Dauerbrenner: Bundeswehreinsatz im Inneren?
Die Debatte über die Frage, ob die Bundeswehr auch im Inneren eingesetzt werden sollte, ist Jahrzehnte alt und kommt zu passenden Gelegenheiten immer wieder hoch – der frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz verwies in einem Interview mit Bundeswehrmedien im Februar darauf, dass er schon in den 1990-er Jahren zusammen mit dem damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble für eine entsprechende Verfassungsänderung geworben habe. Verschiedene Ansätze dazu waren von der Union immer wieder zu hören, ebenso regelmäßig wurden sie von den anderen Parteien zurückgewiesen. Deshalb zur jetzt wieder aufgeflammten Diskussion ein Blick auf die Debattenlage:
Im Entwurf des neuen Weißbuches zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr, so berichtet die Süddeutsche Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht), werde ein neuer Anlauf für den Bundeswehreinsatz im Inneren gemacht:
Bislang könne die Bundesregierung die Bundeswehr im Innern etwa im „Fall des inneren Notstandes“ einsetzen, heißt es in einem Entwurf für das neue Bundeswehr-Weißbuch, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt: „Charakter und Dynamik gegenwärtiger und zukünftiger sicherheitspolitischer Bedrohungen machen hier Weiterentwicklungen erforderlich, um einen wirkungsvollen Beitrag der Bundeswehr zur Gefahrenabwehr an der Grenze von innerer und äußerer Sicherheit auf einer klaren Grundlage zu ermöglichen.“
Nun ist das bislang nur ein Entwurf, der aus dem Verteidigungsministerium kommt, das von der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen geführt wird. Da das Weißbuch aber ein Dokument der gesamten Bundesregierung ist, wird es mit anderen Ressorts abgestimmt – in erster Linie mit denjenigen, die ebenfalls Berührung mit der Sicherheitspolitik haben, vor allem also das Auswärtige Amt. Und dessen SPD-Chef hat schon Wiederstand gegen eine solche Änderung signalisiert:
„Weißbuch hin oder her – eine Grundgesetzänderung für den Einsatz der Bundeswehr im Innern wird es mit der SPD nicht geben“.
zitiert Spiegel Online das Umfeld von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, ähnlich auch die Deutsche Presse-Agentur: Mit der SPD ist eine Grundgesetzänderung für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren nicht zu machen.
Damit bewegt sich auch die aktuelle Debatte auf den gleichen Linien wie die Diskussionen vergangener Jahre, auch wenn der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der saarländische CDU-Politiker Klaus Bouillon, den Vorstoß seiner Parteifreundin von der Leyen befürwortete:
Ich begrüße es, dass die Anpassung des Grundgesetzes nun auch auf Bundesebene diskutiert wird. Nach dem schrecklichen Terror in Belgien und Frankreich müssen wir alle verfügbaren Kräfte bündeln, um die Menschen zu schützen. Für die Polizei wäre ein unterstützender Einsatz durch die Bundeswehr in gewissen Notsituationen hilfreich. Daher muss die Bundeswehr ein verlässlicher Partner für die innere Sicherheit werden.
Nun hat das Ganze jenseits der verfassungsrechtlichen Frage noch eine ganz praktische Komponente. Denn bei all diesen Wortmeldungen ist kaum davon die Rede, dass die Bundeswehr die Polizei mit spezifisch militärischen Mitteln unterstützen sollten, wie es zum Beispiel im Fall der Entführung von Flugzeugen sinnvoll ist, weil nur die Streitkräfte über eigene Abfangjäger verfügen. Statt dessen geht es offensichtlich darum, Lücken bei der Polizei in den Ländern (und vielleicht auch beim Bund) durch Personal aus den Streitkräften zu stopfen. Aus den Streitkräften, die personell nicht gerade über zu viel verfügbare Kräfte und Zeit verfügen – und zudem ganz anders ausgebildet sind als Polizisten:
Man kann nicht die Polizei erst jahrelang kaputt sparen und ihnen notwendige technische Ausrüstung vorenthalten und dann, wenn es gefährlich wird, nach der Bundeswehr rufen. Vor allen Dingen muss man ja die Frage stellen, wo dann eigentlich die Grenze ist und ob demnächst dann Panzer möglicherweise bei einer Demonstration oder bei einem Fußballspiel auffahren sollen. (…)
Erst Polizeiplanstellen streichen und die Ausrüstung der Polizei vernachlässigen und dann nach der Bundeswehr rufen, ist der falsche Weg.
sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, im Deutschlandfunk.
Mit anderen Worten: Die Debatte ist nicht neu, diegegensätzlichen Ansichten sind nicht neu, und die Wahrscheinlichkeit einer Realisierung ist bislang ähnlich hoch wie beim Vorstoß von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble 2007.
Nachtrag: Wie auch in den Kommentaren erwähnt, zur früheren Diskussion noch Fundstellen, zwei Geschichten von mir:
Im Mai 2006 zu den Beratungen über das neue Weißbuch:
Im neuen „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, bislang noch nicht mit den anderen Ressorts der schwarz-roten Regierung abgestimmt, versucht sich das Wehrministerium an einer Definition. „Der Einsatz der Streitkräfte zur Verteidigung sowie der Spannungs- wie der Verteidigungsfall stellen traditionell auf eine äußere Bedrohung ab. Infolge der neuartigen Qualität des internationalen Terrorismus sind heute Anschläge Realität geworden, die sich nach Art, Zielsetzung und Intensität mit dem herkömmlichen Begriff des Verteidigungsfalls gleichsetzen lassen.“
Und 2008 waren Union und SPD schon mal fast schon einig über eine Grundgesetzänderung:
Deutsche Soldaten sollen künftig in Extremsituationen wie schweren Terroranschlägen auch im Inland eingesetzt werden dürfen.
Auf eine entsprechende Grundgesetzänderung haben sich Union und SPD am Sonntagabend im Koalitionsausschuss verständigt. (…)
Union und Sozialdemokraten stimmten im Koalitionsausschuss einer Verfassungsänderung zu. Danach soll der Artikel 35 des Grundgesetzes, der bereits jetzt dem Militär Amtshilfe bei Unglücksfällen erlaubt, erweitert werden: „Zur Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalles“, für die die Mittel der Polizei nicht ausreichen, soll die Bundesregierung „den Einsatz der Streitkräfte mit militärischen Mitteln“ anordnen können, heißt es in dem Gesetzentwurf, der FOCUS Online vorliegt. Die Neufassung soll in den nächsten Wochen vom Bundeskabinett beschlossen werden. (…)
Mit der Neuregelung soll zudem die Bundesregierung – und in dringenden Fällen der Verteidigungsminister – das Recht bekommen, den Bundeswehreinsatz selbst anzuordnen. Bislang ist der Einsatz von Soldaten zur Amtshilfe daran gebunden, dass die für die Katastrophenabwehr zuständigen Bundesländer die Truppe anfordern.
Diese Verfassungsänderung kam dann doch nicht zustande, weil die SPD geltend machte, da sei von der Union mehr reingepackt worden als die Sozialdemokraten mittragen könnten.
(Die Links zu den Focus-Geschichten sind deutlich älter als ein Jahr; außerdem stammen beide Geschichten von mir; deshalb hier die Links.)
(Archivbild: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei der Gebirgsjägerbrigade 23 in der Hohenstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall am 23.03.2016 – Bundeswehr/Marco Dorow)
Guten Morgen in die muntere Runde
Nun fühle auch ich mich bemüht ein paar Worte hier zu verfassen.
Ich muss sagen, als (noch) aktiver Soldat, PUO, mit etwas mehr als einem Jahrzehnt Dienstzeit, läuft es mir beim lesen einiger Kommentatoren hier, von denen ich gewahr bin das sie selbst dienen oder gedient haben im Range eines Offiziers, da läuft es mir eiskalt den Rücken herunter.
Ich muss mich wirklich fragen, wo hier manche Argumente herkommen. Aber der Reihe nach. Es wurde argumentiert das ganz viele andere Länder es „uns vormachen“. Nun dazu bleibt zu sagen wie sind nicht „die anderen“. Wie sind Deutschland. Wir haben eine gebrochene militärische Tradition. Ebenso haben wir große einschnitte im wirken unseres Militärs.
