalls von dieser ominösen Einmalzahlung Corona profitieren.
Ich will ja nicht klagen…aber mittlerweile platzt mir da, die Hutschnur! Vor Ort entschieden wird nicht viel wenn der „Rock“ zu kurz ist, die Vorgesetzten aus Karrieregründen alles GRÜN melden und das „Trullala“ (frei nach Hans Helmut Kirst!) unerwünscht oder unmöglich ist.
Unter dem Strich hätte ich mir diese jährliche Lektüre auch sparen können…“Im Westen nichts neues“…
Jedesmal wenn ich den WB-Bericht lese (Lob an Frau Högl, die ihr erstes Jahr offenbar gut gemacht hat, nach allem ,was man so liest und hört), denke ich, dass ein verantwortlicher Vorstand eines Konzerns sich recht bald seine Entlassungspapiere abholen könnte, wenn so ein Tenor über die Jahre gleich bleibt – und dass es ganz klar am Geld allein nicht liegen kann. Es schüttelt und graust einen zu oft. Hinsichtlich der Zahl an Jet- und Hubschrauberpiloten der LW nähern wir uns offenbar stark den Zahlen von NOR an.
Ich wäre ein Fan von einer radikalen Maßnahme: Ein gemischtes LW-Geschwader bilden, eine verstärkte Heeresbrigade nehmen, einen SKB-NEW-Verband bilden mit IT/FM, Logistik, Sanität und drumherum, eigene kleine Personalabteilung eng an den Einheiten aufsetzen, Führung für ein Inkubator-Projekt bilden und mit kleinem Beraterpool Recht-Prozessmanagement-IT-Wirtschaft-HR-Teambuilding versehen, Prozessworkshops mit befreundeten Nationen mit kleinen Streitkräften machen, und dann – alles auf Null. Grosszügige Projektmittel bereit stellen. Alles abkoppeln soweit irgend möglich und selbst organisieren lassen, z.B. Beschaffung abkoppeln und über Beschaffungsamt BMI laufen lassen, es gilt keine Verordnung/ZdV mehr zwingend ausser wenigen wirklich elementaren/essenziellen das Weitere kann selbst festgesetzt werden, völlig freie Hand im Rahmen der Gesetze soweit sie zwingend auf die BW angewendet werden müssen (also SAZV z.B. weg),. Prozessmanagement sowie striktes Kennzahlenreporting und Monitoring aufsetzen. Zeitansatz 5 Jahre, Personal-Stehzeiten auf komplette Projektlaufzeit verlängern. Gucken was passiert. Alles, was sich bewährt, dann schrittweise in den grossen Laden transferieren oder wenn es eilt Einheiten an diesen Inkubator andocken lassen.
Das geht nicht? Doch, wenn man wollte, ginge das, da bin ich sicher. Wer wäre nicht gerne dabei.
Die Bundeswehr genießt gemäß dem Grundgesetz Verfassungsrang.
Der Bericht der WB verdeutlicht wieder einmal, dass die Bundeswehr dem grundgesetzlichen Auftrag nicht nachkommen kann, weil viele Bereiche mittlerweile desolat abgewirtschaftet sind.
Vielen im BMVg scheint das nicht so richtig klar, dass es eine Verpflichtung für die Bundeswehr gibt, einsatzbereit zum Wohle der Bundesrepublik Deutschland zu sein.
Wenn man als Bürger dieses Landes den Bericht liest, seit Jahren, dann fragt man sich schon, ob das „mittlere bis oberste Management“ dieser Armee überhaupt fachlich in der Lage oder Willens ist, trotz guter „Versorgungslage“ (Sold, freie Heilführsorge, Pensionierungsalter), mit den Milliarden aus dem Bundeshaushalt, umgehen kann.
@0815 sagt: 23.02.2021 um 18:05 Uhr
„Vor Ort entschieden wird nicht viel wenn der „Rock“ zu kurz ist, die Vorgesetzten aus Karrieregründen alles GRÜN melden und das „Trullala“ (frei nach Hans Helmut Kirst!) unerwünscht oder unmöglich ist.“
Und das ganze wäre also Ihrer Meinung nach besser, wenn man zentral alles im Bendlerblock oder auf der Hardthöhe entscheiden würde??? Verstehe ehrlich gesagt Ihr Argument nicht.
@Nazgul: Richtig: Zahlenjongliererei. Indem man Äpfel mit Birnen vergleicht. Nehmen Sie den heutigen Besetzungsstand inkl. der StOffz-Dienstposten, kommt man auf ein ähnliches Bild wie „damals“.
Hier hat man halt, weil es so schon reinpasst, nur die Offz-DP genommen.
Sachlich will sich der Wehrbeaufttragtenbericht schon länger nicht mehr ausschließlich nähern, auch hier hat eine Effektheischerei Einzug gehalten.
Man könnte ketzerisch sagen dass das verfügbare Personal zum verfügbaren Material passt 🙈
im Schnitt Mitte 30 und ca. die Hälfte von dem verfügbar was man gerne hätte 😂
„Es müsse vor Ort entschieden werden, wie die Rahmenbedingungen umgesetzt würden, *
Als einer der blöden“ Spezialisten der einfach weiter dem Kernauftrag nachgehen musste bekomme ich da gerade einfach zuviel.
