Patriot-Einsatz: Soldaten, Raketen und Spürpanzer in die Türkei
Ein Radargerät einer Patriot-Feuerstellung auf dem Weg zur Verschiffung in Travemünde (Foto: Luftwaffe/Stefan Büttner)
Mit dem (gemeinsamen) Start des deutschen und des niederländischen Vorauskommandos von Eindhoven und der Verschiffung des Geräts von Travemünde beginnt am (heutigen) 8. Januar faktisch der Einsatz der Bundeswehr zur Luftverteidigung der Türkei im NATO-Rahmen. Zusammen mit Einheiten aus den Niederlanden und die USA sollen die deutschen Soldaten mit Patriot-Flugabwehrsystemen Großstädte im Süden der Türkei vor befürchteten Raketenangriffen aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien schützen. Das NATO-Partnerland hatte das Bündnis um diese Unterstützung gebeten – dabei spielte nicht nur die Angst vor syrischen Raketen eine Rolle, sondern auch die Befürchtung, dass damit das Chemiewaffenarsenal des Regimes in Damaskus zum Einsatz kommen könnte. Deshalb werden auch (zumindest) die deutschen Truppen, vermutlich aber auch die der beiden anderen Nationen, von ABC-Abwehrspezialisten und -Material begleitet.
Zum Start des Einsatzes ein, wie es neudeutsch heißt, Fact Sheet (das dann sicherlich fortgeschrieben und ergänzt werden muss) – Ergänzungen sind willkommen:
Zahlen, Daten, Fakten zum PatriotEinsatz – Stand 8. Januar 2012
Rechtlicher Rahmen:
Offizielle Anfrage der Türkei bei der NATO 21. Oktober 2012 unter Berufung auf Artikel 4 des NATO-Vertrags:
„The deployment will be undertaken within the framework of the NATO Integrated Air Defense System (NATINADS) to preserve, protect and enhance the ability to defend the population and territory of Turkey in according with the Standing Defense Plan ‚Active Fence‘.“
( http://augengeradeaus.net/2012/11/patriot-an-die-syrische-grenze-die-turkische-nato-anfrage-im-wortlaut/)
Beschluss des NATO-Außenministerrats am 4. Dezember 2012:
„In response to Turkey’s request, NATO has decided to augment Turkey’s air defence capabilities in order to defend the population and territory of Turkey and contribute to the de-escalation of the crisis along the Alliance’s border.“
(http://www.nato.int/cps/en/SID-6BD09A4E-BF227793/natolive/news_92476.htm)
Deutschland:
Kabinettsbeschluss 6. Dezember 2012
(http://augengeradeaus.net/2012/12/bundesregierung-will-bis-zu-400-soldaten-zur-flugabwehr-in-die-turkei-schicken-zusammenfassung-mehr-einzelheiten/)
Bundestagsdrucksache 17/11783
(http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/117/1711783.pdf)
Bundestagsbeschluss 14. Dezember 2012
(Liste der namentlichen Abstimmung: http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/2012/20121214_1.pdf)
Niederlande:
Kabinettsbeschluss 7. Dezember 2012
Kamerbrief (http://www.rijksoverheid.nl/bestanden/documenten-en-publicaties/kamerstukken/2012/12/07/kamerbrief-ontplooiing-van-patriot-systemen-in-turkije/kamerbrief-ontplooiing-van-patriot-systemen-in-turkije.pdf)
Parlamentsbeschluss 21. Dezember 20112
USA:
Verteidigungsminister unterzeichnet Befehl zur Stationierung am 14. Dezember 2012
(http://www.defense.gov/news/newsarticle.aspx?id=118797)
Einsatz:
Deutschland:
Stationierungsort: Kahramanmaraş
Rund 350 Soldaten (weitere 50 sind im Mandat als Reserve eingeplant), 2 Feuereinheiten (Staffeln), ausgerüstet mit PAC-2 und PAC-3
Kontingentführer: Oberst Marcus Ellermann, Kommodore Flugabwehrraketengeschwader 1
Kommandeur Patriot-Einheit: Oberstleutnant Frank Schulz, Kommandeur Flugabwehrraketengruppe 21
(2. Rotation: Oberstleutnant Stefan Klenz, Flugabwehrraketengruppe 24)
Kerneinheit: Flugabwehrraketengruppen 21/24
ABC-Schutzkomponente mit 2 Spür-Fuchs, Dekontaminierungsausstattung etc.
Niederlande:
Stationierungsort: Incirlik Air Base bei Adana
Rund 360 Soldaten, 2 Feuereinheiten (Batterien), ausgerüstet mit PAC-2 und PAC-3
Kommandeur: Luitenant-Colonel Marcel Buis
Kerneinheit: 802 Squadron des Defensie Grondgebonden Luchtverdedigingscommando (DGLC)
ABC-Schutzkomponente mit 2 Spür-Fuchs etc.
