Bundestag billigt Blauhelm-Einsatz zur Aufklärung im Norden Malis

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Der Bundestag hat am (heutigen) Donnerstag einen praktisch neuen und auch gefährlichen Einsatz der Bundeswehr gebilligt: Im Norden Malis sollen bis zu 500 deutsche Soldaten für Aufklärungsmissionen der UN-Blauhelmtruppe MINUSMA eingesetzt werden und damit vor allem die niederländischen Truppen (Foto oben) in dem westafrikanischen Land unterstützten. Formal ist der Einsatz eine Ausweitung des bereits bestehenden MINUSMA-Mandats, in dem bislang schon theoretisch 150 Soldaten für Lufttransport und Luftbetankung in Mali bereit standen. Der neue Auftrag ist angesichts der anhaltenden Auseinandersetzungen im wüstenreichen Norden Malis allerdings ungleich gefährlicher. (Parallel dazu ist die Bundeswehr an einer EU-Trainingsmission in Mali beteiligt, die formal von dem UN-Einsatz getrennt ist.)

Für das neue Mandat (Bundestagsdrucksache 18/7206) sprachen sich in namentlicher Abstimmung 503 Abgeordnete aus; 66 stimmten dagegen und sechs enthielten sich. Auffällig ist, dass die ablehnenden Stimmen nicht nur aus der einheitlich abstimmenden Linksfraktion kamen, sondern auch acht SPD-Abgeordnete die Blauhelmmission ablehnten. Von den Grünen kam dagegen bei drei Enthaltungen einhellige Zustimmung.

Die neue Mission ist von vornherein als robuster Einsatz ausgelegt, auch wenn nicht von einem Kampfauftrag, sondern von Aufklärung die Rede ist. Die Blauhelmtruppe steht unter einem UN-Mandat nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen, und ausdrücklich sind alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt zur Durchsetzung des Auftrags zugelassen. MINUSMA soll den Friedensprozess in Mali absichern, eine formale Einigung nach der Übernahme des malischen Nordens durch Islamisten und dem anschließenden Eingreifen Frankreichs 2013. Dass es trotz des Friedensprozesses immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt, hatten die Vereinten Nationen erst vor Kurzem in ihrem Jahresbericht für 2015 deutlich gemacht.

Mit dem deutschen Beitrag folgte die Bundesregierung, so hatte sie es dem Parlament im August vergangenen Jahres mitgeteilt, ursprünglich einem Wunsch der Niederlande, die mit Spezialkräften und Kampfhubschraubern in Mali aktiv sind und ihren Verbündeten um Unterstützung gebeten hatten. Nach den Anschlägen in Paris am 13. November vergangenen Jahres wurde in der deutschen innenpolitischen Debatte zusätzlich die Unterstützung Frankreichs als Begründung für die Ausweitung des Mali-Einsatzes herangezogen – und die Flüchtlingssituation in Deutschland: Die Mission gilt nun als ein Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen.

Die Truppe für den UN-Einsatz soll ab Februar langsam aufwachsen; zunächst sollen Objektschützer der Luftwaffe in diese Mission gehen, die bis Mai komplett stehen soll. In Eutin stellten Heer und Luftwaffe am Donnerstag die dafür vorgesehenen Kräfte und die Technik vor; neben dem Objektschutzregiment der Luftwaffe wird das Aufklärungsbataillon 6 zu Beginn der Träger dieses Einsatzes. Die Aufklärer werden mit Spähwagen Fennek, einem Radarzug auf Fuchs-Transportpanzern und einer leichten Spähgruppe nach Westafrika verlegen.

Für die Aufklärung in dem unwegsamen Gebiet sieht die Bundeswehr zudem Drohnen vor, inbesondere zunächst  LUNA und KZO (Kleingfluggerät Zielortung Korrektur: KZO stand zwar in der Einladung zum Medientag, ist aber nicht für den Einsatz vorgesehen). Derzeit wird auch geprüft, ob zusätzliche Drohnen des israelischen Typs Heron 1 geleast werden können, die auch größere Strecken und Gebiete aus der Luft überwachen können. Diese unbemannten Systeme hat die Bundeswehr derzeit nur in Afghanistan im Einsatz; in Mali sollen sie nach Möglichkeit ab Herbst diesen Jahres genutzt werden können.

Nachtrag: Ein Blick auf die aktuelle Lage – mit einer AP-Meldung von heute:

A Mali army spokesman says that at least two soldiers died in an explosion and another in an attack in the country’s north.
Col. Souleymane Dembele said Thursday that an army vehicle drove over an improvised explosive device about 30 kilometers (19 miles) west of Gao, killing two soldiers.Kamisse Dicko, a resident in Timbuktu, said that another army vehicle came under attack Thursday by gunmen east of the city. Col. Dembele confirmed the attack but gave no further information.

Update von AFP:

One Malian soldier was killed in a gun attack while at least three others died in a landmine explosion in the country’s north on Thursday, military sources told AFP.
„A Malian soldier was shot dead in an ambush Thursday morning on the outskirts of Timbuktu,“ said an army officer in the northwestern desert city, adding that the soldier was driving a military vehicle when he came under attack.
Elsewhere, at least three other troops died when their vehicle hit an explosive device near the city of Gao, army spokesman Colonel Souleymane Maiga said.
„The (vehicle at the) head of our convoy hit a mine 37 kilometres (22 miles) southwest of Gao, near Douentza. We deplore the death of three of our own,“ he said.

Nachtrag 2: Fotos vom Medientag in Eutin:

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Medientag im Aufklärerbataillon 6 in Eutin

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Nachtrag 3: Aus einem Bericht von Reuters dazu:

In Gao sollen die deutschen Truppen in das niederländische „Camp Castor“ am Flugplatz der 90.000-Einwohner-Stadt einziehen und einen Teil der rund 400 niederländischen Soldaten dort ersetzen. Eine ihrer Hauptaufgaben wird sein, mit Spähpanzern und Drohnen für die UN Aufklärung zu betreiben. Dazu schickt die Bundeswehr eine Aufklärungskompanie mit rund 170 Soldaten nach Gao. Zum Schutz der deutschen Soldaten steht eine schnelle Eingreiftruppe von Panzergrenadieren bereit. Die Niederländer haben zudem Spezialkräfte und Apache-Kampfhubschrauber vor Ort stationiert.

(Foto oben: Niederländische Truppen in Mali – defensie.nl; übrige Fotos: Maximilian Schulz/Bundeswehr)