Kurzzeitiger Pseudo-Streit um Soldaten-Altersgrenze: Showtime oder Versuchsballon?

Das war doch ein richtiger Aufreger, heute am Samstagnachmittag: Im Bundesfinanzministerium, so berichtete der Spiegel, wird eine Anhebung der Altersgrenze für Soldaten gefordert. Das sorgt für den erwartbaren Protest, selbst der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion spricht sich dagegen aus, und am Ende gibt es so eine Art Dementi des Finanzministers. Es bleibt nur die Frage: War das inszenierte Showtime – oder schlicht ein Versuchsballon?

Die Abfolge, mal der Reihe nach:

• In den Beratungen der beteiligten Ministerien über das geplante Bundeswehreinsatzbereitschaftsstärkungsgesetz (was für ein Wort…), das die Attraktivität und die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr verbessern soll, gibt es eine Stellungnahme des Finanzministeriums. Vermutlich nur auf der Fachebene, zu dem Zeitpunkt ohne Beteiligung der politischen Spitze des Ressorts. Darin der Vorschlag – oder auch: die Forderung – einer Anhebung der Altersgrenze für Berufssoldaten.

• Die Stellungnahme wird dem Spiegel zugespielt. Der spitzt das noch ein bisschen zu – aus den tatsächlich knapp 53.000 Berufssoldaten werden rund 170.000, weil die Gesamtzahl der Zeit- und Berufssoldaten verwendet wird und nicht die der von einem solchen Vorschlag Betroffenen. Außerdem zitiert der Spiegel eine ablehnende Stellungnahme des Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes – damit wirkt das Papier aus dem Finanzministerium noch authentischer.

(Nachtrag: Der Bild am Sonntag wurde es anscheinend ebenfalls zugesteckt, doppelt hält besser)

• Die absehbare aufgeregte Debatte beginnt, und auch der verteidigungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten im Bundestag geht via Twitter auf Distanz zum SPD-geführten Finanzministerium: Das stehe nicht im Koalitionsvertrag, sei auch sonst nicht vereinbart und mit der SPD-Fraktion nicht zu machen.

• Ein paar Stunden später gibt’s vom Finanzministerium eine Art Dementi: Minister Olaf Scholz halte von dem Vorschlag nichts und unterstütze ihn nicht, und im Ministerium würden immer wieder verschiedene Vorschläge zur Diskussion gestellt. Das sagt ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings auch ausschließlich der, danach ist die Pressestelle des Ministeriums nicht erreichbar. Es könnte ja jemand noch detaillierter nachfragen.

Das war’s, Thema durch. Ergebnis und Siegerehrung: Eine Erhöhung der Altersgrenzen für Berufssoldaten steht derzeit nicht zur Debatte. Da liegt die Vermutung nicht fern, dass genau das beabsichtigt war. Am Ende bleibt nur die Frage, wer diesen Spuk inszeniert hat.