Die Kanzlerin in Afghanistan
Knapp eine Woche nach dem Tod eines deutschen Soldaten in Afghanistan sind Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Thomas de Maizière zu einem Blitzbesuch an den Hindukusch gereist. Sie landeten am frühen Freitagmorgen in Masar-i-Scharif und flogen anschließend nach Kundus weiter. Dort gedachte Merkel im Ehrenhain des Feldlagers der deutschen Soldaten, die in Afghanistan gefallen sind, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Die Kanzlerin und der Minister trafen auch mit Kameraden des gefallenen KSK-Soldaten zusammen und sprachen mit dem Kommandosoldaten, der bei dem Gefecht verwundet wurde.
Die Ansprache der Kanzlerin in Kundus (
Und zum Nachlesen; wg. der Tonprobleme fehlen am Anfang ein paar Stellen:
Ansprache von Bundeskanzlerin Merkel vor Bundeswehrsoldaten in Kundus
(Anfang fehlt) …, dass wir uns freuen, heute wieder einmal bei Ihnen zu sein. Bei meinem letzten Besuch in Afghanistan konnte ich aus Witterungsgründen leider nicht nach Kundus kommen. Umso mehr bin ich zufrieden, dass ich es heute … (kurzer Tonaussetzer) für die Arbeit, die Sie hier leisten, für den Dienst, den wir leisten.
Als wir eben aus dem Hubschrauber gestiegen sind, sind wir an einigen Kolonnen vorbeigegangen, die sich bereits mit einer neuen Etappe dessen befassen, was hier stattfindet, nämlich dass bis Ende des Jahres – oder besser wahrscheinlich schon etwas früher – die Bundeswehr Kundus räumen wird. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Dienst in der verbleibenden Zeit genauso gefährlich ist, genauso aufmerksam durchgeführt werden muss, wie das in all den Jahren zuvor war.
Wir waren eben am Ehrenhain und haben noch einmal derer gedacht, die ihr Leben lassen mussten, und haben an die Hinterbliebenen gedacht. Da ist mir natürlich wieder bewusst geworden, dass Sie Ihren Dienst nicht einfach durch Pflichterfüllung, sondern auch unter großen, großen Risiken tun. Wir mussten gerade vor wenigen Tagen erleben, dass ein Kamerad aus den Spezialkräften sein Leben lassen musste. Seiner haben wir natürlich in besonderer Weise gedacht.
Ich bin heute auch hier, um mich kundig zu machen, wie Ihr Aufgabenspektrum jetzt aussieht. Deshalb hoffe ich auch, dass wir mit einigen noch etwas Gelegenheit zum Gespräch haben. Ich darf Ihnen sagen, dass wir die Dinge politisch begleiten. Die Tatsache, dass das Auswärtige Amt hier präsent ist, und die Tatsache, dass hier viele Nichtregierungsorganisationen tätig sind, zeigt ja, dass wir immer Wert darauf gelegt haben, hier einen integrierten Ansatz zu fahren und die Last nicht allein auf Ihren Schultern zu lassen.
Sie haben sehr viel gemeinsam zu tun mit den trainierten und ausgebildeten afghanischen Kräften. Ich glaube, dass es da viele Fortschritte gibt, dass es aber durchaus noch eine ganze Reihe von Fragen gibt, über die man nicht hinwegsehen kann. Das heißt, es wird dann auch sehr darauf ankommen, dass die ausgebildeten afghanischen Kräfte wirklich die Verantwortung so übernehmen, dass das, was wir hier an Sicherung angefangen haben, auch nachhaltig gesichert werden kann. Wir werden dies auch in unseren politischen Gesprächen immer sehr, sehr deutlich machen.
Wir haben uns als Bundesregierung – auch in Absprache mit dem Parlament – bereits verpflichtet und werden uns Vorstellungen dazu machen – unter bestimmten Konditionen natürlich, etwa der Kondition, dass andere auch mitmachen -, unseren Auftrag hier so weiterzuführen, dass daraus eine nachhaltige Lösung auch für die Menschen, die hier vor Ort wohnen, entstehen kann. Dazu werden noch Gespräche geführt. Ich glaube aber, die Bundeswehr hat hier im gesamten Gebiet gezeigt, wie die internationale Kooperation gut funktionieren kann und dass Kameradschaft über Landesgrenzen hinweg im Rahmen des ISAF-Einsatzes nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch gelebt wird. Ich glaube, viele von Ihnen haben das auch in ganz praktischen Fällen bereits erlebt – gerade auch in der Kooperation mit den amerikanischen Partnern, aber auch mit vielen anderen, insbesondere auch in Masar-i-Sharif.
