Dauerbrenner: Bundeswehreinsatz im Inneren?
Die Debatte über die Frage, ob die Bundeswehr auch im Inneren eingesetzt werden sollte, ist Jahrzehnte alt und kommt zu passenden Gelegenheiten immer wieder hoch – der frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz verwies in einem Interview mit Bundeswehrmedien im Februar darauf, dass er schon in den 1990-er Jahren zusammen mit dem damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble für eine entsprechende Verfassungsänderung geworben habe. Verschiedene Ansätze dazu waren von der Union immer wieder zu hören, ebenso regelmäßig wurden sie von den anderen Parteien zurückgewiesen. Deshalb zur jetzt wieder aufgeflammten Diskussion ein Blick auf die Debattenlage:
Im Entwurf des neuen Weißbuches zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr, so berichtet die Süddeutsche Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht), werde ein neuer Anlauf für den Bundeswehreinsatz im Inneren gemacht:
Bislang könne die Bundesregierung die Bundeswehr im Innern etwa im „Fall des inneren Notstandes“ einsetzen, heißt es in einem Entwurf für das neue Bundeswehr-Weißbuch, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt: „Charakter und Dynamik gegenwärtiger und zukünftiger sicherheitspolitischer Bedrohungen machen hier Weiterentwicklungen erforderlich, um einen wirkungsvollen Beitrag der Bundeswehr zur Gefahrenabwehr an der Grenze von innerer und äußerer Sicherheit auf einer klaren Grundlage zu ermöglichen.“
Nun ist das bislang nur ein Entwurf, der aus dem Verteidigungsministerium kommt, das von der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen geführt wird. Da das Weißbuch aber ein Dokument der gesamten Bundesregierung ist, wird es mit anderen Ressorts abgestimmt – in erster Linie mit denjenigen, die ebenfalls Berührung mit der Sicherheitspolitik haben, vor allem also das Auswärtige Amt. Und dessen SPD-Chef hat schon Wiederstand gegen eine solche Änderung signalisiert:
„Weißbuch hin oder her – eine Grundgesetzänderung für den Einsatz der Bundeswehr im Innern wird es mit der SPD nicht geben“.
zitiert Spiegel Online das Umfeld von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, ähnlich auch die Deutsche Presse-Agentur: Mit der SPD ist eine Grundgesetzänderung für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren nicht zu machen.
Damit bewegt sich auch die aktuelle Debatte auf den gleichen Linien wie die Diskussionen vergangener Jahre, auch wenn der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der saarländische CDU-Politiker Klaus Bouillon, den Vorstoß seiner Parteifreundin von der Leyen befürwortete:
Ich begrüße es, dass die Anpassung des Grundgesetzes nun auch auf Bundesebene diskutiert wird. Nach dem schrecklichen Terror in Belgien und Frankreich müssen wir alle verfügbaren Kräfte bündeln, um die Menschen zu schützen. Für die Polizei wäre ein unterstützender Einsatz durch die Bundeswehr in gewissen Notsituationen hilfreich. Daher muss die Bundeswehr ein verlässlicher Partner für die innere Sicherheit werden.
Nun hat das Ganze jenseits der verfassungsrechtlichen Frage noch eine ganz praktische Komponente. Denn bei all diesen Wortmeldungen ist kaum davon die Rede, dass die Bundeswehr die Polizei mit spezifisch militärischen Mitteln unterstützen sollten, wie es zum Beispiel im Fall der Entführung von Flugzeugen sinnvoll ist, weil nur die Streitkräfte über eigene Abfangjäger verfügen. Statt dessen geht es offensichtlich darum, Lücken bei der Polizei in den Ländern (und vielleicht auch beim Bund) durch Personal aus den Streitkräften zu stopfen. Aus den Streitkräften, die personell nicht gerade über zu viel verfügbare Kräfte und Zeit verfügen – und zudem ganz anders ausgebildet sind als Polizisten:
Man kann nicht die Polizei erst jahrelang kaputt sparen und ihnen notwendige technische Ausrüstung vorenthalten und dann, wenn es gefährlich wird, nach der Bundeswehr rufen. Vor allen Dingen muss man ja die Frage stellen, wo dann eigentlich die Grenze ist und ob demnächst dann Panzer möglicherweise bei einer Demonstration oder bei einem Fußballspiel auffahren sollen. (…)
Erst Polizeiplanstellen streichen und die Ausrüstung der Polizei vernachlässigen und dann nach der Bundeswehr rufen, ist der falsche Weg.
sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, im Deutschlandfunk.
Mit anderen Worten: Die Debatte ist nicht neu, diegegensätzlichen Ansichten sind nicht neu, und die Wahrscheinlichkeit einer Realisierung ist bislang ähnlich hoch wie beim Vorstoß von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble 2007.
Nachtrag: Wie auch in den Kommentaren erwähnt, zur früheren Diskussion noch Fundstellen, zwei Geschichten von mir:
Im Mai 2006 zu den Beratungen über das neue Weißbuch:
Im neuen „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, bislang noch nicht mit den anderen Ressorts der schwarz-roten Regierung abgestimmt, versucht sich das Wehrministerium an einer Definition. „Der Einsatz der Streitkräfte zur Verteidigung sowie der Spannungs- wie der Verteidigungsfall stellen traditionell auf eine äußere Bedrohung ab. Infolge der neuartigen Qualität des internationalen Terrorismus sind heute Anschläge Realität geworden, die sich nach Art, Zielsetzung und Intensität mit dem herkömmlichen Begriff des Verteidigungsfalls gleichsetzen lassen.“
Und 2008 waren Union und SPD schon mal fast schon einig über eine Grundgesetzänderung:
Deutsche Soldaten sollen künftig in Extremsituationen wie schweren Terroranschlägen auch im Inland eingesetzt werden dürfen.
Auf eine entsprechende Grundgesetzänderung haben sich Union und SPD am Sonntagabend im Koalitionsausschuss verständigt. (…)
Union und Sozialdemokraten stimmten im Koalitionsausschuss einer Verfassungsänderung zu. Danach soll der Artikel 35 des Grundgesetzes, der bereits jetzt dem Militär Amtshilfe bei Unglücksfällen erlaubt, erweitert werden: „Zur Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalles“, für die die Mittel der Polizei nicht ausreichen, soll die Bundesregierung „den Einsatz der Streitkräfte mit militärischen Mitteln“ anordnen können, heißt es in dem Gesetzentwurf, der FOCUS Online vorliegt. Die Neufassung soll in den nächsten Wochen vom Bundeskabinett beschlossen werden. (…)
Mit der Neuregelung soll zudem die Bundesregierung – und in dringenden Fällen der Verteidigungsminister – das Recht bekommen, den Bundeswehreinsatz selbst anzuordnen. Bislang ist der Einsatz von Soldaten zur Amtshilfe daran gebunden, dass die für die Katastrophenabwehr zuständigen Bundesländer die Truppe anfordern.
Diese Verfassungsänderung kam dann doch nicht zustande, weil die SPD geltend machte, da sei von der Union mehr reingepackt worden als die Sozialdemokraten mittragen könnten.
(Die Links zu den Focus-Geschichten sind deutlich älter als ein Jahr; außerdem stammen beide Geschichten von mir; deshalb hier die Links.)
(Archivbild: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei der Gebirgsjägerbrigade 23 in der Hohenstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall am 23.03.2016 – Bundeswehr/Marco Dorow)
@ThoDan | 14. April 2016 – 12:34
Ja, ein Soldat darf in einem Asylverfahren keine Entscheidungen treffen, weil er kein Beamter ist. Das ist aber nur die halbe, äußere Begründung.
