Neues Mandat für den Kampf gegen IS: Streiche Luftaufklärung, setze Lufttransport
Die Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Anti-IS-Koalition soll in Abänderung des vom Parlament gebilligten Mandats mit etwas anderen Aufgaben fortgesetzt werden. Das Bundeskabinett legte ein neues Mandat vor, in dem wie geplant die Luftaufklärung über Irak und Syrien beendet wird, dafür soll der Lufttransport in den Irak als neue Aufgabe hinzukommen. Der Bundestag muss darüber abschließend entscheiden.
Nach dem derzeit gültigen Mandat endet der Einsatz der deutschen Aufklärungstornados zum 31. März – diese Frist war schon einmal verlängert worden, ursprünglich hatte der Koalitionspartner SPD ein Ende dieses Luftwaffeneinsatzes bereits für den vergangenen Herbst durchgesetzt und dann einer Verlängerung zugestimmt. Noch ist offen, ob wie geplant italienische Jets die Aufgabe der Luftwaffentornados übernehmen und Aufklärungsbilder für die internationale Anti-IS-Koalition liefern werden.
Nach dem am (heutigen) Mittwoch vom Kabinett gebilligten Mandatsentwurf sollen wie bisher A400M-Flugzeuge der Bundeswehr vom jordanischen Stützpunkt al-Azraq aus die Kampfjets anderer Koalitionsnationen betanken. Zusätzlich sollen Transporter dieses Typs für Flüge in den Irak bereitstehen. Ebenfalls neu ist der geplante Einsatz eines Luftraumüberwachungsradars im Irak. Außerdem wird geplant, die Ausbildungsmission deutscher Soldaten in Taji im Zentralirak künftig nicht mehr der Koalitions-Operation Inherent Resolve, sondern der NATO zu unterstellen.
Das jetzt vom Kabinett vorgelegte neue Mandat wird ausdrücklich als Ergänzung des bisherigen Mandats bezeichnet, das bis Ende Oktober dieses Jahres läuft. Die Personalobergrenze von 700 Soldaten bleibt unverändert.
Der neue Aufgabenkatalog ist eine Anpassung, die sowohl die innenpolitische Debatte in Deutschland als auch die Entwicklung im Irak berücksichtigt. Als Folge der Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch einen US-Angriff im Januar nahe der irakischen Hauptstadt Bagdad hatte das irakische Parlament den Abzug der ausländischen Truppen gefordert; allerdings gab es nicht die ausschlaggebende entsprechende Aufforderung der irakischen Regierung. Zugleich stand die Verpflichtung zur Beendigung des Luftwaffeneinsatzes in dieser Mission zu Ende März per Mandatsbeschluss fest.
Die Bundesregierung hatte sich zudem verpflichtet, in der internationalen Koalition nach einer Nation zu suchen, die die Aufgabe Luftaufklärung über Irak und Syrien übernehmen würde. Dazu wurden bereits seit Monaten Gespräche mit Italien geführt; ob wie erwartet eine formelle Erklärung Italiens zur Übernahme in den nächsten Wochen tatsächlich kommt, bleibt angesichts der Coronavirus-Krise in dem europäischen Land abzuwarten.
Gleichzeitig, so heißt es in dem Mandatsentwurf, werde die Bedeutung der Luftbetankung für die Allierten wichtiger, so dass die Luftwaffe diese Aufgabe fortsetzen solle. Italien habe seine Bereitschaft zur Übernahme der Aufklärungsaufgabe ausdrücklich mit der Fortführung der deutschen Luftbetankung verbunden.
Die Transportkapazitäten mit geschützten Luftfahrzeugen (abzuwarten bleibt, ob dafür neben dem A400M auch die älteren Transall-Maschinen mit Schutzausstattung genutzt werden müssen) sollen für die Bundeswehr, aber auch für Verbündete den Transport in den Irak und vor allem die Evakuierung im Krisenfall sicherstellen.
Komplett neu ist die deutsche Beteiligung an der Luftraumüberwachung im Rahmen der Anti-IS-Koalition. Dafür soll ein Luftraumüberwachungsradar in den Irak verlegt werden, allerdings ausschließlich als Beitrag zum Luftlagebild. Für eine Feuerleitfunktion sei dieses Radar nicht vorgesehen, heißt es in der Mandatsbegründung.
Offen bleibt noch der mögliche Unterstellungswechsel der Ausbildungsmission in Taji – damit würde Deutschland dem Wunsch des Irak wie auch der Absicht der NATO entgegenkommen, mehr Aktivitäten aus der Anti-IS-Koalition unter das Dach der Allianz zu verlagern. An der Mission selbst ändert sich damit faktisch allerdings nichts.
(Foto: Ein A400M-Tankflugzeug der Luftwaffe wird in Al-Azraq für den Start zu einem Nachteinsatz vorbereitet – Birthe Brechters/Bundeswehr)
Was wird den eigendlich da aufgeklärt wenn der Is keine festen Strukturen mehr hat? Und fliegen in ganzen Gegend nicht so schon genug Drohnen umher die dass viel billiger übernehmen können?
