Berlin stoppt vorerst Beteiligung an ‚Operation Sophia‘ im Mittelmeer
Die Bundeswehr wird sich ab Anfang Februar bis auf Weiteres nicht an der europäischen Operation Sophia, der Schleuserbekämpfung im Mittelmeer, beteiligen. Nach dem planmäßigen Abzug der Fregatte Augsburg aus der EU-Mission EUNAVFOR MED (European Naval Forces Mediterranean) am 6. Februar werde vorerst kein weiteres Schiff der Deutschen Marine in diesen Einsatz entsandt, sagte ein Ministeriumssprecher am (heutigen) Dienstagabend. Die Bundesregierung setze die deutsche Beteiligung vorerst aus, bis die weiteren Rahmenbedingungen der europäischen Mission geklärt seien.
Generalinspekteur Eberhard Zorn habe die Obleute der Fraktionen in den Bundestagsausschüssen für Verteidigung und Auswärtiges am Abend davon unterrichtet, bestätigte das Ministerium damit im Wesentlichen einen Bericht von Spiegel Online.
Mit diesem Schritt zieht die Bundesregierung die Konsequenz aus dem politischen Streit um den europäischen Marineeinsatz: Formal steht bei dieser Mission die Bekämpfung der Schleuserkriminalität aus Nordafrika und vor allem Libyen im Vordergrund, faktisch waren von deutschen Kriegsschiffen wie von denen anderer Nationen eine Zeitlang zahlreiche Flüchtlinge und Migranten aus Seenot gerettet worden, die versucht hatten, mit untauglichen Booten das Mittelmeer zu überqueren.
Bestandteil der Operationsplanung der Operation Sophia, benannt nach einem auf der deutschen Fregatte Schleswig-Holstein geborenen Mädchen, ist nach einer Rettung so genannter in Seenot geratener Personen die Anlandung dieser Schiffbrüchigen in italienischen Häfen. Das hatte jedoch die neu gewählte populistische Regierung Italiens weitgehend unterbunden. Auf Druck Italiens war zudem das von der EU zuletzt bis Ende 2018 verlängerte Mandat für die EUNAVFOR MED nur technisch für weitere drei Monate in Kraft gelassen worden, eine politische Entscheidung über die Mission steht noch aus.
Aus Sicht der Bundesregierung muss vor einer Fortsetzung des deutschen Engagements geklärt werden, wie die Operation künftig aussehen soll und welche Regelungen für den so genannten sicheren Ausschiffungshafen angewandt werden. Darüber hinaus, so heißt es in Berliner Regierungskreisen, habe die Kommandozentrale der Operation in Rom in jüngster Zeit die Kriegsschiffe vor allem dafür eingesetzt, das UN-Waffenembargo gegen Libyen zu überwachen und Lagebilder vom Ölschmuggel aus dem nordafrikanischen Land zu gewinnen. Das Thema Flüchtlinge und Migration sei demgegenüber in den Hintergrund getreten.
Vor einer politischen Entscheidung der EU über das weitere Mandat soll deshalb der Einsatzgruppenversorger Berlin nicht wie geplant als Ersatz für die Augsburg ins Mittelmeer in Marsch gesetzt werden. Die Berlin werde zwar wie vorgesehen Ende Januar als Wilhelmshaven auslaufen, dann aber an Übungen der NATO im Atlantik teilnehmen, sagte der Ministeriumssprecher.
Die Operation Sophia besteht derzeit ohnehin nur aus drei Schiffen, neben der Augsburg je eines aus Italien und Spanien. Seit Beginn im Jahr 2015 waren die Seestreitkräfte verschiedener EU-Länder deutlich stärker engagiert. Die Veränderung der Mission wird aber schon an einer Tatsache deutlich: Die letzte Rettung von Schiffbrüchigen durch ein Kriegsschiff der Deutschen Marine fand im April vergangenen Jahres statt – seitdem hatte die Kommandozentrale in Rom die Schiffe anderer Nationen auf Abstand zu den tatsächlichen Hotspots der Flüchtlingsrouten nach Europa gehalten.
Marineinspekteur Andreas Krause begrüßte via Twitter die Entscheidung:
Das Aussetzen der Teilnahme an der Operation SOPHIA ist eine gute Entscheidung für die Marine. Die freiwerdenden Seetage können wir gut zu Übungen im Rahmen Landes- und Bündnisverteidigung nutzen. Auf Lageänderungen können wir jederzeit flexibel reagieren. #WIRSINDMARINE
— chiefdeunavy (@chiefdeunavy) January 22, 2019
(Archivbild September 2016: Fregatte Augsburg im Mittelmeer- Torsten Kraatz/Bundeswehr)
Die Einstellung der deutschen Beteiligung ist keine gut Nachricht. Weder für die EU, die mal wieder zerstritten dasteht, und schon gar nicht für die Menschen, die jetzt zusätzlich im Mittelmeer ertrinken werden.
Nachdem Italien die privaten Rettungsschiffe großteils vertrieben hat, jetzt auch noch die militärischen Schiffe zu vertreiben, nur weil die EU sich nicht über Flüchtlingsverteilungen einigen kann, ist Absicht von Italien.
Die Lösung wäre einfach, die Schiffe wieder unter nationales Kommando zu stellen und dort hin zu schicken, wo die Menschen ertrinken. Und wer von deutschen Schiffen gerettet wird, darf eben in Deutschland Asyl beantragen.
Denn sonst machen wir uns mitschuldig an all den Menschen, die ohne diese Schiffe, oder deren falsche Verwendung(entfernt von den Hotspots eingesetzt) ertrinken werden.
Ein guter Entschluss, der das Brüssel der 27 zu neuer BdL zwingt.
Auf dem Rücken von Soldaten werden politische Fehlleistungen besser nicht ausgetragen. EUropa glänzt in Sachen Flüchtlingskrise, Schutz der Außengrenzen samt FRONTEX von Beginn an durch entschlussarme Beliebigkeit.
Art. 4 des „Aachener Vertrag“ also schon vor erstem Lackmusstest?
Die vom chiefdeunavy ersehnten zusätzlichen Seetage werden gut genutzt werden können, bereits durch U36 ab morgen:
Besatzung Delta mit U-36 im 5-Monats-Deployment.
https://www.presseportal.de/pm/67428/4172104
[Das U-Boot hat jetzt genau was mit der Operation Sophia zu tun? Es ist nicht besonders nett, hier mit aller Gewalt zu versuchen, irgendeinen beliebigen OT ohne jeden Bezug zum Thema reinzudrücken. T.W.]