Warum war es nicht möglich klare Kriterien aufzustellen, nach denen zu prüfen ist ob der Auftrag weiter durchgeführt wird, oder nicht? Aber man kann das natürlich auch den Disziplinarvorgesetzen am Ende der Nahrungskette überlassen. Nur blöd wenn dann unterschiedlich gehandelt wird bei gleichen Rahmenbedingungen.
Auftragstaktik bedeutet ja nicht den völligen Verzicht auf eine ordentliche Befehlsgenung mit entsprechenden Grenzen!
Wenn es der Auftrag erfordert verzichte ich auch auf Mundschutz, Abstände und Desinfektionsmittel Dafür bin ich eben Soldat. Wenn der örtliche Discounter aber bereits Mundschutz und Desinfektionsmittel wieder zum Kauf anbietet , dann stelle ich mir natürlich die Frage warum die Bundeswehr es nicht schafft diese Artikel einfach zu kaufen,schließlich geht’s da ja nicht um einen Hubschrauber. Dann muss man sich auch nicht über ein paar Eingaben wundern.
Eine pauschale Ehrung für alle in der Panemie eingesetzen Soldaten halte ich für nicht richtig. Die Leute in den Krankenhäusern und Verkäuferinnen in den Lebensmittelmärkten/ Drogerien gehört die Ehrung.
So wie ich es bisher erfahren habe wird im Grunde eine Woche Tagesdienst geleistet und die Folgewoche hat man frei oder es gibt eine finanzielle Vergütung. Das ganze ist in Summe deutlich besser als ein Lehrgang im Inland. Mir persönlich wäre es etwas peinlich, einen Orden anzunehmen, weil ich ein paar Wochen geholfen habe, aber keine wirklichen Entbehrungen zu beklagen habe. Im besten Fall war ich noch im Homeoffice ohne IT Anbindung bei vollem Sold.
Alle Probleme hausgemacht und ehemals als Fortschritt oder Attraktivität verkauft. Wer veranlasst, dass Generäle länger dienen übersieht, dass damit die ganze Pipeline dahinter stockt. Wenn Oberstabsfeldwebel verlängert werden, fehlen vor Ort Nachwuchskräfte, weil die Perspektive fehlt. Wenn jeder auf jedem Dienstposten ewig bleiben kann, generiere ich Sitzfleisch und Phlegmatismus. Hauptsache nicht umziehen, hier Schwerpunkt.
Und jetzt das frappierende: es wird sich nichts ändern. Wie jedes Jahr.
@Lucky.Sailor:
In der Bundeswehr gibt es tatsächlich eine Art „Schönsprech“. Liest man z.B. den Aufsatz eines im Ministerium angesiedelten Stabsoffiziers im Medium ESUT oder Soldat und Technik, fällt auf, dass „erfolgreich“ eine sehr beliebte Vokabel darstell, um ganz banale und selbstverständliche Vorgänge hervorzuheben. Ohne Übertreibung: wenn ein Sea Lion um Nordholz eine Platzrunde dreht ohne abzustürzen, so wird das als „erfolgreicher“ Einsatz bejubelt. In diesem Sinne könnte „Verbesserung“ auch so verstanden werden, dass in irgendeiner Kompanie endlich einmal ausreichend Winter-Trikotagen vorhanden sind. Insofern ist die neue Amtsinhaberin im Vergleich mit ihrem Vorgänger eher als Rückschritt anzusehen.
Da schaffen es Kommantare auf augengeradeaus.net in den Bericht der Wehrbeauftragten, und dann steht dort lapidar „in einem Internet-Forum“.
Wenn die wüssten, wie lange sich der Blog-Betreiber schon gegen jede Form der Forumisierung wehrt! :-)
Die Wehrbeauftragte zweifelt also, ob es möglich sein wird, binnen vier Jahren neue Helme zu beschaffen … einfach unglaublich. Wir reden hier nicht von einem völlig unbekannten Ausrüstungsgegenstand, der erst ausgiebig geprüft werden müsste. Die Kosten sind überschaubar. Und es liegt ein dringender Bedarf vor.
Deswegen: Mehr Geld wird die Misere nicht beheben. Es braucht eine radikale Vereinfachung der Beschaffungsprozesse. Aber obwohl hier gerade bei der Bundeswehr viel im Argen liegt, kann sie dieses Problem nicht alleine lösen. Das Parlament müsste mit der Machete in den Gesetzesurwald vordringen.
@Nazgul
Vielleicht haben in letzter Zeit viele Luftfahrzeugführer hingeschmissen, wegen Pandemie-bedingten Ausfällen ihre Flugerlaubnis verloren oder sind altersbedingt ausgeschieden? Das würde aber nicht die Abnahme an Dienstposten im Vergleich zum letzten Berichtszeitraum erklären.
Ich verstehe ohnehin nicht ganz, wie sich diese Dienstposten zusammensetzen.