Ein neues unsinniges Mandat. Entweder ist der IS besiegt, dann bräuchte man kein weiteres Mandat oder er ist es nicht, dann gibt es keinen sachlichen Grund, die Aufklärungsflüge zu beenden. Aber selbst die SPD hat bis jetzt den IS nicht für besiegt erklärt. Die SPD muss sich vorwerfen lassen ein schon schwaches Mandat für die BW weiter zu sabotieren, um Auslandseinsätze der BW möglichst zu verunmöglichen oder auf Transport und Brunnenbohren zu beschränken.
Eine Evakuierung(mit wie vielen Flugzeugen?) kann viel gefährlicher werden als ein paar Tornadoaufklärer fliegen zu lassen.
Ein Radar auf stellen zu wollen, der aber nicht Angriffe leiten sollen, macht die BW mal wieder lächerlich gegenüber ihren Verbündeten.
@Dante
Gerade WEIL (!) Daesh zerschlagen ist, eröffnet sich für Restteile die Chance zum neuen Sammeln, zum Umstruktuieren, zur Rekonstitution, was verhindert werden muss.
Erstes Mittel dazu ND-Überwachung, zweites (Luft)Aufklärung.
Die Drohnen, die „umher“ fliegen sind in erster Linie bewaffnete der Türken im Kampf gegen Assads SAA sowie solche der HTS im Einsatz gegen U.S. Sicherungskräfte an den ostsyrischen Ölquellen.
https://t.co/JP5m9TsE3m?amp=1
„Small drones dropping improvised mortar bomb-like munitions …“
Die Größe des Operationsraums SYR/IRK lässt UAS nur punktuell mit Aussicht auf Erfolg Ergebnisse bringen, sie sind zudem deutlich langsamer als Jets, was insbesondere bei Wechsel des Aufklärungsziels nachteilig wird.
@Dante: Ein Aufklärungsflugzeug mit Überschallfähigkeit mit einem UAV zu vergleichen ist vllt nicht der Äpfel-Birnen-Vergleich, aber annährend. Mit der Auflösung von Luftbildern des Tornados mit Recce-Pod kann kein Video eines mir bekannten UAV-System mithalten. Dies zur Qualität der Bilder. Der nächste Vorteil des Tornados ist wie angedeutet die Geschwindigkeit. Ein Tornado in Al-Azraq ist mit Eingang des Auftrages vermutlich inklusive Startprozeder und Anflug immer noch schneller im Einsatzraum als ein UAV bereits in der Luft aber noch hunderte Kilometer vom Ziel entfernt. Als nächstes braucht ein Tornado mit Recce-Pod für einen erfolgreichen Aufklärungsflug selbstredend Zuarbeit durch andere Aufklärungskräfte (HUMINT, Fernspäher etc.), zumindest eine Zielkoordinate sollte da sein, da gebe ich ihnen Recht, diese Bedingungen sind schwieriger geworden. Es gibt aber noch andere Aufträge Vorort als die „Suche nach dem IS“ wie z.B. BDA.
Ganz persönlich bin ich aber auch froh, dass die Kameraden zurückkommen, denn die Tornados und die erfahrenen Crews werden sicherlich in der Ausbildung in Jagel(Büchel schmerzlich vermisst!
Schon wieder so eine Mission die krampfhaft weitergeführt wird, ohne einen klaren „end state“ zu definieren.
Was daran noch der „Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland“ dient, ist einer Mehrheit der Deutschen nicht mehr zu vermitteln und mir auch nicht. Ein typisches „weiter so“ der großen Koalition!
Luftraumüberwachung? Wann hat ISIS denn jemals eine Luftwaffe besessen?
@ closius
Zitat: „Ein Radar auf stellen zu wollen, der aber nicht Angriffe leiten sollen, macht die BW mal wieder lächerlich gegenüber ihren Verbündeten.“
Das einzig verlegbare Luftaufklärungsradar für große Reichweiten, dass die Bw hat, ist das RAT 31 in Holzdorf
https://www.radartutorial.eu/19.kartei/02.surv/karte012.de.html
Wie der Name schon sagt ist dies ein Luftraumaufklärungsradar hoher Reichweite. Wenn Sie damit eine Einsatzführung machen wollen, dann brauchen sie dazu einen mobilen Gefechtsstand (den DEU auch hätte). Es ist aber unwahrscheinlich, dass DEU im Irak die Lead-Rolle übernimmt und Lufteinsätze führt. Das machen die Amerikaner von Bahrein aus. Wir sollen anscheinend einen zustätzlichen Sensor liefern, dass ein großer Teil vom irakischen Luftraum erfasst werden kann.
@silent user.Dass ist sicher richtig dass nen Tornado schneller ist und bessere Bilder liefert. Nur der IS arbeitet halt im Untergrund mit IED, Selbstmordattentätern und Blitzüberfällen. Und solange nicht wieder angefangen wird feste Stellungen aufzubauen, sehe ich den Informationsvorteil nicht. Nem Tactical sieht man an nicht wer drauf sitzt. Und solange die nicht wirklich mit 50 Fahrzeugen im Konvoi fahren und schwarze Fahnen aufm Dach haben, frage ich mich halt nach dem Sinn. Weiterhin ist italy Corona Sperrgebiet. Und ich glaube nicht dass die Jordanier sich so dolle auf die Italiener freuen.
