Dokumentation: Außenminister Maas zum deutschen Engagement in Mali
Die Kollegen von Jung&Naiv haben in ihrer – jetzt in der Coronavirus-Pandemie immer online geführten – Interview-Serie Jung&Live mit Außenminister Heiko Maas gesprochen. Dabei ging es auch, das ist hier von Interesse, um das deutsche Engagement in Mali. Zur Dokumentation:
Die dafür relevante Passage geht von Minute 21:39 (bei der das hier eingebettete Video startet) bis Minute 24:12.
Maas‘ Darstellung steht für sich, nur zwei Anmerkungen aus meiner Sicht: Gar so öffentlich geht das Auswärtige Amt mit der deutschen Unterstützung für die neue französische Anti-Terror-Mission Takuba nicht gerade um.
Und: Maas erwähnt beim deutschen Engagement in der Region die Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali mit ihren jetzt rund 130 Bundeswehrsoldaten. Die deutlich größere Bundeswehr-Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA, mit rund 1.000 Soldatinnen und Soldaten die größte deutsche Beteiligung an einem Blauhelmeinsatz überhaupt, dagegen nicht.
Der nächste Akt im großen Palaver.
Während das BMVg diese Woche eine Nichtteinahme mit verfassungsrechtlichen Bedenken begründete (https://augengeradeaus.net/2020/03/anti-terror-mission-im-sahel-deutschland-ist-dafuer-aber-nicht-dabei-und-das-soll-auch-keiner-merken/comment-page-2/#comment-338681), gibt es also aus Sicht des AA eine Arbeitsteilung. Von der jedoch offenbar auch die Franzosen nichts wussten, die zweifach angefragt haben.
Zur Kommunikation der Takuba-Thematik hat der Hausherr ja schon alles gesagt.
Interessant ist dann noch die Andeutung man wolle bald bei der Ausbildung der malischen Armee mehr machen.
Na dann wird ja alles gut.
Na ja – aufgrund der eigenen Problematik im eigenen Land sollten manche Politiker sich einmal überlegen was sie so von sich geben. Neben bei – eine Verbesserung der Situation in MLI hat noch nicht stattgefunden.
Mit Blick auf die besagte vernetzte Sicherheit findet sich bei der GIZ nicht wirklich was zu Krankenhäusern oder Straßen:
https://www.giz.de/de/weltweit/334.html
Es fehlten eigentlich nur noch Aussagen zum Brunnen-Bohren.
Hier noch etwas für die echte außenpolitische Analyse:
https://www.sipri.org/news/2020/new-sipri-study-local-perspectives-malis-central-regions
Die Aussagen des Ministers zeigen eigentlich nur wieder, dass Mali nicht wirklich interessiert und militärische Mittel durch andere angewendet werden sollen, weil es uns zu unangenehm ist.
Wenn „bald bei der Ausbildung der malischen Armee mehr gemacht werden soll“, klingt das diplomatisch verpackt nach Schwerpunktverlagerung hin zu EUTM, zumal MINUSMA im Wortschatz des ersten Diplomaten im Lande offensichtlich nicht vorkommt?
Wobei die Umsetzung des EU-Beschlusses von (Ausbildungs?)-Begleitung bis zur taktischen Ebene wie nicht anders zu erwarten gleichfalls im Nebel bleibt.
Bedeutet dies angekündigte Mehr dann auch Gleiches für die auch durch AKK gehätschelten Heilsbringer der G5-Sahel?
@Micha
„… eine Verbesserung der Situation in MLI hat noch nicht stattgefunden“. Positiv gedacht durchaus. Dergestalt nämlch, dass der Status Quo weitgehend gehalten wird, was bei dem geringen Kräfteansatz im Verhältnis zur Gesamtfläche als Leistung zu Buche schlägt.