Für Drehflügler soll es 84 geben, was dem Buchbestand von 66 CH-53, 15 LUH SOF und 3 AS532 entspräche. Bei den „Jet-Piloten“ ist von 220 die Rede, wobei mir nicht klar ist, ob damit nur Kampfpiloten gemeint sind. Aber gleichviel: 89 Tornado und 139 Typhoon sind zusammengenommen 228 Fluggeräte.
Dabei sind deutsche Fluglehrer für die T-38 nicht mal eingerechnet. Und wurde in früheren Jahren nicht moniert, dass die Luftwaffe mehr Piloten als Flugzeuge habe (Eurofighter Typhoon ausgenommen)? Irgendetwas passt da nicht.
Die Einsatzbereitschaft ist wirklich erschreckend.
Da mag man sich gar nicht vorstellen, wie es wird wenn F-18, C-130 und CH-53K eingeführt werden. Bis die jeweilige Lernkurve wirkt, sind dann trotz neuem Gerät und ausreichend Ersatzteilen 5 Jahre rum…
@K.B. sagt: 24.02.2021 um 1:08 Uhr
„Da schaffen es Kommantare auf augengeradeaus.net in den Bericht der Wehrbeauftragten, und dann steht dort lapidar „in einem Internet-Forum“.“
Und an anderer Stelle als „bundeswehrnahen Internet-Blog“ ;)
Dabei stelle ich mir gleich zwei Fragen gibt es auch nicht-Internet-Blogs? und ist ein Journalist, weil er über die Bundeswehr berichtet automatisch „bundeswehrnah“?
@Landmatrose3000
Natürlich ginge das. Nur was machen wir mit dem Verfassungsauftrag in der beschriebenen „Brainstorming-time“ ? Aussetzen? Was würde danach denn tatsächlich besser laufen?
Nicht schon wieder ein großer Wurf. Tagtäglich an allen Stellschrauben drehen, das ist mühsam aber m.M.n. erfolgversprechend.
@Landmatrose3000
Ein militärisches „Joint Spin Off“ ist faszinierender Vorschlag; angelehnt an die Erfahrungen der Wirtschaft aus zahlreichen Transformations-Desastern. Haben Sie dafür Unterstützer auf der höheren Ebene?
„“Mathias sagt:
23.02.2021 um 19:26 Uhr
Wenn man als Bürger dieses Landes den Bericht liest, seit Jahren, dann fragt man sich schon, ob das „mittlere bis oberste Management“ dieser Armee überhaupt fachlich in der Lage oder Willens ist, trotz guter „Versorgungslage“ (Sold, freie Heilführsorge, Pensionierungsalter), mit den Milliarden aus dem Bundeshaushalt, umgehen kann.““
In einem Umfeld wo es egal ist ob man anwesend ist, gute Arbeit leistet und eben jeden Monat pünktlich sein Geld bekommt geht die Moral und die Leistungsbereitschaft eben gen Null.
Am Ende versucht jeder BW Angehöriger egal ob Soldat, Beamter oder Arbeitnehmer das BESTE für sich in Form von Geld und Freizeit rauszuholen ohne an die Firma zu denken.
Das ist doch hinter der Hand der Hauptgrund warum Leute überhaupt dahingehen.
Danke für den Hinweis auf die Augen geradeaus!-Fundstellen in dem Bericht.
Dieser Diktion folgend, sollte ich wohl künftig dann nicht mehr aus dem Bericht der Wehrbeauftragten zitieren, sondern einfach schreiben „in einer Bundestagsdrucksache heißt es…“ ;-)
@RoterMilan
Hinzu kommt – ohne Wertung – daß es für den Bürger keine Auswirkungen hat, ob die Bw ihren Auftrag erfüllt oder nicht. Das ist in anderen Bereichen des ÖD (Finanzverwaltung, Polizei, Kommunalverwaltung) ganz anders.
Vereinfacht gesagt: die Bw beschäftigt sich i.d.R. mit sich selbst, wobei man eigentlich glücklich sein muß, daß sie nicht wirklich gefordert wird (wie z.B. die IDF).
Ich finde die Passage zu den bewaffneten Drohnen bemerkenswert:
„Über die schwierige Frage der Bewaffnung von Drohnenwurde seit fast zehn Jahren eine sachgerechte, differenzierte,transparente und ausführliche Debatte geführt. Bisher gibt es im Deutschen Bundestag keine Mehrheit für die Bewaffnung von Drohnen. So muss die Bundeswehr auch weiterhin auf diese wichtige Fähigkeit verzichten, die vor allem zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten notwendig ist. Dabei hätte der Deutsche Bundestagdie Möglichkeit,mit dem Mandat den Einsatzvon bewaffneten Drohnen klar auf der Basis des Völkerrechtsunter Berücksichtigung der ethischen und menschenrechtlichen Grundlagen zu regeln und die Rahmenbedingungen festzulegen. “
Damit fällt sie der policy des Fraktionsvorsitzenden SPD-Bundestagsfraktion, der sie auf den Posten gehievt hat, in den Rücken.