USA:
Stationierungsort: Gaziantep
Rund 400 Soldaten, 2 Feuereinheiten (Batterien)
Kerneinheit: 3rd Battalion, 2nd Air Defense Artillery (3-2 ADA), Fort Sill, Oklahoma
Zeitstrahl 2013:
4. Januar: Eintreffen US-Vorauskommando Incirlik Air Base
7. Januar: Verschiffung NL-Gerät/Material Eemshaven
8. Januar: Start Vorauskommandos D/NL ab Eindhoven
8. Januar: Verschiffung D-Gerät/Material ab Travemünde (weiteres Material 10. Januar ab Emden)
21. Januar (geplant): Eintreffen Seetransport Material
26. Januar: angekündigte (geplante) Einsatzbereitschaft NL
Interessant: Die Niederländer setzen ebenfalls auf eine Kombination aus PAC-2 und PAC-3. In dem vorherigen Kommentaren war z.T. zu hören, dass die nicht ausschließliche Verwendung von PAC-3 in der deutschen Komponente auf monetäre Mängeln beruht.
Wenn man sich mal anguckt, was die USA im Bereich Air Defense haben, weiss man, was Weltmacht ist…
http://www.airdefenseartillery.com/ada_website_08/olin.html
Die Fähre DFDS Suecia Seaways hat Travemünde verlassen.
Bei InfoRadio vom NDR hieß es heute, die eigentlichen Flugkörper würden in einem Hafen in Niedersachsen noch verladen.
Sie werden wohl getrennt von den Staffeln an einem geheimen Ort gelagert.
Welcher Hafen dafür angelaufen werden soll, bleibt geheim.
Mal sehen, ob die Suecia Seaways ihr AIS abschaltet (was sie nicht darf).
Auch sonst ist es wohl nicht schwer, sich den Hafen auszumalen.
Besonders, da er im AIS Signal als Zielhafen angegeben ist…..
@Tomtom
Nicht dem NDR alles glauben. Einfach mal oben in das Fact Sheet gucken, welcher Hafen da angegeben ist… got it?
… und übrigens: Laut Stars&Stripes wollen die USA mit ihren Patriot bereits am Wochenende einsatzbereit sein. Zumal sie das Gerät offensichtlich mit C-5 einfliegen:
US could defend Turkey from Syrian strikes by Saturday
Nochmal ein paar „ausführlichere Begründungen“ für den Einsatz seitens der Bundesregierung aufgrund einer kleinen Anfrage von den LINKEN.
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/119/1711980.pdf
@T.Wiegold: Und ich habe mich schon wie ein Detektiv gefühlt…. Danke für den Hinweis!
Man kann die Schiffsposition hier verfolgen:
http://www.marinetraffic.com/ais/shipdetails.aspx?MMSI=220284000
@TomTom:
So eine Verlegung ist ja auch nicht wirklich etwas Neues, sondern ein jährlich regelmäßig wiederkehrendes Spektakel ;) Insofern dürfte es zumindest in Deutschland da wenig Neues geben…
Und wie viele Feldjäger/KMar sind dabei? Wird doch auch immer unterschlagen.. Tztztz.
Und laut Maßen passt das Schiff durch den NOK, warum fährt es auf Höhe Dänemarks?
Auf dem Weg nach Travemünde hat es auch den langen Weg so wie jetzt gerade genommen. Ansonsten gute Frage!
@ Someone & shipspotter
… und ich warte hier mit meinem Skiff am Ufer des NOK in Höhe Breiholz…
Hat die Bw Angst vor irgendwelchen Aktionen? Dabei war der Kanal doch einmal hauptsächlich für das Militär gedacht. Aber vielleicht hatte man auch nur Angst vor maroden Schleusen? Ich sehe schon die Schlagzeile im Bundestagswahlkampf:
Bundeswehr meidet NOK – Bayern ist schuld! ;-)
@McKenzie, der Kasten ist jetzt im Kattegat auf Kurs NNW mit knapp 15 Knoten unterwegs. Warten am oder im NOK lohnt da nicht fürchte ich ;-)
Keine Ahnung warum nicht der NOK benutzt wird. Maritimik-Fans kennen sicherlich die Antwort.
Im gestrigen 08.01.) Nordmagazin, nochmal zu sehen über Mediathek des NDR http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/nordmagazin/index.html war ein Bericht über die Verladung zu sehen, einschließlich Statement Oberstleutnant Klenz, von den vielen „Stoiber ähhs“ mal abgesehen, sagt er m.E. worum es geht: politisches Signal welches mit 25 MIO im Moment noch relativ günstig ist. Angenehmer Nebeneffekt, der Auslandseinsatz wird wohl auch auf Dienstzeit angerechnet, und ja es gibt Eingaben mit Tenor: „..alle dürfen nur ich nicht“.