Der Hausherr hier hat dankenswerter Weise die inhaltlich-rechtliche Begründung in Erfahrung gebracht. Er darf es nicht, weil nach Rechtsansicht des BMVg der Einsatz eines Soldaten als „Entscheider“ im Asylverfahren ein hoheitliches Handeln mit Eingriffen in Rechte Dritter umfaßt und ihm dieses verfassungsrechtlich nicht erlaubt ist. Das BMVg führt aus:
„Soldaten und Soldatinnen unterliegen demgegenüber den besonderen Beschränkungen des Art. 87a Abs. 2 GG. Auch sie können im Rahmen der Amtshilfe als Personalunterstützung abgestellt werden. Da sich durch die Unterstellung der Status als Soldat/ Soldatin nicht ändert, ist ihnen eine Tätigkeit, die über schlicht-hoheitliches Handeln hinausgeht, insbesondere die Vornahme von Verwaltungsakten gegenüber dem Bürger, mangels verfassungsrechtlicher Ermächtigungsgrundlage untersagt. …“
http://augengeradeaus.net/2015/10/soldaten-sind-keine-beamte-keine-bundeswehr-offiziere-als-entscheider-im-asylverfahren/
Diese Rechtsansicht des BMVg gilt nicht nur in Asylverfahren, sondern generell. Ein Soldat dürfte im Inland noch nicht einmal ein Kraftfahrzeug abschleppen lassen, auch wenn dieses in einer Bedrohungslage notwendig wäre, weil es sich um einen hoheitlichen Akt mit einem Eingriff in die Rechte Dritter handeln würde.
Aber das ist ja nun nicht in Erz gegossen. Darüber reden wir gerade. Über notwendige Verfassungsänderungen.
Bevor sie mir mit dem Beispiel UZwGBw kommen, nach dem Soldaten auch im Inland gegenüber Zivilisten hoheitlich handeln dürfen. Hierbei handelt es sich um eine sog. Annexkompetenz des verfassungsrechtlichen Verteidigungsauftrags. Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot zum Schutz von Einrichtungen der Bundeswehr und ihrer Verbündeter. Wer nachlesen will, welche juristischen Klimmzüge gemacht werden, um diese – wohl unstreitig sinnvolle – Kompetenz des hoheitlichen Handelns von Soldaten im Inland zu begründen, möge sich die schon etwas älteren, aber noch immer gültigen Ausführungen eines gewissen RegDir Heinen aus dem Jahr 2002 zu Gemüte führen:
http://www.deutsches-wehrrecht.de/Aufsaetze/NZWehrr_2002_177.pdf
Aber Vorsicht: ist etwas für Liebhaber höheren Verfassungsrechts. DAS ALLES ließe sich durch eine sinnvolle Ergänzung des Grunsgesetzes viel einfacher, umfassender und pragmatischer gestalten.
Das gleiche gilt für die angeblich so einfach zu bemühende „Amtshilfe“ geehrter
@Simon K. | 14. April 2016 – 13:07
Da liegt das juristische Problem oftmals im Detail, wann aus einem zulässigen „schlicht-hoheitlichen Handeln“ ein verfassungsrechtlich verbotenes hoheitliches Handeln mit Eingriff in Rechte Dritter wird. Siehe oben: Abschleppen eines Kraftfahrzeugs. Die Folgen: Man läßt bestimmte sinvolle Dinge in der Praxis einfach, bevor man sich rechtlich in die Nesseln setzt – oder begibt sich in eine rechtliche Grauzone. Wenn man dann als Verantwortlicher Pech hat, bekommt man besagte Nesseln zu spüren.
Ich möchte aber im Vorfeld eine Diskussion darüber, was Streitkräfte im Inland dürfen und was nicht, nicht erst, wenn sich eine Bedrohungslage konkret realisiert. Und das betrifft – ich wiederhole mich – nicht nur den bewaffneten Einsatz.
Was wäre denn davon zu halten „Komm zur BUND – Pläne für Fusion von Bundespolizei und Bundeswehr“ (strategie-technik.blogspot.de)
Und das war schon lange vor UvdL, nämlich bereits am 01.04.2016! Hat UvdL etwa abgeschrieben? Soll ja vorkommen … ,-)
@Koffer
Ok, wenn Bahnfahren in Uniform und frei Parken für Soldaten dann möglich ist, nehme ich die Mehrbelastung meiner Heereskameraden in Kauf. Das bisschen Ausbildung schaffen die schon. Nach AFG haben eh viele keine Einsatzerfahrung, evtl bleiben sie dann so in der Übung.
@Patrick Horstmann | 14. April 2016 – 22:38
+1
@Zimdarsen | 14. April 2016 – 22:46
keine Ahnung, was Sie damit aussagen wollen…
Dem sagenhaften freiwilligen Polizeidienst in BaWü gehören derzeit 744 Bürger an. Da ist also kaum Potential für einen Aufwuchs vorhanden. Ich gebe überdies zu bedenken, dass selbst wenn die Polizei jetzt sofort anfangen würde massiv neues Personal einzustellen die ersten Polizisten frühestens in drei Jahren voll ausgebildet zur Verfügung stehen.
Über gepanzerte Fahrzeuge mit Waffenstation wie Dingo oder Eagle verfügen sie dann aber trotzdem nicht. Soweit ich weiß ist selbst den Spezialkräften der Bundespolizei der Einsatz von Kriegswaffen weitestgehend verboten, weshalb der Polizei-Dingo in Afghanistan auch unbewaffnet ist. In Zeiten knapper Kassen stellt sich zudem die Frage ob hier Doppelstrukturen geschaffen werden sollten wenn beispielsweise auch die Bundeswehr den vorübergehenden Schutz kritischer Infrastruktur übernehmen kann. Und glauben Sie mir, ein Einsatz zum Schutz vor einer terroristischen Bedrohung im Inland könnte ich meinen Soldaten besser verkaufen als die ständigen Abstellungen nach Erding oder Rosenheim zur Kleiderausgabe an Flüchtlinge.
Paul | 15. April 2016 – 8:11
„Soweit ich weiß ist selbst den Spezialkräften der Bundespolizei der Einsatz von Kriegswaffen weitestgehend verboten,“
Das ist falsch.
Warum die Dingos in AFG keine Waffen drauf haben weiß ich nicht, es hat aber nichts mit einem Verbot bestimmter Waffen zu tun.
„In Zeiten knapper Kassen stellt sich zudem die Frage ob hier Doppelstrukturen geschaffen werden sollten wenn beispielsweise auch die Bundeswehr den vorübergehenden Schutz kritischer Infrastruktur übernehmen kann.“
Wieso Doppelstrukturen? Wenn ich jetzt anfange mit Soldaten Infrastruktur zu schützen, fehlen diese Soldaten anderswo.
Was passiert denn dann, wenn mal wieder ein größerer Auslandseinsatz kommt? Werden dann plötzlich alle Soldaten abgezogen und die Polizei muss wieder alles übernehmen?
„Und glauben Sie mir, ein Einsatz zum Schutz vor einer terroristischen Bedrohung im Inland könnte ich meinen Soldaten besser verkaufen als die ständigen Abstellungen nach Erding oder Rosenheim zur Kleiderausgabe an Flüchtlinge.“
Was sie ihren Soldaten erklären können oder nicht, ist hier zum Glück nicht das Thema.
Ansonsten gilt: Man hat sich den Beruf ausgesucht und muss dann demensprechend handeln.
Als Polizist gefällt es mir auch nicht, wenn ich nach Passau muss um dann Aufgaben durchzuführen, die eigentlich andere Behörden machen müssten.
Es gehört aber nunmal zum Berufsleben dazu, auch mal in den sauren Apfel beißen zumüssen.
„Ich gebe überdies zu bedenken, dass selbst wenn die Polizei jetzt sofort anfangen würde massiv neues Personal einzustellen die ersten Polizisten frühestens in drei Jahren voll ausgebildet zur Verfügung stehen.“
Da fängt momentan ein Umdenken statt, es werden vermehrt Polizisten eingestellt.
Aber da fangen sie wieder an zu argumentieren, dass wir die Bw brauchen, weil der Polizei Personal fehlt.
Der Sinn und Zweck der Bw kann aber nicht sein Personallücken bei der Polizei zu stopfen und das darf schon gar nicht der Grund sein, um das GG zuändern.
MfG
Kurzzeitige Sicherung von Infrastruktur…..aha genauso kurzzeitig wie Helfende Hände?
Wie lange wollen wir denn nicht vorhandenes Personal und Material binden?