Sofern sich alle Truppensteller nicht deutlich stärker engagieren, wird eine Umkehr der Verhältnisse auch schwerlich realisierbar werden. Im Gegenteil, die Pandemielage wird auch den Sahel erfassen, westliche Truppen unterliegen im Gegensatz zum Feind, der Boko Haram oder Al-Qaïda au Maghreb islamique heißt dem Diktum des Selbstschutzes und agieren noch zurückhaltender als ohnehin schon.
Herrn Maas ist bekannt, dass die wohlfeile politische Unterstützung nicht betroffen sein wird, der Schul/Krankenhausbau aber schon.
Erfolgsmeldungen gibt es allerdings auch. https://www.spiegel.de/politik/ausland/tschad-soldaten-toeten-rund-1000-kaempfer-von-boko-haram-a-b2557b4f-26db-4dc0-af96-e46ec16c6771-amp Der Tschad, der schon Gaddafi erfolgreich Paroli bot, erweist sich zunehmend als starke Hand im ostwärtigen Sahel.
Die Verteidigungsministerin hat sich gegenüber der dpa zu Wort gemeldet (u.a. bei faz.net „„Terroristen nehmen keine Rücksicht auf Corona“). Ein Ende der Einsätze ist wegen Corona nicht vorgesehen.
Es ist erneut von mehr Engagement bei der Ausbildung in Mali die Rede und die verstärkte Einbettung der Einsätze in eine europäische Sahel-Strategie soll angegangen werden.
Die Nichtteinahme soll auf verfassungsrechtliche Bedenken zurück gehen (kein wörtliches Zitat hierzu).
Also erneut wenig Konkretes über die künftige Ausgestaltung der Mandate. Die Kakaphonie zwischen AA und BMVg geht weiter.
Zur vorgeblichen verfassungsrechtlichen Problematik hier nochmal einige Erinnerungen:
http://www.bundestag.de/resource/blob/575342/991592271b66ec6b71fad7d7f7fc68f7/WD-2-141-18-pdf-data.pdf
https://augengeradeaus.net/2019/12/bundesregierung-lehnte-mehrfach-beteiligung-an-franzoesischer-spezialkraefte-mission-in-mali-ab/#comment-328031
So wirklich hinterfragt wird die Argumentation der Bundesregierung und Teilen der Koalitionsfraktionen ja weiterhin nicht.
Mich stört daran weiter vorallem das opportunistische Verstecken hinter der Verfassung.
Schade das der Frage nach OP Tacuba nicht richtig nachgegangen wurde. Herr Maas ist auf die Frage nicht eingegangen, er führt an das DEU seinen Teil dazu beiträgt, vernetzter Ansatz etc.
Es würde mich brennend interessieren warum es keine DEU Beteiligung geben kann?
Warum eine Erklärung dazu so schwer fällt ist für mich nicht nachvollziehbar, keinen Konsens in der Koalition…Verfassungsrechtlich bedenklich….oder einfach weil DEU Spezialkräfte nicht unter einer FRA geführten CT Operation eingesetzt werden sollen?
@Fritz:
„Es würde mich brennend interessieren warum es keine DEU Beteiligung geben kann?“
Es ist aus meiner Sicht keine Frage des Könnens, sondern des Wollens (https://augengeradeaus.net/2020/03/anti-terror-mission-im-sahel-deutschland-ist-dafuer-aber-nicht-dabei-und-das-soll-auch-keiner-merken/comment-page-1/#comment-337600).
Dies zeigt Auch die obige Reaktion des Ministers.
Es geht schlichtweg darum das anstrengende Themen in einer Arbeitsteilung an andere abzuschieben. Das wiederum will man nicht so offen sagen und stellt widersprüchliche Behauptungen zur eigenen Verfassung auf.
Leider wird in unserer schnelllebigen Zeit derlei nicht mehr hinterfragt.
Es fällt jedoch auf, dass alle Widersprüche entfallen, wenn man davon ausgeht, dass Deutschland durchaus teilnehmen kann, aber nicht will.