Im Weiteren sei angemerkt: Ja wir sehen aktuell Soldaten in Frankreich und Belgien. Aber schauen wir in die Geschichte. Wie gut haben Soldaten ihre Aufgaben im Inneren in anderen Ländern erledigt? Nordirland beispielsweise?
Für mich, aus der Sicht eines aktiven Soldaten, ist die Sache klar. Es ist einfach etwas ganz anderes, ob ich in einem Auslandseinsatz bin, in einem fragilen Land in dem „rebellische“ Kräfte am Werk sind, oder ob ich am Lehrter Bahnhof in Berlin mit G36 und Schutzweste stehe.
Wie ganz genau, soll ich mir diese „Einsätze im Inneren“ vorstellen? Was bitte, ganz genau, sollen Soldaten tun was über das in Frankreich und Belgien gezeigte Show of Force hinausgeht? Ich sage klipp und klar: Die Bundeswehr ist hierfür nicht ausgebildet. Ich bin dafür nicht ausgebildet.
Die Gewaltenteilung ist gut und richtig. Wir brauchen keine Soldaten im Inneren. Wenn, dann gehört die Polizei personell und an Ausrüstung aufgebohrt (gleiches Thema wie in der Bw).
Machen wir ein Gedankenspiel: Ein Attentäter, mit einer AK47 bewaffnet, so wie wir es in Frankreich sahen. Bereit zum sterben, nur mit dem Ziel viele zu töten. Wie verhindern wir das? Garnicht ist die Antwort! Nicht mit noch so viel Polizei oder Militär das auf der Straße steht. Der Attentäter wird sich ein lohnendes Ziel suchen, während wir Ressourcen an anderen Orten verbrennen. Wenn ich der Logik des Show of Force folge, dann müsste man tausende von Soldaten und Polizisten permanent (wir erinnern uns, die Terrorwarnlampe steht seit 9-11 nicht mehr auf grün) durch die Straßen laufen lassen. Allein in Berlin. Das ist einfach Unfug.
Solch ein Anschlag passiert schnell. Ist nicht zu verhindern. Und Militär welches danach Wochenlang durch die Straßen läuft kann daran nichts ändern.
Für alle anderen Fälle gibt das GG genug Regelungen her, welche, nach meinem Geschmack, jetzt schon zu weit ausgelegt werden, siehe Flüchtlingshilfe.
Jeder Versuch, die Bw ins Innere zu ziehen ist letztlich nur ein Versuch, das klägliche Versagen in der Sicherheitspolitik und das große fehl an Ressourcen zu kaschieren, und daraus folgend abzulehnen!
Und nun: Feuer frei!
@Koffer: Sie glauben gar nicht, wie aktuell dies Thema ist – in Thailand:
https://asiancorrespondent.com/2016/03/thai-soldiers-police-like-powers/
Der Vergleich mit den anderen europäischen Staaten führt in die Irre. Die hier von den die-hards für das Militär geforderten Polizeikompetenzen können nicht isoliert sondern immer nur im gesamten Rahmen von Institutionen, Strukturen und Traditionen bewertet werden. Ihr Versuch erinnert doch stark an die völlig losgelösten Forderungen nach JSS&hibischen Fähigkeiten für die Marine. Das taugt nichts.
@KPK: Ihr Sicherheitsbedürfnis in allen Ehren. Das ist aber nicht das Thema hier. Es geht NICHT um mehr oder weniger Polizeiarbeit (Kontrollen, Fahndung, Präsenz) sondern es geht um die Frage, WELCHEN BEITRAG KANN DAS MILITÄR leisten? Solange Sie diese Frage umgehen, ist sie stillschweigend beantwortet.
@Simon K
Vielen Dank für die klaren Worte.
Wir sind im Ausland in Polizeiaufgaben eingebunden, gerade weil die Polizeikräfte vor Ort zu schwach sind und wir dort nicht für deren Anzahl verantwortlich sind.
In der BRD sind die Regierungen der Länder und des Bundes verantwortlich für die Innere Sicherheit und im Moment sind wir auf internationale Hilfe angewiesen um genügend Material für die Erstversorgung der Flüchtlinge und deren Registrierung zu gewährleisten.
Es ist unverantwortlich wie wir die Lücken mit der Bw kaschieren.
Die Forderung die Bw im Inland einzusetzen wird in schöner Regelmäßigkeit von der CDU erhoben und von den anderen Parteien abgelehnt. Dabei liegt der Forderung der Union ein rein ökonomischer Aspekt zu grunde.
Mittlerweile wurde in mehr als der Hälfte der Bundesländer im Polizeidienst die mittlere Laufbahn abgeschafft. Das bedeutet bei Großdemonstrationen, Castortransporten, Fussballspielen, G7-Gipfeltreffen usw. sind in der überwiegenden Anzahl Polizisten mit einer Besoldungsstufe von A9 und höher im Einsatz.. In manchen Bundesländern ausschließlich diese Besoldungsgruppe. Also auf die Bw übertragen würde dies bedeuten, die Länderpolizeien beschäftigen nur noch Offiziere und keine Unteroffiziere und Mannschaften. Jetzt haben sich die Innenminister überlegt um wieviel billiger es wäre, für solche Ereignisse das „Fussvolk“ der Bw einzusetzen und ganz erheblich Geld bei der eigenen Bereitschaftspolizei zu sparen.
Das diese Diskussion an die Besoldungsstufe der eingesetzten Soldaten gekoppelt ist, sieht man auch bei der Flüchtlingshilfe durch die Bw. Es durften fast ausschließlich Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere eingesetzt werden, damit die Autorität der zivilen Entscheider des Bundesamtes nicht in Frage gestellt wird.
Der Einsatz von der Bw im Inneren ist deshalb rundherum abzulehnen, weil es nur darum geht, die Sparmaßnahmen der Länder- und Bundesinnenminister bei der Polizei in den letzten 15 Jahren zu kaschieren !
(Sollte dieses Argument bereits in den letzten 101 Kommentaren genannt worden sein, bitte ich diese Wiederholung der Argumente zu ignorieren.)
@Georg: Dank für die Erinnerung. Die Diskussion ist wohl in der Tat nicht mehr als ein Ablenkungsmanöver.
@KPK: Da es oben vielleicht ein wenig flapsig rüber kommt zur Klarstellung: Ihr Sicherheitsbedürfnis ist völlig legitim und nachvollziehbar. Aber Sie wissen auch, dass man sich gerade angesichts der knappen Ressourcen nicht den Luxus von reinen Symbolhandlungen leisten kann. Wenn es etwas Zieführendes gibt, was das Militär leisten kann, ist das willkommen. Wenn aber die Einschätzung @SimonK zutrifft, dann ist das eben nicht der Fall. Es wäre dann geradezu kontraproduktiv, Ressourcen der BW in Aufgaben zu binden, die anderweitig besser zu lösen sind. Das bloße Gefühl, dass „endlich mal was getan werden muss“, führt am Ende nur zu Verschlimmbesserungen.
Um meine Aussage noch mal klar zu machen: Auch ich möchte niemandem sein Sicherheitsbedürfnis absprechen. Aber mit Diskussionen wie der um den Einsatz der Bw im Inneren, verrennen wir uns bei der Beantwortung der wichtigen Fragen zu den Ursachen.
Wie @Zivi a.D. passend schrieb: „Das bloße Gefühl, dass „endlich mal was getan werden muss“, führt am Ende nur zu Verschlimmbesserungen.“ Ich würde sogar weiter gehen und sagen, das der Reflex dem Aktionismus nachzugeben eigentlich noch nie gut war. Die Beispiele sind unzählig. Vorratsdatenspeicherung ist noch so ein Komplex der in die gleiche Kerbe schlägt. Suggeriert viel, hält wenig, verhindert noch weniger, kaut aber ganz enorm an der Freiheit der Gesellschaft.
Diese Themenfelder sind die Büchse der Pandorra. Schauen wir mal in die USA. Dort gibt es Forderungen das Verschlüsselung gefälligst nur noch knackbar zu programmieren ist (zugegeben nur ein Gesetzesentwurf, aber steht im Raum).
