Neuer Einsatz in Mali: Fragen & Antworten aus der Bundespressekonferenz

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Der Beschluss des Bundeskabinetts zur Ausweitung der deutschen Beteiligung am UN-Einsatz in Mali war am (heutigen) Mittwoch auch Thema der Bundespressekonferenz. Nicht zu sehr in operativen Details, aber mit ein paar Aussagen schon: Kräfteaufwuchs ab Februar, bis Mai; Signal Intelligence (SIGINT) ist Teil der geplanten Fähigkeiten;  bei der sanitätsdienstlichen Versorgung Abstützung auf Niederlande und Frankreich.

Ein bisschen Verwirrung gab’s um die Frage, wie es mit dem Einsatz deutscher Spezialkräfte in dieser Mission aussieht – schließlich setzen die Niederlande ja auch Spezialkräfte bei MINUSMA ein. Ergebnis: Das wäre nach dem Mandat zwar möglich, ist aber nicht geplant.

Zum Nachhören die Aussagen von Regierungssprecher Steffen Seibert und Oberst Boris Nannt vom Verteidigungsministerium:

 

Mali_BPK_06jan2016     

 

(Die Abschrift wird ergänzt, wenn sie vorliegt. s. unten)

Damit die Debatte über diesen Einsatz nicht so zerfasert, gibt’s hier keine Kommentare; die bitte beim Haupt-Eintrag zu dem Thema reinschreiben.

Das Transkript:

STS SEIBERT: Guten Tag, meine Damen und Herren! Es gab heute mehrere Beschlüsse des Bundeskabinetts.

Die ersten beiden befassen sich mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Bei dem ersten geht es um die Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der UN-geführten Mission in Mali; Experten kennen sie unter dem Kürzel MINUSMA.

Der Rahmen kurz ausgeführt : Es hat in Mali im Mai und im Juni des vergangenen Jahres die Zeichnung von Friedens- und Versöhnungsabkommen gegeben und im Oktober des vergangenen Jahres haben sich die Rebellengruppen des Nordens geeint. Nun ist es umso wichtiger, die nachhaltige Befriedung vor allem auch des nördlichen Landesteils voranzutreiben. Bisher muss man sagen, dass die Umsetzung des Friedensabkommens schleppend verläuft. Umso wichtiger ist die Rolle, die MINUSMA für den weiteren Prozess zufällt. Ein stabiles Mali ein stabileres Mali ist für die regionale Lage im weiteren Sahel-Raum, für Libyen, für die regionalen Nachbarn von großer Bedeutung. Das bleibt ein Schwerpunkt unseres deutschen Afrika-Engagements, eine zentrale Aufgabe unserer Afrika-Politik.

Natürlich gibt es nicht nur das militärische Engagement: Es gibt auch das umfangreiche entwicklungspolitische Engagement, es gibt die politische Begleitung des Friedensprozesses, es gibt den Einsatz von Mitteln der Krisenprävention, es gibt die Ausbildung von Polizei- und Sicherheitskräften im Rahmen weiterer UN- und auch EU-Missionen sowie natürlich auch die humanitäre Hilfe.

In all das bettet sich der erweiterte deutsche militärische Beitrag ein. Er soll vor allem bei den Fähigkeiten zur Aufklärung und zur Raumüberwachung, die für den Erfolg der Mission entscheidend wichtig sind, Verbesserungen herbeiführen. Wir unterstützen und wir entlasten außerdem durch diese Erweiterung unseres Bundeswehreinsatzes unsere in Mali engagierten europäischen Partner. Das sind zum einen die Niederländer und zum anderen ist das Frankreich.

Zur Sicherstellung der erforderlichen Fähigkeiten wird die Personalobergrenze, die bisher bei 150 Soldatinnen und Soldaten liegt, auf 650 Soldatinnen und Soldaten angehoben. Dieses Mandat läuft bis zum 31. Januar 2017, und natürlich steht es unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Deutschen Bundestages.

(…)

FRAGE: Herr Nannt, können Sie uns bezüglich der Mission in Mali vielleicht ein bisschen etwas zum Fahrplan sagen? Ich nehme an, nicht unmittelbar mit Inkrafttreten Anfang Februar werden alle 500 zusätzlichen Soldaten nach Mali aufbrechen?

