Macrons Aufruf zur Erneuerung Europas: Auch bei der Verteidigung (Nachtrag: Regierungssprecher)
Der Aufruf zu einer Erneuerung Europas, mit dem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am (heutigen) Dienstag in zahlreichen europäischen Zeitungen eine Debatte anstoßen will, betrifft praktisch alle Felder der Politik der Länder auf dem Kontinent. Weil hier die Verteidigungspolitik interessiert, der gezielte Blick auf die Passage in der bereits gestern vom Elysee-Palast veröffentlichten Fassung:
Die Europäische Union wurde für die Aussöhnung innerhalb ihrer Grenzen geschaffen und hat darüber die Realitäten der Welt aus den Augen verloren. Aber ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft kann nur entstehen, wenn diese Grenzen hat, die sie beschützt. (…)
Die gleichen Anforderungen müssen an die Verteidigung gestellt werden. Dort wurden seit zwei Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, aber wir müssen ein klares Ziel setzen.Wir müssen unsere unentbehrlichen Verpflichtungen in einem Vertrag über Verteidigung und Sicherheit festlegen, im Einklang mit der NATO und unseren europäischen Verbündeten: Erhöhung der Militärausgaben, Anwendungsfähigkeit der Klausel über die gegenseitige Verteidigung, Europäischer Sicherheitsrat unter Einbeziehung Großbritanniens zur Vorbereitung unserer gemeinsamen Entscheidungen.
Das ist im Einklang mit den Forderungen, die Macron schon lange an Europa stellt, und die vor allem in seiner viel beachteten Rede an der Sorbonne im September 2017 angelegt waren. In Deutschland wird zwar europäische Gemeinsamkeit von fast allen politischen Richtungen immer wieder verlangt und gelobt – beim Thema Verteidigung wird es dann hierzulande aber meist schwierig.
Der Vorstoß des französischen Präsidenten für eine echte europäische Armee im vergangenen Jahr war in Deutschland schon mit gewisser Skepsis aufgenommen worden. Nach der Unterzeichnung des Aachener Vertrags beider Länder im Januar stießen die recht weit gehenden verteidigungspolitischen Festlegungen nicht nur auf Zustimmung. Und die aktuelle Debatte, um nicht zu sagen den Streit über die Regeln für gemeinsame Rüstungsexporte müssen Deutschland und Frankreich auch noch lösen.
Vermutlich werden deshalb Macrons Forderungen da kein Problem sein, wo es um politische Rahmenbedingungen geht. Einem Europäischen Sicherheitsrat zur Vorbereitung von Entscheidungen werden sich wohl in Deutschland nicht viele entgegen stellen. Aber Erhöhung der Militärausgaben und Anwendungsfähigkeit der Klausel über die gegenseitige Verteidigung – da wird die Debatte hierzulande spannend und vermutlich kontrovers.
Nachtrag 6. März: Am Tag nach der Veröffentlichung von Macrons Aufruf hat Regierungssprecher Steffen Seibert vor der Bundespressekonferenz dazu Stellung genommen. Auszugsweise die Aussagen zum Punkt Verteidigung:
(…) Ganz grundsätzlich: Frankreich ist unser engster Partner, und wir spüren eine gemeinsame deutsch-französische Verantwortung dafür, die europäische Integration voranzubringen. Deswegen begrüßen wir, dass der französische Präsident vor der Europawahl erneut seine Vorstellungen dargelegt hat. Wir haben ja mit dem Präsidenten und seiner Regierung eine permanente Zusammenarbeit, wie wir sie in dieser Intensität wohl mit keinem anderen europäischen Land haben. Der gerade geschlossene Vertrag von Aachen zeigt das ja deutlich. (…)
Es gibt eine ganze Reihe von Punkten im Text des französischen Präsidenten, die die Bundesregierung vollkommen unterstützt: die Zusammenarbeit in der Verteidigung, die wir europäisch stärken, die wir europäisch ausbauen wollen; die Überlegungen zum Schengen-Raum, der natürlich ein gemeinsames Verständnis der Asyl- und Migrationspolitik braucht; die Betonung der Innovationsfähigkeit als Voraussetzung unseres künftigen Wohlstands.
