Maas: „Investitionen in Ausrüstung sind noch lange keine Aufrüstung“

Nicht nur fürs Archiv: Die Grundsatzrede von Außenminister Heiko Maas Mut zu Europa ist unter vielen Gesichtspunkten interessant – und weil hier vor allem der Aspekt Verteidigungs- und Sicherheitspolitik im Vordergrund steht: Dazu hatte der SPD-Politiker einige recht grundlegende Aussagen. Die auch aus der derzeitigen Koalition von Union und Sozialdemokraten nicht so oft in der Klarheit zu hören sind.

Um nur zwei Dinge herauszugreifen: Die vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron vorgeschlagene Europäische Verteidigungsinitiative befürwortet Maas ausdrücklich. Nun gut, das tun auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Aber Maas setzt, das habe ich aus der Bundesregierung so noch nicht gehört, einerseits auf eine enge Verzahnung dieser Initiative mit der europäischen Sicherheitszusammenarbeit PESCO – andererseits aber auf etwas darüber hinausgehendes, das er als europäisches Krisenreaktionsteam bezeichnet.

Und, auch das recht klar: Deutschland wird Fähigkeitslücken der Bundeswehr schließen müssen, wenn wir uns auf einen solchen Weg begeben.
Das kostet Geld. Aber Investitionen in Ausrüstung sind noch lange keine Aufrüstung. Nicht unbedingt eine Mehrheitsmeinung in der SPD.

Einige Passagen zur Verteidigungspolitik in der vom Auswärtigen Amt veröffentlichten Rede im Wortlaut (die ganze Rede lohnt zu lesen):

Daher werden wir unsere Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 2019/20 ganz bewusst als eine europäische Mitgliedschaft gestalten. Natürlich wird „Germany“ auf unserem Namensschild stehen. Aber wenn wir im Sicherheitsrat sprechen, dann wollen wir vom 1. Januar 2019 an auch Sprachrohr aller EU-Mitgliedstaaten sein. Und wenn wir abstimmen, dann soll uns mehr als früher europäische Politik leiten, die wir gemeinsam mit unseren EU-Partnern entwickeln wollen. Das ist unser Angebot!
Meine Damen und Herren,
neben Mut zur Einigkeit braucht die EU die richtigen Instrumente, um diese Politik auch umsetzen zu können. Zur neuen transatlantischen Realität gehört auch, dass wir mehr Verantwortung für unsere eigene Sicherheit übernehmen müssen, weil wir nicht mehr darauf setzen können, dass dies auf der anderen Seite des Atlantiks für uns getan wird. Wir brauchen eine echte Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion. 

Bei den Verteidigungsstrukturen sind wir durch die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit schon wirklich weit vorangekommen.

Aber auch hier sind weitere Schritte unumgänglich: Deshalb unterstütze ich den französischen Vorschlag einer Europäischen Interventionsinitiative – wahrscheinlich ist der Ausdruck „Europäisches Krisenreaktionsteam“ etwas treffender – und das in engster Abstimmung mit unserer Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit. Und wir sollten auch Großbritannien anbieten, sich trotz Brexit daran zu beteiligen.

Aber auch einer anderen Realität dürfen wir uns nicht verschließen: Deutschland wird Fähigkeitslücken der Bundeswehr schließen müssen, wenn wir uns auf einen solchen Weg begeben.
Das kostet Geld. Aber Investitionen in Ausrüstung sind noch lange keine Aufrüstung.

Wir tun das übrigens nicht, weil Präsident Trump das gerade einfordert. Sondern um einen Beitrag zu leisten zu europäischen Sicherheitsstrukturen, die wiederum essentieller Bestandteil und keinesfalls Ersatz einer auf Frieden und Sicherheit gerichteten EU-Außenpolitik sind.
Wie im Koalitionsvertrag angelegt, muss dies Hand in Hand gehen mit dem Aufwuchs der Ausgaben für Diplomatie in allen ihren Formen – von der Krisenprävention bis zur kulturellen Verständigung. Eine starke Verteidigung und eine starke Diplomatie – das sind zwei Seiten einer Medaille, das wissen wir spätestens seit Willy Brandts Entspannungspolitik!

Klar ist dabei, dass europäische Außenpolitik immer nur Friedenspolitik sein kann. Denn: Kein Konflikt lässt sich dauerhaft militärisch lösen.

Herzstück europäischer Außen- und Sicherheitspolitik muss daher immer das zivile Krisenmanagement sein. 2017 war das Jahr, in dem wir bei der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit einen Durchbruch erzielt haben. Machen wir 2018 zu dem Jahr, in dem wir auch auf ziviler Seite – bei der „zivilen Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ – endgültig den Durchbruch schaffen!

In Mali unterstützen wir den Staatsaufbau, in Somalia helfen wir bei der Ausbildung von Sicherheitskräften und im Irak fördern wir die Etablierung von Recht und Ordnung.
Aber die Experten, die wir dafür brauchen, müssen wir erst einmal finden, ausbilden und unterstützen. Wir wollen, dass die EU das künftig selber kann. Und wir schlagen vor, dass alle EU-Mitgliedstaaten sich verpflichten, solche Experten zu entsenden – in ein neues ziviles „Europäisches Stabilisierungcorps“.