@KPK 10.04.:
„Tschad ist… starke Hand im ostw. Sahel“.Vollmundiges statement. Angesichts der Verluste (ca. 100 Soldaten(FAZ 07.04.)) am 23.03. durch Boko Haram am Tschadsee, des durch Frankreich im Amt gehaltenen Präsidenten Deby und der ernsten Lage am Tschadsee hat dieser Präs. seine der G5-Sahel-Truppe zugesagten 500 Soldaten(gedacht für Operationen im Liptako-Gourma) zurückbeordert. Von allen G5-Kräften sind die tschadischen Truppen die kampferfahrendsten und waren während SERVAL eine wesentliche Stütze der frz. Armee. Die Hand bleibt nur stark, wenn Deby sich an der Macht halten kann und er mit der BokoHaram-Bedrohung am Tschadsee fertig wird. Fällt wohl vorerst im Kampf gegen EIGS im 3-Ländereck aus. N.b.:Der Tschad ist bitterarm und durch interne Konflikte eher als instabil zu bewerten.
Die Äußerungen von BM Maas sind übrigens sehr ähnlich zu einem weiteren ausführlichen Interview im Podcast-Format, in dem er auch berichtet wie stark ihn die Situation in der Sahelzone beeindruckt hat:
https://mitvergnuegen.com/hotelmatze/Heiko-Maas (ab 46:10)
Darin wird auch klar, dass Maas erst dort mit den Fragen von Sicherheit und Entwicklung auf praktischer Ebene konfrontiert wurde.
Wobei es seitdem wohl keine tiefergehende Befassung gab. Seine Einsichten sind ungefähr die der politischen Leitung des AA und des BMVg vor mehr als 10 Jahren (BM Jung: „friedlische Entwicklung“) .
Aktuelle Diskussionen im Umfeld des AA bilden da durchaus mehr analytischeTiefe ab.
https://berlinpolicyjournal.com/rethinking-germanys-sahel-policy/
Zur Ergänzung noch diese Meldung vom Karfreitag:
Chad to stop participating in regional fight against armed groups
Mehrere Mitglieder der Bundeskabinetts, insbesondere die Vereidigungsministerin, sind ja nun seit Monaten dabei Veränderungen der deutschen Politik in Mali anzukündigen.
Das Bundeskabinett hat auch einen Lagebericht beschlossen:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/deutschland-unterstuetzt-mali-1731966
Leider ist auch dieser nicht öffentlich.
Nach Ostern wird die Bundesregierung dann ja die neuen Mandate vorlegen müssen.
Mal sehen wie vernetzt, vorausschauend, abgestimmt, aktiv, robust, präventiv usw das alles wird.
Mir ist schon nicht wirklich klar was aus den Versuchen der letzten Jahrzehnte gelernt wurde – außer das direkte Kampfeinsätze vermieden werden sollen.
Weitere AKK-Ankündigung, heute:
@BMVg_Bundeswehr
Terroristen nehmen keine Rücksicht auf die #Corona-Bekämpfung. In #Mali, aber auch im #Irak nutzten sie die aktuelle Situation, um Gelände gutzumachen. «Deswegen ist es wichtig, dass wir dort auch vor Ort bleiben» – Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer
Nur ist ein „vor Ort bleiben“ keine Leistung an sich. Was macht Bw vor Ort aus ihrer Anwesenheit; versteckt in Camps kann das „Gelände gut machen“ nicht verhindert werden?
„Frankreichs Fremde Söhne“ handeln.
https://t.co/U4hLT56Rkm?amp=1
@T.W.:
Im Tschad gibt es mit Blick auf die weitere Teilnahme an MINUSMA und G5 wohl ein Umdenken:
https://news.yahoo.com/chads-army-says-continue-joint-172510423.html
Mit Blick auf die Diskussionen der nächsten Wochen ist vielleicht auch der letzte Bericht von MINUSMA interessant:
https://minusma.unmissions.org/sites/default/files/s_2020_223_e.pdf
Darin wird u.a. die geplante „Mobile Task Force“ genauer beschrieben. Damit soll MINUSMA in die Lage versetzt werden landesweit proaktiv agieren zu können.