Ich darf vielleicht an die Rede der Bundeskanzlerin bei der Münchner Sicherheitskonferenz erinnern, bei der sie den Schwerpunkt auf die außenpolitischen Notwendigkeiten Europas gelegt hat, auf die strategische Notwendigkeit, dass wir Europäer geeinter, verantwortungsbewusster, engagierter in der Welt auftreten. Daraus hatte sie im vergangenen Jahr schon den Gedanken eines europäischen Sicherheitsrats entwickelt, der ja nun auch bei Präsident Macron auftaucht.
(Archivbild: Macron mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Unterzeichnung des Aachner Vertrags am 22. Januar 2019 – Florian Gaertner/ photothek.net)
@Klaus-Peter Kaikowsky
Damit meine ich alle bei welchen EU-Partner und wir robust vorgingen und nicht schon im Vorfeld alle Möglichkeiten der Konfliktverhütung genutzt hätten.
Betroffene => Bevölkerung welche be- getroffen wurde.
Na, nicht jederzeit einsatzbereiten Streitkräften machen grundsätzlich keinen Sinn unabhängig vom Auftrag.
@ Zimdarsen und Pete
Niemand bestreitet, dass Deutschland nicht das Recht hat, seine eigene Vision einer verantwortungsvollen SiPo zu verfolgen. Und selbstverständlich kann man die teilweise robuste Art und Weise ablehnen, in der andere westliche Demokratien ihre (und inhärent unsere) Interessen global durchsetzen. Wenngleich bislang noch niemand tragfähige und nachhaltige Alternativen vorschlagen konnte ….
Nur: Wenn ein Land des Gewichts Deutschlands sich einbinden will in eine supranationale Verteidigungsorganisation, internationale Kooperationen eingehen will, dann ist eines nicht möglich: Zu erwarten, dass die Partner Deutschland dauerhaft zugestehen, die Leitlinien gemeinsamer Einsätze und gemeinsamer Rüstungspolitik zu bestimmen und sich nahezu grundsätzlich abseits zu stellen, wenn die Mehrzahl der Partner beschließt, dass der Gebrauch militärischer Gewalt geboten sei. Solidarität bedeutet auch, Dinge mitzutragen die wir eigentlich nicht tun würden, wären wir alleine.
Und ohne Polemik: Weder Grossbritannien, noch Frankreich, noch die USA sind geeignete Adressaten deutscher Belehrungen. Eine der Lehren aus der jüngeren deutschen Geschichte sollte die Erkenntnis sein, dass Moral, vernünftige internationale Politik und Rücksichtnahme auf die Interessen anderer keine Erfindung unserer Nation sind. Auch wenn wir dies immer wieder so annehmen.
@Thomas Becker
„Nur: Wenn ein Land des Gewichts Deutschlands sich einbinden will in eine supranationale Verteidigungsorganisation, internationale Kooperationen eingehen will, dann ist eines nicht möglich.“
Doch, ist es geschieht gerade.
„Zu erwarten, dass die Partner Deutschland dauerhaft zugestehen, die Leitlinien gemeinsamer Einsätze und gemeinsamer Rüstungspolitik zu bestimmen und sich nahezu grundsätzlich abseits zu stellen, wenn die Mehrzahl der Partner beschließt, dass der Gebrauch militärischer Gewalt geboten sei.“
Das erwartet keiner, denn so funktioniert Politik nicht, schon gar nicht in Europa. Mann kann Schritte zu gemeinsamen Einsätzen und gemeinsamer Rüstungspolitik nicht ohne gemeinsame Außenpolitik und deren Grundsätze betrachten. Schon jetzt ist die Bereitschaft vieler EU Staaten gegen Null sich außerhalb von UN Einsätzen in größerem Umfang zu beteiligen.
