„Abschreckung gegen Chemiewaffen“ – USA, Frankreich, Großbritannien greifen Syrien an (neu: von der Leyen)
Die USA haben gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien den erwarteten Angriff auf syrische Einrichtungen begonnen. Die Luftschläge gegen Einrichtungen der syrischen Streitkräfte dienten nicht nur der Vergeltung für einen vermuteten Giftgasangriff bei Damaskus vor einer Woche, sondern vor allem einer Abschreckung vor dem Gebrauch von Chemiewaffen, sagte US-Präsident Donald Trump nach Beginn der Angriffe am frühen Samstagmorgen syrischer Zeit.
Die Details der Angriffe, die nach den bisherigen Informationen sowohl mit Marschflugkörpern als auch von Kampfflugzeugen aus erfolgten, sind noch unklar. Das Pentagon kündigte für 0900 Washingtoner Zeit (1500 MESZ) ein ausführliches Briefing an.
Zum Nachlesen (wird ergänzt):
Statement des französischen Präsidenten
(englische Fassung)
Statement der britischen Premierministerin
Statement von US-Verteidigungsminister James Mattis
Erste Zusammenfassung der New York Times
Briefing by Secretary Mattis on U.S. Strikes in Syria
Britisches Verteidigungsministerium: RAF JETS STRIKE CHEMICAL WEAPON FACILITY IN SYRIA
Update: Eine schriftliche Erklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Samstagmorgen:
Bundeskanzlerin Merkel zu den Militärschlägen der USA, Großbritanniens und Frankreichs in Syrien
Im syrischen Duma sind vor wenigen Tagen durch einen abscheulichen Chemiewaffenangriff zahlreiche Kinder, Frauen und Männer ums Leben gekommen. Alle vorliegenden Erkenntnisse weisen auf die Verantwortung des Assad-Regimes hin, das auch in der Vergangenheit vielfach Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt hat. Zum wiederholten Mal hat Russland auch im vorliegenden Fall durch seine Blockade im UN-Sicherheitsrat eine unabhängige Untersuchung der Geschehnisse verhindert.
Im Hinblick hierauf haben unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten heute Nacht gezielte Luftschläge gegen militärische Einrichtungen des syrischen Regimes durchgeführt. Dieses Vorgehen hat zum Ziel, die Fähigkeit des Regimes zum Chemiewaffeneinsatz zu beschneiden und es von weiteren Verstößen gegen die Chemiewaffenkonvention abzuhalten.
Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben. Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen. 100 Jahre nach Beendigung des Ersten Weltkrieges sind wir alle aufgerufen, einer Erosion der Chemiewaffenkonvention entgegenzuwirken. Deutschland wird alle diplomatischen Schritte in diese Richtung entschlossen unterstützen.
Das Statement des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der vom Kreml veröffentlichten englischen Fassung hier.
Weiterer Nachtrag: Statement von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen:
Der Angriff von Assad gegen seine Bevölkerung mit Giftgas ist nicht nur abscheulich, sondern auch ein schwerer Bruch des humanitären Völkerrechts.
Chemiewaffen sind zu Recht von der Weltgemeinschaft ganz besonders geächtet und der Einsatz von Chemiewaffen darf nicht hingenommen werden. Das ist die Weltgemeinschaft auch den Opfern schuldig.
Der Weltsicherheitsrat ist in dieser Frage seit Tagen blockiert.
Deshalb ist es richtig, dass die USA, Frankreich und Großbritannien wohlüberlegt Maßnahmen ergriffen haben.
Ich wurde in dieser Nacht von meinem amerikanischen Kollegen und meiner französischen Kollegin unterrichtet.
Gemessen an der Abscheulichkeit des Chemiewaffenangriffs von Assad sind die Maßnahmen der drei Mitglieder des Weltsicherheitsrates,
die ausdrücklich gegen die Chemiewaffen Assads gerichtet waren, verhältnismäßig und erforderlich. Jetzt muss alles getan werden,
damit endlich der politische Prozess der Genfer Gespräche wiederbelebt wird und das Leiden der Bevölkerung in Syrien ein Ende findet.
Der Nordatlantikrat, das oberste politische Gremium der NATO, billigte in einer gemeinsamen Erklärung den Angriff.
(Foto: Defense Secretary James N. Mattis, the Chairman of the Joint Chiefs of Staff, Marine Gen. Joseph F. Dunford, Jr., brief reporters on the current U.S. air strikes on Syria during a joint press conference at the Pentagon in Washington, D.C., Apr. 13, 2018 – DoD photo by U.S. Army Sgt. Amber I. Smith)
So gesehen ist natürlich auch Irak und Libyen ein Erfolg westlicher Militärintervention.