Ein „Campaign / mission assessment“ wird wohl desaströs ausfallen, Zielerreichungsgrad = 0, je nach Betrachtungsweise sogar negativ.
@Closius | 22. Januar 2019 – 21:10
+1
Gut, den ursprünglichen Zweck des Einsatzes, Schleusernetzwerke lahmzulegen, hat man ohnehin nicht erreicht. Die zuletzt immer wieder im Fokus stehende Seenotrettung war ja eigentlich nur ein Nebenaspekt und wenn nicht mal mehr das funktioniert, kann man es auch lassen.
Und der Inspekteur hat Recht, die Marineeinheiten können ihre Zeit auch sinnvoller verwenden, als tagein tagaus Seeraumüberwachung als Selbstzweck durchzuführen.
Insgesamt aus meiner Sicht eine gute Entscheidung.
OT: Was ist die Botschaft des InspM – Hat er eine gute Entscheidung getroffen und klopft sich selbst auf die Schulter? Oder lobt er seine Vorgesetzten für deren Entscheidung öffentlich?
@Carnivora
Der InspM trifft keinerlei Entscheidung im strategisch-politischen Bereich, er ist in seiner „Domäne Marine“ fachlicher Berater.
Den strategischen Rahmen bildet die EU ab, da SOPHIA eine EU Op darstellt.
Getrost darf also davon ausgegangen werden, die Kanzlerin hat nach Vortrag der IBuK in Absprache mit dem Koalitionspartner entschieden.
Erfrischend ehrlich die Feststellung des Insp zu dem Mehr an Seetagen.
Schlepper bekämpft man ohnehin nicht indem man deren Kundschaft auf halber Strecke übernimmt. (welcher Fehlanreiz von der Anlandung der übernommenen Personen auf dem europäischen Festland ausging ist scheinbar noch nicht so recht durchgedrungen)
insofern gute entscheidung.
@KPK
„Erfrischend ehrlich die Feststellung des Insp zu dem Mehr an Seetagen.“
Ganz und gar nicht. Erfrischend ehrlich wäre eine Aussage vor dem Entschluss gewesen, dass man mehr Seetage für LV/BV braucht und deswegen keine Seetage für Missionen ala Sophia hat, weil man sonst Dir Erfüllung des Kernauftrages gefährdet wird.
Denn jetzt kann man die Aussage auch so interpretieren: Danke für die freigewordenen Kapazitäten, mir fehlen Flaggenstöcke und Besatzungen für all die Aufträge die mit aufgebrummt werden, jetzt habe ich eine Baustelle weniger.
@Dharoc
Die „Bekämpfung der Schleuserkriminalität“ war doch nie wirkliches Ziel der Mission SOPHIA. Schließlich verfügen die Schiffe der deutschen Marine über keine technischen Sensoren, um solch eine Aufgabe bewältigen zu können. Schlussendlich wurde auch nicht ein Schleuser dingfest gemacht (und damit meine ich nicht die armen Würstchen, die gegen einen Nachlass bei der Schleuserprämie die Steuerung der Boote übernommen haben).
Hier wurde und wird die Öffentlichkeit (auch durch unsere Volksvertreter) bewusst getäuscht, um Akzeptanz für diese Mission zu erwirken, die eigentlich gar nicht durch Streitkräfte durchzuführen ist.
Tatsächlich wurden laut Medienberichten aber 45.000 Schiffbrüchige gerettet.
Eine gute Nachricht nur für Zyniker, für niemanden sonst. Es war ironischerweise die BERLIN, die 2015 den EAV (ja, gabs damsls noch) abbrach und unter nationalem Kommando mit Seenotrettung begann, EUNAVFOR MED musste erst noch in Marsch gesetzt werden.
Und nun ist Play Time mit SNMG1/2 im Atlantik wichtiger, anstatt in der beginnenden Hochsaison der Aufbruchsversuche die Fahne der Humanität hochzuhalten. Alles nur eine Frage der Prioritäten, aber „Wir schaffen das“ heißt 2019 offenbar was anderes als 2015. Sicher ist ein nationaler Alleingang illusorisch ohne sichere Ausschiffungshäfen, aber da wäre noch die Op. SEA GUARDIAN – immerhin im Mittelmeer. Man muss nur wollen, aber Berlin will nun wohl such nicht mehr, und Rom nimmt einem ja auch die Drecksarbeit beim policy making auf diesem Gebiet ab.
@TW: „Operation Sophia, benannt nach einem auf der deutschen Fregatte geborenen Mädchen“ – füge ein „SCHLESWIG-HOLSTEIN“ nach Fregatte, denn sonst liest es sich so, als wäre es o/b AUG^^
[Stimmt, trage ich nach. T.W.]
Schlichter Hinweis: die „Marine ist nur Schleusertaxi“-Fraktion lebt das bitte woanders aus.
„Operation Sophia, benannt nach einem auf der deutschen Fregatte geborenen Mädchen“ – füge ein „SCHLESWIG-HOLSTEIN“ nach Fregatte […]“
@TW: Der marineinterne Rufname/Name der Fregatte SCHLESWIG-HOLSTEIN: SOPHIE-X (historisch bedingt und übernommen durch die Vorgängerschiffe deutscher Marinen, die den Namen Schleswig-Holstein trugen und die sich auf den Funkrufnamen des Linienschiffes SMS Schleswig Holstein (SX) bezogen) stand Pate für die Namensgebung des o/b FGS SCHLESWIG HOLSTEIN geborenen Mädchens und dann der Operation.
Mit maritimen Grüßen – AW
Also ich würde ja ein komplettes Ende der Mission befürworten, denn das vorgebliche Ziel hat man offensichtlich nicht erreicht und ich glaube auch nicht, dass es erreicht werden kann.
Was Seenotrettung im Mittelmeer angeht ist dies nun wirklich keine Kernaufgabe der Deutschen Marine und ich wage zu behaupten, dass es dafür auch effizientere Mittel gibt als Fregatten der Marine.
Yeoman | 23. Januar 2019 – 8:59
Danke, danke und nochmals Danke für die hum. Stimme der Vernunft.
