Der schwierige Verbündete Türkei

Trabzon,harbour

Deutschland und die Türkei sind zwar NATO-Partner, aber die Zusammenarbeit ist, nun, bisweilen doch ein wenig mit Friktionen behaftet. Das zeigte sich beim Einsatz der deutschen Patriot-Flugabwehrstaffeln im Süden des Landes, das scheint aber auch für die Kooperation beim Abzug, pardon: der Rückverlegung aus Afghanistan zu gelten…

Für diese Rückverlegung will die Bundeswehr im türkischen Schwarzmeerhafen Trabzon (Foto oben) ihre Hauptumschlagbasis errichten. Da gibt es bei den Absprachen Probleme, wie tagesschau.de berichtet:

Die Türkei will offenbar nicht zulassen, dass Waffen der Bundeswehr im Rahmen des Abzuges aus Afghanistan über einen Umschlagplatz auf türkischem Territorium umgeladen werden. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios beharrt die türkische Regierung darauf, dass nur Container oder unbewaffnete Fahrzeuge über den Hafen Trabzon in der Nordtürkei abgewickelt werden dürfen. (…)
Die Modalitäten der Nutzung von Trabzon für den Rückzug aus Afghanistan sollen in einem Abkommen am 15. März festgeschrieben werden. Die türkische Seite soll nach ARD-Informationen von der Bundeswehr auch verlangt haben, dass die deutschen Logistik-Experten in Trabzon nur in ziviler Kleidung tätig werden dürfen. Diese Restriktion sei aber inzwischen vom Tisch, heißt es aus der Bundeswehr.

Auf Nachfrage betont das Verteidigungsministerium, das treffe so nicht zu: Es sei ohnehin nicht geplant gewesen, Waffen und anderes sicherheitssensibles Material über diesen Hafen zu transportieren. So sei klar, dass zum Beispiel die Dingos nach Trabzon geflogen würden – die zuvor abmontierte Waffenstation aber direkt auf dem Luftweg zurück nach Deutschland komme.

Ich habe daraufhin noch mal den Kollegen Christian Thiels, den Autor des Berichts auf tagesschau.de, gefragt – er bleibt dabei, dass nach seinen Informationen zunächst geplant gewesen sei, auch Waffen und Großgerät wie Schützenpanzer über Trabzon auszufliegen und erst an der Schwarzmeerküste auf ein Schiff mit Ziel Deutschland zu laden.

(Am Rande, weil bisher noch nicht gezeigt: In Trabzon gibt es nicht nur den Hafen, sondern, naheliegend, auch eine Airbase, über die das Material aus Masar-i-Scharif eingeflogen werden kann:

Trabzon Air Base Karakas-1

 

Bei dem anderen Problem, dem sich die Patriot-Einheiten gegenübersehen, sind jetzt Vermittlungsversuche im Gange. Unter anderem führte der stellvertretende Chef des Einsatzführungskommandos, Konteradmiral Rainer Brinkmann, Gespräche mit den Türken, wie Ministeriumssprecher Stefan Paris heute vor der Bundespressekonferenz mitteilte:

FRAGE: Zwei Fragen an Herrn Paris im Zusammenhang mit den Vorgängen in der Türkei, nachdem sich der Wehrbeauftragte heute erneut geäußert hat: Läuft mittlerweile eine Untersuchung der Vorgänge mit der Feldjägerin und dem türkischen General? In diesem Zusammenhang heißt es aus den türkischen Militärkreisen, es habe eine deutsche Entschuldigung für das Vorgehen der Feldjägerin gegeben. Stimmt das?
PARIS: Ich habe bereits am Montag, wenn ich mich recht erinnere, sehr ausführlich zu diesem Thema vorgetragen. Die Gespräche in der Türkei haben stattgefunden, sie finden statt und sie sind auf einem sehr positiven Wege. Es hat auch Gespräche bzw. ein klärendes Gespräch vor Ort zu dem Ereignis, das Sie angesprochen haben, gegeben. Ich gehe davon aus, dass wir jetzt die Probleme, die geschildert worden sind, durch die gute und lösungsorientierte Zusammenarbeit mit den Türken werden lösen können, sodass dann der Einsatz weiter fortgeführt werden kann. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
ZUSATZFRAGE: Aber ich habe dazu noch etwas zu fragen, Herr Paris: Hat sich in diese Gespräche auch der Minister eingeschaltet? War in diese Gespräche auch die Feldjägerin involviert bzw. gab es ein Gespräch, an dem sie auch teilgenommen hat? Gibt es da eine neue Entwicklung?
PARIS: Ich kann Ihnen wirklich beim besten Willen gar nicht sagen weil ich es nicht weiß , auf welchen Ebenen vor Ort gesprochen worden ist. Es ist bei den Einsätzen üblicherweise so, dass der Kontingentführer der oberste Ansprechpartner ist. Es ist in dieser Woche auch so gewesen, dass der stellvertretende Leiter des Einsatzführungskommandos, Herr Admiral Brinkmann, noch einmal vor Ort gewesen ist. Er wird sich sicherlich auch noch einmal in die Gespräche eingebracht haben, sicherlich auch mit der türkischen Generalität. Der Minister selbst das wissen Sie ist diese Woche auf Reisen in Afghanistan und in Pakistan gewesen.
Im Übrigen das habe ich, glaube ich, auch am Montag zum Ausdruck gebracht ist es so, dass unsere Soldaten im Einsatz und auch die hier zuständigen Kräfte sehr eigenständig und eigenverantwortlich ihre Aufgaben wahrnehmen können und auch müssen. Diese Verantwortlichkeiten liegen vor Ort auch mit der türkischen Seite vor Ort und liegen hier in Deutschland klassischerweise beim Einsatzführungskommando.
ZUSATZFRAGE: Nun hätte es ja auch die Möglichkeit moderner Kommunikationsmittel also des Telefons oder wie auch immer für den Minister gegeben. Es gab also definitiv keine Äußerungen des Ministers oder kein Telefongespräch des Ministers mit seinem türkischen Amtskollegen?
Die zweite Frage ist auch offengeblieben: Eine Entschuldigung der deutschen Seite gegenüber den Türken gab es nicht, oder gab es sie?
PARIS: Es hat ein klärendes Gespräch in Bezug auf diesen Sachverhalt gegeben. Im Übrigen ist es nicht meine Aufgabe, alle Telefonate, die der Minister führt, hier auch öffentlich darzulegen. Ich habe Ihnen das gesagt, was ich zu dem Thema zu sagen habe.

(Foto oben: Archivbild September 2011 – Betramz via Wikimedia Commons unter CC-BY-SA-Lizenz; Foto Airbase: Archivbild Juni 2007 – Erkan Karakas via Wikimedia Commons unter GNU Free Documentation License)