Iraks Premierminister ruft USA zu Gesprächen über Abzugsdetails auf
Erst mal nur zur Dokumentation: Der irakische Premierminister hat die USA aufgefordert, über Details des Abzugs der internationalen Truppen aus seinem Land zu sprechen. Es gehe darum, das Verlangen des irakischen Parlaments umzusetzen, erklärte Abd Al-Mahdi auf seiner Facebook-Seite. Ein Abzug der internationalen Truppen hätte auch Auswirkungen auf die Ausbildungsmission der Bundeswehr im Irak.
Das irakische Parlament hatte in der vergangenen Woche in einer Resolution den Abzug aller Truppen der internationalen Anti-IS-Koalition gefordert, als Reaktion auf die Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani in Bagdad durch einen US-Drohnenangriff. Allerdings ist entscheidend, ob die Regierung diese Resolution umsetzt – die Stationierung der internationalen Truppen, und explizit auch die der Bundeswehr, ist an die Einladung der Regierung gebunden.
Al-Mahdi erhob die Forderung in einem Telefonat mit US-Außenminister Mike Pompeo am (gestrigen) Donnerstag (welche Ortszeit, ist unklar). Die Erklärung wurde am (heutigen) Freitag auf der – verifizierten – Facebook-Seite Al-Mahdis veröffentlicht (s. Screenshot oben), nicht aber auf der Facebook-Seite der irakischen Regierung selbst.
Der Wortlaut (in der Google-Übersetzung):
Premierminister Adel Abdul-Mahdi erhielt gestern Abend, Donnerstag, einen Telefonanruf des US-Außenministers Mike Pompeo über die neuesten Entwicklungen und den Wunsch verschiedener Parteien, eine Eskalation zu verhindern und den Krieg zu eröffnen.
Der Premierminister bekräftigte, dass der Irak alle Operationen, die seine Souveränität verletzen, abgelehnt und zurückgewiesen habe, einschließlich der jüngsten Operationen gegen Ain Al-Assad und Erbil, und dass der Irak unermüdliche Anstrengungen unternimmt und alle Parteien kontaktiert, um seine Umwandlung in ein Schlachtfeld zu verhindern.
Seine Exzellenz forderte den US-Außenminister außerdem auf, Delegierte in den Irak zu entsenden, um die Mechanismen für die Umsetzung des Beschlusses des Parlaments über den sicheren Abzug der Truppen aus dem Irak festzulegen. Der Irak ist bestrebt, die besten Beziehungen zu seinen Nachbarn und Freunden in der internationalen Gemeinschaft aufrechtzuerhalten und die ausländischen Vertretungen und Interessen sowie alle auf irakischem Boden anwesenden Personen zu schützen und seine Prioritäten auf die Terrorismusbekämpfung zu beschränken ISIS und Gewalt auf der einen Seite und der Wiederaufbau des Irak, das Erreichen von Wirtschaftswachstum, der Schutz der Souveränität, Unabhängigkeit und der nationalen Einheit des Landes und das Erreichen von Sicherheit und Stabilität für den Irak und die Region auf der anderen Seite.
Der Premierminister wies den US-Außenminister auch darauf hin, dass amerikanische Truppen in den Irak einmarschieren und amerikanische Maschinen ohne Erlaubnis der irakischen Regierung in seinem Himmel fliegen. Dies widerspräche den geltenden Vereinbarungen, und der US-Minister versprach, die Angelegenheit weiter zu verfolgen und bekräftigte den Respekt seines Landes für die Souveränität des Irak.
Die beiden Parteien betonten auch, wie wichtig es ist, die Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern aufrechtzuerhalten.
Medienbüro des Ministerpräsidenten
10. Januar 2020
Diese Abzugsforderung wirft ein interessantes Licht auf die wirklichen aktuellen Machtverhältnisse im Irak. So schwerwiegend der Anlass (Drohnenangriff und Tötung) auch sein mag, muss man doch über diesen bloßen Anlass hinaus nach der tiefer liegenden Ursache für den irakischen Wunsch nach Abbruch der westlichen Militärhilfe suchen. Und hier scheint es, dass der Iran bereits sehr erfolgreich im Nachbarland „die Strippen“ zieht. Egal, ob sunnitische und kurdische Kräfte diese Abzugs-Forderung nun mittragen oder nicht – das dortige Machtgefüge hat sich zugunsten des Iran verschoben, das zeigt sich ganz offensichtlich. Die Frage ist also, wie die zukünftige Entwicklung im Lande ablaufen wird. Momentan führt wohl kein Weg an einem Abzug vorbei. Vielleicht wird deshalb in weiterer Folge der Irak zerbrechen, weil Kurden und Sunniten die offizielle Politik Bagdads nicht mehr akzeptieren und sich separieren wollen – was wiederum für die Türkei ein Albtraum wäre. Summa summarum muss sich die USA fragen, ob durch den Tod S. die Situation übersichtlicher und die Welt besser geworden ist.
@Militärökonom
Die Frage ist, in wie weit die USA überhaupt die Sicherheit der Kurden im Irak gewährleistet. Diese werden ja von der Türkei bedroht, und daß amerikanische Truppen dagegen vorgehen wäre mir nicht bekannt, auch nicht als „trip wire“.
Da DEU weiterhin präsent sein will (AKK will dies) kann die IRK Reg ja um Unterstützung bitten, welche dann aber wohl deutlich aufgebohrt werden müßte.
Spätestens wenn der Gastgeber den Gast fragt, wann dieser denn gedenke zu gehen, sollte der Gast in sich gehen und sich fragen, ob er (noch) auf der richtigen Veranstaltung ist.
@Thomas Melber
„DEU weiterhin präsent sein will (AKK will dies) ,…“ Ja! Gemeinsam mit der Koalition, Mützenich zufolge, Heiko Maas zufolge. Da steht die Koalition erfreulich einstimmig.
Was überrascht, die neuen Heilsbringer der SPD Führung, Eskens/ Borjans, wurden offenbar in der Fraktion schon erfolgreich eingebremst, auf Vernunftlinie gebracht.
@ Sven Rothe, 11.01.2020 um 10:15 Uhr
„Spätestens wenn der Gastgeber den Gast fragt, wann dieser denn gedenke zu gehen, sollte der Gast in sich gehen und sich fragen, ob er (noch) auf der richtigen Veranstaltung ist.“
Ist der Iran immer noch Gast oder schon Gastgeber im Irak? ;-)