Und genauso Verhält es sich mit dem Einsatz von Sicherheitsorganen. Ich muss sehr, sehr genau abwägen welches Werkzeug ich liefere. Denn es wird benutzt werden. Und das ist oft ganz anders als ich es mir gedacht habe.
Wurde die Polizei in den USA nach 9-11 mit militärischer Ausrüstung versehen, um dem Terror und schwer Bewaffneten Kriminellen entgegen treten zu können, so hat die Staatsmacht in Ferguson klar gezeigt wie man solch ausgerüstete Polizei noch einsetzen kann.
Wir sollten uns tunlichst hüten diese Büchse auch nur aus dem Schrank zu holen. Unser Land hat Geschichte. Wir sind nicht Frankreich, Belgien oder irgendein anderes Land. Wir sind Deutschland. Und unser GG ruht auf dem Fundament der Erfahrungen der uns vorangegangenen Generationen. Sie zogen Konsequenzen aus Erfahrungen die keiner von uns gemacht hat und schoben dem einen Riegel vor. Wir sollten diesen Riegel lassen wo er ist.
Wenn ich die Kommentare hier lese und erste Äußerungen aus der Politik dazu nehme, wird mir doch klar, das beim Thema des Einsatzes der Bundeswehr im Inland viele noch eine Schere im Kopf haben oder anstatt einer vorurteilsfreien Diskussion des Themas lieber mit stereotypen Aussagen hantieren. Die Bundeswehr sei keine „Reservepolizei“ oder keine „Hilfstruppe der Polizei“, wer innere Sicherheit wolle, solle die Polizei finanziell und personell besser ausstatten oder gar Streitkräfte seien dazu da „Feinde zu töten oder Dinge kaputt zu machen“, für die Gewährleistung innerer Sicherheit sei sie gar nicht ausgebildet. Zudem sei die Bundeswehr jetzt schon bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben personell und finanziell überfordert.
Diese Argumente gehen meines Erachtens alle an der dem Entwurf des Weißbuchs zu Grunde liegenden Intention vorbei. Es geht vielmehr darum, bei besonderen Lagen an der Schnittstelle von innerer und äußerer Sicherheit einen möglichen Beitrag der Bundeswehr auf eine klare gesetzliche Grundlage zu stellen.
Schon heute gibt es vielfach Einsätze der Bundeswehr im Inneren: Der Sanitätsdienst nimmt an der zivilen Notfallrettung teil, BWK versorgen auch zivile Patienten, die Bundeswehr hilft bei Naturkatastrophen, sie ist bei der Betreuung von Flüchtlingen tätig, ebenso bei der nationalen Luftraumsicherung oder in verschiedenen Fusion-Center zur Terrorismusabwehr. Das alles geschieht im Wege der Amtshilfe oder – um es positiv auszurücken – auf äußerst schwankender Rechtsgrundlage.
Das Trennungsgebot im Inland zwischen Streitkräften und Polizei hatte nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus sicherlich seine Berechtigung. Angesichts der Tatsache, dass der Großteil des Sicherheitspersonals in der jungen Bundesrepublik seine „beruflichen Wurzeln“ im Dritten Reich hatte, war da größte Obacht geboten. Dieses Grundmisstrauen der Nachkriegszeit gilt heute nicht mehr. Die Aufgaben- und Kompetenzzuweisungen im „Sicherheitsdreieck“ Polizei – Streitkräfte – Nachrichtendienste können und müssen heute anders geführt werden als vor 50 Jahren.
Auch das Argument der fehlenden Ausbildung scheint mir eher relativ zu sein. Wenn ich Soldaten zutraue im Kosovo die europäische Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX zu unterstützen, sie im Ausland im Rahmen von Stabilisierungsmissionen Sicherungsaufgaben übernehmen lasse (übrigens auch auf stark frequentierten Märkten) oder gar im Ausland andere Soldaten für diese Aufgabe ausbilden lasse, sollte ich ihnen auch im Inland die Wahrnehmung solcher Aufgaben zutrauen.
Es geht auch nicht darum eine zusätzliche „Hilfspolizei“ zu schaffen, sondern in den Streitkräften vorhandene Ressourcen für besondere, die zivilen Kräfte stark beanspruchenden Einsatzlagen zu bündeln und deren Einsatz im Inneren auf eine sichere und umfassende Rechtsgrundlage zu stellen. Und diese Kräfte sind vorhanden. Als Beispiele sind hier RSU-Kräfte, Feldjäger oder ABC-Abwehr- und Sanitätskräfte zu nennen. Hinzu kommen alle jene Soldaten, die schon jetzt bei Naturkatastrophen regelmäßig eingesetzt werden.
Ich denke man sollte das tun, wozu der Weißbuchprozess gedacht ist: Eine Diskussion ohne die seit Jahrzehnten üblichen und eingeübten Reflexe führen.
…wie bereits mehrfach angesprochen (zuletzt Simon K), sind aus meiner Sicht genug Regelungen vorhanden und in diesem Link auch gut zusammengefasst (sorry, hab‘ mein bw2Link-Password vergessen):
http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/DcrBDYAgDAXQWVygvXtzC_X2kYINpBIsur7mXR_v_DM8muF6GSqvvB06h5fCG4Vu76JeOiS5UO7DYkUWI4zkHZkKHH-62il2ak3CrSzTBz-HN40!/
Insofern wäre es zunächst einmal hilfreich zu wissen, was konkret als oben (Intro) zitierte „erforderliche Weiterentwicklungen“ vorgeschlagen wird (siehe auch Zivi a.D. / Welchen Beitrag kann Militär leisten).
Danach ließe sich dann diskutieren, ob dass auf Grundlage der bestehende Gesetze / Regelungen möglich ist (oder ggf. Änderungen / adminstrative Verbesserungen erfordert).
Letztendlich, kann (bzw. konnte) man auch in der Bundesrepublik Deutschland, sofern man es danach politisch (und ggf. rechtlich) verantworten wollte, in einer akuten Notlage auch entsprechend handeln, siehe HH-Innensenator (und späterer VgMin und BK) Helmut Schmidt: „Ich habe mich um Gesetze nicht gekümmert. Man hat sich dafür entschieden, die Menschen zu retten, egal, was das Gesetz sagt.“
Es geht nur das man nicht mehr Polizisten Einstellen muss die immer noch fehlen trotz Aufstockung
Aber Bw müsste in jeder Kaserne DINGO und Eagle in einer Großen Zahl zu Verfügung stehen , das die Nach dem Anschlag sofort ausrücken könnte
Aber diese Fahrzeuge gibt es nicht in der Zahl die da sein müsste
Im San Bereich ist das noch schwieriger mit den Mobilen Lesing Fahrzeuge ist ja kein Schutz da , und man weiß das das die 2 oder 3te erst los geht wenn Hilfe los geht
@ Patrick Horstmann | 13. April 2016 – 11:15
“ Dieses Grundmisstrauen der Nachkriegszeit gilt heute nicht mehr. Die Aufgaben- und Kompetenzzuweisungen im „Sicherheitsdreieck“ Polizei – Streitkräfte – Nachrichtendienste können und müssen heute anders geführt werden als vor 50 Jahren.“
Und an genau diesem Punkt möchte ich ein vehementes Veto einbringen. Ich möchte auch erklären warum. Ich hole ein bisschen dazu aus.
Unser GG ist die Quintessenz dessen, was unsere vorangegangenen Generationen erlebt und erfahren haben. Die Erfahrungen sind in das Fundament unseres GG eingegossen. Und dazu zählt eben auch die strikte Trennung der Kompetenzen und Werkzeuge des Staates.
Diese Vergangenheit ist noch gar nicht so lange her. Einige Mitbürger haben dies noch real erlebt. Die Geburtsfehler im denken der Väter des GG, bezüglich des Einsatzes der Streitkräfte, wurden durch das beherzte Einschreiten des damaligen Innensenators Schmidt aufgezeigt und in der Nachbereitung behoben. Im Nachgang wurden Regeln geschaffen in dessen Rahmen es möglich ist, Fähigkeiten der Streitkräfte unter ganz bestimmten Bedingungen einzusetzen.
Das was im Gros nun passieren soll ist, das die magische Grenze eingerissen werden soll. Das Öffnen der Büchse der Pandorra. Und das ist für mich das Bild was man in Frankreich und Belgien sehen konnte.