@Closius
„Ein Radar auf stellen zu wollen, der aber nicht Angriffe leiten sollen, macht die BW mal wieder lächerlich gegenüber ihren Verbündeten.“
Ich glaube das die Masse unserer Verbuendeten weiss, dass DEU Soldaten zwar viel koennen und ziemlich gut sind in dem was sie machen….das die politische Fuehrung aber in erster Linie von Inkompetenz geplagt ist und wir deswegen immer wie die Friseure aufgestellt sind!! Das macht es zwar im Gesamtbild nicht besser, kann dem Einzelnen aber immerhin die Gewissheit geben das er koennte wenn er nur duerfte!!
Ach Leute. Ahnungslosigkeit ist kein Ersatz für Argumentation. Kann jetzt jemand mal erklären, inwiefern ein Beitrag zum Luftlagebild, insbesondere wenn man keine eigenen Effektoren in theater hat, ein Ausweis von Feigheit ist? Oder geht’s einfach nur darum, ein bisschen Abneigung rauszuhauen?
Übernahme Luftaufklärung Italien? Kann sich als problematisch erweisen!
Sperrungen italienischer Fliegerhorste:
David Cenciotti h/t@cencio4
Die Stützpunkte Istrana/Venetien und Cervetia/Emilia-Romagna beherbergen ITA JaboGeschw 51 bzw. Teile 15. HubSchrGeschw, das ein ausschließlicher SAR Verband ist. Stützpunkte Ghedi/Brescia und Cameri/Piemont mit FACO F-35 sowie Tornado ECR squadron sind von Sperrung betroffen.
Zu Cameri:
Lockheed has directed their employees to work from home,” Ellen Lord/Pentagon said. Pratt und Whitney, die die Triebwerke für die Jets herstellen, haben ihrem Team in Italien gesagt, dass sie Telearbeit leisten sollen. (Gem CNBC.com)
@Wiegold: Feigheit hat niemand direkt geschrieben. Mir erscheint ein Radar sinnlos, wenn dieses nicht Angriffe leiten soll. Die IS hat keine Luftstreitkräfte. Wer soll also im Irak überwacht werden?
Vor allem aber, warum legt die Bundesregierung einen Mandatstext vor, indem es extra heißt, daß der Radar keine Feuerleitfunktion hat? Offensichtlich hat die Regierung Angst, daß viele Abgeordnete gegen das Mandat stimmen könnten, wenn der Radar dem Kampf dienen könnte. Deshalb die Einschränkung, der Radar sei für eine Feuerleitfunktion nicht vorgesehen. Im Kampf gegen den IS = Terroristen, will die Bundesregierung einen Radar einsetzen, der offensichtlich den Terroristen nicht weh tun soll. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass, scheint hier das oberste Motto des Mandates zu sein.
Ich habe Zweifel, daß man im Irak ein Luftlagebild braucht gegen den IS. In Syrien dagegen wäre es was ganz anderes. Aber in Syrien ist nicht der IS das Ziel von dem Radar, sondern iranische, türkische, syrische und russische Kampfflugzeuge. Und da ist es völlig egal, ob wir mit dem Radar einen Nato-Einsatz von Kampfflugzeugen gegen die vorgenannten Nationen leiten oder nur die Daten an die USA weitergeben und diese dann das Luftlagebild für Kampfeinsätze nutzen. Wenn die USA einen Krieg anfangen mit unseren Daten, sind wir mitschuldig. Nicht egal ist aber, daß die BW sich damit wieder zum Drückeberger in der Nato macht.
@Closius
„Offensichtlich hat die Regierung Angst, daß viele Abgeordnete gegen das Mandat stimmen könnten, wenn der Radar dem Kampf dienen könnte“.
Das dürfte zutreffen. Bei „Feuerleit“ geht bei vielen der Soft Power-Warnblinker an.
„Ich habe Zweifel, daß man im Irak ein Luftlagebild braucht gegen den IS“ (braucht).
Ich nicht, jedenfalls nicht mit erster Priorität.
Daesh setzt – offenbar – bewaffnete UAS https://t.co/JP5m9TsE3m?amp=1 ein.
Zudem, ein Luftlagebild stützt Luftaufklärung rundum.
Das ist wohl nicht Intention der meisten Abgeordneten, aber wer und was sich im SYR/IRK Luftraum so alles bewegt, muss bei CJTFOIR natürlich gewusst werden. Ohne eindeutige Luftlage bliebe die IC im AOR, bei mittlerweile nahezu ausschließlich Luftkriegsmitteln, fast handlungsunfähig.
@TW
Sorry, aber es geht hier nicht um Feigheit oder Abneigung. Was hier zum Ausdruck kommt ist eher Frust und Resignation mit einer grossen Portion Zynismus. Sicher nicht hilfreich, aber bei vielen alten „Bestandskunden“ in der Bw mittlerweile die Grundeinstellung in taeglichen Dienstbetrieb. Will nur keiner hoeren!!!!!