Berlin stoppt vorerst Beteiligung an ‚Operation Sophia‘ im Mittelmeer

Die Bundeswehr wird sich ab Anfang Februar bis auf Weiteres nicht an der europäischen Operation Sophia, der Schleuserbekämpfung im Mittelmeer, beteiligen. Nach dem planmäßigen Abzug der Fregatte Augsburg  aus der EU-Mission EUNAVFOR MED (European Naval Forces Mediterranean) am 6. Februar werde vorerst kein weiteres Schiff der Deutschen Marine in diesen Einsatz entsandt, sagte ein Ministeriumssprecher am (heutigen) Dienstagabend. Die Bundesregierung setze die deutsche Beteiligung vorerst aus, bis die weiteren Rahmenbedingungen der europäischen Mission geklärt seien.

Generalinspekteur Eberhard Zorn habe die Obleute der Fraktionen in den Bundestagsausschüssen für Verteidigung und Auswärtiges am Abend davon unterrichtet, bestätigte das Ministerium damit im Wesentlichen einen Bericht von Spiegel Online.

Mit diesem Schritt zieht die Bundesregierung die Konsequenz aus dem politischen Streit um den europäischen Marineeinsatz: Formal steht bei dieser Mission die Bekämpfung der Schleuserkriminalität aus Nordafrika und vor allem Libyen im Vordergrund, faktisch waren von deutschen Kriegsschiffen wie von denen anderer Nationen eine Zeitlang zahlreiche Flüchtlinge und Migranten aus Seenot gerettet worden, die versucht hatten, mit untauglichen Booten das Mittelmeer zu überqueren.

Bestandteil der Operationsplanung der Operation Sophia, benannt nach einem auf der deutschen Fregatte Schleswig-Holstein geborenen Mädchen, ist nach einer Rettung so genannter in Seenot geratener Personen die Anlandung dieser Schiffbrüchigen in italienischen Häfen. Das hatte jedoch die neu gewählte populistische Regierung Italiens weitgehend unterbunden. Auf Druck Italiens war zudem das von der EU zuletzt bis Ende 2018 verlängerte Mandat für die EUNAVFOR MED nur technisch für weitere drei Monate in Kraft gelassen worden, eine politische Entscheidung über die Mission steht noch aus.

Aus Sicht der Bundesregierung muss vor einer Fortsetzung des deutschen Engagements geklärt werden, wie die Operation künftig aussehen soll und welche Regelungen für den so genannten sicheren Ausschiffungshafen angewandt werden. Darüber hinaus, so heißt es in Berliner Regierungskreisen, habe die Kommandozentrale der Operation in Rom in jüngster Zeit die Kriegsschiffe vor allem dafür eingesetzt, das UN-Waffenembargo gegen Libyen zu überwachen und Lagebilder vom Ölschmuggel aus dem nordafrikanischen Land zu gewinnen. Das Thema Flüchtlinge und Migration sei demgegenüber in den Hintergrund getreten.

Vor einer politischen Entscheidung der EU über das weitere Mandat soll deshalb der Einsatzgruppenversorger Berlin nicht wie geplant als Ersatz für die Augsburg ins Mittelmeer in Marsch gesetzt werden. Die Berlin werde zwar wie vorgesehen Ende Januar als Wilhelmshaven auslaufen, dann aber an Übungen der NATO im Atlantik teilnehmen, sagte der Ministeriumssprecher.

Die Operation Sophia besteht derzeit ohnehin nur aus drei Schiffen, neben der Augsburg je eines aus Italien und Spanien. Seit Beginn im Jahr 2015 waren die Seestreitkräfte verschiedener EU-Länder deutlich stärker engagiert. Die Veränderung der Mission wird aber schon an einer Tatsache deutlich: Die letzte Rettung von Schiffbrüchigen durch ein Kriegsschiff der Deutschen Marine fand im April vergangenen Jahres statt – seitdem hatte die Kommandozentrale in Rom die Schiffe anderer Nationen auf Abstand zu den tatsächlichen Hotspots der Flüchtlingsrouten nach Europa gehalten.

Marineinspekteur Andreas Krause begrüßte via Twitter die Entscheidung:

(Archivbild September 2016: Fregatte Augsburg im Mittelmeer- Torsten Kraatz/Bundeswehr)