Wir werden ein Auge darauf haben, dass der politische Prozess hier vorangeht. Die Präsidentschaftswahlen müssen vorbereitet werden und viele Aufgaben – der Aufbau der Wirtschaft, die Menschen müssen Hoffnung bekommen – sind zu lösen. All das vollzieht sich zum Teil mühselig, zum Teil etwas langsamer, als wir uns das wünschen, aber es ist unabdingbar dafür, dass der militärische Einsatz nicht ein Solitär, also nicht alleine stehen bleibt, sondern dass er wirklich Erfolg hat. Ich sage einmal: An der Dauer, bis zum Beispiel der Flughafen in Masar-i-Sharif auch in seiner zivilen Komponente in Betrieb genommen wird, kann man ja sagen, was für Prozesse dabei zu bewältigen sind. Nun wissen wir selbst aus Deutschland, dass bei uns auch manchmal etwas länger dauert, als wir dachten; insofern müssen wir da auch ein bisschen vorsichtig sein. Wir werden die politischen Gespräche aber immer wieder suchen, um die Dinge auch voranzubringen.
Die Aufgabe, die jetzt neben dem täglichen Dienst vor Ihnen steht, nämlich die Logistik des Abzugs, ist eine sehr große. Wenn man einmal gesehen hat, was ein Konvoi bedeutet und wie lange das dauert – ich bin in weniger als einer Stunde im Hubschrauber von Masar-i-Sharif nach Kundus gekommen; die Kameraden müssen jetzt acht Stunden auf der Straße verbringen -, und wenn man sieht, wie viele tausende Container hier abzutransportieren sind, dann sieht man, dass das sicherlich eine große Aufgabe ist, die auch nur mit vielen Partnern zusammen zu gewährleisten ist.
Ganz wichtig ist natürlich – ich habe eine entsprechende Frage gestellt, und die ist mir auch beantwortet worden -, dass sozusagen der letzte oder die letzten, die hier abziehen, so abziehen, dass sie auch noch vollkommen gesichert sind. Die Bundeswehr arbeitet hier aber mit bereits großer Erfahrung und mit großer Präzision. Da will ich auch einen Dank an all die sagen, die das von zu Hause aus mit begleiten; denn da steckt ja sehr viel logistische Arbeit dahinter.
Ich freue mich jetzt auf Gespräche mit Ihnen direkt – jetzt stehe ich hier ja mit meinem Mikrofon. Ich sage noch einmal ein ganz, ganz herzliches Dankeschön, auch im Namen von sehr, sehr vielen Menschen, die an Sie denken! Ich glaube, gerade um die Weihnachtszeit spüren Sie doch immer wieder, dass inzwischen auch durch die breiten Diskussionen im Deutschen Bundestag, durch die breite Rückendeckung aus dem Parlament, um die wir uns auch als Regierung immer wieder bemühen, viele, viele Menschen mit den Gedanken bei Ihnen sind. Ich bitte Sie natürlich auch, Ihre Familien zu grüßen. Zur Weihnachtszeit empfange ich immer einige Familienangehörige, die es natürlich alles andere als einfach haben, wenn Sie so viele Monate weg sind. Insofern auch einen Gruß an Ihre Frauen, an Ihre Eltern, an Ihre Kinder oder – falls weibliche Soldaten dabei sind – auch an die Freunde und Männer – wie auch immer, an die Angehörigen.
Herzlichen Dank, dass wir hier sein können! Ich schaue jetzt einmal, dass ich noch ein bisschen etwas im Detail höre.
Inzwischen sind Merkel und de Maizière bereits wieder auf dem Rückweg nach Deutschland.
Nachtrag: Die Bundeswehr-YouTube-Berichterstattung (Während die meisten Soldaten noch schlafen… ist die Kanzlerin schon unterwegs):
(Foto: Bundeswehr via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Mit Blick auf 2015ff. wären Gespräche in Kabul vielleicht ganz hilfreich.