Die Stellungnahme des AA im UN-Sicherheitsrat hierzu:
https://new-york-un.diplo.de/un-en/news-corner/200407-schulz-minusma/2331540
Zur Rolle der europäischen Truppensteller bei MINUSMA noch ein sehr interessanter Bericht:
http://www.ipinst.org/wp-content/uploads/2020/01/European-Canadian_Final.pdf
Es gibt mit Blick auf Mali bilateral (Takuba mit Frankreich), europäisch (Mentoring bei EUTM) und auf VN-Ebene (MTF bei MINUSMA) also sehr viel Vorschläge und Aktivitäten.
Deutschlands Position zu alldem ist weiterhin ablehnend oder unklar.
@KPK:
Ich empfehle dabei als Lektüre den in Ihrem Artikel verlinkten Sachartikel:
https://www.nytimes.com/2020/03/29/world/africa/france-sahel-west-africa-.html
Darin bestätigt sich, dass der französische Ansatz unzureichend ist und in seiner Ausrichtung viele Lehren der letzten 15 Jahre nicht berücksichtigt wurden.
Dies gilt aber auch für Deutschland.
Aktuell hat Deutschland bei EUCAP Mali kein Personal: http://www.bundespolizei.de/Web/DE/03Unsere-Aufgaben/04Internationale-Aufgaben/uebersicht_dt_beteiligung_int_polizeimissionen.pdf
Nicht wirklich etwas aus fast 20 Jahren Afghanistan gelernt.
Jetzt wird erneut eine nationale und europäische Strategie versprochen.
Eine echte Strategie ist aber mehr als ein Papier.
Mir fehlen bei der ganzen Malifrage die Definierung der Einsatzziele als solches. Ich denke da immer an die berühmten „w-Fragen“. Also was, wie, womit, wann, mit wem und die wichtigste WARUM ewas gemacht wird. Da wären wir beim gleichen Dilemma wie in Afg. Ich wundere mich eigendlich dass sich noch niemand zu der Aussage verstiegen hat „die deutschen Asylämter werden in Gao verteidigt“. Das wäre wenigstens ehrlich.
@Dante sagt: 14.04.2020 um 12:02 Uhr
„…dass sich noch niemand zu der Aussage verstiegen hat „die deutschen Asylämter werden in Gao verteidigt“. Das wäre wenigstens ehrlich.“
Nee, das wäre grottenfalsch. Ohne jetzt die leidige Asyldebatte aufmachen zu wollen. Die Zahlen der Asylbewerber sind stark gesunken, und afrikanische Asylbewerber sind, zumindest in DEU, in der Minderheit.
Der Einsatz in Mali ist einfach das, was es ist, ein Gefallen für die Franzosen. Alles andere sind Schutzbehauptungen und mehr oder minder an den Haaren herbeigezogen.
@ pio fritz Wenn es nicht um Flüchtlingsströme oder wirtschaftliche Interessen geht, worum geht es dann Ihrer Meinung in Mali dann. Glauben Sie ernsthaft an völlig selbstlosen Altruismus?
@Dante:
Es ist weniger Altruismus, sondern der Weg des geringsten Widerstandes zwischen außen- und innenpolitischen Erwartungen (außen: Beteiligung, innen: keine Verluste).
Es gab dazu wohl auch schon recht offene Aussagen:
https://augengeradeaus.net/2020/03/anti-terror-mission-im-sahel-deutschland-ist-dafuer-aber-nicht-dabei-und-das-soll-auch-keiner-merken/comment-page-2/#comment-338520
Daher ist eine Strategie eben so schwer zu finden, da es sie nicht gibt.
@T.W.:
In dem weiter oben schon erwähnten Bericht der Bundesregierung zur Lage in der Sahelzone findet sich Konkretes zur Weiterentwicklung von EUTM Mali bezüglich taktischem Mentoring:
„Neben einem Ausbau der Beratungsleistungen, verstärktem Zugang zu malischen Militärschulen und der Durchführung einsatzvorbereitenden Trainings für komplette Verbände in Koulikoro fokussiert sich die vom Europäischen Auswärtigen Dienst durchgeführte Strategische Überprüfung der Mission auf zwei Empfehlungen: Eine einsatznähere Ausbildung und Beratung der malischen Soldatinnen und Soldaten sowie die Ausweitung des Missionsgebietes auf alle G5 Sahel Staaten.