Habe mich immer gefragt warum die Flüchtlinge da nicht leben wollen, nach dem wir ihre Recourcen dort verbrauchen, sie mit Knebelverträgen beglücken und sie mit reichlich Waffen versorgen. Undankbares Pack.
Traurige Nachricht, aber die logische Folge der derzeitigen Situation.
Italien und Malta wollen keine Flüchtlinge mehr anlanden lassen. Die EU kann sich nicht über eine Verteilung derselben und den Umgang mit dieser Situation einigen. Und bei den Fluchtursachen tut sich auch nichts.
Die politischen Voraussetzungen wurden und werden nicht geschaffen, um mit dieser Lage vernünftig umgehen zu können. Da hilft es auch nicht, diese Unfähigkeit der Politik durch Einsatz von Militär und hektischem Aktionismus zu übertünchen.
@Yeoman:
+1
Italien orientiert sich offenbar am australischen Ansatz der Bekämpfung illegaler Migration, der in jeglicher (auch in humanitärer Hinsicht) erfolgreich ist, weshalb die Bundesregierung diesen Ansatz nun offenbar auch zumindest stillschweigend unterstützt.
Wo sichergestellt ist, dass illegale Migranten ihr Ziel nicht erreichen, machen sich diese erfahrungsgemäß erst gar nicht auf den Weg, da der Versuch mit hohen Kosten verbunden ist. In Folge dessen wird nicht nur der Organisierten Kriminalität die Geschäftsgrundlage entzogen, sondern es ertrinkt auch niemand mehr.
Je stärker sich der australische Ansatz in der europäischen Sicherheitspolitik durchsetzt, desto weniger Menschen werden sterben, und desto schwächer wird die mit illegaler Migration verbundene OK werden. Es hätten viele Menschenleben gerettet und viel Schaden verhindert werden können, wenn man sich früher für einen realistischen anstatt für einen gesinnungsethischen Ansatz entschieden hätte.
Da „Bekämpfung der Schleuserkriminalität“ zwar mandadiert und vielfach postuliert wurde, von politischer Seite zur Beschwichtigung im BT und Ringen um Beifall der Wähler, aber erforderliche ROE (robustes Mandat) bedarfsgerecht nicht erlassen wurden, bleibt allein: – „Wilhelm Eduard Albrecht | 23. Januar 2019 – 13:59“ -umfassende Zustimmung.
@Wilhelm Eduard Albrecht
Dem ist nix hinzuzufügen. Es mag zwar hart klingen, aber ich glaube letztendlich ist dies die beste Lösung um Menschen zu retten. Der bisherige Weg hat nur dazu geführt, dass sich immer mehr unschuldige Menschen in diese Gefahr begeben haben!
@ Wilhelm Eduard Albrecht
“ Es hätten viele Menschenleben gerettet und viel Schaden verhindert werden können, wenn man sich früher für einen realistischen anstatt für einen gesinnungsethischen Ansatz entschieden hätte.“
Danke! Leider ist konsistentes argumentieren im Bezug auf die Migration über See hierzulande dem emotionalisierten Affekt gewichen.
Die „Rettung“ der Kunden von Schleusern samt anschließender Ausschiffung auf dem europäischen Festland ist elementarer Teil deren Geschäftskonzeptes.
Eine effektive Bekämpfung der Schleuserkriminalität müsste den Nexus von „Rettung“ und „Erreichung des Reiseziels Europa“ brechen. Es wurde jedoch das Gegenteil praktiziert und damit eher ein Anreiz für diese Branche gesetzt.
Das muss man m.E. feststellen können ohne gleich wieder abqualifiziert zu werden.
@ Wilhelm Eduard Albrecht
Guter Beitrag – aber was laesst Sie sagen/ vermuten „…weshalb die Bundesregierung diesen Ansatz nun offenbar auch zumindest stillschweigend unterstützt“ ?
Ich habe eine solche Strategieaenderung bislang nirgendwo erkennen koennen, zumindest nicht in oeffentlich zugaenglichen Meldungen.
Oder kann es sein, dass die deutsche Entscheidung wie von Ihnen beschrieben, eher zufaellig Aehnlichkeiten mit dem AUS- Modell aufweist?
@wacaffe:
»Schlepper bekämpft man ohnehin nicht indem man deren Kundschaft auf halber Strecke übernimmt.«
Zustimmung, jedoch ist die »halbe Strecke« keineswegs das, was die Wahrheit trifft. Siehe New York Times online vom 14.06.2017:
https://www.nytimes.com/interactive/2017/06/14/world/europe/migrant-rescue-efforts-deadly.html?_r=1
@Closius:
»Und wer von deutschen Schiffen gerettet wird, darf eben in Deutschland Asyl beantragen. «
Zu den in der Vergangenheit gesetzten Fehlanrzeien hat @wacaffe oben alles Nötige gesagt. Diese jetzt noch zu steigern, wäre vollkommen kontraproduktiv.
Lt. internationalem Seerecht haben die aus Seenot geretteten an der nächsten Küste wieder an Land gesetzt zu werden. Und diese ist weder in italien und erst recht nicht in Deutschland. Wo sich diese befindet, können Sie auf der oben verlinkten interaktiven Grafik der New York Times ersehen.
@wacaffe
Leider ist konsistentes argumentieren im Bezug auf die Migration über See hierzulande dem emotionalisierten Affekt gewichen.
In der Tat:
https://www.t-online.de/nachrichten/id_84247412/-absaufen-rufe-bei-pegida-anzeigen-aus-ganz-deutschland.html
@ t.wiegold
no borders vs. absaufen lassen
q.e.d.
Wenn ich mir als ehemaliger Marineoffizier und mit etwas Erfahrung bzgl. der Seefahrt diese überfüllten Schlauchboote so ansehe, die gezeigt werden, mit denen sich die Leute auf hohe See begeben … . Eine Überfahrt nach Europa dauert im günstigsten Fall mindestens ca. 40 Stunden. Die sanitären Verhältnisse, vorsichtig formuliert,, und andere mögliche Probleme … (?) . Wenn ich so eine Reise antrete, rechne ich doch sicher damit, kurz nach der Abreise von irgendjemand aufgesammelt zu werden, wie bisher in bewährter Form … . Oder?