In den Deutschlandfunk-Nachrichten heute morgen wurde über den Besuch mit der Schlagzeile „Kanzlerin mahnt Reformen an“ berichtet (gemeint ist im Kontext natürlich Afghanistan).
Da fragt man sich schon, ob man im Kanzleramt hoffnungslos naiv ist oder der Redenschreiber von Frau Merkel einfach nur die Gebrauchsprosa abliefert, die von ihm lt. Arbeitsvertrag erwartet wird.
Ansprache der Kanzlerin und Minister-Interview in Kunduz:
http://tinyurl.com/c9n6bmc (Infokasten rechts).
Sehr guter Service von Presse/Info – scheint immer mehr zum Standard zu werden (siehe USA-Ministerreise).
@Memoria
Danke für den Hinweis, habe die Kanzlerin-rede oben direkt zum Anhören ergänzt.
Wir haben Wahlen 2013
bald werden auch die anderen Parteien kommen
Solange die Amerikaner als de facto Enabler mit AFG kein Truppenstationierungsabkommen für post-ISAF erstellen, bringts auch nichts, wenn die Bundeskanzlerin mit Kabul telefoniert.
Da wir weder eine Peitsche anbieten können, noch Zuckerbrot haben, ist es vernünftig, die Verhandlungen dazu denjenigen zu überlassen, die wenigstens die Macht haben, ein solches Abkommen zu erzielen…
Ich finde es gut, dass man den verwundeten Soldaten besucht, ein solche Aufmerksamkeit wird aber Kameraden, die seelisch verwundet sind, nicht zuteil….
Interessantes shake-hands-Foto… Nicht ein Einziger der abgebildeten Soldaten trägt dienstlich zur Verfügung gestellte Ausrüstung (mit Ausnahme der Splitterschutzbrillen) und zum Teil noch nicht einmal Bekleidung. Das die überhaupt so vor die Kanzlerin durften, wo wir doch so top ausgerüstet sind ;-)
In der ARD wird von einem ZgFhr berichtet, der auf Nachfrage der Kanzlerin mitteilt, dass sein Zg nicht nur Anfang Mai, sondern davor bereits 6mal angesprengt wurde.
Hieß es in letzter Zeit nicht mehrfach: „Keine berichtenswerten Ereignisse“?
Um was für eine Waffe handelt es sich bitte, die im Vordergrund teilweise zu sehen ist?
@Vodoo:
Deswegen erzählt die Führung wahrscheinlich laufend wie gut die Ausrüstung ist:
Man weiß gar nicht was alles bei der Bekleidung privat beschafft ist.
Oder sind Combat-Shirts mittlerweile dienstlich geliefert?
Im Sommer kommt ja dann IdZ-2…
@Gramm:
G28 – zu sehen: Das überdimensionierte ZF.
@Gramm
Dass ist das neue G28.
@Memoria
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Aber die Gestalten sehen exakt so aus, wie wir in meinem letzten Einsatz auch – und der ist nunmehr drei Jahre her. Schon traurig irgendwie, zumal den Berichten nach IdZ-2 auf Seiten der Ausrüstung streckenweise mehr als problembehaftet sein soll. In der aktuellen EinsVorbereitung ist der vielgepriesene „elektronische Rücken“ bereits wieder in den Kisten gelandet, weil schlichtweg unbrauchbar. Bekleidungstechnisch weiß man es nicht so recht, abgesehen von derzeit noch minderwertiger Qualität.
S. 2. Foto der BILD-Berichterstattung, links von der Kanzlerin: Ist der Typ mit dem Irokesenschnitt der Spreche Einsätze???????????????
@Memoria:
Für bestimmte Truppenteile gibt es meinen Informationen nach auch TacShirts dienstlich geliefert. WObei dienstlich geleifert ja auch heissen kann: mit Segen von ‚oben‘ dezentral (NATO-Shop ?) beschafft.
@Voodoo:
Genau da liegt das Problem: Trotz aller Einsatzauswertung sind diese Kleinigkeiten (Combat Shirt, gute Westen, Sprechsätze, Adapter SEM/ BV, variable Schulterstützen, etc) bis heute ungelöst.
Gleichzeitig meint man weiter oben alles sei gut.
