Mehr Bundeswehr für Afrika: Lufttransport, Sanität, Ausbildung

Check point Franco-Burundais

Deutschland will mehr Soldaten nach Afrika schicken, um eine EU-Mission in der von Gewalt geschüttelten Zentralafrikanischen Republik zu unterstützen und möglicherweise auch die Bemühungen zur Ausbildung der Armee im Krisenland Mali auszuweiten – setzt nach den Worten von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen aber überwiegend auf Lufttransport, medizinische Versorung und Ausbildungskräfte. Das sind durchaus Felder, die gebraucht werden und die wir auch ohne Weiteres liefern könnten, sagte die Ministerin am (heutigen) Montag in Berlin, bevor sie zu einem Treffen mit ihrem französischen Kollegen Yves le Drian nach Paris reiste. Zuvor hatten die EU-Außenminister eine EU-Mission für die Zentralafrikanische Republik beschlossen, die für ein halbes Jahr vor allem den Flughafen der Hauptstadt Bangui sichern soll.

Von der Leyen wurde bei ihren Aussagen zu mehr militärischem Engagement in Afrika nicht konkreter und ließ insbesondere offen, ob deutsche Kampftruppen bei der bereits bestehenden Ausbildungsmission in Mali zusätzlich zum Einsatz deutscher Pionier-Ausbilder und dem Feldlazarett Schutzaufgaben (Force Protection) übernehmen könnten, wie am Wochenende gemeldet worden war. Einzelheiten sollten bei der Klausur des Bundeskabinetts am kommenden Mittwoch in Meseberg bei Berlin besprochen werden.

Das Statement der Ministerin (einschließlich der Journalistenfragen) im Wortlaut:

von der Leyen: Die Lage in Afrika ist ernst. Es bahnt sich in der Mitte Afrikas eine humanitäre Katastrophe an, die zu einer Destabilisierung der gesamten Region kann. Deshalb begrüße ich sehr, dass heute die Europäische Union beschlossen hat, dass sie ihr Engagement in Zentralafrika im Rahmen eines Gesamtkonzeptes für Afrika verstärken möchte. Wir sind am Beginn der Planungen. Ich werde jetzt gleich nach Paris fliegen und dort meinen französischen Kollegen treffen. Wir werden in dieser Woche gemeinsam mit dem Außenminister im Kabinett die Situation und die Anforderungen beraten, und wir werden parallel auch die Abgeordneten informieren. Im Grundsatz ist es richtig, dass Europa ein Gesamtkonzept entwickelt, wie es seinem Nachbarn Afrika halten kann, Stabilität und vor allem wie ich in eine Demokratie und sozialen und wirtschaftlichen Aufbau geben kann.
Frage: Wie wird denn das stärkere Engagement Deutschlands in Zentralafrika aussehen? Also wird es so sein, dass die deutschen Soldaten in Mali jetzt mehr Aufgaben übernehmen werden?
vdL: Die einzelnen Punkte sind noch nicht abgefragt worden. Aber wir haben bestimmte Fähigkeiten, die andere Nationen so nicht haben. Wir haben vor allem Transportkapazitäten, wir haben vor allem auch medizinische Fähigkeiten, aber in der Ausbildung, in der Tat, wie Sie es sagten, in Mali sind wir sehr stark engagiert. Das sind durchaus Felder, die gebraucht werden und die wir auch ohne Weiteres liefern könnten.
Frage: Inwieweit müssen denn diese Einsätze, von denen man gehört hat am Wochenende in der Presse, vorbereitet werden, auch durch den Bundestag, was muss da jetzt auf politischer Ebene innerhalb Deutschlands angeregt werden und vorbereitet werden?
vdL: Zunächst einmal braucht es die gemeinsame Entwicklung in der Europäischen Mission. Die Fähigkeiten, die abgefragt werden von den verschiedenen Ländern. Da zeichnet sich einiges bereits ab. Wichtig ist, dass wir hier unsere Planungen auch innerhalb des Verteidigungsministeriums voran bringen. Aber wir müssen selbstverständlich, da wir eine Parlamentsarmee haben, auch das Parlament einbeziehen, als Kabinett einen Beschluss fassen. Hier sind verschiedene mögliche Wege aufgezeichnet, über die wir dann auch sicherlich in Meseberg im Kabinett in der Klausur dann mal sprechen werden.
Frage: Sie sprachen eben von den Transportkapazitäten, die Sie für Zentralafrika anbieten wollen. Ist es richtig, wie es am Wochenende berichtet wurde, dass die Transportflüge auch direkt nach Bangui gehen sollen, oder wird es sich auf Transporte in die Nachbarländer beschränken?
vdL: Das sind genau die Punkte, die noch nicht geklärt sind und die geklärt werden müssen. Denn das ist eine Frage, ob der Flughafen gesichert ist, so dass man zum Beispiel Verwundetentransport unter absolut sicheren Bedingungen durchführen kann oder nicht. Das sind die Fragen, die jetzt miteinander besprochen werden. Auch wie die Planung da ist. Wir werden Ihnen sicherlich in absehbarer Zeit dazu genaue Auskunft geben können, aber da ist noch nichts beschlossen.