Ich möchte hier nicht der Zensur zum Opfer fallen, nein, Entschuldigung, gegen die kritischen Richtlinien des Seitenbetreibers verstossen, aber ich kratze mich doch ein wenig nachdenklich am Kopf.
Es fällt auch im Zusammenhang mit den Resten von „Sophia“ auf: Unser Herzensnachbar Frankreich ist nicht dabei. Wenn es eine EU-gemeinsame Migrationspolitik geben soll, ist – wie bei anderen EU-Themen auch – als Ausgangspunkt und Kern eine gemeinsame konzeptionelle Vorstellung beider Länder notwendig. Allerdings: Unsere bisherigen Vorstellungen würden von FR sicher nicht akzeptiert werden.
Ganz so einfach ist die internationale Rechtslage nicht. Da gibt es gewisse Spielräume.
Gerettet werden muß, wenn man Schiffbrüchige entdeckt. Das ist verbindlich im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 geregelt, ratifiziert 1994. §98. Da steht nur „Retten“, aber nichts zum weiteren Procedere.
Ab hier wird es unscharf.
Es gibt den Beschluss Nr. 87 (t) von 1999 des UNHCR-Exekutivkomitees, die Geretteten im r nächsten von dem Schiff anzulaufenden Hafen anzulanden. Der Beschluß ist aber kein bindendes internationales Recht, sondern mehr eine Empfehlung.
Die Weltschifffahrtsorganisation IMO hat 2004 eine Richtlinie mit Empfehlungscharakter über die Behandlung von Personen, die auf See gerettet werden, erlassen. Die „Guidelines on the treatment of persons rescued at sea“ besagen, dass der Staat, der die Seenotrettung organisiert, die primäre Verantwortung hat für die Koordination und Kooperation.
Das sind beides Empfehlungen und kein verbindliches internationales Recht.
Jetzt wird es wieder konkret faßbar:
Für die eigenen Hoheitsgewässer muss jeder Staat selber die Rettung organisieren. In der libyschen 12-Meilen-Zone also alleinig Libyen. Für das zentrale Mittelmeer außerhalb von Hoheitsgewässern ist die italienische Leitstelle zur Koordination der Seenotrettung in Rom zuständig. Sie entscheidet, welches Schiff wo rettet. Das heißt, die Italiener haben das Recht, international verbindlich festzulegen, wer außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer rettet und auch, wohin die geretteten Personen zu verbringen sind. Da haben andere Staaten in dem Sektor kein Mitspracherecht, auch nicht die Bundesregierung.
Wenn Italien festlegt, daß die geretteten Personen nicht quer über das Mittelmeer nach Europa zu befördern sind, dann tut es das also im Einklang mit internationalem Recht. Klingt heutzutage vielleicht etwas ungewöhnlich, aber es gibt tatsächlich noch Staaten, die sich an internationale Verträge halten. Auch wenn es den NGOs und Teilen der europäischen Politik mißfällt.
@Eric Hagen
Das „zumindest stillschweigende Unterstützten“, ergo auch Strategiewechsel, zeigt sich in der – nicht zuvor angekündigten – Beendigung des Fregatteneinsatzes.
Die BR fürchtet offenbar am Dahinsiechen der (ungeliebten) OP Beteiligt zu werden.
Brüssel wird den Einsatz unter Neubewertung des Gesamtbildes „Flüchtlinge – Mittelmeer“ einer Verfahrens- vor allem aber politischen Prüfung unterziehen müssen. Dabei wird sich der Blick auf die spanischen Gewässer neu ausrichten, wo zwischen Cadiz-Ceuta etc Fregatten ohnehin falsch positioniert sein dürften. Das „Schleusermittel der Wahl“ sind dort, aufgrund der geringen Entfernungen, offenbar Speedboote.
BMVg:
Die Mission hat bislang zur direkten Festnahme von mehr als 140 Schleuserei-Verdächtigen geführt, mehr als 400 von Schleppern genutzte Boote wurden zerstört.
Im römischen HQ bleibt Bw präsent.
EU-HQ:
Brüssel sieht das Ganze mit EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos allerdings anders
„Deutschland wird weiter dabei sein. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass sich das in Zukunft ändern sollte.“
„Wenn Italien als kommandierende Nation für ‚Sophia‘ entscheidet, diese Operation zu beenden, dann kann Italien das so entscheiden“, fasst es Migrationskommissar Avramopoulos zusammen.
(Tagesschau.de)
Inzwischen sind für SOPHIA – nach Abzug einer BEL Fregatte – nur noch drei Schiffe auf See, macht der Einsatz somit allein schon Kräftegründen noch Sinn.
@Eric Hagen
„…was laesst Sie sagen/ vermuten „…weshalb die Bundesregierung diesen Ansatz nun offenbar auch zumindest stillschweigend unterstützt“ ?“
Bei der Schließung der Balkan-Route hatte die Bundesregierung einen ähnlichen Ansatz gewählt. Während man öffentlich nicht von einer Schließung sprach, unterstützte man u.a. Ungarn und die Türkei bei Maßnahmen, die defacto eine Schließung bedeuteten.
Die Bundesregierung steht politisch vor dem Problem, dass sie in dieser Frage nicht ohne Glaubwürdigkeitsverlust erklären kann, mit solchen Maßnahmen frühere Fehler zu korrigieren.Die CDU kann es sich außerdem mangels Alternativen nicht erlauben, in Vorbereitung möglicher Koalitionen mit Bündnis 90/Die Grünen die Rückkehr zum aktiven Schutz der EU-Außengrenzen zu sehr öffentlich in den Vordergrund zu stellen.
Gleichzeitig hat die CDU in Folge ihrer Entscheidungen seit 2015 so massiv an Wähleranteilen verloren, dass sie eine Politik der offenen Grenzen aus naheliegenden Gründen nicht fortsetzen kann.
Wenn Deutschland eine Rezession bevorsteht, wovon einige ausgehen, wird es Spar- und Verteilungsdebatten in Deutschland geben, angesichts derer die Aufnahme weiterer irregulärer Migranten gegenüber vielen CDU- und auch SPD-Wählern kaum vermittelbar sein dürfte.
Na, nicht ganz richtig:
FRA stellt immer noch den DCOM und (zs. mit DEU) den zweitgrößten Anteil am OHQ (nach ITA natürlich) in ROMA-Centocelle.