Gefällt mir!
@ MikeFox sagt:
24.02.2021 um 9:03 Uhr
„Nur was machen wir mit dem Verfassungsauftrag in der beschriebenen „Brainstorming-time“?“
Das wäre gar kein Problem – da 1. Wir jetzt auch nicht in der Lage sind, diesen zu erfüllen 2. Eine Fallback-Option organisatorisch und schnittstellentechnisch bereitgehalten werden kann
„Tagtäglich an allen Stellschrauben drehen…“
Schmunzel…auf die Analogie muss ich mich stürzen, sorry….;-) Wenn man (nur) das an einem System macht, haben Sie nie eine vernünftige Grundeinstellung, grundlegende Designmängel können Sie nicht beheben, Fehlerquellen oftmals nicht detektieren, Innovationen nicht umsetzen, und die Gefahr steigt, mit den Parametern in für gewisse Bauteile ungesunde Bereiche zu kommen…Whoopsie, hoppla, die Analogie könnte tatsächlich passen!
@Koffer;23.02.2021 um 19:31 Uhr
„Bendlerblock und Hardthöhe“
Nein eben nicht. Es dreht sich auch nicht darum das Entscheidungen bis in die Ebene „Gruppe“ (überzogen dargestellt) durch die von ihnen aufgeführten Etagen getroffen werden. Die ewige Schönrederei und das nicht konsequente Aufzeigen von „echten“ Problemen , abseits von irgendwelchen Luxusproblemen, ist der Kern der Sache.
@Thomas Melber ;24.02.2021 um 9:57 Uhr
Ihr Vergleich mit der IDF hinkt…ist aber plausibel und absolut nachvollziehbar. Wir sind Mental und Körperlich so weit weg von der IDF. Nicht nur militärisch, sondern auch Zivil.
@RoterMilan
>Zitat: „In einem Umfeld wo es egal ist ob man anwesend ist, gute Arbeit leistet und eben jeden Monat pünktlich sein Geld bekommt geht die Moral und die Leistungsbereitschaft eben gen Null.
Am Ende versucht jeder BW Angehöriger egal ob Soldat, Beamter oder Arbeitnehmer das BESTE für sich in Form von Geld und Freizeit rauszuholen ohne an die Firma zu denken.
Das ist doch hinter der Hand der Hauptgrund warum Leute überhaupt dahingehen.“<
Das ist für mich, das Erschreckendste an der Sache! Obwohl ich bitte, den Passus "jeder", so nicht stehen lassen will und darf. Es gibt Sie noch, diejenigen die bestätigen können das es noch Zug im Kamin gibt.
Vor ein paar Jahren hätte ich noch offen gesagt dass "die Schornsteine noch rauchen". Heutzutage muss man selbst mit Zitaten aus Anti-Kriegsfilmen vorsichtig sein.
@Peter Eberl; 23.02.2021 um 21:50 Uhr
+1
Klassische "Knäckebrotmeldungen"
@Verpeilt
Nein eben nicht! Ich werde eben nicht Masken, Desinfektionsmittel und sonstiges privat kaufen. Und ich werde auch die Maske nur dann nicht tragen, wenn es zur LV innerhalb einer Pandemie kommen sollte. Und solange man es sich leisten kann, Menschen ohne Auftrag, ohne IT nach Hause zu schicken, muss der Dienstherr dafür Sorge tragen dass die entsprechenden Wirkmittel zur Verfügung stehen!
@Alle
Was hat es mit dieser Fundstelle von augengeradeaus auf sich, die im Bericht zitiert wird? Sehe ich das richtig: Für den LUH SOF werden nur deshalb tolle Klarstände gemeldet, weil die Nutzer mit der EDV nicht klarkommen, um die Wahrheit nachhause zu telefonieren? Ich dachte, zumindest der H145 weise tatsächlich exzellente Verfügbarkeiten auf? Immerhin wird das Muster auch von anderen Betreibern dafür gelobt.
[Äh, nein, genau andersrum – weil die Ersatzteilbeschaffung für diesen Hubschrauber eben noch nicht über SASPF läuft, funktioniert sie. So verstehe ich jedenfalls diesen Kommentar. T.W.]
Bei den Zahlen zu den Piloten wäre ich vorsichtig beim Interpretieren.
Natürlich sind die konkreten Zahlen wie Eurofighterpilot, Tornadopilot, Tornado-Waffensystemoffizier (WSO), Fluglehrer, Lizenzinhaber auf anderen Dienstposten und so weiter hoffentlich Verschlusssache und deshalb muss man da ein wenig unkonkret bleiben und trotzdem so konkret, dass das Kernproblem (zu wenig) offensichtlich wird.
Ich persönlich finde den gestiegenen Altersdurchschnitt gar nicht so problematisch,
WENN
er durch Neueinstellungen von älteren Bewerbern (im Vergleich zu den vorherigen Zahlen – 22 Jahre alt, statt 19 Jahre alt), also Neueinstellern enstanden ist. Denn die große Menge an frisch eingestellten Soldaten machen ihre SaZ 4-12 und gehen dann wieder. Da macht sich eine 3 Jahre Steigerung nicht bemerkbar.