„Solidarität bedeutet auch, Dinge mitzutragen die wir eigentlich nicht tun würden, wären wir alleine.“
Nein, Solidarität bedeutet den anderen in der Not beizustehen und nicht die Partner auf der Schiefen Bahn zu begleiten.
„Weder Grossbritannien, noch Frankreich, noch die USA sind geeignete Adressaten deutscher Belehrungen.“
Es geht nicht um Deutschland es geht um den Willen der Bürger in Europa und da ist ein großer Teil (evtl die Mehrheit) gegen das Gebaren der USA (und GB).
„Eine der Lehren aus der jüngeren deutschen Geschichte sollte die Erkenntnis sein, dass Moral, vernünftige internationale Politik und Rücksichtnahme auf die Interessen anderer keine Erfindung unserer Nation sind.“
Stimmt, vergessen Sie nicht die 23 anderen EU Staaten
Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten (ohne UN Mandat) und 87a sind grundsätzlich ein guter Rahmen für Europa. Ausnahmen wird es immer geben, aber es ist dann eine begründete Ausnahme (zB Verbrechen wie sie die Türkei in ihrem Osten verübt oder Umweltzerstörung die auch Europa betrifft) und die Entscheider müssen Mehrheiten finden.
@Thomas Becker
„Wenn ein Land des Gewichts Deutschlands sich einbinden will in eine supranationale Verteidigungsorganisation…“
Ich bin der festen Überzeugung wenn es um „Verteidigung“ geht ist Deutschland absolut kein Problem. Das Problem, das ich habe mit dem Ansatz der USA; GBR und FRA ist der Einsatz von Militär außerhalb von Verteidigung + (wenn erforderlich zur Interessendurchsetzung) außerhalb der Charta der Vereinten Nationen. Wenn sie das alleine machen wollen will ich sie moralisch nicht belehren. Ich will aber nicht zum Mitmachen gezwungen werden gegen die eigene Überzeugung.
Denn dann geben wir die Lehren des 2. Weltkriegs auf und die des 1. Weltkriegs auch (Blankoscheck für Österreich-Ungarn)
„Und ohne Polemik: Weder Grossbritannien, noch Frankreich, noch die USA sind geeignete Adressaten deutscher Belehrungen.“
Und ohne Polemik: Deutschland ist auch nicht die geeignte Adresse für britische, amerikanische, französische Belehrungen. Wenn wir schon „erwachsen“ sein wollen, dann bitte konsequent!
@ Thomas Becker 20.40h
Sehr gut formuliert.-
Fuerchte aber, dass hier im Kontrast zu @Pete, Zimdarsen u.a. zwei unterschiedliche Denkschulen bestehen, die sich schwerlich miteinander verbinden lassen. Ist vielleicht auch ein Generationenproblem.
@Eric Hagen
Das ist kein -Generationenproblem-, es sind zwei Denkschulen.
Die gibt es in allen Ländern in Europa, nur mit dem Unterschied der Ausprägung. Die eine oder andere Sichtweise taucht zu eher bei bestimmten Generationen auf, aber das ist kein Problem sondern ein Ergebnis der Bildung (auch Propaganda) und Erfahrung.
Nehmen Sie die Gegenwart:
Welche Nationen in Europa beteiligen sich an militärischen Einsätzen und in welcher Form?
Die Mehrzahl der europäischen Regierungen sind beim Einsatz ihrer Soldaten eher auf der vorsichtigen und zurückhaltenden Seite.
Wer Hase und wer Igel ist lässt sich in EUropa nicht mehr an der Nationalität fest machen.
Es ist ja nicht so, das es nicht schon etwas gibt, zB die EU-Battlegroup, deren Einsatzgrundlagen sind beschrieben und kommen den von -Pete- eher nahe.
Nur Bin ich mir sicher, dass mit Truppen von EUuropa das selbe geschehen wird wie mit der Bw. Wenn es dann um einen Einsatz geht, wird es ein Mandat benötigen und dieses wird ein Ergebnis der Diplomatie sein. Am Ende sind Gesetze und Vereinbarungen dehnbar wie in DEU Aich.