Eine Frage an diejenigen mit mehr „Schulter-PS“ gibt es noch so etwas wie unklar melden?
Und nicht vergessen erhöht sich die Bedrohung erhöhen sich auch die Bedrohungsstufen der Standorte oder glaubt jemand wir rechnen mit einem zeitlich einzugrenzenden Anschlag und bleiben bei ALPHA? Mit der Erhöhung bindet sich eigenes Personal in den Standorten sprich weniger zur Verfügung.
Ich denke wir haben hier zwei Fraktionen die niemals zusammenkommen werden, die eine die mit dem bestehendem Rahmen des GG zufrieden ist und die andere die dies eben nicht ist.
Das schöne ist ja man muss nicht immer einer Meinung sein ;-)
@IstEgal
Herzlichen Dank. Man tut so als ob es eine Situation geben könnte in der Sicherheitskräfte des Inneren nicht ausreichen, überfordert sind und die einsatzfähigen Soldaten nichts zu tun haben und zur verfügung stehen. Was wenn beide gefordert sind?
Wir müssen alles tun um genau diese Situation zu vermeiden und wenn sie dann eintritt, Reserven außerhalb der aktiven Sicherheitskräfte mobilisieren.
Nach einem Anschlag unzähligen Soldaten medienwirksam an Häuserecken zubstellen verhindert keinen Anschlag und kostet unglaublich viel Ressource (Ausbildung, Ausgleich, Material) und bringt zusätzliche Belastungen.
Das BMVg und das BMI haben viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit, der bewaffnete Einsatz von Soldaten im Land ist nur im schon vorhandenen Rahmen nötig.
Hans Schommer | 14. April 2016 – 19:27
@ ThoDan und Simon K.:
„Versuchen Sie doch bitte einmal, gewisse „Scheuklappen“ abzulegen.
Es geht doch bei der hier diskutierten grundsätzliche Überlegung gar nicht drum, der Institution Bundeswehr Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der Inneren Sicherheit zu übertragen.[…]“
Ich habe ganz gewiss keine Scheuklappen auf. Ich gehe grundsätzlich ergebnisoffen in eine jedwede Diskussion hinein.
Aber, und jetzt kommt es, ich sehe in diesem ganzen Faden nun immer noch nichts konkretes. Meine Frage in die Runde der Befürworter blieb ungehört. Was genau, en Detail, soll denn der Bw ermöglicht werden?!
Zivi a.D. hat es passend formuliert. Hier wird um den heißen Brei herumgeschlichen.
Vor allem auch die Frage: WARUM? Und da kann die Antwort nur lauten: Weil die Polizei in ihren Mittel ungenügend ausgestattet ist. Und ich werde, niemals, befürworten das solche einfach zu behebenden Lücken mit der Bw gestopft werden. Schuster bleib bei deinen Leisten. Alle zu erwartenden Szenarien sind mit Polizeikräften zu bedienen. Polizisten können Schutzwesten tragen, auch welche der SK4. Sie können adäquat bewaffnet werden. Außer es ist mit einem Terroranschlag einer Gruppe zu rechnen die über gepanzertes Gerät verfügt.
Also bitte, liebe Befürworter, nennen sie doch nun mal Szenarien, die aufzeigen warum es unabdingbar ist das wir das GG ändern müssen und begründen sie dazu, warum dies die Polizei oder andere Kräfte im Inneren nicht leisten können.
Sollte in der Begründung durchscheinen das finanzielle Unterdeckung des Pudels kern ist: Siehe Oben, Ablehnung!
Horst Scharn | 14. April 2016 – 20:21
„@Simon K., ThoDan, usw: Bitte urteilen Sie nicht über die Fähigkeiten und Ausbildung anderer Truppengattungen, denen Sie offensichtlich nicht selbst angehören. Ich bin überrascht, was Sie Ihren Kameraden (aus Unwissenheit) alles absprechen.[…]“
Ich möchte mit absoluter Sicherheit keinem Kameraden etwas absprechen, aber es ist nun einmal Fakt das, von ganz wenigen Außnahmen abgesehen, die Soldaten nicht wie Polizisten ausgebildet werden. Dazu muss ich nicht einer anderer Truppengattung angehören um dies zu wissen.
Was ich aber weiß, und dieses sollte vielleicht in der ganzen Diskussion nicht verschwiegen werden, es gibt in unserem Land eine ganze Reihe von Menschen, die überhaupt keine sinnvollen Argumente „pro Einsatz im Inneren“ bringen, es aber dennoch befürworten. Und die Begründungen sind dann solche: „Haben ist besser als brauchen“, „Machen andere Länder auch“, „Alles halb so wild“ aber das ist alles keine Argumentation. Ebenso habe ich auch schon Kameraden getroffen die es schlichtweg „geil“ finden würden, wenn sie in voller Montur in John Wayne Manier an einem Bahnhof stünden…. auch hier, ohne Worte.
Ich lasse mich von guten Argumenten gerne überzeugen. aber bis jetzt gab es einfach keine. Vor allem keine konkreten Szenarien.
Simon K. | 15. April 2016 – 9:21
+1
Patrick Horstmann | 14. April 2016 – 22:38
Ein Soldat dürfte im Inland noch nicht einmal ein Kraftfahrzeug abschleppen lassen, auch wenn dieses in einer Bedrohungslage notwendig wäre …
Und das ist auch gut so! Man stelle sich vor: Jede Berufsgruppe die sich für wichtig hält (Soldaten, Grundschullehrerinnen, Taekwondo-Sportler, …) – läuft durch die Innenstadt und lässt auf Staatskosten Autos abschleppen. Begründung: Ich sah eine Bedrohungslage.
Das geht doch nicht! Wenn ein Soldat oder sonst jemand eine Bedrohungslage in der Innenstadt sieht – dann soll er die Polizei oder Feuerwehr rufen. Die kennen sich aus und können die Lage abschätzen ob das Auto abgeschleppt werden muss oder nicht.
Manche versuchen hier unter allen Umständen eine Möglichkeit zu finden ein bewährtes System zu zerstören.
Wo ist die sorgfältige Bedrohungs- und Gefahrenanalyse, wo ist die daraus resultierende Forderung an das BMI, wo ist die Anfrage des BMI an das BMVg zur bewaffneten Unterstützung?
Solange zB die Luftwaffe und Bundespolizei noch nicht einmal in der Lage ist unbewaffnete Hubschrauber gleichen Typ zu beschaffen, betreiben und unterhalten oder wir kaum noch Zivilschutz (Pers und Mat) haben, sind das alles hier Nebelkerzen und Schattenboxen.
@mittgard | 15. April 2016 – 9:47
Da bin ich von ihnen wohl gründlich missverstanden worden. Es geht nicht darum, „mal so“ ein Auto abschleppen zu lassen. Das darf auch ein Polizist in seiner Freizeit nicht, während er mit seiner Familie auf dem Weg ins Freibad ist. Ein Soldat dürfte es nicht, selbst wenn es ihm in einer Bedrohungslage befohlen würde, bzw. der entsprechende Befehl hierzu wäre rechtswidrig.
Letzte Absätze sagen alles:
http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2010A54_orz_pks.pdf
Innere Sicherheit hat eine europäische Dimension.Die Polizeispezialkräfte in Europa müssen hoch mobil, sehr gut ausgestattet und mit einem exakt beschriebenen rechtlichen Handlungsrahmen koordiniert werden. Nur Prävention verhindert Anschläge, der Rest ist Politik.
@Paul
Wer seine Geschichte nicht kennt ist dazu verdammt sie zu wiederholen, wer sie ignoriert?
Vielleicht haben die Väter des Grundgesetzes nicht nur die 12jährige teutsche Geschichte gedacht sondern etwas mehr bedacht.
@Hans Schommer
dafür haben wir doch eine Legalisierung
@Horst Scharn
Ich bin Zivilist, daher ist die Anrede Kamerad bei mir nicht zutreffend.
Eigentlich glaube ich das Problem liegt in der mangelnden Polizeilichen Ausbildung unserer Soldaten.