Es hat sich zweifellos viel verbessert, aber Geschwindigkeit und Umfang blieben und bleiben weit hinter dem Möglichen zurück.
@LTC007
yep.
@Kerveros:
Lassen Sie mich raten: EGB hat es bekommen? Der normale PzGren oder Infanterist im Nachbarzug oder Vorgängerkontingent nicht.
Vom Einsatz her denken?
Dienstlich geliefert heißt für mich: man muss es nicht selbst bezahlen.
@ltc007
naja allenfalls im ansatz ein irokesenschnitt .
Deutlich rätselhafter finde ich die weibliche personenschützerin auf bild2 und 5.
Offene Haare??? Dürfte eventuell nötige schießleistungen nicht unbedingt verbessern.
Leider wird der Politik imemr wieder nur das beste gezeigt, das teilweise ja noch der Indrustrie gehört.
Und dann entsteht nunmal der Eindruck „Die Bundeswehr hat das bzw. die Bwundeswehr kann das“.
Dassdas vielleicht nur ein Prototyp ist und die beschaffung/Einführung mehrere jahre dauern wird, wenn denn überhaupt das geld kommt, sagt oft keiner…
@FNU SNU:
Nochmal zurück zur Strategie:
Karzai hat diese Woche angekündigt, dass AFG mit allen Staaten ein SOFA verhandeln will zudem möchte die BReg eine Einladung der AFG Regierung.
Also genug Gründe und die richtige Zeit sich mal über die grossen Linien zu unterhalten.
Wenn man schon 600-800 Soldaten anbietet, dann sollte man auch wissen wofür.
Wie man Karzai gefügig macht dürfte doch inzwischen klar sein. Plastikbeutel voller Geld.
Deutschland kann ja ökologisch korrekte Jutetaschen nutzen.
http://www.foreignpolicy.com/articles/2013/05/03/the_afghan_bag_man
Da wollte der Herr Sprecher wohl mal wie ein Soldat aussehen. Peinlich.
Ansonsten: Der Besuch war sicher wichtig und gut gemeint. Man sollte dieses Ereignis nicht zu sehr mit der (kaum erkennbaren) Exit-Strategie verbinden. Schon gar nicht mit dem Fehlen von Adaptern. Ameisen-Tätowierung findet bei Frau Merkel nicht statt…
@LTC007:
Man sollte die Kanzlerin wohl am Besten mit gar nichts verbinden – schon gar nicht mit irgendeiner konsequenten Linie bei irgendwas. Ganz unabhängig von der Tätowierung von Ameisen..
seufz. politische führungsstärke zeigt man oder frau nicht beim truppenbesuch, sondern n berlin. ob die kanzlerin das kann, werden neben memoria noch ein paar andere wähler im september entscheiden.
Tja, die „Meldeschwelle“ hat sich sowohl im HQ RC N als auch im IJC verändert.
Was nicht der Erfolgsstory „Übergabe der Verantwortung bis…“ als Beleg dient, wird nun auf anderen Führungsebenen verarbeitet oder verwaltet.
@LTC007:
Natürlich wird polit. Führung nicht vorallem bei Truppenbesuchen bewiesen.
Natürlich muss sich die Kanzlerin nicht um Ausrüstungsdetails kümmern.
Jedoch gerade weil die Exit-Strategie noch nicht klar ist, sollte man einen solchen Besuch mit politischen Gesprächen verbinden. Sie sehen das offenbar anders.
Auch in Ordnung.
„Wir wollen die Afghanen und Afghanistan nicht einfach im Stich lassen“, sagte Merkel am Freitag vor Soldaten im nordafghanischen Bundeswehr-Hauptquartier in Masar-i-Scharif. „Wenn die anderen Nationen mitmachen, dann ist Deutschland bereit, auch nach 2014 in ganz anderer Form weiter Verantwortung zu übernehmen.“
In ganz anderer Form – gleichzeitig vermag der Minister noch nicht zu sagen, ob dies – zumindest bei SpezKr – auch weiterhin die Unterstützung und Begleitung im Einsatz bedeutet.
Dann wär es aber auch nicht in ganz anderer Form.
So viel ich weiß bekommen nur das IDZ ES die Teile Mazar e Sharif u. nur das Nachfoge Kontigent also dass wo in Juli/August geht .