Die Väter und Mütter des GG waren klar in ihrer Aussage zum Einsatz der Bw. Unzählige Politiker und Generale haben uns erklärt es die Bw niemals tun würde (zB Fuß auf jugoslawischen Boden) und nun?
Wir stehen in AFG, Jordanien, Mali uvm. Was glauben Sie was unsere KSK’ler in AFG so machen?
Es geht nicht um die Vergangenheit, es geht um die Zukunft und die wird anders aussehen.
RUS, China, Brasilien, die USA, Türkei, Israle, Irland uvm werden noch viele Überraschungen für uns haben und wir werden um jeden Einsatz separat ringen. Egal wie wir uns entscheiden am Ende muss es eine Entscheidung geben und dann ist es wichtig, dass wir sie vertreten und die Soldaten die entsprechende Unterstützung bekommen.
Dies geht mit der jetzigen Struktur nicht um am Besten kann man dies jetzt an der Operation Sophia erkennen in der die italienische Regierung die Operation für innenpolitische natiionale Zwecke missbraucht.
Also es muss sich was ändern und was, sollte -Ergebnis- der vorgeschlagenen Schritte von Macron sein.
@Eric Hagen
„Fuerchte aber, dass hier im Kontrast zu @Pete, Zimdarsen u.a. zwei unterschiedliche Denkschulen bestehen, die sich schwerlich miteinander verbinden lassen.“
1. Ich denke, dass Sie damit Recht haben. Ich möchte den Begriff „Denkschule“ durch den Begriff „Grundüberzeugung“ ergänzen.
2. In der Tat bin ich der festen Überzeugung, dass jeder Krieg, der nicht der Verteidigung dient und der nicht im Einklang mit der Charta der Vereinten ist nicht nur von übel ist, sondern die Lehren der zwei Weltkriege ignoriert.
3. Ich behaupte nicht, dass ich mit meiner Grundüberzeugung „moralischer“ bin als @Thomas Becker. Auch ich argumentiere vom Rational her. Ich kann schlicht nicht erkennen, dass eine Aushöhlung der UN-Charta irgendeinen Beitrag zum Frieden leisten könnte.
4. Ich bin mir über eines im Klaren:
Wenn die Interessen der Veto-Staaten übereinstimmen, dienen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates zur zusätzlichen Legitimation für militärisches Handeln. Das war im Irakrieg 1991 der Fall.
Stimmen die Interessen der Veto- Staaten nicht überein, dann kommen Resolutionen der UN nicht zustande oder sie werden nicht beachtet, weil die tatsächlichen Machtverhältnisse dann das Handeln der Großmächte bestimmen. Das war im Irakkrieg 2003 der Fall. Russland und Frankreich waren dagegen, die USA und GBR haben dennoch militärisch den Irak angegriffen. Ein Krieg ohne UN-Mandat, aber ohne Folgen für die Angreifer, weil zu mächtig.
5. Nun kommt mein wesentlicher Punkt:
a. So lange die USA „die einzige Weltmacht“ (Brzezinski) waren, konnten sie ohne eigene negative Folgen so handeln wir 2003.
b. Nach dem Erstarken von Russland und China prallen – wie vor dem 1. Weltkrieg (z.B. Marokkokrise, Balkankrisen) – immer häufiger die Interessen der Großmächte weltweit aufeinander (aktuell z.B. Ukraine,Syrien,Venezuela)
Es geht nicht um Moral, es geht um Interessen und Machtbereiche. Und es geht darum, dass Zentraleuropa (auch Deutschland) wieder Schlachtfeld einer solchen Auseinandersetzung der Großmächte wäre. Diese wesentliche Erkenntnis aus den zwei verlorenen Weltkriegen, die die deutsche Weltkriegsgeneration schmerzhaft gelernt hatte, sollte man nicht vergessen. Den Fehler kann man nur einmal machen.
@Pete
Sehr gut und ja es geht nicht nur um Moral, sondern um die frage der Überlebensfähigkeit Europas.