PROBLEMATISCH
wird es aber, wenn diese Steigerung durch eine Verlängerung von Bestandspersonal entstanden ist. Erstens, weil damit das Problem des Personalmangels kaschiert wird. Noch einmal verlängern geht halt nicht oder hat richtig schlimme Folgen für die Leistungsfähigkeit.
Zweitens, weil diese Verlängerung (oder die vermehrte „Beförderung“ zum Berufssoldat) oft eben nicht bei den SaZ4 stattfindet, sondern bei älteren Dienstgraden und eigentlich schon körperlich „ausscheidungsnotwendigen“ Soldaten stattfindet. Dann leidet die Leistungsbereitschaft der Armee schon stark oder zumindest viel stärker als beim Fall der Verlängerung von Neueinstellern.
*ausscheidungsnotwendigen*
Mir fällt gerade nicht das passende Wort ein, aber ich meine Soldaten, die körperlich eigentlich nicht mehr so fit sind (Alter) und vor 15 Jahren aus diesem Grund keine Verlängerung angeboten bekommen hätten. Heute bekommen sie eine, weil halt die Personaldecke so klein ist und noch zusätzlich ein Aufwuchs stattfinden soll.
Selbstverständlich sind erfahrene Soldaten auch immer ein Vorteil, aber oft benötigt man eben körperlich fitte Soldaten und das Alter und seine Einschränkungen kann keiner aufhalten.
@Tom Cruise sagt: 24.02.2021 um 12:25 Uhr
+1
@Landmatrose3000
Gutes Konzept, noch ergänzen um Budgets für freie Vergaben und schon hätten wir innerhalb kürzester Zeit einige funktionsfähige Großverbände. …und allein die Euphorie und Aufbruchsstimmung…
So, wieder aufgewacht, war ein schöner Traum.
Chronische Nichtwahrnehmung von Verantwortung, Bürokratie gemixt mit einer dysfunktionalen Verwaltung, handwerkliche Mängel in der Politik: Voilá Deutschland im Jahre 2021. Bundeswehr, Impfkonzept, Auszahlung von Hilfsgeldern für notleidende Unternehmen. Alles unterschiedliche Seiten derselben Medaille. Prost.
Nebenbei bemerkt, findet es noch jemand kurios, dass die unter dem Thema ‚Mobbing‘ aufgeführten Beispiele nur Fälle beinhalten, in denen sowohl „Täter“ als auch „Opfer“ für ihr Verhalten gerügt wurden, weil sie sich beide ehrabschneidend geäußert hatten?
Aber wie dem auch sei, noch ein paar allgemeine Gedanken;
1.
Allgemein scheint mir, die Rolle des Wehrbeauftragten muss gestärkt werden.
Haben Sie bemerkt, wie oft sich der Bericht auf Mitteilungen der Streitkräfte selbst bezieht, obwohl er ihnen zu misstrauen scheint? So wird etwa dem Rüstungsbericht die abweichende Meinung des Bundeswehrverbands gegenübergestellt. Die tatsächlichen Klarstände scheint freilich auch Frau Högl nicht zu kennen.
Ein besonders krasses Beispiel: der Mängelbericht zur CH-53. Hier heißt es, die Medien hätten über soundsoviele Sicherheitslandungen berichtet. Die Medien! Nicht vom General Flugsicherheit, sondern aus den Medien hatte die Wehrbeauftragte ihre Zahlen. Obwohl sie das Recht zur Akteneinsicht hat. Wie kann das sein?
2.
Ein besseres Ersatzteilmanagement und bessere Wartungskapazitäten bei der Industrie anzumahnen, erscheint mir müßig. Die Industrie liefert in dieser Hinsicht die beauftragte Dienstleistung; und wenn keine Ersatzteilbevorratung beauftragt wurde, muss eben erst jedes bestellte Ersatzteil produziert werden.
3.
Abgänge an die Industrie, z.B. für Kampfwertsteigerungen, werden im Bericht für enorme Beeinträchtigungen verantwortlich gemacht. Wäre es da nicht an der Zeit, solche Projekte auf ihre Notwendigkeit hin abzuklopfen und einen reibungsloseren Übungsbetrieb ggf. vorzuziehen?
Mir ist klar, dass bspw. der SPz Marder gegen Near-peer Adversaries klar im Nachteil ist. Aber was nützt es, die Verfügbarkeit des Fahrzeugs, das als Lückenbüßer für den nach wie vor kränkelnden Puma herhalten muss, durch Modernisierungsmaßnahmen weiter herabzusetzen, wenn darunter sogar die Ausbildung leidet?
4.
Der Abschnitt zum Tiger sollte unter denkenden Menschen nur einen Schluss zulassen: Vergesst Mk III, hier tut Ersatz not! Selbst die alles andere als rosigen Rahmenbedingungen berücksichtigend, ist es nicht hinnehmbar, wenn ein vor vier Jahren abgeschlossener Einsatz von nur vier Tigern bis heute die ganze Flotte beeinträchtigt.