Wie viele Kompanien hat die BW die Riot Control mit Schild und Schlagstock durchführen können
@ThoDan | 15. April 2016 – 10:56:
[quote] Wie viele Kompanien hat die BW die Riot Control mit Schild und Schlagstock durchführen können [/quote]
Die einfache Antwort:
Nach einem halben Jahr Ausbildung – alle!
Wenn man denn andere Ausbildungen (Prioritaeten?) dafuer ueber Bord oder auf „machen wir spaeter“ verschieben will und Geld fuer genug Ausbildungs- und dann vermutlich auch Einsatzmaterial bereitstellt.
Womit wir eben bei der Frage sind:
Was will die Regierung bzw. die Politiker die hier den (vermehrten) Einsatz im inneren gebetsmuehlenhaft fordern?
Soll die Bundeswehr mit den Faehigkeiten verstaerken/ergaenzen welche die
Polizei nicht oder nicht ausreichend hat und wo diese Faehigkeiten in der Bundeswehr bereits in so ausreichendem Umfang vorhanden sind, dass man selbst bei Unterstuetzung der Polizei die Einsatzbereitschaft bzw. die Einsaetze der Bundeswehr „in ihrem eigenen Revier“ nicht gefaehrdet? Soll die Bundeswehr neue Faehigkeiten aufbauen oder vorhandene Faehigkeiten ausweiten? Soll dafuer auf bisherige Faehigkeiten in anderen Bereichen verzichtet werden?
Waere ich nicht Pessimist haette ich gesagt, die Bundeswehr- und Polizeifuehrung ist durch diesen Schritt der Analyse schon lange durch…
…wohl wirds aber wieder „Versuch und Irrtum“ als Grundlage der Planung, also erstmal machen und sich dann verwundert die Augen reiben, dass man dafuer gar kein Personal, Material, Geld und Zeit hat oder wieder was anderes(Einsatzbereitschaft-Faehigkeit) mit an die Wand gefahren hat.
Um die hier oft gestellte Frage, wozu denn Streitkräfte im Inneren überhaupt gebraucht werden zu illustrieren, mögen sich diejenigen, die die jetzige Rechtslage für ausreichend und hinreichend klar halten einmal die folgende Lage vorstellen.
Zwischen einem baltischen Staat und einem Drittland kommt es zu erheblichen Spannungen wegen des Status einer Minderheit des Drittlandes in dem baltischen Staat. Es kommt zu Unruhen und Anschlägen, die wahrscheinlich von einem militärischen Geheimdienst des Drittlandes unterstützt und gesteuert werden. Dass Soldaten des Drittlandes beteiligt sind ist wahrscheinlich, aber nicht bewiesen. Die Manövertätigkeit des Drittlandes in der Region erhöht sich. Die NATO verstärkt ihre Präsenz in und um die baltischen Staaten.
In dieser Situation werden vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns ein Öltanker und ein Frachter mit Chemikalien von bewaffneten Personen besetzt, die noch keine Forderungen stellen, aber mit der Sprengung der beiden Schiffe drohen. Unter den Besetzern befinden sich Ausländer unbekannter Herkunft aber auch Deutsche, die Besetzer haben teilweise offensichtlich eine militärische Ausbildung.
Die besetzten Schiffe kreuzen mal in deutschen Hoheitsgewässern, mal in internationalen Gewässern. Es nähern sich Kriegsschiffe und Flugzeuge des Drittlandes, bleiben aber in internationalen Gewässern, es kommt zu unbekannten Unterwasseraktivitäten. Es ist immer noch unklar, welche Ziele die Schiffsbesetzer verfolgen, insbesondere ob es sich um kriminelle Trittbrettfahrer handelt, die eine unsichere Situation ausnutzen wollen oder um Vertreter der Minderheit im baltischen Staat mit politischen Zielen insbesondere ist unsicher, ob die Besetzung vom militärischen Geheimdienst des Drittlandes unterstützt wird. Gleichzeitig kommt es zu ständigen Hackerangriffen unbekannter Herkunft, die zivile und militärische Kommunikationseinrichtungen, Energieversorger und Krankenhäuser treffen.
Die zuständigen deutschen staatlichen Stellen entschließen sich die Besetzung der Schiffe zu beenden, vorsorglich die bei einer Sprengung der Schiffe betroffenen See- und Küstengebiete zu evakuieren und sich auf die Versorgung von Verletzten und eine möglicherweise notwendige Dekontaminierung vorzubereiten. Gegen die andauernden Hackerangriffe wollen die staatlichen Stellen nun aktiv vorgehen.
In einer solchen, ich finde nicht ganz unrealistischen Bedrohungslage möchte ich keine erstmalige umfassende Diskussion über Zuständigkeiten und Befugnisse von Behörden. Ich möchte, dass die staatlichen Stellen die notwendigen und rechtlich erlaubten Maßnahmen planen und ergreifen können. Ich möchte nicht, dass jemand problematisieren muss, ob die besetzen Schiffe von einem SEK der mecklenburg-vorpommerschen Landespolizei, von Bundespolizisten oder dem KSK gestürmt werden, ob andere noch nicht betroffene Schiffe, zivile oder militärische, von Soldaten des Seebataillons geschützt werden dürfen, ob das ganze davon abhängig ist, ob sich Maßnahmen im Inland oder in internationalen Gewässern abspielen, ob Schiffe der Deutschen Marine eingesetzt werden dürfen und wenn ja, zu welchem Zweck und wo, ob die Evakuierungskräfte an Land von der Feuerwehr, dem THW, der Landespolizei oder des Bundespolizei gestellt werde oder ob es sich um Soldaten handeln darf, bewaffnet oder unbewaffnet und wenn ja, was diese im einzelnen dürfen und was nicht. Ich fände es auch zweitrangig, ob Informationen zur Lage auf See oder an Land von zivilen Stellen oder von den Streitkräften, von der Polizei oder von zivilen oder militärischen Nachrichtediensten kommen. Und eine Diskussion, ob Maßnahmen im „Cyberraum“, offensiv oder defensiv sind, fände ich an dieser Stelle auch unpassend.
Ich möchte hingegen, dass die staatlichen Stellen auf die Bedrohungslage wirksam und angemessen reagieren können, das Kräfte entsprechend ihren Fähigkeiten eingesetzt werden und dass das ganze auf einer tragfähigen, der Verfassung entsprechenden Rechtsgrundlage geschieht.
Aber genau die oben genannten Fragen würde man bei der gegenwärtigen Rechtslage erörtern müssen, weil jemand den Einwand erheben würde: „Dieses oder jenes geht aber nicht, weil es wäre ja nicht mehr von der Amtshilfe gedeckt, sondern ein verfassungsrechtlich unzulässiger Einsatz von Streitkräften im Inneren.“ Nein, die Diskussion muss vor dem Eintritt einer solchen oder ähnlichen Bedrohungslage diskutiert und geklärt werden. Die gegenwärtige Rechtslage gibt jedenfalls keinen eindeutigen Handlungsrahmen. Und hier geht es nicht „nur“ um Soldaten mit G36 vor dem Lehrter Bahnhof.
@Patrick Horstmann
Ich weiß nicht, ob Sie sich dessen bewusst sind, aber Sie machen jetzt ein anderes Fass auf: Nämlich die Frage, wie es mit dem Einsatz der Bundeswehr aussieht, wenn militärische Mittel und Fähigkeiten gebraucht werden, weil die Polizei darüber eben nicht verfügt. Deshalb gibt es ein Luftsicherheitsgesetz, und in der damaligen Debatte spielte auch immer wieder ein mögliches Seesicherheitsgesetz eine Rolle, das dann nie verwirklicht wurde.
Mit anderen Worten: Wenn eine Bedrohung ausschließlich durch die Bundeswehr abgewendet werden kann, weil nur Militär die nötigen Mittel hat (z.b. die Polizei keine Jagdflugzeuge), sind wir bei einem etwas anderen Thema. Wenn es tatsächlich darum ginge, ließe sich recht einfach auch innerhalb der geltenden GG-Lage ein Seesicherheitsgesetz mit entsprechenden Befugnissen schaffen. Genau diese Regelung scheint aber nicht gewollt, sondern eine weit darüber hinaus gehende grundsätzliche Ermächtigung.