NANNT: Danke für die Frage, Herr Wiegold. Wenn der Bundestag beschließt, dass das Mandat deutlich erweitert wird, dann sieht dies vom Fahrplan her so aus, dass wir ab Februar mit der Verlegung der Kräfte beginnen werden. Wir werden zunächst die Objektschutzkräfte verlegen diese kommen von der Luftwaffe , und wir werden dann und das auch in Absprache mit den Niederländern die Kräfte aus allen Bereichen nach Mali bringen. Das ist natürlich insgesamt eine sehr komplexe logistische Operation, insofern kann man nicht das gesamte Material dorthin bringen. Wie Sie wissen, ist die Mission gefährlich; deswegen ist es auch wichtig, dass wir dort für unsere Soldaten den bestmöglichen Schutz gewährleisten. Dazu gehört natürlich auch umfangreiches Gerät, also geschützte Fahrzeuge, die wir stellen Fennek, Fuchs, Igel und Dingo , sodass natürlich auch viel Gerät dorthin verlegt werden muss.

Gerade der Aufwuchs, den wir dort im Bereich der Aufklärung vornehmen, ist ein deutlicher Fähigkeitsaufwuchs, der auch von hohem Nutzen für die Mission MINUSMA sein wird, an der insgesamt 49 Nationen beteiligt sind.

Insofern ist der Zeitraum von Februar bis Mai für die Verlegung vorgesehen.

ZUSATZFRAGE: Sie haben die Gefährlichkeit des Einsatzes betont. Wie können Sie eigentlich gewährleisten, dass verletzte, verwundete Soldaten innerhalb einer Stunde das ist die sogenannte „Golden Hour“-Regelung; darüber wurde ja auch im politischen Raum debattiert adäquate medizinische Betreuung haben sollen? Wie können Sie das ohne eigene Hubschrauber und eigenes Fluggerät bei den Entfernungen in Mali gewährleisten?

NANNT: Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den Sie da ansprechen. Neben dem Schutz, also den geschützten Fahrzeugen, gehört natürlich der Bereich der Rettung dazu. In Vorbereitung des Mandates zur Erweiterung haben wir insgesamt drei Erkundungsmissionen nach Mali durchgeführt. Eine dieser Erkundungsmissionen hatte nur den Bereich der sanitätsdienstlichen Unterstützung als Schwerpunkt. Hier stützen wir uns neben eigenen Kräften natürlich ganz eng zum einen auf die Niederländer, mit denen wir gerade im Raum Gao sehr eng kooperieren, aber insbesondere auch auf die Franzosen.

FRAGE: Herr Nannt, können Sie uns einmal erklären, was die Bundeswehrsoldaten dort genau machen, können Sie also einmal konkrete Beispiele nennen, was dort durchgeführt wird?

Herr Schäfer, Herr Seibert, wann soll der Bundeswehreinsatz in Mali enden?

NANNT: Insgesamt gibt es dazu ja die UN-Resolution. Der Auftrag von MINUSMA ist unter anderem, dass man dort das Friedensabkommen sichert bzw. überwacht; es geht also wirklich um die Überwachung des Friedens. Alle Gruppierungen dort haben sich im Mai und im Juni ja darauf geeinigt Herr Seibert hat dazu schon ausgeführt , den Friedensprozess voranzutreiben. Wir liefern jetzt mit unserer Fähigkeit der Aufklärung einen wichtigen Beitrag für MINUSMA, um dann zum Beispiel zu wissen: Wo operieren islamistische Terrorgruppen, wo gibt es eine Gefährdung, wo gibt es Möglichkeiten, das Friedensabkommen zu unterstützen, die malische Regierung zu unterstützen? Es geht also um Aufklärung in allen Bereichen für den Raum, in dem wir dort eingesetzt sind, um dort insgesamt das Friedensabkommen zu stabilisieren. Wenn wir letztendlich Sicherheit und Stabilität in Mali erreichen, dann ist das gleichzeitig auch ein direkter Beitrag, um zum Beispiel Flüchtlingsbewegungen an der Ursache zu ergreifen und gegen Menschenhandel und Drogenschmuggel vorzugehen. Das ist ein ganz entscheidender Beitrag.

STS SEIBERT: Ich denke, Herr Nannt hat uns alle sachlichen Gründe dafür, uns dort nicht nur weiterhin, sondern auch verstärkt zu engagieren, genannt. Wir orientieren uns an der Sache und nicht am Kalender, und so wird zu beurteilen sein, wie lang diese Mission andauert. Das Mandat endet am 31. Januar 2017. Das heißt, es wird eine erneute Befassung des Deutschen Bundestages geben müssen. Dann wird man sehen, was sich verändert hat und wie darauf zu reagieren ist.