Durch die Ausbildung und Beratung von EUTM Mali an den Einsatzstandorten soll gezielt einsatznotwendiges Wissen an die malischen Streitkräfte vermittelt werden. Zugleich bietet sich hierdurch die Möglichkeit, das Verhalten der Soldaten in der Nähe zum Einsatzort zu beobachten und die Ausbildungsinhalte entsprechend anzupassen. Die Mission hat wiederholt darauf hingewiesen, dass eine solche Rückmeldung und Überprüfung geeignet und auch notwendig ist, um das Training wesentlich zu verbessern. Eine aktive Beteiligung an Gefechtshandlungen durch die Mission (außer zum Zweck der Selbstverteidigung) ist im Rahmen der Begleitung an die Einsatzstandorte nicht vorgesehen.“
http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/180/1918080.pdf, S. 14
Eine aktive Beteiligung an Gefechtshandlungen durch die Mission (außer zum Zweck der Selbstverteidigung) ist im Rahmen der Begleitung an die Einsatzstandorte nicht vorgesehen.“
Jetzt mal ehrlich gesagt, welcher Soldat kann unter solchen Voraussetzungen als Ausbilder seine Arbeit machen können. „Seine Auszubildenden sehen Feinde, greifen diese auch an (hoffentlich antrainierter Reflex), und der Ausbilder sagt sorry ich kann nichts machen, weil ich selber nicht angegriffen wurde !!!!“
Désole, nichts gegen die deutschen Soidaten, aber mit diesen Einsatzregeln, besser zu Hause bleiben.
Frage: Was denkt mein Auszubildener von mir Ausbilder ????
@voyageur sagt: 15.04.2020 um 14:19 Uhr
„Désole, nichts gegen die deutschen Soidaten, aber mit diesen Einsatzregeln, besser zu Hause bleiben.“
Ja, das wäre momentan die beste Lösung. Es sieht nicht so aus, als würde sich politisch etwas tun, weder in Mali noch im restlichen G5 Sahel. Anscheinend wird nicht entsprechend politischer Druck aufgebaut, schon gar nicht von französischer Seite, die es am besten könnten. Statt dessen wird noch dem Diktator des Tschad hinterhergerannt, wenn er seine Truppen herauslösen will, weil ihm etwas quer sitzt. Also muss Frankreich dort Interessen haben, die politischen Druck nicht zulassen. Das Moment der militärischen Präsenz wird politisch für Veränderungen nicht genutzt, vielmehr wird es als Feigenblatt zur Wahrung des status quo verwendet. Insofern fehlt es nicht nur an einer deutschen, sondern an einer Gesamtzielsetzung der Missionen an sich. Beide Missionen (MINUSMA und EUTM MALI) laufen bereits seit 2013! Eine für Soldaten unbefriedigende Situation.
Das ist weder das koloniale Erbe Deutschlands noch eine für Deutschland notwendige militärische Spielwiese. Ich kann verstehen, dass das aus der Sicht anderer Nationen unbefriedigend ist, aber das ist es was es gibt.
@Pio-Fritz sagt:
„Nee, das wäre grottenfalsch. Ohne jetzt die leidige Asyldebatte aufmachen zu wollen. Die Zahlen der Asylbewerber sind stark gesunken, und afrikanische Asylbewerber sind, zumindest in DEU, in der Minderheit.
Der Einsatz in Mali ist einfach das, was es ist, ein Gefallen für die Franzosen. Alles andere sind Schutzbehauptungen und mehr oder minder an den Haaren herbeigezogen.“
Sorry, aber das ist zu einfach.
