Soldaten sind keine Beamten: Keine Bundeswehr-Offiziere als ‚Entscheider‘ im Asylverfahren

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Bei der Bearbeitung von Asylverfahren können Bundeswehrsoldaten zwar das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unterstützen, zum Beispiel bei der Registrierung von Asylbewerbern – sie dürfen aber in diesen Verfahren keine Entscheidungen treffen, weil dieser hoheitliche Akt den Streitkräften im Inland nach der Verfassung untersagt ist. Das ist der Kern der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage von Augen geradeaus!: Nach einem Bericht der Welt am vergangenen Sonntag (Link aus bekannten Gründen nicht) hatte ich nachgefragt, ob die Information zutrifft, dass Bundeswehr-Offiziere von einem Einsatz im BAMF ausgeschlossen seien, obwohl die Behörde angesichts des Zustroms an Asylbewerbern auf Unterstützung angewiesen ist. Allerdings sind zahlreiche Soldaten, darunter auch acht Offiziere, in unterstützender Funktion an das Bundesamt ausgeliehen.

Die wesentlichen Aussagen des Verteidigungsministeriums auf meine Anfrage:

Bei der Entsendung von Einzelpersonal in die Aufgabenstellung eines Mitarbeiters im BAMF sind die Einschränkungen des Amtshilferechts (Grundlage ist Art. 35 Abs. 1 GG), in dessen Rahmen die Unterstützungsleistungen der Bundeswehr bei der Flüchtlingshilfe erfolgen, einzuhalten. Die Personalabstellungen erfolgen dabei gemäß den Personalanforderungen des BAMF.
Das in diesem Rahmen abgestellte zivile Bundeswehrpersonal kann, soweit die fachlichen und rechtlichen Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, grundsätzlich für alle Tätigkeiten des BAMF verwendet werden.
Soldaten und Soldatinnen unterliegen demgegenüber den besonderen Beschränkungen des Art. 87a Abs. 2 GG. Auch sie können im Rahmen der Amtshilfe als Personalunterstützung abgestellt werden. Da sich durch die Unterstellung der Status als Soldat/ Soldatin nicht ändert, ist ihnen eine Tätigkeit, die über schlicht-hoheitliches Handeln hinausgeht, insbesondere die Vornahme von Verwaltungsakten gegenüber dem Bürger, mangels verfassungsrechtlicher Ermächtigungsgrundlage untersagt.

(…)
Nicht erlaubte Tätigkeiten für diese Soldaten und Soldatinnen in den Entscheidungszentren umfassen die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3AsylVfg, nach Einarbeitung die Erstellung von ablehnenden Bescheiden in einfach gelagerten Fällen oder der Schriftverkehr mit Rechtsanwälten. Diese den militärischen Bundeswehrangehörigen in den Entscheidungszentren nicht erlaubten Tätigkeiten sind hingegen dem dort eingesetzten Zivilpersonal des gehobenen Dienstes bei Vorliegen der bereits oben genannten Bedingungen erlaubt.

[Verlinkungen von mir; T.W.]

Dagegen sind nach Ministeriumsangaben derzeit acht Offiziere zur Unterstützung der Leitung des BAMF und zur Koordinierung des Personaleinsatzes tätig – aber das ist ja keine hoheitliche Aufgabe wie eine Asylentscheidung. Außerdem sind erlaubte Aufgaben für Portepee-Unteroffiziere in Entscheidungszentren u.a. das Scannen des Verfahrensposteingangs und Bearbeitung desselben oder die schriftliche Antragsannahme/Aktenlage. In Asylverfahrenssekretariaten gehören dazu auch die Aufbereitung der eingehenden Post mit Vollständigkeitskontrolle, das Anlegen und Führen von Dokumentenmappen, die Überprüfung von Personalien und Dokumenten oder die Beantwortung von Anfragen und das Erteilen von Auskünften an Behörden unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen.

Die Welt hatte am Sonntag unter Berufung auf ein internes Papier des Bundesamtes für Personalmanagement der Bundeswehr berichtet, darin sei festgelegt, welche Soldaten sich freiwillig für einen Unterstützungsdienst im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) melden können: Offiziere der Bundeswehr im Rang von Leutnant bis Stabshauptmann – de facto Beamte im gehobenen Dienst – werden kategorisch von einem Einsatz in der obersten Asylbehörde ausgeschlossen, heißt es in dem Blatt. Dagegen werde das BAMF bereits durch Entscheidungsbefugte aus anderen Behörden unterstützt – darunter der Zoll und zivile Sachbearbeiter der Bundeswehr.

Die Rechtsauffassung des BMVg, siehe die Antwort oben, macht klar, warum das so ist – und dass zivile Beschäftigte der Bundeswehr rechtlich anders eingeordnet werden als Soldaten. Was aber auch, siehe die Wikipedia-Definition des gehobenen Dienstes, allgemeine Rechtsanssicht zu sein scheint: Soldaten sind eben keine Beamten.

(Ich ahne die Gefahr einer emotionalisierten Diskussion und stelle deshalb vorsorglich alle Kommentare auf moderiert.)

(Foto: Soldaten bei der Essensausgabe in der Flüchtlingsunterkunft in der Kaserne Feldkirchen am 01.10.2015 – Bundeswehr/photothek/Thomas Trutschel)