@ T.W.
In die gleiche Stoßrichtung wollte ich auch grad vorrücken, da waren sie aber nun schneller :)
Der Punkt ist, das in der aktuell sich anbahnenden Debatte, ziemlich viel unscharf im Nebel liegt und mich daher stark der Verdacht beschleicht, das es hier eben, wie der Hausherr schon schreibt, um allgemeinere und grundsätzlichere Ermächtigungen drehen soll.
Und genau das darf in meinen Augen nicht sein.
Ich hab‘ mal nachgeguckt, was ich früher schon mal zu diesem Thema geschrieben habe…
Zum Beispiel, so ähnlich zu heute, im Mai 2006 zu den Beratungen über das neue Weißbuch:
Und 2008 waren Union und SPD schon mal fast schon einig über eine Grundgesetzänderung:
Diese Verfassungsänderung kam dann doch nicht zustande, weil die SPD geltend machte, da sei von der Union mehr reingepackt worden als die Sozialdemokraten mittragen könnten.
Irgendwie kommt mir die damalige Debatte fast genau so vor wie die heutige.
(Die beiden Artikel sind deutlich älter als ein Jahr, außerdem stammen sie von mir; deshalb hier verlinkt.)
Abgesehen davon, dass das von @PH beschriebene Küsten-Szenario durch die behördlichen Sicherheitsstrukturen des Bundes/der Länder bereits abgedeckt ist. So ist z.Bsp die GSG9 in Europa (Atlas-Verbund) federführend für die Entwicklung von Taktiken und Techniken im maritimen Einsatzumfeld.. Das Szenario ist eigentlich wunderbar geeignet um aufzuzeigen, dass wir eben keine neuen gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz der BW im Inneren brauchen in Deutschland.
Nettes Eigentor, Herr Horstmann ;-)
Der Presse-Infostab BMVg schrieb am 24.11.2015 das Folgende:
Im Grundgesetz heißt es dazu: „Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt.“ (Artikel 87a Absatz 2 GG)
Diese Ausnahmen sind wie folgt geregelt:
Katastrophenhilfe (Art 35 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG)
Bei einer Naturkatastrophe oder einem besonders schweren Unglücksfall können die Streitkräfte zur Wiederherstellung der Sicherheit und Ordnung und zur Hilfeleistung angefordert werden, wenn die Polizei hierzu alleine nicht mehr in der Lage ist.
„Katastrophenhilfe“ kommt auch bei einem Terroranschlag in Betracht. Nämlich dann, wenn dieser einen besonders schweren Unglücksfall darstellt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2012 die Schwelle hierfür jedoch sehr hoch gesetzt.
Ein besonders schwerer Unglücksfall liege nur vor, bei einer „ungewöhnlichen Ausnahmesituation katastrophischen Ausmaßes“, stellt das Gericht fest. In diesem Fall darf die Bundeswehr zur Unterstützung der Polizei eingesetzt werden und polizeiliche Mittel anwenden. Militärische Mittel sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dürfen jedoch nur in einer absoluten Krisensituation eingesetzt werden.
Das heißt konkret: Nur weil die Einsatzkräfte der Polizei zum Schutz eines Konzertes oder eines Fußballspieles nicht reichen, kann nicht auf Soldaten zur Absicherung zurückgegriffen werden.
Innerer Notstand (Art 87 a IV GG)
Nur dann, wenn die demokratische Grundordnung beziehungsweise der Bestand der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar gefährdet ist, darf die Bundeswehr zum Schutz ziviler Objekte (zum Beispiel Schulen, Bahnhöfe und Flughäfen) und zur Bekämpfung von sogenannten Aufständischen mit spezifisch militärischen Waffen eingesetzt werden.
Ich halte es wie @Klabautermann mit „brauchen wir nicht“ !
[Hm, hätte da nicht der Link gereicht? T.W.]
@SER, @Klabautermann: Mit http://www.deutschlandfunk.de/terrorbekaempfung-die-bundeswehr-hat-ganz-andere-sorgen.694.de.html?dram:article_id=351070 ist alles gesagt. Es liegt ein von langer Hand eingefädeltes Ablenkungsmanöver von den eigenen Unfähigkeiten und Fehlern durch UvdL und TdM vor und die clevere „Aktentasche“ läßt der „Selbstdarstellerin“ wie schon so oft den Vortritt.
Nicht von Ungefähr trat ein unglücklich agierender Ex-Minister Ruppert Scholz bereits am 22.02.2016 auf der Bundeswehr-Homepage auf! Wenn UvdL keine besseren Argumente hat, dann sollte sie es merken, daß sie sich auf das Niveau von Herrn Scholz begibt und der ist schon oft genug an allen Ecken und Enden mit seinen „publizistischen Theorien“ (Schnappsideen) angeeckt.
Vergl. http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/NYtNC8IwEET_UbaBQtBbSykIHqQXrRdJ26Uu5qOsW3Pxx5scnIF3eTNwh9xgP7RaoRisgxuMMx2npKa0oLIv2dE5fKuEJMj4kCd6DHAtxzyYY0ApFAxCmStbiay2yOKK2ZmzUbTAWOmu1ab6R38bczj3F23q7tQOsHnf_AAGfVCA/
@T.Wiegold | 15. April 2016 – 12:42
Mit Verlaub, da muss ich widersprechen. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 15.02.2006 zum Luftsicherheitsgesetz zwar eine (einfach-)gesetzliche Regelung zum Einsatz von Streitkräften zur Bekämpfung von Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen für zulässig erachtet, aber gerade nicht mit spezifisch militärischen Waffen. Vgl. die amtlichen Leitsätze 1 und 2 des Urteils:
„1. Der Bund hat unmittelbar aus Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 GG das Recht zur Gesetzgebung für Regelungen, die das Nähere über den Einsatz der Streitkräfte bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen nach diesen Vorschriften und über das Zusammenwirken mit den beteiligten Ländern bestimmen. Der Begriff des besonders schweren Unglücksfalls umfasst auch Vorgänge, die den Eintritt einer Katastrophe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen.
2. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 GG erlaubt es dem Bund nicht, die Streitkräfte bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen mit spezifisch militärischen Waffen einzusetzen.“
Im Einzelnen:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20060215_1bvr035705.html
Zwar akzeptiert das BVerfG in diesem Zusammenhang auch einen terroristischen Angriff als Ursache für die Annahme eines „besonderes schweren Unglücksfalls“ (Tz. 97 ff. des Urteils), nicht jedoch den Einsatz spezifisch militärischer Waffen, die der Polizei nicht zur Verfügung stünden (z.B. den Einsatz der Bordkanone eines Militärflugzeugs, Tz. 105 ff.).
Auch hier kann man wieder die „verfassungsrechtlichen Klimmzüge“ erkennen, die durch die gegenwärtigen (Teil-)Regelungen des Streitkräfteeinsatzes im In- und Ausland notwendig sind. Die Diskussion über die auf dem gleichen Problem beruhenden Auslandseinsätze haben wir ja auch in diesem Blog an anderer Stelle geführt. Mein Petitum geht daher gerade auch in die Richtung einer umfassenden und konsistenten verfassungsrechtlichen Regelung, da sich „militärisch“ und „nicht-militärisch“ sowie „inländisch“ und „ausländisch“ nicht mehr klar trennen lassen.
Das beantwortet meines Erachtens auch den Kommentar von
@klabautermann | 15. April 2016 – 13:13.
Mein obiges Fallbeispiel betrifft bewusst einen möglichen, vielleicht wechselnden Einsatzort im In- und Ausland, bei dem je nach Entwicklung polizeiliche (also möglicherweise GSG 9) und/oder spezifisch militärische Einsatzmittel notwendig sein können (über die die GSG 9 nicht verfügt). Eine (Verfassungs-)Rechtslage die dem Rechnung trägt, würde Unklarheiten meines Erachtens wenn zwar nicht vollständig beseitigen, so doch wenigstens minimieren.