Machen wir uns nichts vor. Wir leben in Deutschland. Wir haben eine Geschichte und daraus die Lehren gezogen. Diese Lehren sind jetzt nicht obsolet geworden. Es waren Regeln die der Verführbarkeit der Menschen entgegen stehen sollen. Wir Leben nicht in Frankreich und auch nicht in Belgien. Die haben andere Erfahrungen gemacht. Wir leben in Deutschland, mit all seiner guten und auch dunklen Geschichte.
Im weiteren wird doch in der Diskussion eine wesentliche Frage nicht klar benannt. Nämlich ganz scharf umrissen: Welche Mittel und Werkzeuge möchten wir den Organen an die Hand geben um die Innere und Äußere Sicherheit und Integrität für die Bürger dieses Landes Sicherzustellen? Und damit verbunden die Frage, sind diese Mittel sinnvoll und können sie missbraucht werden?
Zivi a.D. schrieb: „Das bloße Gefühl, dass „endlich mal was getan werden muss“, führt am Ende nur zu Verschlimmbesserungen“
Und genau das ist es. Aktionismus hat nur in den seltensten Fällen sinnvolle Ergebnisse geliefert. Denken wir an das Beispiel der Vorratsdatenspeicherung. Das ist gleichermaßen die Büchse der Pandorra. Eingerichtet gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, wird sie zusehens gegen die eigenen Bürger genutzt und eine massive Kriminalisierung geschaffen. Siehe Snowden und alle anderen Auswüchse.
Es muss klar sein: Gebe ich den Organen bestimmte Mittel und Werkzeuge an die Hand, so werden sie diese auch nutzen. Man darf nicht jedem Ruf nach mehr Mitteln nachgeben.
Als anderes Beispiel mag hier die militärische Aufrüstung der Polizei in Amerika dienen. Einst gedacht als Abwehr dem Terror und der Abwehr von schwer Bewaffneten Kriminellen, zeigte uns z.B. Ferguson, wie so etwas ausarten und enden kann.
Meine Meinung steht: Die Kompetenzen sind so wie sie sind gut verteilt. Stelle ich ein Fehl an innerer Sicherheit fest, so muss ich die Polizeikräfte stärken. Fehlt es an Sicherheit nach Außen, muss ich die Bw stärken. Dazu muss man Geld in die Hand nehmen. Das will man nicht. Und schon finden wir uns in dieser Diskussion wieder.
Ich warne Eindringlich davor diese Büchse der Pandorra zu öffnen oder zu sehr an der Flasche zu reiben. Denn diesen Geist bekommen wir dann nicht wieder zurück in seine Flasche wo er hingehört.
Die Möglichkeiten die Bw bei Katastrophalen Situationen einzusetzen bestehen. Ja selbst solch obskuren Geschichten wie der Flüchtlingshilfe geht das noch in Ordnung. Aber mehr nicht. Wenn eine Struktur nicht stark genug ist (z.B. BAMF) ihrer Aufgabe nachzukommen, ja dann muss ich die eben stärken.
Ebenso ein Wort zu dem Beispiel mit Kosovo und EULEX. Nicht jeder Vergleich der hinkt ist ein guter. Der Kosovo hat schlichtweg noch keine eigenen gut laufenden Strukturen. Das ist eine völlig andere Ausgangslage.
@ T.W.
Ist es möglich das sich das System heute ein paar mal Verschluckt hat?! Mein Beitrag von 11:11 Uhr war zuerst verschwunden, ich verfasste eben den neuen von 12:31 Uhr und nun ist der Erste wieder da… strange :)
Der geneigte Leser möge etwaige doppelte Inhalte verzeihen und es im Kopf zu einem Post zusammenfügen ;)
[Bitte um Entschuldigung – das System hat sich in der Tat verschluckt; der Beitrag war im Spam gelandet… T.W.]
Simon K. | 13. April 2016 – 12:31
+1
Leider gehört dazu das Eingestehen das man in der Vergangenheit (sparen, sparen schwarze Null über alles) Fehler gemacht hat.
Schön wäre wenn diese Erkenntnis, über alle Parteien hinweg und ohne das man versucht daraus Kapital zu schlagen, eintritt und man die Ärmel hochkrempelt und sich an die Arbeit macht.
@Georg
Wie so oft: Volltreffer, versenkt.
Die BW als letzte Reserve zur Verteidigung der Schwarzen Null des Herrn Sch.
@Simon K.
Uneingeschränkte Zustimmung, Ihre Kommentare habe ich geradezu genossen.
Diese ganze „gezielte Indiskretion“ ist doch nichts anderes als ein CDU-CSU-Bund/Länder „pissing contest“ zwischen der „Altherrenfraktion“ und der „Merkel-Fraktion“, zu der natürlich UvdL gehört. Die Reaktion der SPD spricht Bände, die wissen ganz genau, dass hier versucht wird, einen CDU-CSU-internen Dissenz in einen GroKo-Dissenz zu verwandeln um von den internen Konflikten der CDU/CSU abzulenken……und natürlich – wie @Memoria so schön schreibt – vom Unvermögen der Politik, diesen durch ein monumentales Übermaß an gesetzlichen Grundlagen, Verwaltungsvorschriften völlig verkrusteten und im overload befindlichen Verteidigungsapparat mit Namen Bundeswehr effektiv zu reformieren. Und nun brauchen wir also eine GG-Änderung und weitere gesetzliche Grundlagen, um die Einsatzbreite diese BW zu erhöhen ? Na, dann wirds eben noch flacher im Kernkompetenzbereich der Streitkräfte, wenn man das als Nullsummenspiel haushalterisch betreibt. So sieht also die strukturelle Optimierung von „Sicherheit“ in Deutschland aus ? Ein echt schwarzes Nullsummenspiel !
Ich halte die Diskussion hier nur in Teilen für ergiebig. Vieles zielt in den blauen Dunst: Könnte, müsste, sollte…
Für mich ist es selbstverständlich, dass Soldaten nur dafür eingesetzt werden können, wozu sie ausgerüstet und zumindest überwiegend ausgebildet sind.
Ich setze das nicht mit den hier aufgezeigten Aufgaben der Polizeivollzugsbeamten gleich: Alles nur Offiziere analog zur Polizei der Länder, Auseinanderhalten von Holligans, Ersatz von Wasserwerfern, um lange Anfahrtswege zu vermeiden, kostengünstiger Ersatz für fehlende Polizeibeamte…
Für mich also sehr wohl denkbar:
Einsatz zur sanitätsdienstlichen Absicherung, Bereitstellen von Transportkapazität, Übernahme von Streifentätigkeit z.B. auf Flughäfen, Überwachungsaufgaben, Unterstützung polizeilicher Maßnahmen durch Absperren und Bereitstellen von Gerät,…
Solange der Einsatz im Inneren mit den Aufgaben nicht näher beschrieben ist, können wir hier herrlich fiktiv weitermachen.
@ Patrick Horstmann
Kurze Anmerkung: Ihr gewähltes Beispiel Sanitätsdienst (Teilnahme am Rettungsdienst, zivile Patienten im BWK) geht völlig an der Sache vorbei. Denn es handelt sich hier nicht um Amtshilfe der Bundeswehr, sondern ganz im Gegenteil, um ‚Amtshilfe‘ des zivilen Bereichs für die Bundeswehr. Denn die Bundeswehr braucht für ihre Rettungssanitäter und Notärzte die Erfahrungen, die man im Rettungsdienst sammelt. Und die BWK brauchen zivile Patienten, damit sie ein einigermaßen repräsentatives Patientengut haben, an dem ihr Personal für den Einsatz lernt und übt ! Auch die Rechtsgrundlage ist ganz klar, denn für die o.g. Bereiche gibt es an allen betroffenen Standorten Verträge mit den Verantwortlichen.
Ansonsten ist hier schon so ziemlich alles gesagt, deshalb verkneife ich mir Redundanzen.
@ Simon K.
@ Georg
@ Klabautermann
Ich kann Ihre Auffassungen nur teilen. Alles Wesentliche ist nun in wirklich epischer Breite dargestellt und wird von mir nicht nochmals wiederholt.