ZUSATZFRAGE: Herr Nannt, ich habe immer noch nicht ganz verstanden, was genau die Soldaten vor Ort machen. Sie sagen immer „Aufklärung“ können Sie einmal Beispiele nennen? Laufen die da herum, wird dort mit Drohnen operiert? Wie kann man sich das vorstellen?

Sie haben gesagt, die Mission sei gefährlich. Auch Herr Wiegold hat ja bereits in dieser Richtung gefragt: Muss die deutsche Öffentlichkeit mit toten deutschen Soldaten in Mali rechnen?

NANNT: Noch einmal zum Bereich Aufklärung: Wie gesagt, es ist Aufklärung in allen Facetten. Es geht um ich nenne einmal taktische Begriffe Signalerfassung, es geht um Gesprächsaufklärung, es geht darum, dass wir unsere LUNA-Drohnen einsetzen, dort also weiträumig aufklären und sehen, wo vielleicht irgendwelche Bewegungen sind und wo man Ereignisse hat, die vielleicht den Friedensprozess gefährden können. Wie gesagt, der Schutz ist für uns das höchste Gut deswegen auch die Ausstattung mit den Fahrzeugen, deswegen auch die „Golden Hour“, die wir in unserem Konzept ganz klar berücksichtigen. Es ist ein gefährlicher Einsatz, und wir tun alles, damit unsere Soldaten bestmöglich geschützt werden.

FRAGE: Wenn ich die Zusammensetzung sehe Sie haben Objektschutz, Logistik, Sanität und eine gemischte Aufklärungskompanie erwähnt : Wie hoch ist das Verhältnis von denen, die den tatsächlichen Auftrag, die Arbeit machen, also aufklären, zu denen, die sich um die dafür nötige Infrastruktur kümmern? Eins zu vier?

NANNT: Mit eins zu drei oder eins zu vier kann man ungefähr rechnen. Natürlich gehört auch der Bereich des Lagers insgesamt dazu. Dazu vielleicht auch noch ergänzend: Aufgrund der erweiterten Fähigkeiten, die wir jetzt einbringen, ist es natürlich auch wichtig, dass wir in den nächsten Monaten das Lager ausbauen, das heißt, dass es dort dann auch geschützte Container gibt, dass die Unterbringung von Soldaten gesichert ist. Das heißt, es geht eben nicht nur darum, dass Soldaten außerhalb des Lagers geschützt sind, sondern auch darum, dass sie innerhalb des Lagers den bestmöglichen Schutz bekommen. Aber das Verhältnis ist schon ungefähr so, wie Sie es angesprochen haben.

ZUSATZFRAGE: Die Niederlande haben ja Spezialkräfte im Einsatz. Lässt das deutsche Mandat auch entsprechende Einsatzmöglichkeiten zu?

NANNT: Wir planen nicht den Einsatz von Spezialkräften. Wir setzen dort Objektschutzkräfte und Aufklärungskräfte ein.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Entschuldigung, ich habe nicht präzise genug gefragt: Lässt das deutsche Mandat den Einsatz von Spezialkräften zu, zum Beispiel zur Gewinnung von Schlüsselinformationen?

NANNT: Nein, wir setzen dort keine ein.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Frau Vorsitzende, darf ich es noch einmal versuchen? Lässt das deutsche Mandat …

NANNT: Das Mandat lässt keinen Einsatz zu.

(…)

VORS. WELTY: Es gibt einen Nachtrag aus dem Verteidigungsministerium, was die UN-Mission in Mali angeht.

NANNT: Ich muss mich korrigieren, was meine Aussagen zum Einsatz von Spezialkräften im Rahmen des Mandats angeht. Herr Wiegold, Sie hatten vorhin danach gefragt. Das Mandat selbst trifft über den Einsatz von Spezialkräften keine explizite Aussage. Wenn es jedoch notwendig und geboten wäre, dort aufgrund einer besonderen Situation Spezialkräfte einzusetzen, wäre das möglich. Dabei werden natürlich auch alle rechtlichen Regeln berücksichtigt. Genauso wird auch das Parlament im Rahmen der Informationspflicht informiert und wie wir es machen.

Noch einmal und das war auch meine Aussage von vorhin : Der Einsatz von Spezialkräften ist zur Erfüllung des Aufklärungsauftrags in Mali nicht vorgesehen.

(Archivbild 2014: Niederländische Soldaten mit Spähwagen Fennek in Mali – defensie.nl)