Streit um Incirlik bleibt ungelöst, Merkel deutet Abzug an

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Auch nach einem Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan scheinen die zahlreichen Konfliktpunkte zwischen beiden Ländern ungelöst – vor allem aber: Der Streit um das Verbot der Türkei für Bundestagsabgeordnete, Bundeswehrsoldaten auf der türkischen Basis Incirlik zu besuchen, schwelt weiter.

Merkel und Erdoğan waren am (heutigen) Donnerstag in Brüssel am Rande des NATO-Gipfeltreffens zusammengekommen. Am Abend veröffentlichte die Bundesregierung eine knappe Presseerklärung, hier in voller Länge:

Bilaterales Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Merkel und dem türkischen Präsidenten Erdoğan am Rande des NATO-Treffens in Brüssel
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, teilt mit:
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan haben am Rande des NATO-Treffens ein Gespräch über derzeitige Belastungen der deutsch-türkischen Beziehungen geführt.
Die Bundeskanzlerin hat noch einmal darauf hingewiesen, dass es unabdingbar ist, dass Bundestagsabgeordnete ihre Bundeswehr im Auslandseinsatz besuchen können. Außerdem hat sich die Bundeskanzlerin erneut für eine rechtsstaatliche Behandlung inhaftierter deutscher Staatsbürger eingesetzt und dabei insbesondere die Freilassung von Deniz Yücel gefordert.

Das ist angesichts der bei solchen Protokollmitteilungen üblichen Wortwahl eine starke Formulierung. Oder besser: Nicht-Formulierung. Kein vertrauensvolles oder konstruktives Gespräch, keine Erwähnung zu Erdoğans Antwort.

Mit anderen Worten: Da hat sich nichts bewegt.

Vor dem Gespräch hatte Merkel ziemlich deutlich erklärt, dass ein Abzug der deutschen Soldaten aus Incirlik anstehe, wenn es da keine Bewegung gebe. Das Transkript ihrer Aussagen bei der Ankunft bei der NATO, ebenfalls in voller Länge:

Merkel: Guten Tag! Ich freue mich, dass wir heute das neue NATO-Hauptquartier eröffnen können. Ein Stück der Berliner Mauer wird hier auch an die Zeit des Kalten Krieges erinnern und zeigen: Wir haben es auch mithilfe der NATO geschafft, diesen Kalten Krieg zu überwinden und Freiheit und Demokratie weiter durchzusetzen. Wir werden hier heute außerdem das neue NATO-Mitglied Montenegro begrüßen.

Ich freue mich, dass alle Mitgliedstaaten der NATO noch einmal bekräftigen, dass die NATO der zentrale Pfeiler unserer gemeinsamen Sicherheit ist und wir uns in Solidarität für unsere gemeinsame Sicherheit verbunden fühlen. Deutschland leistet dazu ja auch seine Beiträge, sei es durch die Luftüberwachung in den baltischen Staaten, sei es durch unseren Einsatz in Afghanistan oder auch durch unseren Beitrag im Kampf gegen den IS.

Die NATO wird jetzt, nachdem alle Mitgliedstaaten und auch die EU in der Koalition gegen den IS vertreten sind, auch formal dieser Allianz beitreten. Ich glaube, das ist ein starkes Zeichen wobei klar ist, dass damit keine neuen Beiträge Deutschlands über das hinaus, was wir bisher tun, verbunden sind.

Wir werden hier auch noch einmal die Beschlüsse von Wales bestätigen bestätigen heißt nicht mehr und nicht weniger. Ich freue mich, dass der NATO-Generalsekretär auch mit Blick auf Deutschland gesagt hat, dass es gut ist, dass wir in einer großen Koalition unseren Verteidigungsetat erhöht haben und dass damit auch eine bessere Absicherung unserer Beiträge für die NATO möglich ist. Wir freuen uns auch, dass in Zukunft nicht nur gefragt wird „Wie viel wird für Verteidigung ausgegeben?“, sondern auch „Was stellt man als Land der NATO zur Verfügung, welche Fähigkeiten haben wir und welche Beiträge leisten wir?“. Ich glaube, hier kann sich Deutschland sehen lassen, und das werde ich hier auch deutlich machen.

Frage: Werden Sie auch etwas zu İncirlik sagen?

Merkel: Ich werde im Gespräch mit dem türkischen Präsidenten sehr deutlich machen, dass es für uns unabdingbar ist weil wir eine Parlamentsarmee haben , dass unsere Soldaten durch die Mitglieder des Deutschen Bundestages besucht werden können. Ansonsten müssen wir İncirlik verlassen. Das ist sozusagen konstitutiv für das Tätigsein der Bundeswehr.

Viel Luft bleibt da nicht mehr, angesichts der Kanzlerinnen-Aussage Das ist sozusagen konstitutiv für das Tätigsein der Bundeswehr. Der Streit war in der vergangenen Woche eskaliert, nachdem die Türkei erneut einen Parlamentarier-Besuch verboten hatte.

(Archivbild: Vorbereitung von Tornados vor dem Start zu einem Einsatzaufklärungsflug auf der Air Base Incirlik im Rahmen der Mission Counter Daesh am 24.02.2016 – Foto Bundeswehr)