@Roadrunner | 13. April 2016 – 7:48
Na dann lesen Sie mal die nach 9/11 verabschiedeten Antiterrorgesetzgebungen durch. M.E. sind dort so manche Regelungen eingeführt worden, die Einschränkung darstellen. Manche wurden vom BVerfG wieder kassiert, einige haben bis heute überlebt oder werden wie die Voratsdatenspeicherung neu belebt.
Ob Sie sich persönlich dadurch eingeschränkt fühlen, ist Ihre ganz persönliche Angelegenheit und unterliegt sicherlich individuell unterschiedlicher Wahrnehmung.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 13. April 2016 – 7:57
Ihr Tonfall ist schon etwas grenzwertig. Sie dürfen mir durchaus zutrauen, mir meine Meinung gebildet zu haben, die Sie nicht unbedingt teilen müssen. Von daher: Etwas unkontrolliert ausgekeilt. Zum Inhaltlichen siehe oben in der etwa inhaltsgleichen Frage von @Roadrunner.
Wie sich Ihr persönliches Freiheitsempfinden durch intensivere Kontrollen auf Flughäfen etc. verbessert oder nicht ist Ihr persönliches Empfinden, das ich Ihnen weder nehmen will noch in Abrede stellen will. Und um nicht falsch verstanden zu werden: Ich schätze Ihre Kommentare hier in AG als in der Sache fundiert und argumentativ überzeugend, aber in diesem Thema liegen wir nun einmal nicht auf der selben Wellenlänge.
@hubi „Solange der Einsatz im Inneren mit den Aufgaben nicht näher beschrieben ist, können wir hier herrlich fiktiv weitermachen“: Das ist m.E. eine gefährliche Unterschätzung der Risiken dieser Kampagne weil dieser ganz bewusst erzeugte „blaue Dunst“ dazu dienen soll, GG-Änderungen durchzusetzen – wobei der blaue Dunst nicht zuletzt die Funktion hat zu vernebeln, was genau am GG nun eigentlich geändert werden soll. Die Protagonisten der Kampagne senden ständig nur die Botschaft “ . . . das GG muss sich was ändern, weil alles so schrecklich unsicher ist. . . “ ohne jemals konkret die Änderungen am Text des GG oder die praktischen Konsequenzen zu benennnen, stattdessen bemühen sie sich nach Kräften um den Eindruck “ . . . mit einer GG-Änderung ist dann alles wieder gut“. Das ist in meinen Augen pure Demagogie.
@Simon K. | 13. April 2016 – 12:31
Sie beschreiben durchaus beachtenswerte Problembereiche, vernachlässigen aber Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, die sich nicht mit einer reinen Wehrt-den-Anfängen-Politik gelöst werden können.
Erlauben sie mir hierzu einige Anmerkungen:
Das Grundgesetz enthält gerade kein geschlossenes System des Einsatzes der Bundeswehr. Als das Grundgesetz 1949 konzipiert wurde gab es noch keine deutschen Streitkräfte, aber – da sind wir uns zweifelsohne einig – die Erfahrungen, die man mit einer fehlenden Trennung im Dritten Reich gemacht hatte. Nach Gründung der Bundeswehr hat man dann das Grundgesetz (grob gesagt) an den Streitkräfteeinsatz im Kontext des Ost-West-Konflikts angepasst. Nachdem sich diese Bedingung nach 1989 grundlegend gewandelt hat, beruht die Änderung des verfassungsrechtlichen Rahmens für den Einsatz der Bundeswehr vor allem auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Beispiele sind die – hier im Blog vielfach diskutierten – Out of Area-Urteile des BVerfG oder die Rechtsprechung zum Luftsicherheitsgesetz.
Mit ihrem Argumentationsansatz verhindern sie allerdings eine umfassende verfassungsrechtliche, sicherheitspolitische und militärfachliche Diskussion eines Einsatzes der Bundeswehr im Inland, zu der es aber zahlreiche Anlässe gibt. Da nützt auch der Verweis auf die bestehenden Amtshilferegelungen oder der vielfach gemachte Hinweis auf die Möglichkeit des (kalkulierten) Verfassungsbruchs à la Helmut Schmidt 1962 nichts. Schon heute befinden sich Einsätze von Streitkräften in einer Grauzone, die weder den politischen Entscheidungsträgern noch den eingesetzten Soldaten zuzumuten ist. Das gilt erst Recht für Einsätze, die man aus guten Gründen für notwendig halten könnte.
Hinweise auf negative Auswirkungen im Ausland – die sich nicht wegdiskutieren lassen – helfen ebenfalls nicht unbedingt weiter. Die Krux ist nämlich, dass es im Ausland sowohl negative als auch positive Erfahrungen und Traditionen mit dem Einsatz von Streitkräften im Inland gibt.
Nach meiner Ansicht kann man mögliche Auswüchse bei einer Neugestaltung von Aufgaben und Kompetenzen nicht durch eine einfache Bewahrung des Status Quo verhindern, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Die Diskussion, ob eine Änderung notwendig ist, darf nicht von vorne herein durch eine mögliche Missbrauchsgefahr überlagert werden. Die Verhinderung des Missbrauchs ist eine Frage des „Wie“ einer Neuregelung, nicht eine Frage des „Ob“.
@Nikom | 13. April 2016 – 13:34
Da liegen wir gar nicht auseinander. Ich habe das Beispiel gewählt, weil in den genannten Gesundheitsbereichen niemand die grundsätzliche Sinnfrage des Einsatzes der Bundeswehr im Inland stellt. Hier ist die Bundeswehr selbstverständlich – wie sie richtig bemerken auch im eigenen Interesse – in das zivile nationale Gesundheitssystem eingebunden.
Ob und wie dieses auch in anderen Bereichen geschehen kann, sollte man diskutieren können, ohne dass von den einen gleich schwerste Schäden für die Freiheitsrechte und von anderen das Ende der Funktionsfähigkeit der Streitkräfte befürchtet werden.
@Patrick Horstmann | 13. April 2016 – 14:26
Ihr Argumentation ist durchaus nachvollziehbar und ehrenwert. Gleichwohl sehe ich unsere die Regierung tragenden Parteien weder in dieser noch in einer kommenden Legislaturperiode als fähig, die Klärung der Problematik der rechtlichen Grundlage des Einsatzes / der Aufgaben der Bundeswehr im generellen (Inland, Ausland) auch nur im Ansatz anzugehen.
Die reflexartigen Äußerungen der SPD-Vertreter wie auch die der Vertreter der fordernden CDU/CSU auf der anderen Seite belegen dies m.E. eindeutig. Wenn Einigkeit bestünde, die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die SK neu zu fassen, wann, wenn nicht im Rahmen einer GroKo, wäre dies besser möglich. Allein mir fehlt der Glaube, dass man sich hier auf etwas substantielles einigt. Viel lieber wird man, wie bisher, auch künftig diese Fragen vom BVerfG regeln lassen. Dann ist man als Politiker fein raus.
Die ganze Chose Bw-Einsatz im Inneren ist wie bereits von @Memoria und @ Zivi a.D. beschrieben vielmehr eine schöne Nebelgranate.
sic est! Und erst nach der Benennung macht es Sinn diese zu diskutieren…
@Patrick Horstmann
Wunderbar wie Sie um den eigentlichen „heißen Brei“ herum lawieren ;-)
Das ist eben nicht einfach der „Einsatz der BW im Inneren“, sondern der bewaffnete Einsatz der BW im Inneren ……und da fehlt mir schlicht und einfach die Begründung, warum dies quasi „alternativlos“ ist ? Welche Rahmenbedingungen haben sich denn geändert, die den bewaffneten Einsatz der SK in Deutschland „unausweichlich“ machen ?
Der bewaffnete Einsatz der SK unterliegt ja bekanntermaßen dem Parlamentsvorbehalt – wollen wir den gleich mit über Bord werfen ? Den 87ger reduzieren wir auf „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung und zur Gefahrenabwehr auf; Näheres regelt ein Bundeswehreinsatzgesetz.“ ? Und dann rufen wir – wie in Frankreich – den „Inneren Verteidigungsfall“ aus ? Oder kann dann auch durch ein Landesparlament auf Vorschlag einer Landesregierung der bewaffnete Einsatz der BW beantragt und durch die BuRegierung bewilligt werden, wenn die Landespolizei im Überstundenanschlag ist und die BuPo gerade zu viele Kräfte bei FRONTEX gebunden hat zur „Verteidigung des Schengenraumes“ ??
