Keine Korvetten-Entscheidung vor der Wahl – aber vielleicht die bewaffnete Drohne (Update)

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Über die geplante Beschaffung von fünf weiteren Korvetten für die Deutsche Marine wird voraussichtlich nicht mehr vor der Bundestagswahl entschieden. Das Verteidigungsministerium teilte den Berichterstattern im Bundestags-Haushaltsausschuss am (heutigen) Dienstag mit, dass die Behandlung dieses Vorhabens im Parlament bis zur Sommerpause nicht sicher sei.

Als Grund nannte der Parlamentarische Staatssekretär Ralf Brauksiepe, dass die Kieler Werft German Naval Yards (GNY), die an dem Auftrag für die neuen Kriegsschiffe nicht beteiligt werden sollte, ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer des Bundes angestrengt habe. Das war absehbar, GNY hatte zuvor schon das Vergabeverfahren formal gerügt. Das Verfahren wird aller Voraussicht nach nicht so rechtzeitig abgeschlossen werden, dass den Haushältern ein Vertrag zur Billigung vorgelegt werden kann.

Auf Brauksiepes Liste ist dagegen ein Vorhaben erneut aufgelistet, dass ebenfalls wegen der Anfechtung des Vergabeverfahrens für diese Legislaturperiode nicht mehr erwartet wurde: Die Beschaffung bewaffnungsfähiger Drohnen. Die Bundeswehr will die Heron TP des israelischen Herstellers IAI leasen. Dagegen hatte die US-Firma General Atomics, Hersteller der Konkurrenz-Drohne Predator,  vor der Vergabekammer des Oberlandesgerichts Düsseldorf Klage eingereicht. Das Ministerium hatte dem Bundestag deshalb im Februar mitgeteilt, dass es voraussichtlich  bis zur Sommerpause und damit vor der Bundestagswahl nicht zu einer Befassung des Parlaments kommen werde.

Dass die Heron TP-Drohne mit dem Vermerk Behandlung im Haushaltsausschuss frühestens in der 25. Kalenderwoche erneut in der Liste auftaucht, deutet darauf hin, dass Ministerium und Bundeswehr auf jeden Fall diese Beschaffung planen – unabhängig von der für Ende Mai erwarteten Gerichtsentscheidung über das Vergabeverfahren. Entweder bekommt das Ministerium vor Gericht recht, dann ist der Vertragsabschluss möglich. Unterliegt das Ministerium, wird nach Informationen von Augen geradeaus! offensichtlich erwogen, ein direktes Abkommen zwischen der deutschen und der israelischen Regierung zu schließen – ein solches government-to-government-Geschäft unterliegt anscheinend nicht den üblichen Regeln des Vergabeverfahrens.

Unklar bleibt allerdings derzeit, wie mit weiteren Rüstungsprojekten verfahren wird, die vor der Sommerpause vom Haushaltsausschuss beraten werden sollten. Die für den (morgigen) Mittwoch geplante Behandlung der Serien-Ausstattung des Kampfhubschraubers Tiger für den Einsatz in heißen Klimazonen (Ausrüstungspaket Afghan Stabilization German Army Rapid Deployment, ASGARD) sowie die ersten Schritte zur Ausstattung von Gefechtsfahrzeugen mit Digitalfunk, Teil des Projekts MoTaKo, wurden vorerst abgesetzt.

Formal gibt es dafür zwar einen Ersatztermin Ende Mai, allerdings ist zu hören, dass zurzeit zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD – auf Druck des kleineren Partners – Uneinigkeit über die weitere Behandlung aller Projekte besteht. Da werden wir vielleicht in den nächsten Tagen noch mehr zu hören.

(Foto: Heron TP auf der ILA 2016)