Finanzministerium will höheres Pensionsalter für Soldaten – aber Beibehaltung der besonderen Altersgrenze (Nachträge – u.a. konkrete Zahl)

Das Bundesfinanzministerium dringt auf ein höheres Pensionsalter für Berufssoldaten, das den Regelungen für Beamte und Arbeitnehmer anglichen werden soll. Allerdings will auch das Finanzressort am Prinzip der so genannten besonderen Altersgrenze für Soldaten festhalten. Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf ein Schreiben aus dem Finanz- an das Verteidigungsministerium. Damit ist das Haus von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in Teilen zurückhaltender als bisherige Überlegungen aus dem Ressort von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Der Vorstoß des Bundesfinanzministers ist keine Überraschung, entsprechende Pläne wurden und werden in der Truppe und im Verteidigungsministerium schon länger erwartet. Das Wehrressort selbst hatte schon vor zwei Jahren  Überlegungen zur Aufhebung der besonderen Altersgrenze, mit der bislang besondere Anforderungen und Erschwernisse des Soldatenberufs ausgeglichen werden sollen, in sein  Strategieprogramm 2025 zur Umsetzung der Personalstrategie der Bundeswehr geschrieben. Der Kernsatz damals:

Bis 2023 sollen die Soldatinnen und Soldaten schrittweise bis zur Allgemeinen Altersgrenze geführt werden. Die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen werden geschaffen.

Allerdings hatte das Verteidigungsministerium dabei eine generelle Altersgrenze von 62 Jahren im Auge. Der Vorschlag des Finanzressorts ist differenzierter, wie aus der Meldung des Spiegels hervorgeht:

„Zur nachhaltigen Stärkung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr fordert das Bundesfinanzministerium (BMF) die Erhöhung der allgemeinen und der besonderen Altersgrenzen der Berufssoldatinnen und -soldaten“ heißt es in einem Brief seines Ministeriums an das Verteidigungsministerium vom 24. Oktober.
Als Grund führt sein Haus die steigende Lebenserwartung, die allgemeine Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die „erheblichen Stellenbesetzungsprobleme in der Bundeswehr an“. Folglich sei eine Verlängerung der Dienstzeit für die rund 170.000 Bundeswehrsoldaten „geboten“, so das Schreiben, das dem SPIEGEL vorliegt.
In dem Brief wird das Scholz-Ministerium konkret: So sollen Generäle und Oberste bis 67 dienen, alle anderen Berufssoldaten bis 65 Jahre. Sollte dies nicht umgesetzt werden, heißt es drohend, könne ein vorgelegtes Gesetzespaket zur nachhaltigen Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft „vom Bundesministerium der Finanzen nicht mitgetragen werden“. (…)
So können Unteroffiziere derzeit in der Regel schon mit 55 in den Ruhestand gehen, Offiziere je nach Dienstgrad ab 56 Jahren. Besonders früh können Kampfjetpiloten in Rente gehen. Bei ihnen liegt die besondere Altersgrenze für den Ruhestand bei nur 41 Jahren. Bei allen Gruppen will das Finanzressort erreichen, dass die Grenze um jeweils drei Jahre nach oben gesetzt wird.

Zusammengefasst: Für Generale und Oberste sollen zwei Jahre höhere Altersgrenzen als bisher gelten, nämlich 67 statt bislang 65 Jahre. Die übrigen Berufssoldaten sollen durchgängig drei Jahre länger bis 65 dienen – es sei denn, dass für sie die besondere Altersgrenze gilt: Dann dauert ihre Dienstzeit ebenfalls drei Jahre länger als bisher, mit dem Pensionsalter von 58 Jahren für Unteroffiziere bis zu 65 Jahren für Generale und Oberste liegt die Altersgrenze aber weiterhin unter der allgemeinen Altersgrenze.

Für die so genannten BO41, die Jetpiloten, soll nach dem Schreiben des Finanzministeriums geprüft werden, ob eine Erhöhung der besonderen Altersgrenze von derzeit 41 auf 43 Jahre möglich ist (also nicht um drei Jahre). Hintergrund ist, dass diese Möglichkeit des vorzeitigen Ausscheidens geschaffen worden war, um Jetpiloten andere Berufsmöglichkeiten zu eröffnen, auch wenn sie aus schlicht physischen Gründen keinen Kampfjet mehr fliegen können. Allerdings wurden in jüngster Zeit auch mehr dieser Piloten auch nach dem Abschied vom Cockpit als Berufssoldaten in der Bundeswehr behalten – nicht immer zu deren Freude (und dann auch mit einem entsprechenden Ausstieg aus der Truppe).

Die Forderung aus dem Finanzressort ist, so berichtet der Spiegel, mit dem dezenten Hinweis verknüpft, dass die Planungen des Verteidigungsministeriums zur Erhöhung von Einsatzbereitschaft und Attraktivität anderenfalls keine Unterstüzung bekämen. Mit anderen Worten: Kommt das so nicht, könnte sich das auf Gesetzesvorhaben auswirken, mit denen die Bundeswehr ihrem Personalmangel entgegenwirken will.

Nachtrag: Ein bisschen irritierend ist es schon: Per Twitter erklärt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, dass diese Fraktion ausdrücklich keine Änderung der gesetzlichen Regelung für die Altersgrenze der Soldaten fordert. Vielleicht muss man doch noch mal gucken, auf welcher Ebene im Finanzministerium dieser Brief verfasst wurde und welche Bedeutung er hat…

 

Nachtrag 2: Eine Zahl in der Spiegel-Geschichte stimmt natürlich nicht, und das ist offensichtlich: Wenn die Bundeswehr, wie in den aktuellen Zahlen zur Personalstärke ablesbar, rund 172.000 Zeit- und Berufssoldaten hat, kann eine Änderung für die Berufssoldaten alleine kaum eine Verlängerung der Dienstzeit für die rund 170.000 Bundeswehrsoldaten bedeuten.

Deshalb habe ich mal nachgefragt: Mit Stand 30. September hatte die Bundeswehr nach Angaben des Ministeriums 119.545 Zeitsoldaten – und 52.841 Berufssoldaten. Und nur auf letztere würde sich eine solche Änderung der Altersgrenze beziehen.

(Foto: Eurofighter im Baltic Air Policing über Estland im November 2018)