@Zivi a. D. kann ich nur zustimmen. Mal wirkliche Budder bi de Fische.
Ich muß noch einen Punkt anbringen:
Wer erinnert sich noch an die „Doktrin der Nationalen Sicherheit“ in einigen lateinamerikanischen Staaten in den 1970ern ? Viele der hier vorgebrachten Argumente erinnern mich doch sehr an diese sehr nationalstaatlichen – bzw. nationalistischen – Konzepte. Back into the Future ?
Ne, ne, nicht mit mir ;-)
@Zivi A.D: +1
Eine verängstigte Bevölkerung wählt Kontinuität und Konservativ. Dabei spricht eine Diskussion, welche alles Aufzählt was passieren könnte ins besondere paranoide und ängstliche Personen an. Beide Ausprägungen stehen ins besondere der CDU/AFD nahe.
Leider kommt es durch derartige Debatte zu direkter bis struktureller Diskriminierung von Muslimen und Dunkelhäutigen. Ist einmal das Diskriminierungskarusell angestoßen, sind weitere Minderheiten an der Reihe.
Daher grenzt es an selbstauferlegte Höflichkeit, zu vermuten man wolle lediglich Gelder einsparen. Am Ende des Tages will sich das konservative Milieu auf Kosten der inneren Sicherheit und dem sozialen Frieden bereichern.
Ginge es an Stelle von Profilierung um tatsächliche Sicherheit und Stabilität hätte man längst die Forderungen der Polizeigewerkschaft umgesetzt und würde Gelder und Ressourcen frei machen um Integration und Bildung zu fördern.
@ Patrick Horstmann | 13. April 2016 – 14:26
„Schon heute befinden sich Einsätze von Streitkräften in einer Grauzone, die weder den politischen Entscheidungsträgern noch den eingesetzten Soldaten zuzumuten ist. Das gilt erst Recht für Einsätze, die man aus guten Gründen für notwendig halten könnte.“
In diesem Punkt bin ich absolut bei ihnen. Nur stehe ich eben auf dem Standpunkt, das vieles von dem was man derzeit die SK tun lässt und was sich im grauen Bereich bewegt, eben ganz einfach nicht weiter Durchgeführt werden darf.
Das es einer weiteren Präzisierung um den Einsatz der SK im Ausland bedarf (Stichwort Parlamentsvorbehalt und schnelle Einsatzfähigkeit) da sind wir uns ja einig.
Ebenso, das gebe ich durchaus zu, war an der Stelle wohl etwas unpräzise, müsste man die eine oder andere Kleinigkeit dessen, wozu die SK im inneren eingesetzt werden dürfen, schärfer konturieren. Damit eben z.B. solche Daueraufgaben wie Flüchtlingshilfe, nicht so sehr im grauen „Amtshilfe“ Paragraphen schwimmen.
Mir geht es primär darum, das aus meiner Sicht verhindert werden muss, das wir in Deutschland Bilder wie in Frankreich sehen. Der Soldat mit dem G36 am Lehrter Bahnhof. Dies ist der Einsatz militärischer Gewalt im inneren (hier: Show of Force) und genau das ist für mich die Büchse der Pandorra.
Jedes Mittel das ich der Ordnungsmacht an die Hand gebe, wird auch genutzt werden! Entweder so wie ich mir das vorgestellt habe, oder eben anders oder gar aus dem Ruder laufend.
Viele bringen das Beispiel des Objektschutzes. Aber was ist wenn dann tatsächlich mal was passiert?! Das sind einfach viel zu viele Unwägbarkeiten. Ich als Soldat will einfach nicht mit einer Waffe im Inland so etwas tun. Dies Widerstrebt mir und ist gegen alles was ich als deutscher Soldat gelernt habe. Was passiert wenn ich Show of Force auf dem Alex in Berlin mache und irgendein betrunkener Spaßvogel meint mich auf den Arm nehmen zu wollen? Was bitte meinen denn alle was dann in diesem Land los ist, wenn ein Soldat der Bundeswehr einem deutschen Staatsbürger bei so einer Tätigkeit aus versehen Schaden zufügt?!
Nochmal. Polizisten sind für sowas geschult. Jahrelang! Soldaten nicht!
Und wie Zivi a.D. bestens erkannte, werden wir bei der ganzen Diskussion absolut im Nebel stehen gelassen. Ich will einfach keinen grauen Blankoschein im GG verankert sehen, der den Einsatz bewaffneter SK im Inland auch nur ansatzweise zulässt.
Und solange mir kein Politiker glaubhaft vermitteln kann, und zwar mit Konkreten Szenarien, das dies notwendig ist, nicht mit anderen z.B. polizeilichen Mitteln zu klären ist, dann, ja dann können wir mal anfangen darüber zu reden.
Nur solang hätte sollte könnte und „vielleicht sicherer“ als Argumente kommen, ist diese ganze Diskussion für mich Unsinn.
Auf „Strategie & Technik“ war man am 1. April in dieser Thematik dem Rest der Republik schon weit voraus. Vielleicht war dies gar der Anstoss für einige Politiker ihre Gedanken in diese Richtung zu lenken – wenn Satire von der Realität überholt wird.
http://strategie-technik.blogspot.de/2016/04/komm-zur-bund-plane-fur-fusion-von.html
@Simon K.
„Und wie Zivi a.D. bestens erkannte, werden wir bei der ganzen Diskussion absolut im Nebel stehen gelassen. Ich will einfach keinen grauen Blankoschein im GG verankert sehen, der den Einsatz bewaffneter SK im Inland auch nur ansatzweise zulässt.
Und solange mir kein Politiker glaubhaft vermitteln kann, und zwar mit Konkreten Szenarien, das dies notwendig ist, nicht mit anderen z.B. polizeilichen Mitteln zu klären ist, dann, ja dann können wir mal anfangen darüber zu reden.“
Zumal bei solchen Szenarien wohl angenommen werden darf, dass die FDGO des Bundes oder eines Landes gefährded sein wird und da gäbe es dann Artikel 87a (4) der den bewaffneten Einsatz von Streitkräften im Inland ermöglicht.
Cheers
Flip
Und weil hier gelegentlich Empörung laut wird wegen Mißtrauens gegenüber der Bundeswehr. Da verweise ich dann mal auf http://www.welt.de/politik/deutschland/article109241172/Weltbild-deutscher-Soldaten-nicht-unproblematisch.html
(@T.W.: fast vier Jahre alt, deshalb link hoffentlich zulässig)
Und die Erkenntnisse kann ich nach 42 Jahren Bundeswehr bestätigen.
@Nikom
Link ist ok – allerdings fürchte ich, dass damit ein anderes Fass aufgemacht wird, dass uns sehr schnell in eine andere Debatte führt… Wäre schön, wenn das nicht so wäre.
@ Nikom | 13. April 2016 – 16:17
Na Gott sei Dank sind die Polizeien der Länder und die Bundeswehr absolut frei von solchen Umtrieben.
Geht’s noch?
Hans Schommer
Vor allem sollte man wissen wo noch die Kasernen sind die sind auch zu weit entfernst die Brauchen zum teil Stunden bis die da sind wo man die benötigen würden
und wie viel Reserve da ist noch da ist bei sofort Soldaten in Auslandeinsätze zu schicken
und in den Nächten Jahre werden nach Osteuropa mehr und Mehr Einheiten Geschickt .
Den jetzt bringen die US eine Brig nach Osteuropa und Russland hat schon Angekündigt noch mehr zu tun
@es will usw…..
Sorry Ihr Nick ist mir zu lang zum Abtippen, meiner auch, aber Les geht ja noch.
Satire- geht gar nicht mehr- soo pöse!
@klabautermann | 13. April 2016 – 15:12
Ich bin mir nicht sicher, was sie mit „Parlamentsvorbehalt“ bei einem bewaffneten Einsatz von Streitkräften meinen. Ein Parlamentsvorbehalt im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes besteht nur bei einem bewaffneten Einsatz von Streitkräften im Ausland. Der hoheitliche Einsatz von Streitkräften im Inland – bewaffnet oder nicht bewaffnet – würde (soweit das Grundgesetz es generell zulassen würde) immer nur durch (einfaches) Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig. Das gilt aber für jede hoheitliche Tätigkeit einer staatlichen Stelle (sog. Vorbehalt des Gesetzes), auch außerhalb der Streitkräfte.