China, Russland, Indien, Türkei, Pakistan, Israel (gerechtfertigt oder nicht) und die USA (neue Regierung) gehen mit Minderheiten nicht zimperlich um, muss Europa intervenieren? Wenn nein, warum dann bei anderen Staaten? Wann müsste Europa militärisch eingreifen?
Warum nur bei den Schwächeren?
EUropa geht in der Ukraine einen anderen Weg und das ist kein guter, aber der EINZIGE ohne einen Konflikt mit Russland zu provozieren.
Wo war EUropa zu Beginn des Syrienkonfliktes? Was hatte Europa bezüglich seiner zivilen Instrumente eingesetzt? Welche Rolle spielte FR, GB, Türkei und die USA bei der Entwicklung des Konfliktes, bis es zum Ausbruch der Gewalt kam?
Hätte Europa die Möglichkeit gehabt über Diplomatie und wirtschaftliche Sanktionen zu handeln? Hat man nicht bis zum letzten Tag noch Geschäfte mit Assad, Iran und der Türkei gemacht?
Die Möglichkeiten des Handelns für zukünftige Konflikte liegen weit vor dem Ausbruch von Gewalt und da versagt die NATO und Europa in vielen Bereichen. Nicht überall, denn es wurden viele Konflikte in den letzten 70 Jahren erfolgreich verhindert. Doch es geht um unsere Zukunft.
Wo liegen die zukünftigen Konfliktfelder mit Einfluss auf Europa (mal abgesehen von der Grenzsicherung)?
Was passiert an den Grenzen zu Irland, Griechenland, Polen, Bulgarien, Rumänien, Ungarn?
Gibt es dort Spannungen? Wenn ja, wie wird ihnen durch Europa begegnet?
Was geschieht, wenn sich Polen mit Weißrussland in die Haare bekommt?
Was geschieht, wenn sich Moldawien, Rumänien, Bulgarien, Transnistrien, Ungarn, Ukraine mit ihren Minderheiten in die Haare bekommen?
Ist es im Interesse von Europa präventiv einen militärischen Konflikt zwischen den Weltmächten zu verhindern? Wenn ja, wie?
Wir machen uns zuviele Gedanken über den Einsatz von Militär wenn der Konflikt läuft. Da hilft sinnvoll nur Verteidigung. Viel wichtiger für Europa ist die Prävention und Konfliktverhütung, das ist die Kernkompetenz von EUropa, da muss investiert werden.
Militär nach 87a für Europa ist der Schlüssel zum Überleben. Militär als bloßes Machtinstrument und zur Regelung des Weltfriedens ist für Europa keine Option, denn wir würden zerrieben und das liegt in erster Linie an der geographischen Lage das ist der elementare Unterschied zu den USA. Europa, Indien, China, Pakistan, und Russland können kein Interesse an Nachbarn haben, die agieren wie die USA es tun.
Evtl läuft die Zeit für den mili Handlungsspielraum der USA ab.
@Elahan | 09. März 2019 – 12:10
„Militär nach 87a für Europa ist der Schlüssel zum Überleben. Militär als bloßes Machtinstrument und zur Regelung des Weltfriedens ist für Europa keine Option, denn wir würden zerrieben und das liegt in erster Linie an der geographischen Lage das ist der elementare Unterschied zu den USA.“
Ich habe sicherlich nicht gegen eine starke Europäische BV (in der Zukunft sogar vielleicht als LV im engeren Sinne), aber wer sich Handlungsoptionen außerhalb von LV/BV nimmt, gefährdet europäische Interessen (politische wie wirtschaftliche) und gefährdet humanitäre Interventionen.
Ein europäischer „big player“, der das Feld USA, RUS und CHN überlässt wird mittelfristig weltweit gar keine Rolle mehr spielen.
Unabhängig davon ist das aber auch eine Phantomdiskussion, denn es wird keine europäische Lösung geben wenn sich beide „Seiten“ (prominent vertreten durch FRA und DEU) in ihrer Positionen nicht an einander annähern. Von daher ist ein Kompromiss, der auch bis zu einen gewissen Grade Interventionen notwendig machen wird Voraussetzung für eine europäische Lösung. Alles andere ist nicht realistisch.