Es ist sowohl, als auch. Die Flüchtlingszahlen sind immer noch hoch genug um ein DEU Engagement zu rechtfertigen, die Destabilisierung der gesamten Region ist für uns als DEU und als EUR auch ein Problem und der sich ausbreitende islamische Terrorismus hätte weitere negative Folgen für EUR.
Aber ja, es ist natürlich auch und besonders das FRA, ESP und ITA Interesse…
Beides ist richtig.
@voyageur:
Ich habe den Eindruck sie missverstehen die Art des Einsatzes bzw. des Begriffs Einsatzstandort.
Sofern ich es richtig verstehe soll EUTM Mali künftig in den Kasernen und eventuell auch Feldlagern der malischen Armee einsatznah beraten, jedoch nicht im Einsatz begleiten.
Das ist trotzdem eine neue Qualität des Einsatzes (was in der Drucksache so auch bewertet wird).
Es entstehen hierbei sehr viele Folgeschritte in der Praxis.
D’accord mit Memoria + Pio-Fritz;
Angesichts der erweiterten Einsatzregeln sollte sich jeder (gestandene) mil Führer überlegen, ob er qualifizierte Ausbilder an die EUTM abstellt. Und:
1. Nach wie vor kann mit dem Ausbildungskonzept(neu) aus der aktuellen malischen Truppe keine einsatzbelastbaren Anti-Terror-Kräfte generiert werden, bei denen eine „Begleitung“ sinnvoll wäre.
2. Die „Einsatzstandorte“ dieser Kräfte liegen entweder im Gourma-Liptako oder im Zentrum(Region Mopti), es handelt sich um große Räume, in denen ein beweglicher Einsatz ohne geeignete Ausrüstung, vorhandene Feuerunterstützung und Logistik gar nicht erst stattfinden sollte; der aktuelle Einsatz der FAMA in Stützpunkten wäre nur die Fortsetzung der „Zieldarstellung“ für die Djihadisten und der daraus resultierenden ständigen Verluste.
3. Einen Anhalt für den Einsatz geeigneter Kräfte gibt die derzeitige Einsatzgruppe der Barkhane(2eme REP) im sogen. 3-Ländereck, mit der ein Anti-Terroreinsatz erfolgreich ist ( nicht ohne Transphubschrauber+Tiger, Drohnen, Luftunterstützung Rafale etc).
Die EU sollte überlegen, ob nicht eine realistischere, den Gegebenheiten vor Ort angepaßte Mission mit einem sinnvollen Ausbildungsauftrag die bessere Variante wäre. Dazu wäre auch eine stärkere Beteiligung durch Barkhane erforderlich (denn dort ist das know-how vorhanden).
@briscard:
Bei der Diskussion sollte zwischen Auftrag und Einsatzregeln unterschieden werden.
Der oben beschriebene Auftrag ist ein typischer EU-Kompromiss – wahrscheinlich erheblich geprägt durch deutsche Vorstellungen.
Oder die deutsche Auslegung ist deutlich restriktiver als durch andere Länder.
@Koffer sagt: 15.04.2020 um 18:20 Uhr
„Es ist sowohl, als auch. Die Flüchtlingszahlen sind immer noch hoch genug um ein DEU Engagement zu rechtfertigen, die Destabilisierung der gesamten Region ist für uns als DEU und als EUR auch ein Problem und der sich ausbreitende islamische Terrorismus hätte weitere negative Folgen für EUR.“
Hm, ich lasse mich ja gerne korrigieren, aber muss ich aus der Äußerung schließen, das die Flüchtlingszahlen höher wären, wenn der Einsatz nicht stattfände oder DEU nicht teilnähme?
Das Gegenteil ist doch der Fall. Gerade durch Einätze der UN, EU, NATO oder Koalition der Willigen, hat es doch erst einen signifikanten Anstieg von Flüchtlingszahlen aus gewissen Regionen gegeben. Das ist in Afghanistan so und in Syrien. In Afrika weiß man es nicht so genau. Denn hier ist erwiesen, das der Großteil der Flüchtlinge aus ökonomischen Gründen flieht.