Dass es Bereiche gibt, bei denen der Einsatz von Streitkräften im Inland „alternativlos“ oder „unausweichlich“ ist, habe ich nicht behauptet. Soweit ich beurteilen kann, ist eine solche Behauptung auch im politischen Raum nicht erhoben worden.
Aber vor dem Hintergrund der heutigen Sicherheitslage halte ich die Grenzen auf der Skala vom politischen oder politisch-religiösem Extremismus über von dritter Seite geheimdienstlich gefördertem Terrorismus als Black Ops bis zum Hybrid Warfare für sehr fließend. Hierbei ist zweitranging, ob die Quellen oder die Auswirkungen einer Bedrohung im In- oder Ausland liegen. Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn die Grenzen zwischen in- und ausländischer Bedrohung, zwischen nicht-militärischer und militärischer Bedrohung verschwimmen, muss man auch darüber nachdenken dürfen, ob hergebrachte Unterscheidungen bei der Bekämpfung solcher Bedrohungen noch zeitgemäß sind, ohne gleich in den Verdacht zu geraten, die Freiheitsrechte grundsätzlich aushebeln zu wollen.
Ich stimme jedem Kommentator zu, der zu bedenken gibt, dass sich bei einem (hoheitlichen) Einsatz von Streitkräften im Inland – nicht bewaffnet oder bewaffnet – Probleme ergeben können. Dieses rechtfertigt aber nicht, eine Diskussion schon dem Grunde nach zu verweigern.
Um zumindest ein wenig Butter bei die Fische zu geben. Die Diskussion sollte aus meiner Sicht die folgenden Schritte unterscheiden:
– Welche Maßnahmen sind notwendig?
– Was können die Streitkräfte hierzu leisten, im In- oder Ausland?
– Wie müssen die Streitkräfte hierfür ausgebildet und ausgestattet sein?
– Welche Regeln müssen gelten, vor allem auch um einen Missbrauch zu verhindern?
d.h. die Diskussion sollte sich auf der Linie „Notwendigkeit – Möglichkeiten und Fähigkeiten – Regeln zur Missbrauchsverhinderung“ bewegen, nicht auf der Linie „Einsatz im Inland oder Einsatz im Ausland“.
„……Ein Parlamentsvorbehalt im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes besteht nur bei einem bewaffneten Einsatz von Streitkräften im Ausland. Der hoheitliche Einsatz von Streitkräften im Inland – bewaffnet oder nicht bewaffnet – würde (soweit das Grundgesetz es generell zulassen würde) immer nur durch (einfaches) Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig…..“
Bullshit ;-)
Wer fragt eigentlich immer wieder diesen „Verfassungsrechtler“ Rupert Scholz? Wir erinnern uns: Das ist der Verteidigungsminister, der noch zu Zeiten der Wehrpflicht die Wehrdienstzeit auf 18 Monate verlängert hat (was er noch in seiner Dienstzeit wieder auf 15 Monate korrigieren musste). Vor und nach der Katastrophe von Rammstein hat er sich auch nicht mit Ruhm bekleckert (eher auf den Gefühlen der Angehörigen der Opfer herumgetrampelt).
Eventuell interessiert hier ja die Stimme eines PVB. Ich denke dies ist kein reines Thema der BW. Die Forderung im Weißbuch stellt auch einen Tiefschlag für uns Polizisten dar. (Ich war auch mal Soldat …). Ich stimme der Antifraktion absolut zu.
Die zwei wesentlichen Dinge die ich hier beim Überfliegen noch nicht gesehen habe und die dagegen sprechen.
rechtlich: Polizei ist immernoch Ländersache genauso wie das Gefahrenabwehrrecht. Es gibt 17 Polizei- und Ordnungsgesetze, 19 Polizeibehörden, die die Eingriffsgrundlagen der Gefahrenabwehr darstellen. Es ist unmöglich diese den Soldaten im nötigen Umfang nahe zu bringen und dann im entsprechenden Bundesland das korrekte PolG, (oder HSOG, ASOG, SOGs und wie se alle heißen) parat zu haben. Das wäre aber unbedingt nötig wenn polizeiliche Maßnahmen durchgeführt werden sollen (und das geht beim Beobachten schon los, beim Streifen weiter und beim Absperren beschränkt man schon dermaßen viele Grundrechte, dass es ohne rechtskundlich zu sein nihct geht). Diese Abschnitte wären viel zu Ausbildungsintensiv.
Lagebedingt: Was kann die BW in einer Sofortlage leisten? Der erste vor Ort ist der Funkwagen. Ich werde hier keine Details über Ausstattung oder Taktik verraten, aber bei einer Lage wie in Paris, oder auch nur einer Lage wie in Brüssel wäre durch die BW taktisch überhaupt kein Vorteil zu gewinnen –> Ehe ihr da seid ist der Drops gelutscht. Je nach Bundesland wird es da schon schwer, rechtzeitig die entsprechenden Kräfte heranzuführen.
Insofern kann die richtige Konklusion nur sein, Risikoanalyse, Ausrüstung anpassen, Personal aufstocken (wir prfeifen in sehr vielen Bundesländern auf dem letzten Loch) und das bei der Polizei. Nur für Show of Force muss ich keinen Leo/PumaMarder/Dingo vor den Bundestag oder den Kölner Dom stellen.
Es gibt noch so viele andere Aspekte, Führungsproblematik, Zuständigkeit und all die Dinge die hier schon breit diskutiert wurden. Eine Schnappsidee, die weiter zu unseren Lasten gehen würde, am Kernproblem aber nichts ändert: Die ersten vor Ort sind diejenigen die agieren müssen und das geht nunmal über absperren hinaus.
@klabautermann | 13. April 2016 – 18:55
Wenn sie die Rechtslage so nennen wollen. Meinetwegen.
Ein Nachtrag noch, den ich nicht mehr in den obigen einfügen kann: Bitte hier keine Taktik und Ausrüstung diskutieren! Man muss es unserem Gegenüber ja nicht einfacher machen als es ohnehin schon ist.
@SiPol | 13. April 2016 – 20:17
Sie beschreiben die aktuelle rechtliche Situation, wenn die Bw im Rahmen der Amtshilfe für die Landespolizei tätige werden würde.
Wenn die Bw im Rahmen eigener (grundgesetzlich abgesicherter) Kompetenzen tätig würde müsste man dafür auch eine gesetzliche Grundlage bereit stellen.
Da wäre es kein Problem das UZwGBw als Grundlage vorzugeben. Denn die Bw würde ja nicht als weitere Verstärkung bei normalen Fußball oder Castor Lagen herangezogen, sondern nur in außergewöhnlichen Situationen.
Koffer | 13. April 2016 – 21:03:
“ … Da wäre es kein Problem das UZwGBw als Grundlage vorzugeben. …“
Aber nicht in der derzeitigen Fassung. Da würde das Gesetz deutlich zu kurz greifen, da es ausschließlich auf den Eigenschutz von Infrastruktur und – auch außerhalb militärischer (Sicherheits-) Bereiche – Material und Personal der Streitkräfte ausgerichtet ist.
Hans Schommer
@Hans Schommer | 13. April 2016 – 21:23
Eindeutig.
Wobei ich im Regelfall die Bw bei Objektschutzlagen sehen würde. Originär polizeiliche Lagen sehe ich keiner möglichen Szenario im Feld der Bw…
Aber trotzdem: das UZwGBw müsst natürlich angepasst werden, wenn es anstelle der Landesgesetze als Grundlage für die „Einsatzkräfte“ aus dem Bereich der Bw herangezogen werden würde…
„Ne, ne, nicht mit mir“ (Klabautermann)
Die Ministerin läßt sich von ihren Profilierungsgelüsten treiben.
So wie Heiko Maas auf Seiten des Koalitionspartners mit immer neuen
Vorschlägen möglichst täglich von den Medien wahrgenommen werden möchte,
so empfindet Fr. vdL offensichtlich für sich selbst einen Nachholbedarf.