Der poliitsche Erfolg muß natürlich noch erarbeitet werden, aber davon sprachen wir ja bisher nicht.
…
Man kann wirklich froh sein, daß in Deutschland die Politik das Primat hat und nicht das Militär.
Mit einem Bruttosozialprodukt etwa auf der Höhe von Italien könne Russland „niemals einen großen Krieg mit irgend jemandem führen, sonst wäre es nach zwei Tagen am Ende“ Putin schätzt er als entsprechend rational ein: „Aber er ist ein Zyniker“, daher auch sein wenig konstruktives Verhalten in Syrien – unentschuldbar wie schon seine Annektio
(Wolfgang Ischinger, bei Anne Will, Spon)
Deutschland ist nicht im Sicherheitsrat und besitzt keine Atomwaffen, es hat nicht die besondere Verantwortung wie RUS, GB, China US und FR. wenn DEU in mili Angelegenheiten reagiert sollte es dies abgestimmt mit den EU-Partnern tun, denn diese würde eine Gegenreaktion ebenfalls berühren. Wir sollten aus unserer europäischen Geschichte gelernt haben. Das die USA unter Trump eine andere Wahrnehmung hat und man ihr in der Bevölkerung bzgl Chemiewaffen nicht traut ist nachvollziehbar.
@Mitleser | 16. April 2018 – 1:43
„So gesehen ist natürlich auch Irak und Libyen ein Erfolg westlicher Militärintervention.“
Das sehe ich nicht so. In beiden Fällen wurden bisher weder die militärischen noch die politischen Ziele erreicht.
„Man kann wirklich froh sein, daß in Deutschland die Politik das Primat hat und nicht das Militär.“
1. ich kenne kaum einen Staat (demokratisch oder nicht) indem das anders wäre
2. übrigens gilt auch in den USA, FRA und GBR das Primat der Politik…
@Pete: Da haben Sie recht. Aber an besagtem Tag war alles anders. Keine Kollonen der SYAA, welche in die ehem. Rebellen-Pocket einrollten, jedes Haus durchsuchten, die Zivilbevölkerung unterwarfen.
Da waren Hubschrauber, dann Verzweiflung. Als Zeugen die Medien, Hilfsorganisationen…
Was hätte man tun sollen nachdem Obama seinerzeit noch auf einen Handel einging und die Sarinbestände Assads vernichtet würden?
Ja die Spezialisten hätte man abwarten können, aber soll man mit jeder neuen Administration in Washington einen neuen Geduldsfaden aufhängen?
@Koffer
„DEU ist eine repräsentative Demokratie. Umfragen (erst Recht wenn sie komplexe und/oder emotionale Fragestellungen betroffen) sind da wenig hilfreich.“
Also komplexe Fragestellungen versteht der deutsche Michel nicht und dann reagiert er auch noch emotional. Und deswegen ist so eine Umfrage nichts wert, weil Ihnen das Ergebnis nicht passt Verstehe.
Und wie ist das dann bei einer Wahl? Am besten wählt der Wahl-O-Mat, der ist emotionsfrei und kann auch komplexe Sachverhalte./sarc
Ein schräges Verständnis von Demokratie. natürlich kann man eine andere Meinung haben, garantiert ja das Grundgesetz. Aber das heißt auch, die Meinung der Mehrheit zählt und ist zu respektieren.
Kommentare zu Ihren militärischen Konflikten spare ich mir, bevor der OT noch größer wird.
@AoR
„Was hätte man tun sollen nachdem Obama seinerzeit noch auf einen Handel einging und die Sarinbestände Assads vernichtet würden?“
Der „Handel“ Obamas war ein Erfolg! Ob zweifelsfrei danach noch Sarin durch Assad eingesetzt wurden ist nicht eindeutig bewiesen.Es gibt Behauptungen aber keine zweifelsfreien Beweise.
„Ja die Spezialisten hätte man abwarten können, aber soll man mit jeder neuen Administration in Washington einen neuen Geduldsfaden aufhängen?“
Ich fürchte/Glaube diese Geduld muß man tatsächlich aufbringen. Es geht um Krieg und Frieden und es geht um die Glaubwürdigkeit des Westens und UNO.
Noch eine Anmerkung:
Das Sterben durch Bomben und durch fehlende Medikamente (durch Sanktionen) ist genau so dramatisch wie das Sterben durch Chemiewaffen. Wer wirklich den Menschen in Syrien helfen möchte kommt um einen Dialog mit Assad/den Russland nicht umhin. Das mag man nicht mögen ist aber Realität.