Das gleiche gilt für das FHQ (auf dem Flaggschiff, z.Zt. die ITS „San Marco“).
Gewiss: FRA hat seine seegehende Einheit (zuletzt die Fregatte „Jacoubet“) – wie jetzt die Bundesmarine – aus dem „direct support“ herausgenommen, stellt aber weiterhin in kontinuierlichen Abständen seegehende Einheiten für den „associated support“ unter das Kdo des OHQ ab.
Zumindest das hätten „wir“ auch tun können…
Wie es scheint, sind die „Retter“ gezielt in Gewässer befohlen worden, wo es nichts zu „retten“ gibt. Ganz schön geschickt, diese Italiener:
„Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen erhob hingegen schwere Vorwürfe gegen die italienische Einsatzleitung. Die deutsche Marine sei zuletzt in die „entlegensten Ecken des Mittelmeeres“ kommandiert worden und habe seit Monaten keine sinnvollen Aufgaben mehr gehabt, kritisierte von der Leyen. In Regionen, in denen Schleuserbanden unterwegs sind, sei die deutsche Fregatte „Augsburg“ bereits seit einem Dreivierteljahr nicht mehr gewesen.“ ntv
Der Vollständigkeit halber von der Leyen (via MDR):
Also ich finde es bedenklich, wenn hier geschrieben wird, das Australien einen humanitären Ansatz verfolgt, wenn es über das Meer kommende Migranten auf kleinen Inseln in Papua-Neuguinea oder Nauru festsetzt. Letztendlich leben die Menschen dort unter erbärmlichen Zuständen, weil diese Aufnahmestaaten keine humanitäre Standards einhalten und diese gestrandeten Menschen zur Gewinnmaximierung möglichst schlecht behandeln.
Wenn ich genauer darüber nachdenke, dann ist Sophia eine der erfolgreichsten Operationen der Bundeswehr. Wann wurden schon einmal zwanzigtausend Menschen durch die Bundeswehr gerettet?
Es sollte klar sein, dass verzweifelte Menschen die Überfahrt auf jeden Fall wagen würden, egal ob im Mittelmeer Marineschiffe patrouillieren oder nicht. Die wenigsten werden überdies das Risiko abschätzen können, dass sie auf offener See erwartet.
Persönlich finde ich den Ansatz die Migrationsrouten bereits tief im Landesinneren zu verlegen deutlich humanitärer, als Menschen auf offener See ertrinken zu lassen. Die Zusammenarbeit mit Despoten in Afrika wirft allerdings wieder andere Problemfelder auf. Wirklich saubere humanitäre Lösungen wird es vermutlich eh nicht geben, da der große Ansatz einer lebenswerten Zukunft in der afrikanischen Heimat wohl zu groß ist um von Europa gestemmt werden zu können.
Letztendlich ist Sophia das humanitäre Feigenblatt Europas gewesen um darüber hinwegzutäuschen, dass die EU sich immer noch nicht zu einem gemeinsamen Ansatz durchringen konnte.
@Mediator
„Es sollte klar sein, dass verzweifelte Menschen die Überfahrt auf jeden Fall wagen würden, egal ob im Mittelmeer Marineschiffe patrouillieren oder nicht. “
Dies ist nach Auskünften von Marineoffizieren, die am Einsatz teilgenommen haben, nicht der Fall. Die Schlepperbanden setzen demnach die Migranten auf seeuntüchtigen Booten in der Nähe der libyschen Küste aus und informieren dann das Lagezentrum in Rom über Satellitentelefon über die Koordinaten. Die Migranten würden sich nur an Bord der Booten (oft Schlauchboote) begeben, mit denen man niemals Europa erreichen könnte, weil sie davon ausgingen, dass sie durch Marinekräfte weiter nach Europa verbracht würden. Die Schlepper hätten dies in ihr Kalkül einbezogen und könnten ihre Profite steigern, weil sie günstigere Boote nutzen könnten.
Von „Seenot“ zu sprechen sei allgemein unzutreffend, da es sich bei der Lage der Migranten nicht um einen ungeplanten Notfall handele.
Es handele sich in den allermeisten Fällen auch nicht um verzweifelte Menschen die nicht wissen was sie tun, sondern überwiegend vor allem um vergleichsweise gut ausgebildete Söhne von vergleichsweise wohlhabenden Familien, die das Geld hätten, die Schlepperbanden zu bezahlen, wobei die Söhne durch Rücküberweisungen aus Europa diese Investition wieder hereinbringen sollen.
Man sollte dieses Thema daher so wie alle Sicherheitsthemen nüchtern und mit kühlem Kopf betrachten. Emotionalisierung und Moralisierung haben eine Diskussion über harte sicherheitspolitische Fragen noch nie sachlicher werden lassen oder zu besseren Entscheidungen geführt.
Das gilt auch für die humanitären Aspekte des Themas. Keine mir bekannte seriöse Quelle bestreitet, dass die Zahl der Toten vor den Küsten Australiens seit Beginn der Umsetzung des „No Way“-Ansatzes deutlich zurückgegangen ist. Falls Sie über andere Informationen verfügen, wäre ich sehr dankbar für eine Quelle.
@Wilhelm Eduard Albrecht
„Die Schlepperbanden setzen demnach die Migranten auf seeuntüchtigen Booten in der Nähe der libyschen Küste aus und informieren dann das Lagezentrum in Rom über Satellitentelefon über die Koordinaten.“
Ich denke genau so ist es. Und ich denke, die meisten Fachleute wissen das seit Langem. Warum wurde/werden die Fakten ignoriert? Weil es zunehmend nicht um Fakten in den öffentlichen Debatten geht, sondern um die „moralische“ Meinungshoheit. Und da setzen sich oft „Ideologen“ durch, die nichts besser machen, aber viel „Moralin“ verstreuen. Und manchmal (oft) setzen sich diese mit den falschen Fakten durch, weil sie lautstärker auftreten (können) bzw. von den Massenmedien diesbezüglich unterstützt werden. Am Ende hat Keiner etwas verbessert für die betroffenen Menschen.
Traurig, aber wahr: wir führen zunehmend Debatten, die sich an Emotionen orientieren, aber nicht an Fakten! Ist leider so.