@Elahan
„Viel wichtiger für Europa ist die Prävention und Konfliktverhütung, das ist die Kernkompetenz von EUropa, da muss investiert werden.“
Sie haben gute Fragen gestellt, die genug Aufgaben für die europäische Außen- aber auch Innenpolitik bereithalten. Ich stimme Ihrer obigen Schlußfolgerung zu.
@Eric Hagen hatte geschrieben:
„…Die geo-pol. Veraenderungen sind dermassen tektonisch und bereits sichtbar, dass DEU in und mit Europa vor einer Vielzahl von Herausforderungen stehen werden,…“
Da stimme ich ihm zu und dieses tektonischen Veränderungen eine viel größere Vorsicht und auch umfassendere „situational awareness“ als im alten Kontext der „einzigen Weltmacht“.
Ein kleines Beispiel dieser geostrategischen Veränderungen wird gerade auf Spiegel-online beschrieben. Zitat aus der Anmoderation, ohne weiteren Kommentar, aber als Anregung für diese Debatte:
„Italiens Regierung will beim chinesischen Mega-Projekt „Neue Seidenstraße“ einsteigen – es winken fette Deals. Doch die Warnungen aus Washington und Brüssel sind deutlich.“
@Koffer
Was -realistisch- ist zeigt die Gegenwart und und die ist in ihren Entwicklungen eher in der Denkschule -Igel- verhaftet und der Rechtsruck in Europa verbündet sich in diesem Thema mit vielen die eher im linken Lager sind.
Die Entwicklung in Natur und Umwelt, die Handelspolitik der USA, Nord Stream und die Seidenstraße sind da viel größer SiPo Herausforderungen als irgendwelche europäischen Abenteuer im militärischen Bereich.
Am Ende ist es eine typisch deutsche Deabatte hier, man stellt fest, was angeblich nicht geht, anstelle zu schauen was wäre notwendig um EUropa zukunftsfähig, frei und sicher zu machen.
Macro hat nirgends gefordert, dass Deutschland militärisch robuster auftreten muss.
Was Macro gefordert hat, interessiert noch nichteinmal das Fachpublikum!
„Wir müssen unsere unentbehrlichen Verpflichtungen in einem Vertrag über Verteidigung und Sicherheit festlegen, im Einklang mit der NATO und unseren europäischen Verbündeten: Erhöhung der Militärausgaben, Anwendungsfähigkeit der Klausel über die gegenseitige Verteidigung, Europäischer Sicherheitsrat unter Einbeziehung Großbritanniens zur Vorbereitung unserer gemeinsamen Entscheidungen.“
Es geht um Verteidigung im Einklang mit der NATO und Artikel ein des NATO-Vertrages sagt alles.
Ja, er verhindert nicht, dass man das Militär mißbraucht, aber das ist nicht das Ziel, sondern das Ergebnis von politischen Entscheidungen.
Hier geht aber über einen Vertrag und der kann nur auf der Grundlage von Lissabon und NATO basieren.
@Koffer @Thomas Becker
Präambel
Die vertragschließenden Staaten bestätigen ihren Glauben an die Ziele und Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und ihren Wunsch, mit allen Völkern und mit allen Regierungen in Frieden zu leben.
Sie sind entschlossen, die Freiheit, das gemeinsame Kulturerbe ihrer Völker, gegründet auf die Prinzipien der Demokratie, auf die Freiheit des einzelnen und die Grundsätze des Rechts, sicherzustellen.
Sie sind bestrebt, die Stabilität und Wohlfahrt im nordatlantischen Gebiet zu fördern.
Sie sind entschlossen, ihre Bemühungen um eine gemeinsame Verteidigung und um die Erhaltung von Frieden und Sicherheit zu vereinigen.
Daher sind sie übereingekommen, diesen Nordatlantikpakt zu schließen.