@Patrick Horstmann | 15. April 2016 – 15:05
Danke für Ihre sachlichen, kompetenten und Denkansätze „ohne Scheuklappen“!
Aber trotzdem: in der aktuellen Lage doch nur theoretisch, denn der Ansatz von vdL ist ja wohl offensichtlich eine politische Nebelkerze…
@Patrick Horstmann | 15. April 2016 – 15:05:
Auch m.E. eine vollumfänglich auf Fakten gestützte, mit einem durchaus realen Szenario untersetzte und schlüssige Argumentation!
Hans Schommer
@Koffer „Nebelkerze“?
Sie wollten doch sicherlich sagen, „primitivst eingefädelte Personality- und Polit–Show!“
Oder?
@Patrick Horstmann
„verfassungsrechtlichen Regelung, da sich „militärisch“ und „nicht-militärisch“ sowie „inländisch“ und „ausländisch“ nicht mahr klar trennen lassen.“
1 „Militärisch“ – bewaffnete Soldaten „nicht-militärisch“ keine bewaffnete Soldaten.
2.“Inländisch“ – in der BRD, „ausländisch“ – nicht auf dem Hoheitsgebiet der BRD.
Terroristen sind Verbrecher und als solche sind sie aufzudecken, zu verfolgen und zu bestrafen. Die Gefahrenabwehr im Inland ist Aufgabe der Länder und des BMI diese sollen ihre Arbeit machen. Wenn wir in alle vermeidbare Gefahren so viel Energie stecken würden, wie in die Terrorabwehr, hätten wir keine Straßenbahnopfer mehr (das gefährlichste Verkehrsmittel pro Kilometer). Aber man kann ja beides tun ;-)
Jetzt konstruieren wir noch ein paar Grenzfälle und wenn sie dann eintreten, kann a. die Bw sie nicht verhindern und b. würde ein verantwortlicher Politiker (wie in der Vergangenheit auch) eine Entscheidung für die Menschen treffen. Es kommt eh anders.
@Vtg-Amtmann | 15. April 2016 – 18:45
„Sie wollten doch sicherlich sagen, „primitivst eingefädelte Personality- und Polit–Show!“
Oder?“
Eigentlich nicht: Nebelkerze (oder militärisch Nebeltopf) ist eine Aktion zur Ablenkung vom und/oder Verschleierung des eigentlichen Handelns.
Das passt m.E.n. genau auf die aktuelle Situation.
Das Weißbuch wird zahnlos und langweilig bleiben.
Um aber trotzdem in die öffentliche Diskussion zu kommen und gleichzeitig von der Zahlosigkeit abzulenken, zündet man einen Nebeltopf und verschleiert mit der folgenden pseudo-heftigen, öffentlichen Diskussion so den Rest.
Zimdarsen | 15. April 2016 – 18:55
“ … 1 „Militärisch“ – bewaffnete Soldaten „nicht-militärisch“ keine bewaffnete Soldaten. …“
Haben Sie diese Definition aus einem „Hausfrauenbriefing“ übernommen?
Das ist schon sehr flach.
Hans Schommer
@Zimdarsen | 15. April 2016 – 18:55
Ob flach oder nicht lasse ich mal dahingestellt. Es ist vor allem falsch.
Das Gegensatzpaar „bewaffnet“ oder „nicht bewaffnet“ spielt eine Rolle bei dem Einsatz von Streitkräften im Ausland, nämlich bei der Frage, ob der Bundestag einem konkreten Einsatz im Ausland zustimmen muss.
Auch nicht bewaffente Einsätze von Soldaten im Inland ohne spezielle gesetzliche Ermächtigungsgrundlage können rechtswidrig sein. Beim Einsatz von Soldaten im Inland kommt es auf das Gegensatzpaar „schlicht hoheitliches Handeln“ (Unterkunft gewähren, Sandsäcke stapeln) und „hoheitliches Handeln mit Eingriffen in die Rechte Dritter“ (ob bewaffnet oder nicht bewaffnet) an. Ersteres ist im Wege der Amtshilfe möglich, Letzteres nur bei einer entprechenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (siehe oben: Soldaten dürfen keine “Entscheider“ im Asylverfahren sein).
Unzulässig wäre es zum Beispiel nach der gegenwärtigen Rechtslage auch, wenn eine unbewaffente MALE-Drohne der Bundeswehr zur Erlangung von SIGNIT-Erkenntnissen im Inland eingesetzt würde.
Wie umstritten der Einsatz von unbewaffneten Soldaten im Inland ist, zeigt zum Beispiel der Einsatz von Recce-Tornados im Umfeld des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm. Solche Diskussionen sind wenig zielführend und würden überflüssig, wenn sich der Gesetzgeber zu einer umfassenden rechtlichen Regelung des Einsatzes von Streitkräften durchringen würde.
@Patrick Horstmann | 15. April 2016 – 20:36
Und wieder in die Vollen!
+1
:)
@Patrick Horstman + Scchommer
Bei der Unterstützung der inneren Sicherheit und bei der gegenseitigen Unterstützung der Behörden gibt es hier anscheinend keinen Streitpunkt (oder wenige, die Tornados sind ja geflogen). Wo einige anderer Meinung sind, ist der Einsatz von Soldaten als Hilfspolizisten mit Waffen. Bzgl dieses Streitpunktes ist die Definition für mich einfach (oder flach).
Man kann gerne anderer Meinung sein, ich habe diese.
Ja, ja….wieder in die Vollen und völlig daneben.
Die Reichsrabulistiker können hier rumtrollen soviel sie wollen.
Es wrd in Deutschland keine Mehrheiten für exekutive Automatismen in Sachen bewaffneter Einsatz der BW im In- oder Ausland geben…..also schminken sie sich endlich die feuchten Träume von GG-Ermächtigungsparagraphen oder -gesetzen ab.
klabautermann | 15. April 2016 – 21:41:
“ … Die Reichsrabulistiker können hier rumtrollen soviel sie wollen.
Es wrd in Deutschland keine Mehrheiten für exekutive Automatismen in Sachen bewaffneter Einsatz der BW im In- oder Ausland geben…..also schminken sie sich endlich die feuchten Träume von GG-Ermächtigungsparagraphen oder -gesetzen ab.“
Werter Klabauter, mit solch „groben Klötzen“, die wirklich nix mehr mit sachlicher Argumentation zu tun haben, sägen Sie zumindest in meiner Wahrnehmung an Ihrer vorzüglichen Reputation in diesem Blog. Ich erlaube mir Ihnen – ohne belehren zu wollen – die Empfehlung, die Beiträge der Befürworter differenzierter zu betrachten und dementsprechend zu bewerten.
Hans Schommer
Oh weh, die Tornado-Geschichte 2007… alles andere als unumstritten. Zumal nicht wirklich klar war, warum es militärische Aufklärung brauchte, um ein Zeltlager von Demonstranten anzugucken. Und der Eindruck, dass es darum ging, hier im Inland Show of Force zu betreiben, nie wirklich widerlegt wurde.
@T.Wiegold | 16. April 2016 – 0:27
Ja, die alte Tornado-Geschichte! Aber: Quod erat demonstrandum.
Verfassungswidriger Einsatz der Bundeswehr im Inneren sagen die einen, zulässige Amtshilfe sagen die anderen. Das BVerfG wurde zwar von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag in diesem Fall angerufen, das Gericht hat aber inhaltlich zur Frage der Verfassungsgemäßheit des Bundeswehreinsatzes in Heiligendamm nicht Stellung genommen, durfte es in der Verfahrenskonstellation auch gar nicht. Verfassungsgerichtlich ist die Rechtmäßigkeit des Einsatzes also bis heute nicht entschieden. (Viele Grüße übrigens an die Kommentatoren hier, die die gegenwärtigen Regelungen zur Amtshilfe im Inland für ach so klar halten!)
Ich bin der Ansicht, Streitkräfte müssen es in einer Demokratie aushalten, dass darüber politisch gestritten wird, ob ihr Einsatz sinnvoll ist oder nicht. Und das unabhängig davon, ob der Einsatz im Ausland oder im Inland stattfindet. War es in Heiligendamm eine sinnvolle Unterstützung der Polizei bei der Absicherung eines internationalen Gipfels oder eine überflüssige Show of Force? Die einen sagen so, die anderen sagen so. Das ist in meinen Augen in Ordnung.