@Wilhelm Eduard Albrecht (23. Januar 2019 – 22:34)
Zunächst einmal handelt es sich bei der Rettung von Menschen aus Seenot nicht um ein Sicherheitsthema sondern schlicht um ergreifend um eine humanitäre Fragestellung. An diese kann man auf verschiedenste Weise herangehen.
a.) Menschenleben retten
b.) Menschen bewusst ertrinken lassen
c.) Wegschauen und so tun als würde nichts geschehen, weil es keine Zeugen gibt
Glauben sie ernsthaft ein Schleuser würde keine Menschen mehr auf See schicken, wenn das Risiko für deren Tod steigt? Selbst wenn die „Schlauen und Wohlhabenden“ in manche Boote nicht einsteigen, so bleiben immer noch genug „Verzweifelte und weniger Wohlhabende“ übrig die jede Gelegenheit ergreifen. Als Schleuser würden sie ein Geschäftsmodell ja auch nicht aufgeben, wenn die Gewinnmarge von 300% ihres Einsatzes auf 200% zurück geht. Die Tatsache, dass in 2018 tausende im Mittelmeer ertrunken und viele Boote nach Spanien und Italien durchgekommen sind zeigt, dass es wohl nicht die Regel ist auf das „Taxi nach Europa“ vor der Küste zu warten, wie es Rechtspopulisten gerne formuliere.
Ich bin der Meinung, dass Maßnahmen an Land deutlich mehr Erfolg bringen als jede Kaltschnäuzig auf See. Schaut man sich die Zahl der über die Jahre durch Sophia geretteten an, so stellt man fest, dass diese sicher nicht die Masse an Flüchtlingen in Europa ausmachen.
Hätte man mit Libyen einen Verhandlungspartner mit gewissen ethischen Grundwerten, dann könnte man tatsächlich Schiffbrüchige an dessen Küstenwache übergeben. So wie die Lage in Libyen ist kann man es aber wohl keinem deutschen Soldaten zumuten Frauen und Kinder an dieses Land auszuliefern, völlig unabhängig ob die Menschen sich freiwillig dorthin begeben haben. Vermutlich würde eh kein deutsches Kriegsschiff aus Sicherheitsbedenken in einen Hafen dieses Landes einlaufen.
Letztendlich ist es eine politische Entscheidung wie viele europäische Wertevorstellungen man über Bord werfen will. Nur weil man vorgibt nichts zu wissen, weil man keine Schiffe und Aufklärungsflugzeuge mehr losschickt, ändert nichts an den Tragödien auf dem Meer.
Wie verhalten sich eigentlich die benachbarten Mittelmeeranrainer in dieser Situation? Werden oder wurden nicht seetüchtige Boote mit Immigranten auch von der Algerian Coast Guard aufgebracht und die Insassen gerettet? Von der Tunesian National Guard Marine (Küstenwache) gibt es mehrere entsprechende Berichte, der letzte Fall ereignete sich in der Nähe der Kerkenna Inseln im Dezemcer 2018, wo 45 Immigranten (vorrangig aus Ländern der Sub-Sahara) gerettet und später durch die Tunisian Red Crescent Society betreut worden sind. Laut AFP sind in der ersten Jahreshälfte 2018 mehr als 2.660 Menschen, welche die Mittelmeerüberquerung wagten und aufgebracht worden, durch die Tunesischen Behörden arrestiert worden. Gibt es ähnliche Meldungen aus Algerien?
@Wilhelm Eduard Albrecht, Pete
Nein, die Zahl der über das Mittelmeer flüchtenden korreliert nicht mit der Zahl der eingesetzten SAR-Schiffe. Sieht man ja mehr als anschaulich daran, dass immer noch Menschen ertrinken, obwohl kaum noch zivile SAR-Schiffe unterwegs ist, und EUNAVFOR MED nicht mehr vor Afrika präsent ist.
Mehrere Studien zum Thema sind hier verlinkt:
https://www.heise.de/tp/features/Sind-Seenotretter-im-Mittelmeer-fuer-mehr-Fluechtlinge-verantwortlich-4124990.html?seite=all
Dass die deutschen Schiffe in Seegebiete geschickt werden, wo sie aus anders interessierter Sicht keinen Schaden anrichten können, ist zwar eine unfreundliche Geste gegenüber Deutschland, mir aber nachvollziehbar.
Seit geraumer Zeit liegt der Missionschwerpunkt bei Schleuserbekämpfung. Was hat die deutsche Marine – von politischer Ebene zu verantworten – bisher dazu beigetragen? Ungefähr nichts. Statt dessen hat Deutschland durch fragwürdige Rekordversuche in der humanitären Disziplin das Problem Italiens und anderer EU-Länder vergrößert.
Da ist es eigentlich noch diplomatisch höflich, den unsolidarischen Störer zu neutralisieren, in dem man ihn leise in eine abseitige Ecke ordert, ohne öffentliche Szene zu machen.
Dann frage ich mich, warum die deutsche Regierung das schon längere Zeit still erträgt und erst jetzt reagiert. Mein favorisiertes Erklärungsmodell (weil es schon häufig passte) ist deren Maxime, jegliche öffentliche Diskussion über heikle Themen., die politische Positionierung oder Handeln erfordern könnte, nach Möglichkeit im Keim zu ersticken. Und da kann man mit Wirkungslosigkeit oder Irrelevanz eigener Aktivitäten ganz gut leben. Das Kopfschütteln im Ausland über deutsche Wunderlichkeiten bekommt der wählende Michel ja nur gedämpft mit.
Was könnte die Regierung bewogen haben? Aus der Marine höre ich (und da ging ja sinngemäß auch durch die Presse), dass deren Kapazitäten längst stark überplant sind. Mit der Folge galoppierender Degradation der Einsatzbereitschaft und Entprofessionalisierung.
Da muss ja irgendwann das „Ende Gelände“ kommen. Und ganz bestimmt, wenn internationale Partner wegen inadäquater deutscher Beiträge an Stellen, wo wirklich militärische Potentiale gefordert sind, im Hintergrund Druck machen. Wenn dann demnächst (verstärkte) deutsche Beiträge zu NATO-Verbänden und/oder – zumindest für die deutsche Marine – neuen Szenarien/Einsatzgebieten zur Sprache kommen, würde das diese weitere Motivation belegen. Es muss ja nicht gleich ins südchinesiche Meer gehen, in oder bei der Strasse von Kertsch gibt’s ja auch Bedarf, wenigstens politische Solidarität zu demonstrieren. Bin gespannt, ob dazu in Bälde was anmoderiert wird.