Das Statement zum Nachhören:

 

vdLeyen_Afrika_-20jan2014.mp3     

 

Zur Abfrage der Kapazitäten: Bislang, so die Auskunft aus dem Verteidigungsministerium, haben die Franzosen die bereits im Dezember angebotene Unterstützung mit Transportflügen nach Kamerun, Nachbarland der Zentralafrikanischen Republik, nicht abgefragt.

Die EU-Mission in Bangui muss auch erst geplant werden, nach dem Grundsatzbeschluss der Außenminister heute in Brüssel. Aus dem Beschluss:

[The Council] asked the competent bodies to prepare the necessary measures in order rapidly to establish this operation, subject to a further Council decision. The operation will provide temporary support, for a period of up to six months, to help to achieve a secure environment in the Bangui area, with a view to handing over to the AU. This objective takes full account of UN Security Council Resolution 2127, and in particular of the possibility of MISCA being transformed into a UN peacekeeping operation.
The military force would thereby contribute, within its area of operations, to international and regional efforts to protect the populations most at risk and would contribute to the free movement of civilians. All these efforts will create the conditions that are required in order to provide humanitarian aid for those who need it. The Council wishes to stress that this operation must be based on a United Nations Security Council resolution which will make it possible for a EUFOR operation in the CAR to be launched without delay in support of the efforts deployed by the international community, in particular the AU, the UN and France, and by the Central African authorities, and it stresses the importance of an accelerated planning process.
To that end, the Council has designated the EU OHQ in Larissa as the planning authority . It has requested that operational planning activities continue using accelerated procedures.

Das klingt nach einem zwar räumlich begrenzten, aber dennoch recht robusten Einsatz – contribute to the free movement of civilians bedeutet ja auch, dass Bewegungsfreiheit notfalls mit Waffengewalt durchgesetzt werden soll. Welche Nationen sich daran beteiligen könnten, hat der Bloggerkollege von Bruxelles2 hier mal zusammengetragen. Die Bundeswehr wird sich, wie von der Ministerin angesprochen, auf Lufttransport (wie erwartet), aber möglicherweise auch auf medizinische Versorgung konzentrieren – das ist in dem Zusammenhang neu; und ob das ein deutsches Feldlazarett am Flughafen von Bangui bedeutet bleibt abzuwarten.

(Nachtrag: Das Statement des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier nach dem Auswärtigen Rat im Video; zentrale Aussagen aus deutscher Sicht:

Das heißt nun nicht, dass wir an einer neuen Schwelle stehen, mit dem wir nach dem absehbaren Abschied aus Afghanistan jetzt vor einem umfassenden Einsatz in Afrika stehen (…)
Wir haben heute nicht miteinander debattiert, welche Beiträge von welchen Staaten die französischen Bemühungen ergänzen könnten. Das war heute nicht Kern der Debatte, sondern heute ging es darum, den Planungsprozess in Gang zu setzen (…)
Ich habe auch deshalb darum gebeten, über einzelne Beiträge deshalb noch nicht zu reden, jedenfalls nicht abschließend zu reden, weil ich morgen ein Gespräch mit der Verteidigungsministerin habe, und ich zunächst einmal hören muss, welche Möglichkeiten, welche Fähigkeiten von deutscher Seite dort einzubringen sind. Sie haben gesehen, ich halte sehr viel mehr davon, wenn wir unsere Anstrengungen in Mali, etwa bei Training und Ausbildung dort, verstärken, als völlig neue Felder aufzumachen. )

Steinmeier hatte sich übrigens vor Beginn des Außenministertreffens deutlich gegen einen Einsatz der EU-Battlegroups in dieser Mission in Zentralafrika ausgesprochen, den zuvor sein schwedischer Kollege Carl Bildt gefordert hatte. Dafür mag ausschlaggebend gewesen sein, dass Deutschland an der Battlegroup unter belgischer Führung im 2. Halbjahr 2014 beteiligt ist; unter anderem mit Hubschraubern.

Unterm Strich: Wie das künftige deutsche Engagement in Afrika aussieht, bleibt im Moment noch ein wenig nebulös. Klar scheint nur, dass sowohl Verteidigungsministerin als auch Außenminister alles zu vermeiden versuchen, was nach einem Einsatz deutscher Kampftruppen dort aussehen könnte, ungeachtet des Eingeständnisses Es bahnt sich in der Mitte Afrikas eine humanitäre Katastrophe an, die zu einer Destabilisierung der gesamten Region kann. Das geht unter anderem auf Kosten der Lufttransport-Flieger – und wie hatte der Wehrbeaufragte des Bundestages noch vergangene Woche bei der Debatte über seinen Jahresbericht 2012 gewarnt? Das fast schon routinemäßige Angebot von Lufttransport berücksichtige nicht, wie gering die Reserven seien.

(Foto: Kontrollstelle in der Zentralafrikanischen Republik – Französisches Verteidigungsministerium)