5.
Immerhin anerkennt die Wehrbeauftragte die Auswirkungen der Materiallage auf die Moral der Soldaten. Frage an alle Aktiven, nur mal so ins Blaue: Stellen Sie sich vor, für Ihren Verband stünden direkt oder indirekt mehrere dringende Investitionen an, aber das Geld genügte bloß für eine Maßnahme.
Würden Sie gerne darüber mitentscheiden können – etwa im Wege der Abstimmung –, wofür die verfügbaren Finanzmittel verwendet werden sollen? Sodass Kompromisse nach der Art entstünden: neues Waffensystem ja, renovierte Kaserne nein?
6.
Der Vorschlag Frau Högls, über eine Reform des Vergaberechts nachzudenken, sollte dem ganzen Bericht vorangestellt werden. Allerdings nutzen die Streitkräfte kaum die Ausnahmeregeln, die ihnen das Gesetz bereits an die Hand gibt.
Mir scheint, bei zeitkritischen Vorhaben mit marktverfügbaren Lösungen sollte ein Verzicht auf eine öffentliche Ausschreibung zum Regelfall werden. Und die Parlamentsbefassung sollte entfallen dürfen, wo eine Beschaffung für den sicheren und sinnvollen Betrieb der Bestandssysteme zwingend erforderlich ist.
Mitunter könnte man nämlich das Einverständnis des Parlaments voraussetzen, ohne dessen Kontrollrechte und seine Budgethoheit zu verletzen. Denn wenn der Bundestag dem Kauf, sagen wir, eines Raketenwerfers zustimmt, kann er doch unmöglich beabsichtigen, den Kauf der Raketen abzulehnen.
@Thomas Wiegold:
Sie schrieben: „Äh, nein, genau andersrum – weil die Ersatzteilbeschaffung für diesen Hubschrauber eben noch nicht über SASPF läuft, funktioniert sie.“
—Verstehe, danke!
Mehr als 150 Seiten stark zeigt die Struktur des Berichts viel vom Verständnis, welches die Politik von einem der wichtigsten Eckpfeiler unserer Freiheit und Demokratie hat. Nämlich sehr wenig bzw. wird die BW „letztlich seit 1990“ total vernachlässigt. Wichtige Ressourcen sind privatisiert; was nützen schöne Internetauftritte der Servicegesellschaften. Was nützen 5.000 Mitarbeiter in der BWI GmbH, was 2.300 in der HiL GmbH usw.. 13 Berichtspunkte werden aufgeführt, erst an Nr. 8 kommt der Bericht zum wichtigsten, der Materiallage. Klar, auch das „Personal“ oder sollte man vielleicht „Betriebswirtschaftlich und Gendergerecht“ von Mitarbeiter*innen sprechen. Usw. Man könnte meckern ohne Ende. Für mich als in 1978 dienender Wehrpflichtiger offenbart sich immer mehr, dass es die „liebe“ Politik (letztlich alle Parteien) ist, die hier „dem Zeitgeist und dem Friedensdurst“ der Deutschen nachhechtend dieses ungeliebte Vehikel BUNDESWEHR mehr schlecht als recht verwaltet. In der freien Wirtschaft würde so ein Unternehmen krass scheitern bzw. im echten Konfliktfall würde die BW und damit DEU innerhalb von – seien wir großzügig – 4 bis 5 Tagen Dagegenhaltens platt sein. Andererseits: Mit Blick auf Cyberangriffe und hybride Kriegsführungen der Neuzeit muss der politische Gegner uns gar nicht mehr klassisch angreifen. Wir zersetzen uns eher von Innen.
@StMarc @Landmatrose3000
Soll es nicht einen „Erprobungsverband“ – für D-LBO – in Munster geben? Das wäre doch die Möglichkeit eines „Inkubators“ neuer Ideen und Ansätze.
@ Stefan Bornemann sagt:
24.02.2021 um 9:08 Uhr
„Haben Sie dafür Unterstützer auf der höheren Ebene?“
Keine Ahnung, vielleicht liest ja jemand von dort hier mit….? Scharnhorst und Gneisenau z.B. haben vor ca. 200 Jahren ja auch gezeigt, dass viel geht, wenn man will, auch gegen Widerstände – ich warte noch auf den GI/Insp., der sich traut in solche Fußstapfen zu treten, Ruhm und Ehre wären im Angebot ….;-)
@ Thomas Melber sagt:
24.02.2021 um 14:45 Uhr
Soweit ich weiss, soll dieser Erprobungsverband lediglich die Verwendung digitaler Kommunikations- und Führungsmittel mehrjährig erproben. That’s it. Also Zeugs, was z.B. in NLD, GBR und anderenorts seit Jahren fröhlich genutzt wird. Wozu man dazu mehrjährig einen Erprobungsverband brauch, ist mir komplett schleierhaft – und wenn die Erprobung nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, gehts dann wieder zum SEM 80/90 (lach…)? Die deutschen Feuerwehren und andere BOS haben Ihren Funkbetrieb haben vor einigen Jahren von analog auf digital umgerüstet. Im laufenden Betrieb, wie sonst. Die BW macht einen Riesenakt der ewig dauert – ein Sinnbild der Misere.