Aber die Rechtsgrundlagen des Einsatzes sollten schon klar sein. Ich halte es sowohl für politische Entscheider, als auch für die eingesetzten Soldaten für nicht zumutbar, dass über ihrem Einsatz der Verdacht des verfassungswidrigen Handelns schwebt. Im Fall Heiligendamm wird es nie geklärt werden. Für die Zukunft sollte der Gesetzgeber für mehr Klarheit sorgen.
@T.Wiegold | 16. April 2016 – 0:27
[Tornado-Einsatz in Heiligendamm]
In der Tat, da gibt es gute pro, aber auch gute con-Argumente gegen die Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes.
Mir als Soldat wäre da aber eine eindeutige Verfassungslage lieber, als die aktuelle Nicht-Regelung :(
Auch in der Schweiz gab und gibt es die Diskussion und auch da ist bei aller Nichtvergleichbarkeit (kein Bundespolizei, unterschiedliche Polizeisysteme in den Kantonen, Zuständigkeiten im Bundesrat (Mandat)) der Teufel im Detail.
http://www.offiziere.ch/?p=280
@Zimdarsen | 17. April 2016 – 11:19
In der Tat ist die Schweiz weitgehend nicht mit der Struktur von Innerer Sicherheit in DEU vergleichbar.
Wie „unaufgeregt“ in der Schweiz mit diesem Thema aber insgesamt umgegangen wird, zeigt sich aber z.B. auch darin, dass nachrichtendienstliche Aufgaben im Inland (!) ministeriell beim Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport angesiedelte sind und NICHT beim Justiz- und Polizeidepartement das ansonsten überwiegend für die Innere Sicherheit zuständig (und erst recht nicht beim Departement des Innern, das sich in der Schweiz überwiegend mit sozialen Fragen beschäftigt).
Nach der durch Sie korrekt angeführten Diskussion im zeitlichen Zusammenhang mit der Fußball Europameisterschaft 2008 wurden zudem auch in der Tat einige Änderungen in der Abgrenzung zwischen Inneren und Äußerer Sicherheit vorgenommen.
Dennoch ist der Einsatz der Streitkräfte im Inneren (wo notwendig) in der Schweiz immer noch zulässig, weitgehend zivilgesellschaftlich akzeptiert und unkompliziert möglich:
http://www.vtg.admin.ch/internet/vtg/de/home/themen/subsidiaere_sicherungseinsaetze.html
Diese sogenannten „subsidiären Sicherungsdienste“ oder auch „Assistenzdienste für zivile Behörden“ sind hierbei gesetzlich wie folgt ausgestaltet:
„Truppen können zivilen Behörden auf deren Verlangen Hilfe leisten:
a. zur Wahrung der Lufthoheit;
b. zum Schutz von Personen und besonders schutzwürdigen Sachen;
c. zum Einsatz im Rahmen der koordinierten Dienste;
d. zur Bewältigung von Katastrophen;
e. zur Erfüllung anderer Aufgaben von nationaler Bedeutung.“
Als Voraussetzung ist festgehalten „Die Hilfe wird nur soweit geleistet, als die Aufgabe im öffentlichen Interesse liegt und es den zivilen Behörden nicht mehr möglich ist, ihre Aufgaben in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht zu bewältigen.“
Und schließlich gilt eine Art Parlamentsvorbehalt: „Werden mehr als 2000 Angehörige der Armee aufgeboten oder dauert der Einsatz länger als drei Wochen, so muss die Bundesversammlung den Einsatz in der nächsten Session genehmigen. “
Das nenne ich mal einen unkomplizierten Ressourceneinsatz im Sinne der Sicherheit der Bürger :)
Aber für meinen Geschmack dann doch etwas ZU pragmatisch, ein solche weitgehende Regelung würde sicherlich dazu führen, dass die Innenminister der Länder ihre Haushalte zu Lasten des EP 14 sanieren würden :(
@Koffer
Der Begriff „Assistenzdienste“ ist möglicherweise als alpenländische, sprachliche Eigenart aufzufassen?
Auch das AUT Bundesheer leistet „Assistenzdienste“ an den Grenzen, aktuell zu Slowenien, absehbar in Kürze zu ITA je nach Entwicklung der Mittelmeeroute in Sachsen Migration.
In Österreich vollzieht sich dieser Einsatz als Selbverständlichkeit, auch schon in 90ern zu Zeiten der Jugoslawienkriege.
Am Wochenende hat man ja Zeit zu lesen ;-)
„Franklin Roosevelts Worte vom 4. November 1938 verdienen, nicht vergessen zu werden: „Ich wage zu behaupten, daß der Faschismus in unserem Lande an Kraft gewinnen wird, wenn die amerikanische Demokratie nicht als lebendige Kraft voranschreitet, um Tag und Nacht mit friedlichen Mitteln das Schicksal unserer Mitbürger zu verbessern.“ Freiheit und Befreiung sind eine niemals endende Aufgabe.““
…..aus : http://www.zeit.de/1995/28/Urfaschismus/komplettansicht
Natürlich ist Umberto Eco’s Urfaschismus-Theorie diskussionswürdig, sie ist imho allerdings aktueller als je zuvor, gerade auch in Sachen IS, denn der islamische Neo-Faschismus zeigt doch erschreckende Merkmale des von Eco beschriebenen Urfaschismus auf. Aber nicht nur mit Blick auf den IS. Bei näherer Betrachtung rücken da auch andere Entwicklungen ins Blickfeld, wie z.Bsp. Türkei…..
Roosevelt’s “ friedlichen Mitteln das Schicksal unserer Mitbürger“ zielt ganz klar auf „zivile Mittel“, in den USA ist der unter OPCON Washington legitimierte/legalisierte bewaffnete Einsatz der Streitkräfte im Inneren schlicht und einfach undenkbar…..
Ich halte es für keine gute Idee den islamischen Neo-Faschismus mit – sorry – ur-faschistischen Reflexen zu bekämpfen.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 17. April 2016 – 15:03
„Der Begriff „Assistenzdienste“ ist möglicherweise als alpenländische, sprachliche Eigenart aufzufassen?“
Vermutlich soll dadurch ausgedrückt werden, dass die Streitkräfte hier nur zur Unterstützung der zivilen Behörden tätig werden dürfen und nicht im Rahmen ihrer eigenen Auftragserfüllung?!
Aber das Beispiel Österreich und Grenzsicherung zeigt in der Tat ein weiteres Beispiel von sehr unkompliziertem Einsatz von Streitkräften in einer stabilen Demokratie.
Allerdings zeigt es gleichzeitig auch die große Gefahr, nämlich einen Verdrängungseffekt bei den originär eigentlich zuständigen Behörden.
Die Österreicher haben es vorgezogen relativ „günstige“ Wehrpflicht einzusetzen statt teuere Polizisten einzustellen.
Und das nicht nur kurzfristig (wo ich es in einer Notlage verstehe und billige), sondern in der Zwischenzeit fast schon als Daueraufgabe…
Durch den Wegfall der Wehrpflicht und die SAZV gibt es nun in DEU diese „billige“ Option nicht mehr, aber die Gefahr einer Sanierung der Innenhaushalte der Länder zu Lasten der Bundeswehr ist natürlich trotzdem da.
Mit „Gefahr“ meine ich übrigens ausschließlich eine Gefahr für die finanzielle Ausstattung. NICHT für die Demokratie, die Gewaltenteilung oder die Menschen- und Bürgerrechte ;)
@Koffer
„Mit „Gefahr“ meine ich übrigens ausschließlich eine Gefahr für die finanzielle Ausstattung. NICHT für die Demokratie, die Gewaltenteilung oder die Menschen- und Bürgerrechte ;)“
Ist das so sicher? Wäre es nich konsequent beim durchspielen von Szenarien zum Einsatz der Bw im Innern auch solche Fälle zu konstruieren wo bei einer zukünftigen Regierung der Mißbrauch möglich wäre?