Und islamistischer Terror vom Sahel ausgehend? Wohl eher nicht, alle aufgedeckten Operationen und geplanten Anschläge, auch in jüngster Vergangenheit, haben einen ausschließlich arabischen Bezug.
Meinetwegen schickt die Soldaten doch dorthin, es macht nur keinen Sinn. Militärische Einsätze werden das Problem islamistischen Terrors und politischer Instabilität in der Sahel-Zone nicht lösen, bestenfalls eindämmen. Der militärische Einsatz ist in dieser Form ein reines Feigenblatt der (vor allem französischen) Politik.
Hm, es wird jetzt ein bisschen schräg. Einsätze von NATO oder „Koalition der Willigen“ als Fluchtursache für Syrien? Ernsthaft? Auf diese Ebene hier bitte nicht.
@T.Wiegold sagt: 16.04.2020 um 9:55 Uhr
Sie mögen das Schräg finden, die Zahlen sprechen für sich. Der Kampf gegen den IS wurde nach den Anschlägen in Frankreich 2015 intensiviert. Im August 2015 hat die Bundeskanzlerin das BAMF angewiesen, das Dublin-Verfahren für Syrer auszusetzen.
In Afghanistan sind nach der Beendigung von ISAF die Flüchtlingszahlen ebenfalls angestiegen.
Ich möchte die Einsätze nicht schlechtreden oder bewerten, aber man sollte sich im klaren darüber sein, das militärische Konflikte und Einsätze eine direkte Auswirkung auf Flüchtlingsbewegungen haben. Und die meisten Fluchtbewegungen bekommen wir nicht mit, weil sie im Binnenland oder den Nachbarländern stattfinden.
[Pardon, dass militärische Konflikte und Einsätze eine direkte Auswirkung auf Flüchtlingsbewegungen haben, bestreitet niemand. Aber den Bürgerkrieg in Syrien derart kleinzureden und nicht das Vorgehen Assads, sondern allein den Westen für die Flüchtlingszahlen verantwortlich zu machen – diesem Spin muss ich hier nicht zwingend eine Bühne bieten. Mal abgesehen davon, dass Sie einen Mali-Thread gerade umfunktionieren wollen. T.W.]
@T.W.
Ich hatte über Mali argumentiert und das nur als Beispiel angeführt. Der Rest ist Ihre Interpretation und daraus folgend, Unterstellung mir gegenüber.
Ich halte schlicht die immer wieder vorgetragene Argumentation für den Einsatz in Mali und restlichen Sahel-Saaten für falsch, das DEU unbedingt und sehr robust an diesen Einsätzen teilnehmen muss, da uns ansonsten Flüchtlinge und islamistischer Terror überrollen werden.
Das Problem dort sind doch autoritäre Regierungen einhergehend mit Vetternwirtschaft und Diskriminierung anderer ethnischer Bevölkerungsgruppen. Eine Gemengelage, die bewaffnete Konflikte fördert, die man nicht militärisch lösen kann.
Memoria sagt:
15.04.2020 um 20:04 Uhr
@voyageur:
Ich habe den Eindruck sie missverstehen die Art des Einsatzes bzw. des Begriffs Einsatzstandort.
Kann sein. Mir geht es im Wesentlichen um die Effikazität von Einsätzen.
Aus meiner Sicht brauchen sie zwei+1 V(s), Vorbilder und Vertrauen, Vertrauen in Ihre Chefs, und Vertrauen in sich selbst. OK, nichts neues, bekanntes Problem, bloss In der Sahel Zone, sind Manöverzeiten um das herzustellen, eher selten. Zur Zeit gibt es beides: Einheiten die kämpfen und sich unter sehr schwierigen Bedingungen behaupten, und andere die sich in der Morgendämmerung überrennen lassen und die dann davon laufen.