@muck bzgl. Mobbing
Ich finde es auch kurios, aber es hei0t ja schon bei Kindern: neun von zehn finden Mobbing gut.
RoterMilan sagt:
24.02.2021 um 9:22 Uhr
„…Am Ende versucht jeder BW Angehöriger egal ob Soldat, Beamter oder Arbeitnehmer das BESTE für sich in Form von Geld und Freizeit rauszuholen ohne an die Firma zu denken.
Das ist doch hinter der Hand der Hauptgrund warum Leute überhaupt dahingehen….“
Thomas Melber sagt:
24.02.2021 um 9:57 Uhr
„…Vereinfacht gesagt: die Bw beschäftigt sich i.d.R. mit sich selbst, wobei man eigentlich glücklich sein muß, daß sie nicht wirklich gefordert wird (wie z.B. die IDF)…“
@RoterMilan + @Thomas Melber
Ich habe das Gefühl, dass sich die Bw seit 1990 in der Sinnkrise befindet. Ich dachte, alle BS und SaZ nehmen den Eid, unserem Land zu „dienen“ so ernst, dass persönliche und monitäre Beweggründe Nachrangigkeit besitzen.
Ich komme zu dem Schluss, dass ich einen Agressor auf unser Land mit meinen Freunden bekämpfen kann und ich nicht auf die Bw zählen sollte. Ok. Sie könnten sich uns ja dann gern anschließen.
@Peter Eberl: Einen wundervollen Beleg für das von Ihnen angesprochene Schönsprech finden Sie übrigens im Beitrag von muck: „Sicherheitslandung“ (kein Angriff, nur eine Feststellung).
Wer sich mal damit beschäftigt hat, welche grotesken Verrenkungen die Luftwaffe unternimmt, um trotz völlig kaputtgesparter Flugplatzfeuerwehren den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten, dem wird eines klar: In dem Bemühen, unter widrigsten Bedingungen den eigenen Auftrag irgendwie ausführen zu können, ist die Ehrlichkeit abhanden gekommen. Man hat den richtigen Zeitpunkt verpasst um rot zu melden, und jetzt geht es nur noch darum, nicht derjenige zu sein, der die rote Lampe anzündet. Speziell der i.G. wird darauf trainiert, kurzfristige Erfolge einzufahren, langfristige Auswirkungen sind dann ohnehin das Problem des Nachfolgers.
Als die Ministerin weiland der Bundeswehr ein Haltungsproblem unterstellte, fand ich das überzogen und ungerecht. Mittlerweile sehe ich es etwas differenzierter.
Ich habe mal die Printmedien zum Bericht der Wehrbeauftragten durchforstet.
In den allermeisten Fällen wird die Thematik Rechtsextremismus behandelt, danach kommt das KSK in der Regel im Zusammenhang mit dem vorgenannten Thema.
Ausrüstung, Personalengpässe, Überalterung … überall Fehlanzeige!
@Akki
Mit dem Tenor Ihrer Kritik haben Sie natürlich Recht, aber der Begriff ‚Sicherheitslandung‘ ist meines Wissens nach in der Luftfahrt allgemein in Gebrauch und geht nicht auf die Bundeswehr zurück.
@muck: No offense. Außerhalb des inneren Kreises nennt man das eben Notlandung. Dieser Begriff mag nicht besser sein, aber er ist der Bevölkerung geläufig. Das Thema Framing führt hier ins Abseits, aber ist dennoch nicht wegzudiskutieren.
O.K, schlechte Ausrüstung im Inland, kennen wir, wird sich Nichts ändern. Man muss es selbst kaufen (pers. Ausr.)
O.K, schlechte Ausrüstung im Ausland, kennen wir, wird sich Nichts ändern. Man muss es selbst kaufen. (pers. Ausr.) Also wie immer.
ABER: Was mich immer und immer wieder aufregt ist die Tatsache dass: Es zu großen Defiziten/Problemen kommt im Bereich der Führung/Personal etc. Das finde ich schrecklich. In dem Bericht sind nur einige Beispiele. Aber man kann deutlich sehen, dass hier Menschen, im Bereich der Führung eingesetzt werden, die 1: unqualifiziert sind, oder keine Lust haben, oder ein falsches Weltbild haben, oder im Geiste von 1914 hängen geblieben sind, oder …oder, was weiss ich.
Nein, so bildet man nicht aus. Das ist einfach „scheisse“!
Wenn ich als Ausbilder sehe, dass der Kamerad nicht mehr kann, dann helfe ich ihm. Umgehend.
Warum sollte ich ihn weiter „fertig machen“? Warum? Was soll dieser schwachsinnige Unfug? „Nur weil ich gerne den Harten zeigen will?! Was soll der Mist?
Einfach normal ausbilden, auf Jeden normal eingehen, für Jeden Gehör haben etc. Das ist der Schlüssel.