Oder Fälle, bei denen der Einsatz der Bw im Innern die Bw in ihrer eigentlichen Aufgabe schwächt?
Im Moment sehen viele nur durch die islamisch gefärbte Terrorbrille, doch in den letzten Jahrzehnten gab es in DEU, bis auf einen US Soldaten, ausschließlich Tote durch Neonazis.
Wäre ein Einsatz der Bw im Innern nicht eher zur Minderung der Wirkung, bewältigung der Folgen eines Anschlages (zB ABC) zu betrachten. Hätten wir noch die Mittel, das Personal?
Was müsste im GG geändert werden? Was sind denn die wahrscheinlichen Bedrohungen?
Evtl müssen wir uns mehr um die Wirkung kümmern, denn die Ursache ist bei einem erfolgten Schlag relativ unwichtig. Prävention ist noch weniger die Aufgabe der Bw.
Noch immer sehe ich einen bewaffneten Einsatz der Bw (außer den im GG vorgesehenen) eher nicht dienlich zur Erhöhung der Sicherheit unserer Bürger.
@Zimdarsen | 17. April 2016 – 17:16
„Ist das so sicher?“
Ja, die Bundeswehr und ihre Soldaten sind in keinem Szenar eine Gefahr für die Demokratie! Oder zumindest nicht mehr als es Polizei und BGS/BPol ;)
„Oder Fälle, bei denen der Einsatz der Bw im Innern die Bw in ihrer eigentlichen Aufgabe schwächt?“
Gutes Argument, sehe ich auch so, hat aber mit meiner Aussage nichts zu tun.
„Noch immer sehe ich einen bewaffneten Einsatz der Bw (außer den im GG vorgesehenen) eher nicht dienlich zur Erhöhung der Sicherheit unserer Bürger.“
Da sind Sie ja nicht alleine.
Aber die Schweizer sehen es offensichtlich mehrheitlich anders (so wie übrigens auch viele andere westliche Demokratien, hier seien beispielsweise die Belgier, die Briten, die Schweizer und die Amis genannt)…
Guten Morgen allseits in die Runde.
Nach erholsamen Wochenende musste ich mich erst einmal wieder einlesen.
Patrick Horstmann | 15. April 2016 – 20:36
@Zimdarsen | 15. April 2016 – 18:55
„Unzulässig wäre es zum Beispiel nach der gegenwärtigen Rechtslage auch, wenn eine unbewaffente MALE-Drohne der Bundeswehr zur Erlangung von SIGNIT-Erkenntnissen im Inland eingesetzt würde.
Wie umstritten der Einsatz von unbewaffneten Soldaten im Inland ist, zeigt zum Beispiel der Einsatz von Recce-Tornados im Umfeld des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm. Solche Diskussionen sind wenig zielführend und würden überflüssig, wenn sich der Gesetzgeber zu einer umfassenden rechtlichen Regelung des Einsatzes von Streitkräften durchringen würde.“
Ja um Himmels Willen, was sind denn das für Beispiele?! Sind sie sich darüber im klaren welche Möglichkeiten moderne SIGINT heutzutage bieten? Und das möchten sie jetzt bitte im Inland, unter Inkaufnahme des Einsatzes gegen die eigene Bevölkerung, eingesetzt sehen?! Also ich möchte diese Mittel nicht im Inneren von der Bw eingesetzt sehen.
Ebenso sei angemerkt das nur weil etwas durchgeführt wurde, es nicht rechtmäßig, sinnvoll, oder auch ethisch und moralisch korrekt war. Hier der Tornado Einsatz. Wahrlich ein Beispiel welches nicht als solches taugt. Hier wurde aus meiner Sicht klar die Linie überschritten. Damals hatte ich mehr als große Bauchschmerzen als Dingos, Fenneks und Tornados herangezogen wurden. Wenn aus solch einem, aus meiner Sicht, geringem Anlass schon solch militärische Mittel gezündet werden, wo bitte soll denn da zukünftig die Linie laufen?
Koffer | 17. April 2016 – 18:51
„Aber die Schweizer sehen es offensichtlich mehrheitlich anders (so wie übrigens auch viele andere westliche Demokratien, hier seien beispielsweise die Belgier, die Briten, die Schweizer und die Amis genannt)…“
Also in meinem Ausweis steht immer noch das dies Land hier Deutschland ist, insofern interessiert mich was die Schweizer wie auch immer sehen nicht so wirklich. So gern ich innerlich immer mal wieder auf diesen Argumentationszug aufspringen möchte, so sehr verbietet er sich. Ja, Realpolitik muss immer das hier und jetzt bewerten. Aber eine solche Bewertung und die daraus resultierenden Handlungen müssen zwangsläufig vor der eigenen Geschichte gewogen werden. Und dies ist nun einmal die Geschichte Deutschlands. Und nicht die irgendeines anderen Landes.
Was für dort gut ist, muss bei uns nicht auch gut sein oder funktionieren. Grad im gesamten Sicherheitspolitischem Feld muss jedes Land seinen Weg finden.
Wir können ja gern über Grenzen schauen und dann darüber sprechen. Aber zu sagen „die machen`s auch“ ist mir zu dünn.
Mir möchte, auch nach den Tagen langer Diskussion, immer noch nicht einleuchten, was an der derzeitigen Aufgabenteilung nicht funktioniert oder falsch ist, das man sie ändern müsste (und hier beziehe ich mich klar auf den Einsatz bewaffneter SK im Inneren und nicht auf etwaigen Präzisierungen von Amtshilfe oder dergleichen)
@Simon K.
Die rote Linie bei der legalen/illegalen Amtshilfe ist aber dünn.
Wenn Tornados im Jahre 2010 nach dem entführten Mirco in Grefrath suchen helfen ist das gut, wenn Tornados die Arbeit der Polizeieinsatzzentrale in Heiligendamm mit Lagebildern aus der Luft unterstützen aber nicht!
Wo genau soll da die Grenze definiert werden?
Magmakammer | 18. April 2016 – 9:28
Warum könnte es bei diesen beiden Einsätzen wohl Unterschiede geben?
Könnte es vielleicht darum gehen, das bei den beiden Einsätzen in unterschiedlicher Weise in Grundrechte eingegriffen wird?
@Simon K.
Ich glaube wir sollten uns alle erst einmal einigen ob wir von dem Einsatz von bewaffneten SK im Inland „ereignisbezogen“ oder „regelmäßig“ betrachten wollen.
Ich persönlich sehe den Bedarf und die Sinnhaftigkeit bei ersterem deutlich gegeben – hege aber gegen zweiteres ebenfalls Argwohn.
Für eine schnelle und kompetente Hilfe zum Schutz der eigenen Bevölkerung sehe ich den Einsatz der SK im Inland als beste und vorallem sinnvollste Alternative. Es bringt nichts darüber zu lamentieren, dass die Bundespolizei oder Länderpolizeien größer aufgestellt werden sollten um auch großflächig Schutz von Infrastruktur etc. übernehmen zu können. Da dieser Auftrag eben rein „ereignisbezogen“ ist, wäre schnell offenkundig das außerhalb dieser Ereignisse ein riesiger Apparat unterhalten werden muss. Hier plädiere ich nach wie vor für eine pragmatische Definition von Aufgaben die von SK im Inland übernommen werden können.
Für einen „regelmäßigen“ Einsatz bin ich auch nicht. Sobald man etwas als eine Daueraufgabe definieren kann – ist es auch durch den eigentlichen Auftragnehmer zu bewältigen – dann auch unter Anpassung dessen Größe und Organisation.
@ Magmakammer | 18. April 2016 – 9:28
Heiligendamm: Beschaffung von Luftbildern mit militärischen Aufklärungsmitteln um Lagebild zu erstellen welches es der Polizei ermöglicht besser gegen etwaige Demonstranten *Zaunpfahl* vorzugehen.
Fall Mirco: Unterstützung der Polizei mit militärischen Aufklärungsmitteln um ein laufendes Verbrechen aufzuklären.
Also wenn man da keinen Unterschied sieht, weiß ich es auch nicht.