Bis dahin kann man ja noch ein bisschen über willkommene Sündenböcke wie die Regierungen Italiens, Ungarns usw. herziehen und damit Nebel werfen.
Ach ja, und twitternde Amtsträger sollten verstehen, dass sie deswegen auch mal der Shitstorm treffen kann.
@Mediator
Bewusst oder unbewusst zeichnen Sie ein unvollständiges Bild der Handlungsoptionen.
Es gibt auch die Lösung nr. 4 Dafür sorgen, dass die Menschen sich garnicht erst in Gefahr begeben.
Sie sagen Sophia ist der erfolgreichste Einsatz ever, woran bemessen Sie das? Daran das über 20.000 Menschenleben gerettet wurden? Ok das ist ein Ansatz. Der fliegt Ihnen aber um die Ohren wenn die Behauptung stimmt, dass die Menschen sich mit dem Wissen aufs Wasser begeben weil sie durch die Marine gerettet werden, denn dann ist Sophia innletzter Konsequenz auch für den Tod aller in diesem Zeitraum Ertrunkener verantwortlich. Und das ist dann nun wahrlich kein Grund die Mission zu feiern.
Aber selbst dann wenn diese Behauptung nicht stimmt und diese Menschen hätten sich doch aufs Wasser begeben und wären tatsächlich alle ertrunken, dann muss man die gleichen Maßstäbe für alle Einsätze der Bundeswehr anlegen. Wieviele Millionen wurden dann im Kosovo, Afghanistan oder Mali davor bewahrt Vergewaltigt, Verstümmelt oder Ermordet zu werden? Wieviele Milliarden sind heute noch am Leben, weil die Bundeswehr im Kalten Krieg einen Beitrag dazu geleistet hat, dass dieser nicht zu einem heißen Atomkrieg eskaliert ist?
Nur mal so ein Gedankenanstoß nicht nur fokussiert auf einzelne Aspekte und Wirkungen zu schauen, sondern immer auch das ganze Drumherum zu betrachten.
@ Mediator
Nichts für ungut, aber der Beitrag ist nicht gelungen.
Was Herr Albrecht sagt ist nichts anderes als „Wir lassen es erst gar nicht zu, dass sich jemand aufs Mittelmeer begibt und dort ertrinkt“. Was hat das mit „Wir lassen Menschen ertrinken“ oder „wir gucken untätig zu“ zu tun, außer, dass es eine bösartige Unterstellung ist?
Das „australische Modell“ ist das einzige (bekannte und in der Wirklichkeit erprobte) Mittel, einer solchen Problematik effektiv und nachhaltig zu begegnen. Und ja, es stimmt, es ist dafür zu sorgen, dass Fluchtursachen bekämpft werden und, dass es z.B. in Nordafrika sichere Anlaufstellen gibt, in denen man Antrag auf Asyl stellen kann oder in der Tat vor Krieg und Gewalt sicher ist. DAS wäre eine sinnvolle militärische Aufgabe, dort für einen „safe haven“ für Flüchtlinge zu sorgen, statt sie aus dem Mittelmeer retten zu müssen.
Hätte man hier seit Herbst 2015 dieselben finanziellen Mittel und dieselbe Emsigkeit an den Tag gelegt, wie bei der inländischen Flüchtlingshilfe, wäre man längst weiter. So lässt man sich lieber die anderen die Hände schmutzig machen, kritisiert jene, profitiert jedoch stolz davon („die Obergrenze wurde wiederum nicht erreicht“) und schwadroniert ernsthaft über eine europäische Lösung eines zu 95% deutschen Problems, die es aus naheliegenden Gründen niemals geben wird.
Insofern ist es vernünftig, diesen Einsatz zu beenden.
@wilhelm … u.a.:
die Annahme, dass die Schleuser niemand in See schicken, wenn keine Aussicht auf Aufnahme besteht ist schlicht falsch. Typisches denken aus dem komfortablen Sessel, was aus dieser Sicht rational wäre. Dem ist aber nicht so, aus deren Sicht. Die Migranten werden, wenn die nicht einsteigen wollen, eben mit Prügel oder sonstiger körperlichen Gewalt in die Boote gezwungen, das ist nicht wie am Flughafen, wo sich jeder HansFranz sein Paket zusammenstellen kann mit Fensterplatz und nicht neben Adipösen. Es läuft hier auch auf einen „Schwanzvergleich“ mit der EU raus am Ende, wer erträgt mehr Tote, wir oder die. Wenn ich manche Diskussion hier und sonstwo verfolge, sind wir inzwischen offensichtlich mindestens genauso skrupellos wie die Schleuser.
Das heisst nicht, dass es richtig ist, den „Transport“ nach Europa zu übernehmen, es müsste auch aus meiner Sicht, eine Rückführung an die LYB Küste erfolgen. Da kommt dann aber wieder andere Dinge ins Spiel wie Nationale LYB Gewässer, wer darf dann wo anlanden und wer nimmt die dann auf. Das erfordert aber etwas mehr Hirnschmalz wie das plumpe „lasst genug ersaufen, dann löst sich das Problem“.
Sie dürfen mir auch glauben, dass ich weiss wovon ich rede, war selbst in der Optionenplanung etc 5 Monate vor Ort.
@diba
Da liegt ein Missverständnis vor: Ich bezog mich darauf, dass die Intensität, mit der die jeweiligen Migrationsrouten frequentiert werden,offenbar mit den Annahmen der Migranten zusammenhängt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, auf der jeweiligen Route nach Mitteleuropa gelangen zu können. Es gibt dazu irgendwo ausführliches Material, das ich gerne heraussuchen kann.
Das gleiche war ja auch im Fall Australiens zu beobachten, wo das Aufkommen stark zurückging, nachdem die Australier glaubwürdig vermittelt hatten, dass irreguläre Migranten den australischen Kontinent nicht erreichen werden.
Die Forderung „lasst genug ersaufen, dann löst sich das Problem“ hat hier übrigens niemand gestellt.
Moin,
wie viele Deutsche waren während und nach dem WW II eigentlich auf der Flucht.
Was geschah mit denen, warum sind sie geflohen?? Na klingelt da was??