Während von Maas weitgehend harmloser Nonsense offeriert wird,
hantiert vdL mit den dicken Kalibern.
Doch wer eine Debatte über den (bewaffneten) Einsatz der Bw im Inneren vom
Zaum brechen will, der sollte mit dem entschiedenen Widerspruch der republikanisch-demokratisch gesinnten Bürger rechnen.
Dieser Staat hat alle Möglichkeiten seine Sicherheitskräfte so aufzustellen, daß sie
zukünftigen Gefährdungslagen Herr werden können. Anstatt dessen die Bw als Hilfstruppe einsetzen zu wollen, um Finanzmittel zu sparen, ist ein dicker Hund und
offenbart die Nonchalance unserer Regierung in Bezug auf unsere Verfassung.
@Gustav Struve | 13. April 2016 – 21:40
„der sollte mit dem entschiedenen Widerspruch der republikanisch-demokratisch gesinnten Bürger rechnen.“
Es gibt gute Argumten gegen den Einsatz der Bw im Inneren.
Aber weder die Republik noch die Demokratie haben irgend etwas damit zu tun. Noch das Bürgertum.
Wenn ich mir die bisher von Befürwortern unter den konservativen Politikern (z.B. MdB Otte bzw Ex-BMVg Scholz veröffentlichten Äußerungen vergegenwärtige, so ist dort wenig Konkretes an Forderungen festzustellen. Vgl:http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/NYs9D4JAEET_0S1nIWoHISYmxsIGsTEHbHDDfZBl8Rp_vHeFM8lr3gw8IdWbD01GKHhj4QHdQKc-qj6OqMwsG1qLq4pIgowveaNDD20-psEQPEqmoBdKnNhIYLUEFpvNxpyMohG6Qje1Lot_9Lcqj9fbeb87NJf6Dotz1Q90vxi4/
Bevor wir hier mit „hätte und könnte“ uns das Hirn zermartern und den Mund fusselig reden bzw. die Finger wund schreiben, wüsste ich doch gerne mal, wie man sich den möglichen Einsatz der Bw im Inneren vorstellen möchte und welchen Mehrwert man sich gegenüber einer Stärkung der Polizeien vorstellt.
Bitte jetzt nicht mit Alibipräsenz wie nach Anschlägen wie in Frankreich oder Belgien kommen. Ich sah in den vergangenen Monaten seit letztem Jahr regelmäßig französische Soldaten auf diesen Patrouillen (genauso professionell und manchmal unprofessionell, wie ich es von DEU Soldaten auch erwarten würde) und ich sehe, wie die französische Armee wegen dieser Maßnahmen aus dem letzten Loch pfeift. Das wünsche ich mir für die Bw sicher nicht.
@Koffer | 13. April 2016 – 21:03
soviele Konjunktive ist man von Ihnen garnicht gewohnt ;-)
Ich bitte um Entschuldigung, denn ich habe mir jetzt nicht alle Kommentare durchgelesen. Es war mir etwas zuviel nach einem arbeitsreichen Tag.
Nichts desto trotz kann ich mir dennoch die Bundeswehr mit Aufträgen im Inneren durchaus vorstellen. Jedoch definitiv NICHT zur Unterstützung der Sicherheitsorgane, aber in anderer Hinsicht bei Unterstützungdienstleistungen, die derzeit nur aufgrund der Amtshilfe zulässig wären. Man könnte m.M.n diverse, in sich ähnliche Aufgaben verzahnen, wie dieses bei einigen Lehrgängen ja bereits der Fall ist.
Ein paar Beispiele:
In Bayern werden jedes Jahr zur Waldbrandüberwachung ca. 300 freiwillige Piloten mit der Durchführung von Luftbeobachtungsflügen betraut. Warum nicht die gesetzliche Grundlage schaffen, dass dieses auch im Rahmen von Flügen der Bundeswehr zur In-Übung-Haltung parallel durchgeführt werden kann. Oder meinetwegen auch mit Drohnen. Da lassen sich sicher einige Übungsszenarien keieren.
Oder, dass man beispielsweise die Lehrgänge und Einsätze der Truppenküchen mit anderen Exekutiven zusammenlegt, sofern es der Dienstbetrieb zulässt. Warum sollte nicht eine Feldküche zur Beübung auch ein Ausbildungslager des THW unterstützen können?
Der Vorteil wäre, dass man die Soldaten, wie erwähnt, in Übung hält, die Kosten auf beiden Seiten senken könnte, da man einen gemeinsamen Topf schaffen könnte, und Personal einsparen würde. Sicherlich, die Gesetzeslage steht solch einem Vorhaben derzeit diametral entgegen. Das ist allerdings ein anderes Problem. Und es sollte die Bundeswehr auch nicht als Lückenbüßer herhalten müssen. Nur an Stellen, an denen man effektiv und effizient zusammenarbeiten könnte, ohne die klar getrennten Sicherheitsaufgaben zu tangieren, sehe ich dort kein Problem.
Oder bspw. Pilotenausbildung. Warum nicht die Ausbildungen der Polizeien und der Bundeswehr bis zu einem gewissen Grad zusammenlegen? Die Grundlagen sind die gleichen. Erst wenn es in taktische Ausbildungen etc. geht, kann man sie wieder trennen. Das wäre effizient. Bei den FschJg war solch ein Vorhaben ja schon angedacht, indem man die FschSprAusb multinational zusammenlegt. Warum dann auch nicht national ressortübergreifend.
Grüße
@Koffer | 13. April 2016 – 21:44
„Aber weder die Republik noch die Demokratie haben irgend etwas damit zu tun. Noch das Bürgertum.“
Das sehe ich schon entschieden anders. Würde aber wohl zu weit führen, dies hier zu besprechen.
@ Koffer 21:03
Welche außergewöhnliche Situationen haben sie da im Sinn, die nicht mehr von Polizei und Bundespolizei bewältigt werden können und bei denen Artikel 87a (4) noch nicht greifen würde, um der BW weitere grundgesetzlich gesicherte Kompetenzen zuzugestehen?
Cheers
Flip
@Koffer: Jein. Die Bundesbehörden sind schlicht und ergeifend nur an den wenigsten in Frage kommenden Orten zuständig. Sagen wirs mal so, Außerhalb der Abfertigungshalle ist Pumpe. Der Rest liegt in Zuständigkeit der Landesbehörden und wenn die BW dann in Amtshilfe handeln soll, erfordert dies ne klare Unterstellung. Diese dann auf Grundlage der jeweiligen Gefahrenabwehrgesetze.
Ich rede somit von einem BW-Einsatz unter Führung der Polizei, bei solchen außergewöhnlichen Lagen vor allem als Objektschützer, logistischer Unterstützung und allenfalls Spezialkräften. Kann ja gern in Auftragstaktik geschehen. Eine ausschließe eigene Führung wäre absurd. Und das wiederum würde Übung und Abstimmung erfordern.
Natürlich kann man gesetzliche Grundlagen ändern. Aber da spielen dann zu viele Spieler mit.
@Bin_dabei | 13. April 2016 – 21:52
„soviele Konjunktive ist man von Ihnen garnicht gewohnt ;-)“
;)
Naja, liegt vermutlich daran, dass ich zwar grundsätzlich inhaltlich für den Einsatz der Bw im Inneren bin, ABER es in der aktuellen Situation für eine politische Nebelkerze halte und es zudem die Bw (je nachdem wie man es umsetzen würde) noch weiter belasten würde in einer Zeit in der wir uns das gar nicht leisten können.
@Flip | 13. April 2016 – 21:59
„Welche außergewöhnliche Situationen haben sie da im Sinn, die nicht mehr von Polizei und Bundespolizei bewältigt werden können und bei denen Artikel 87a (4) noch nicht greifen würde, um der BW weitere grundgesetzlich gesicherte Kompetenzen zuzugestehen?“
Diejenigen über die schon seit ca. 20 Jahren immer und immer wieder gesprochen wird:
1. Abwehr quasi militärischer Angriffe
2. Objektschutz in außergewöhnlichen Situationen
3. Spezialfähigkeiten, die aber aufgrund ihres hoheitlichen Charakters nicht im Rahmen normaler Amtshilfe durchgeführt werden