@Pete: Dies könnte aber auch dazu führen, dass man Assad jedes Gift einzeln aus dem Koffer zerren muss. Den Potentaten in Damaskus muss klar gemacht werden, dass die Regelbasierte Ordnung nicht verhandelbar ist und wir uns hier nicht Dauertrollen lassen.
Hört! Hört! OPCW-Truppe sitzt in Damaskus fest und darf nicht nach Douma! Alles unter syria.lifeuamap.com zeitgleich sei die OPCW laut SPUTNIK News unglaubwürdig wegen THE WEST.
[Wollen wir nicht bei Originalquellen bleiben?
https://twitter.com/UK_OPCW/status/985816921395298305
Ansonsten gilt hier erneut & weiterhin, dass der Propagandakrieg nicht hier stattfindet. So weit möglich jedenfalls. T.W.]
@Pio-Fritz | 16. April 2018 – 9:18
„Also komplexe Fragestellungen versteht der deutsche Michel nicht und dann reagiert er auch noch emotional. Und deswegen ist so eine Umfrage nichts wert, weil Ihnen das Ergebnis nicht passt Verstehe.“
Was hat das denn mit „dem deutschen Michel“ zu tun?! Ich kenne kaum eine Demokratie in der aktuelle, außenpolitische Fragen durch das Volk entschieden werden.
Und zudem muss man ja außerdem noch zwischen einer echten Willensbekundung des Souveräns in Form von Volksabstimmungen und den mehr oder weniger aussagefähigen Umfrageergebnissen unterschieden.
Mal auf Syrien bezogen: wie hätte denn bitte die BReg vor 8 Wochen (so lange dauert die Vorbereitung einer Volksabstimmung mindestens) eine angemessene Fragestellung in Bezug auf einen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannten bzw. nicht öffentlich bekannten Giftgas(verdacht) formulieren sollen?!
Wie hätten die zahllosen und komplexen Fragestellungen im Hintergrund dieser Operation (symbolisch vs. Großangriff; Beweise abwarten oder auf Indizien reagieren; RUS einbinden vs. RUS mit“abstrafen“ etc. etc.) in eine JA/NEIN Fragestellung einbezogen werden sollen?!
Mal ganz von den komplexen völkerrechtlichen und mittelfristig-außenpolitischen Fragestellung zu schweigen!
@Koffer
Sie wollen unbedingt mit dem Kopf durch die Wand und alle, die gegen den Einsatz sind und waren, belehren, warum sie mit ihrer Meinung daneben liegen. Bitte. Nur hören Sie bitte auf, dem Ganzen einen pseudorechtlichen, meinungsfreiheitlichen Anstrich zu geben. Das ist schlicht Starsinnigkeit.
Die BuReg hat so entschieden, wie sie als politische Vertretung gewählt und zusammenverhandelt wurde. Und Meinungsforschungsinstitute haben diese Entscheidung in einer Meinungsumfrage verifiziert. Und dann war die Mehrheit der Befragten derselben Auffassung wie die Regierung. Wollen Sie jetzt noch über die Methodik der Befragung diskutieren?
Die westlichen Luftangriffe auf Syrien zeugen von der aussenpolitischen Schwäche der EU
Die Europäer wollen auf der diplomatischen Bühne Handlungsfähigkeit demonstrieren. Doch interne Differenzen verhindern einen klaren Kurs gegenüber Russland. (NZZ)
Es ist die Tragödie Europas in diesem Grauen kein Strategie zu haben. Russland und die USA werden dies für ihre Interessen nutzen und wir tragen den Schaden mehrfach.
@Pio-Fritz | 16. April 2018 – 20:38
„Sie wollen unbedingt mit dem Kopf durch die Wand und alle, die gegen den Einsatz sind und waren, belehren, warum sie mit ihrer Meinung daneben liegen.“
Nö. Es gibt gute Gründen dafür, das sich DEU entschieden hat an der Operation nicht teilzunehmen.
Im Ergebnis überzeugen diese mich persönlich nicht, aber die Argumente sind da (wesentlich überzeugender wären sie natürlich, wenn wir nicht die ständigen Drückeberger wären und unser Verhalten ganz offensichtlich nichts mit inhaltlichen Gründen, sondern lediglich mit Drückebergertum zu tun hat).
Aber ein Argument gehört halt nicht in eine außen- und sicherheitspolitische Diskussion: Meinungsumfragen…
„Wollen Sie jetzt noch über die Methodik der Befragung diskutieren?“
Nein, die Methodik interessiert mich nicht, denn umfragengestütze Außen- und Sicherheitspolitik lehne ich komplett ab. Und glücklicherweise sieht das Grundgesetz das genauso ;)