……..und beachte Artikel 1-4
Wo ist das Problem ;-)
@Zimdarsen | 09. März 2019 – 14:07
„Die Entwicklung in Natur und Umwelt, die Handelspolitik der USA, Nord Stream und die Seidenstraße sind da viel größer SiPo Herausforderungen als irgendwelche europäischen Abenteuer im militärischen Bereich.“
Klar Abenteuer will ja auch niemand… Wer sprach hier von Abenteuern? Militärische Intervention als Teil der Außen- und Sicherheitspolitik ist ein vollkommen übliches Instrument aus dem Baukasten. Man sollte es mit Bedacht einsetzen und nicht für jedes Problem ist dieses Instrument geeignet, aber einen Verzicht auf einen wichtigen Teil des Baukasten kann man keinem klugen Menschen raten.
@Elahan | 09. März 2019 – 15:34
„Wo ist das Problem ;-)“
Ich sehe kein Problem…
@Koffer u.a.
„, …aber wer sich Handlungsoptionen außerhalb von LV/BV nimmt, gefährdet europäische Interessen (politische wie wirtschaftliche) und gefährdet humanitäre Interventionen“.
Es spiegelt sich hier exakt die klassische Lehrmeinung, in der wir alle und – immer noch – unser Nachwuchs erzogen werden.
Aber stimmt dies Verständnis unseres GG hinsichtlich der Interpretation sicherheitspolitischer Artikel, 87a ganz vorn, überhaupt noch? Das GG steht weitgehend unverändert seit Aufnahme der in Rede stehenden Vorgaben, das SiPo-Umfeld hat sich aber erheblich gewandelt. Dieser Kontext wird sich nicht ändern lassen, das Gesetz aber der Wirklichkeit des Lebens anpassen müssen (?), oder soll stets Karlsruhe die GG-Exegese ausbaden.
Fundstück dazu:
„Die aktuelle Ausgabe des Standardkommentars zum Grundgesetz von Maunz-Dürig kommt (hingegen) zu dem Schluss, dass sich der Begriff „Verteidigung“ „nicht in der herkömmlichen Kategorie der Territorialverteidigung“ erschöpft.
Der Verfassungsgeber habe mit dem Begriff der Verteidigung vielmehr auch den Schutz staatlicher Attribute wie der Handlungsfreiheit der Regierung und den Schutz von Staatsbürgern im Ausland gemeint“. (Siehe: atlantische-initiative.org)
Diese „Handlungsfreiheit der Regierung“ ist auszulegen, gilt mit Bestimmtheit aber für umfassende Sicherheitsvorsorge des Staates zum Schutz von Bürgern und bei Gewährleistung staatlicher Existenz.
Das außen- und sicherheitspolitische Umfeld für DEU ist radikal verändert, das GG lebt bezüglich Vg aber noch in 1955.
Änderung, also Anpassung in Anerkennnung wirklichen Lebens, tut Not.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 09. März 2019 – 19:07
„Das außen- und sicherheitspolitische Umfeld für DEU ist radikal verändert, das GG lebt bezüglich Vg aber noch in 1955.“
Inhaltlich stimme ich dem zu. Ob es dazu nun einer Änderung des Grundgesetzes bedarf oder nur einer rechtlichen Neuinterpretation ist aber seit Jahren sowohl politisch als auch unter Verfassungsjuristen umstritten. Eine vergleichbar virulente Frage stellt sich ja auch für bestimmte terroristische Attacken von größerem Ausmaße sowie mit Blick auf Gefährdungen aus dem Cyberraum.
Aber das ist nicht Thema dieses Kommentarfadens und von daher soll ist für das hier anhängige Thema ja auch erstmal egal sein, wie wir rechtlich gesehen dorthin kommen.
Zumal wir für eine verstärkte DEU-FRA/EU Lösung vermutlich so oder so eine Verfassungsänderung benötigen würden.
Ggf. wäre vielleicht auch eine Kombination von Art.87a Neuinterpretation mit einer auf Art. 23 gestützten Änderung der europäischen Verträge denkbar, aber auch das ist glaube ich eine Spezialdiskussion jenseits dieses Fadens.