Schon mal so ein Auffanglager in Libyen von innen gesehen? Wie viele verrecken eigentlich auf dem Landwege??
UN Menschenrechts Konvention WTF
Im Deutschlandfunk hat heute MdB R. Kiesewetter ein Interview zum Thema gegeben und deutlich gemacht;
dass bei der EU-Mission Sophia, Solidarität und Sicherheitspolitik Hand in Hand gehen müssen. Das italienische Vorgehen gefährdet den Kernauftrag der Mission: Schleuserbekämpfung und die Ausbildung der libyschen Küstenwache. Wir müssen rasch eine europäische Einigung erreichen. Die deutsche Entscheidung, vorerst kein Schiff mehr im Rahmen der Operation Sophia im Mittelmeer einzusetzen, ist deshalb angemessen und ein klares Signal, um Druck auf Italien auszuüben.
…..und der Preis dafür zahlen die Flüchtende mit ihrem Leben.
Es muss eine Möglichkeit geben, Menschen zu retten ohne Sie nach Europa zu bringen.
Europa muss an seiner Gegenküste einen Raum schaffen um Gerettete zu Versorgen um ihnen das Überleben zu gewährleisten. Europa schiebt Mrd Euros und Dollars nach Nord-Afrika, einige EU Staaten waren bereit eigen Soldaten für die Freiheit von lybischen Bürgern zu opfern, Mrd an Militärausgaben in einen Krieg zu stecken und nun ist keiner in der Lage einen sicheren Hafen unter der Aufsicht der UN zu schaffen?!
Europa muss doch einem Staat im Norden von Afrika ein Stück Wüste mit Zugang zum Meer abkaufen können? Wenn das nicht klappt, müssen die Lager (Hölle) die jetzt bestehen unter UN/EU Aufsicht und anständig versorgt werden.
Das Abkommen zwischen Italien und Libyen führte dazu, dass nun in Libyen menschenverachtende Lager entstanden sind. Das ist eine Schande was da geschieht und das mit voller Kenntnis im AA, BMVg, BMZ, VA, Parlament und Regierung der BRD.
Für eine Militärinvention ist Geld und Personaleinsatz da, kann man internationales Recht dehnen bis zum Anschlag, wenn es aber um die Rettung von Menschen geht, lässt man die Retter nicht ihre Aufgabe tun!
Was für ein zynisches Spiel?
Was geschieht mit einem Menschen welcher vor dem Zoll am Flughafen einen Herzinfarkt bekommt und keine Erlaubnis zur Einreise hat? Lässt man den liegen?
@STO
Die im Zuge des Zweiten Weltkriegs vertriebenen Deutschen waren Binnenflüchtlinge, die keine Staatsgrenzen illegal überschritten haben und somit auch kein Problem der Außen-. und Sicherheitspolitik darstellten. Eine Parallele zur gegenwärtigen Lage kann ich nicht erkennen. Oder wollen Sie mit Ihrem Kommentar sagen, dass die Vertriebenen der Gegenwart so wie damals im Herkunftsland versorgt werden sollen? Damit würden Sie den Forderungen einiger Migrationsforscher entsprechen,die genau das empfehlen, weil man mit dem Aufwand füri die Versorgung einer Person in Europa ca. hundert Personen vor Ort versorgen könnte.
Die Bekämpfung von Migrationsursachen kann bei sog. Push- und bei Pull-Faktoren ansetzen. Einer der am leichtesten zu beeinflussenden Pull-Faktoren ist die Aussicht, erfolgreich in Europa einreisen zu können. Durch die Ausschaltung dieses Faktors würde eine der Hauptsursachen von illegaler Migration nach Europa zuverlässig beseitigt, weshalb sich weniger Menschen auf den Weg durch die Sahara machen würden und folglich auch weniger Menschen dort sterben würden. Alle würden gewinnen.
Der Migrationsforscher Paul Collier, dessen Artikel man im Netz findet, hat den Nutzen eines solchen Ansatzes ausführlich beschrieben. Wer bei diesem sicherheitspolitischen Thema sinnvoll mitreden möchte, sollte m.E. seine Artikel gelesen haben.
Leute, ihr begebt euch jetzt in merkwürdige Debattenbereiche – und ich weise, erst mal noch zurückhaltend, darauf hin, dass hier nicht der Ort ist, anhand der Operation Sophia die grundlegende Debatte über Flüchtlings- und Migrationspolitik führen zu wollen. Auch
nicht dafür, dass einige ihr Lieblingsthema „Merkel ist Schuld“ jetzt hier hintenrum einführen wollen.
Einig ist man sich in dieser Diskussion anscheinend nur in sehr wenigen Punkten, die da wären:
1. Das Zerstören der ca. 400 Flüchtlingsboote aus Holz, hat die Überfahrt in Schlauchbooten zunehmend gefördert und lebensgefährlicher gemacht (siehe Artikel NYT).
2. Das australische Modell die Flüchtlinge auf „Gefängnisinseln“ „outzusourcen“, hat die Flüchtlingszahlen sinken lassen.
3. Die katastrophalen Zustände der Flüchtlinge in Libyen haben auch die Ursache, dass das stabile Regime von Gaddafi durch die europäischen Anreinerstaaten (FRA; GB; ITA und den USA) „weggebombt“ wurde. Für diese Zustände habe die Europäer eine Mitverantwortung.
Ein paar weitere Gründe möchte ich anführen
4. Die Fluchtgründe in den afrikanischen Herkunftsstaaten werden durch europäische Zollbestimmungen und Handelsverträge für europäische Agrarprodukte eher verstärkt als gemildert. Eine Änderung der europäischen Handelsverträge, die die einheimische Produktion von Lebensmitteln und Waren fördert sind mir nicht bekannt. Vor allem das einheimische Unternehmertum müsste gefördert werden.
5. Eine ernsthafte Bekämpfung der Schleuserkriminalität indem versucht würde die Gewinne der Organisierten Kriminaliät aus der Schleusertätigkeit, z.B. am Bankenplatz London abzuschöpfen sind mir nicht bekannt (siehe auch Priaterie vor Somalia).
6. Eine Intensivierung der Entwicklungshilfe in afrikanischen Ländern, die nicht der Förderung der europäischen Absatzmärkte, sondern der „Hilfe zur Selbsthilfe“ dient, gibt es viel zu wenig.