Konkret gesagt, bedeutet das Unterstüzung auf Kompanie/Zug Ebene, und dabei auch nicht die jungen Unteroffiziere aus dem Blick verlieren. Und das im täglichen Betrieb, beim Wachdienst, (nachts mal ne Runde drehen, und eventuell mal jemand auf zu wecken), bei den Patrouillen mitfahren/gehen und und und.
Im Täglichen Leben der „afrikanischen“ Truppe dabei sein.
Barkhane versicht das von Zeit zu Zeit eine Section (Zug), und eine Section FAMA, zusammen arbeiten zu lassen. Funktionniert, aber es bindet sehr viel Kräfte.
briscard sagt:
15.04.2020 um 21:33 Uhr
Ich stimme da zu , bloss Barkhane kann das nicht leisten
Wenn die ganze Sache den Schweiss, das Geld, und ich hoffe nicht zu viel Blut wert sein soll, dann müss das anders aufgestzt werden. Das Problem kann nur gelöst werden, wenn das Problem in Einzelteile (aber auf Sahelebene) aufgelost wird.
Die „kampfbereiten“ Einheiten , je nachdem mit Barkhane einsetzen (und das geschieht schon, aber der Barkhane Einsatz muss auf einen geographisch Bereich beschränkt bleiben) oder mit Takuba (Luxuslösung, aber sexy), da Takuba europäischen Partner erlaubt Kampferfahrungen zu bekommen. Und die realistische Seite eventuelle Verluste von „Special Forces“ besser in der Offentlichkeit kommuniziert werden kann.
Und dann die anderen, ruhige Feldlager sind eher selten, aber dort kann die zweite Ausbildungsstufe ansetzen. Keine Illusionen, die Gefahr ist immer da, nur die Intensität kann sich ändern, aber auch da unterstüztung auf Kompanie/Zug ebene, mit genug Leuten, und einem harten Mandat.
Ich kann es als Neufranzose mir erlauben,, nicht kleckern sondern klotzen. Und Vive la république
@voyageur:
Das ist auf der praktischen Ebene alles richtig, aber politisch sieht es eben oftmals anders aus. Die deutschen OMLT und deren Auflagen führten dazu, dass es in Afghanistan irgendwann weder Vorbilder noch Vertrauen gab.
Die Bundesregierung hat noch wenige Wochen Zeit und die Verlängerung des Mandates sicherzustellen.
In dem obigen Bericht der Bundesregierung wird eigentlich ziemlich deutlich wie stark sich MINUSMA und EUTM aktuell verändern (Takuba wird natürlich gar nicht erweubd Barkhane nur sehr marginal) .
Wie sich Deutschland hierbei praktisch positioniert ist auch noch nicht klar.
Politisch und medial ist es weiterhin kein Thema.
Nach einem Bericht bei welt.de („Finanzierung für neues Ausbildungscamp in Mali zugesagt“) wird Deutschland den Bau eines Ausbildungszentrum in Sévaré maßgeblich finanzieren. Damit wäre EUTM erstmal dauerhaft im Zentralmali präsent.
Es scheint auch ressortübergreifend eine Einigung bei der Umsetzung der EU-Beschlüsse zu geben.
Das Bundeskanbinett soll am 29.04. über die Mandate entscheiden.
Sonst gibt der Artikel nicht wirklich Neues her, trotz einiger Zitate aus vertraulichen Papieren.
Beim Blick in verschiedene Meldungen wird deutlich, dass sich die Kämpfe immer mehr auf das „Dreiländer-Eck“ konzentrieren.
MINUSMA hatte hier eigene Operationen (mit deutscher Beteiligung, https://twitter.com/Gyllensporre/status/1243947338210705408) , Barkhane ist dort sowieso stark aktiv und die Amerikaner scheinen sich nun auch in das Gebiet zu verlagern:
„The Green Bereits (…) are moving some 500 miles southwest of Arlit to carry out a higher-priority mission to help confront a toxic mix of Islamic State and Al Qaeda fighters in the tri-border region of Mali, Burkina Faso and Niger.“
https://www.nytimes.com/2020/04/18/world/africa/west-africa-special-operations-medevac.html