In der Realität unterscheidet eine IED eh nicht zw. „schwach“ und „stark“…bzw. Großmaul und „Untergebener“.
Ehrlich, die Sache mit pers/Ausrüstung und Material habe ich abgehackt. Wird eh nix. Nür Bürokratenmüll.
Aber das Menschliche, das ist das Wichtigste was wir noch haben, und wenn man hört, was da zu Tage kommt (Wehrbericht), na dann Gute Nacht.
Lg
@Akki
None taken. Fall Sie dem fliegenden Personal angehören, werden Sie es sicher besser wissen als ich. Ich wollte nur sagen: Meines Wissens nach wird der Begriff der „Sicherheitslandung“ nicht für Luftnotlagen gebraucht, sondern für Situationen, in denen der Flug abgebrochen wird, um eine Notlage zu vermeiden.
Bspw. kann ein Dreh- oder Starrflügler mit zwei Triebwerken heute in aller Regel problemlos auch mit einem Triebwerk sicher weiterfliegen, trotzdem wird nach Ausfall eines der Triebwerke eine Sicherheitslandung durchgeführt, weil der Ausfall eines weiteren Antriebs zur Katastrophe führen könnte.
„… um die bürokratischen Hemmnisse …“, siehe oben/Materiallage.
Zu Truppe (Friedenstruppe) und Bürokratie verbürgtes Historisches:
Der sogenannte „Hufnagelerlass“ von GenOberst Seeckt (Signatur: RH 1/85). Zu finden unter https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/direkt
Er beklagt darin eine „bürokratische Schwerfälligkeit“ … die sich mit dem Soldatenverstand nicht verträgt, siehe:
https://mobile.twitter.com/DerAktenfresser/status/1365036806492798977/photo/1
Kommt sehr bekannt rüber, andererseits auch unvermeidbar?
Seeckt war von 1920 bis 1926 Chef der Heeresleitung der Reichswehr. Seine mahnenden Zeilen stammen vom 05. Dezember 1925, 7 Jahre nach Ende I. WK also. Sind bürokratische Auswüchse demnach unvermeidbar, trotz Kriegserfahrung der Beteiligten?
Hoffen lässt das andererseits schon, schließlich gewann das 100.000 Mann Heer eine ordentliche Reputation. Kann das beim allseits bekannten Beschaffungsproblem, in dem gewiss auch Bürokratie (= Herrschaft der Verwaltung, (d.h. der Beamten) ihre Spuren hinterlässt, aber beruhigen? Ich denke nicht, Langmut hat Truppe genug bewiesen.
[Der Link direkt zum Bundesarchiv oben führt auf eine Fehlerseite, und selbst wenn er funktionieren würde, würde er auf die Katalogseite führen, nicht auf den Text, den Sie meinen – bitte so was mal vorher checken. T.W.]
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) 25.02.2021 um 22:38 Uhr:
Hans „Truppe schiesst nicht auf Truppe“ von Seeckt..was kommt als naechstes? Was vermeintlich „Unpolitisches“ von Heinz Guderian?
@KPK
Klagen über die Militärbürokratie finden Sie zu allen Zeiten in jedem Winkel der Welt. Das Beschaffungswesen ist korruptionsanfällig; Ausbildung und Ausrüstung müssen effektiv und einheitlich sein; und Armeen stellen innenpolitische Machtfaktoren dar, deswegen wurden sie von der Verwaltung seit jeher an die Kandare genommen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bürokratie den Bedürftigen unter den Entscheidungsträgern die ungefährlichste Möglichkeit bietet, in den Genuss der Ausübung ihrer Autorität zu kommen.
Was Deutschland anlangt, komme ich mehr und mehr zu der Auffassung, dass die Schwierigkeiten der Bundeswehr wenigstens teilweise auf staatliche Abnutzungserscheinungen zurückzuführen sind. BER und Co. sind nur Beispiele für eine sich in Studien häufende Beobachtung, dass nämlich die deutsche Verwaltung immer schwerfälliger und ineffektiver wird. Warum sollte ausgerechnet die Armee die Ausnahme bilden?
Daher ist die Bundeswehr leider überaus abhängig davon, dass sich einige wenige Leute ins Zeug legen. Hoffen wir, dass Frau Kramp-Karrenbauer und General Zorn sich als Leute dieser Art erweisen. Immerhin ist ihr Auftreten bisher einigermaßen ermutigend.
Zum Thema „Schönsprech“ hat der InspHeer in Bezug zur neuen Offizierausbildung eine neue Perle rausgehauen:
[blockquote]„Wir haben mit dem alten Ausbildungsgang gute Erfahrungen gemacht, die Ausbildung war nicht schlechter, sondern anders.“[/blockquote]
Wenn man ein dreieckiges Rad durch ein rundes ersetzt ist das bestimmt auch nicht besser sondern nur „anders“.
Die Vehemenz, mit der man sich weigert Fehler einzugestehen ist atemberaubend.
Persönlich bezweifel ich sehr stark, dass dieses Personal die Bw wieder auf Vordermann bringen kann. Aber ich warte (und glaube, dass der Osterhase vorher kommt).