NOK ja nein, da wird knallhart kalkuliert, Wetter, Zeit, Kosten, manchmal ist es eben effektiver 1 Geschwindigkeit zu wählen, Autopilot ein und ab dafür.
So wie @Victor eben geschrieben hat:
Eine Fahrt durch den NOK bringt kaum zeitliche Vorteile, je nach Charterrate, also dem verhandelten Tarif, rechnet es sich schlicht, den längeren Weg zu nehmen um Skagen.
Zumal wenn ein Termin in Emden steht, der auf beiden Wegen pünktlich zu erreichen ist.
als man den NOK (damals noch „Kaiser-Wilhelm-Kanal“) baute, lauerten in der Nordsee ja noch die perfiden Engländer. Ich hab mich schon mal gefragt, ob man das Ding heute auch noch quer durch Schleswig-Holstein buddeln würde…(edit: nee, bestimmt nicht, würde schon am Umweltschutz scheitern. Abgesehen davon, daß Großprojekte in D in der Gegenwart ohnehin nie fertig werden)
Läuft dann sicherlich so ab, wie bei den Host-Nation-Support-Munitionszügen, die ich begleitet hab. Auf der Prioritätsliste waren wir fast ganz oben, aber von Norddeutschland nach Rheinland-Pfalz in 24h, weil wir an jedem größeren Knoten mehrere Stunden warten durften.
@ f28
Jetzt warten viel bösere Dinge in der Nordsee; z.B. Felsen, fragen Sie mal die Grömitz.. ;-)
Und zum Thema Großprojekte bekam ich gestern ein Bild geschickt, auf dem stand:
„Wenn man sein Ohr an den Zaun des Flughafens Berlin-Brandenburg hält, hört man die Elbphilarmonie kichern.“
ach ja, Spott ist eine feine Sache. Aber mal ernsthaft gefragt: kennt jemand den Grund, warum die Raketen getrennt von den Fahrzeugen verladen werden sollen? Und wieso das „geheim“ gehalten werden soll? Und weiß auch jemand, wieso unsere „Geheimhalter“ nichts von AIS wissen?
Was wird denn geheim gehalten?
Oder geht es um die Frage, warum man auch in Emden einen Stopp einlegt und nicht alles in Lübeck verladen hat?
nun ja, sogar BILD hält den Verladehafen für die Raketen geheim (sind ja auch Spezialisten für sowas). Aber eigentlich wollte ich wissen, wieso überhaupt die Raketen nicht gleich zusammen mit den Fahrzeugen verladen werden. Werden die in Friedenszeiten getrennt gelagert, damit die gelangweilten Patriot-Besatzungen nicht damit rumspielen können?
Naja, “ in einem Hafen, der geheim gehalten wird“ klingt wirklich sehr dramatisch. Aber muss man wirklich mit viel Vorlauf öffentlich bekanntgeben, wo derartige Explosivstoffe und Co transportiert/gelagert/verladen werden?
Vielleicht hat die BILD auch nur nicht die richtigen (befugten) Menschen gefragt.
Gründe können vielfältig sein: Die Raketen brauchten noch einen Tag länger zum klarmachen; die Raketen lagerten günstiger für Emden; der Hafen in Emden erfüllt die notwendigen Sicherheitsvorgaben; man wollte Dänemark nicht um die Passagerechte bitten; …
Antwort auf Frage lautet: Der Hafen in Emden erfüllt die notwendigen Sicherheitsvorgaben im Vergleich zu Travemünde.
Und überhaupt, geht doch niemanden etwas an wie das Ladegut nun genau aussieht oder wie es gesichert wird.
Da wo die Flugabwehrraketenverbände stationiert sind lagern mit Sicherheit nicht die entsprechenden Raketen. Ist ja auch nicht notwendig.
Bei der Streitkräftebasis gibt es dazu nun auch einen Bericht.
Positiv ist zu vermerken, dass nun alle beteiligten Teile erwähnt werden und man auch mal die Verkehrsführung mit Bildern sieht. Professionelle Jacken mit dem Wagenrad drauf, wann gibt es sowas auch für die FJg?
@Someone:
ich bin mit der Thematik nicht besonders gut vertraut, deshalb sei mir die Frage gestattet: Wieso haben Jacken mit Wagenrädern darauf eine besondere Bedeutung?
(Vielleicht verstehe ich auch wieder mal den Witz nicht.)
@Someone: Das Wagenrad auf der Jacke ist kein Stilelement, sondern kennzeichnet den Transportführer. Normalerweise trägt er sonst eine rote Armbinde mit diesem Wagenrad.
@ Franz S. | 09. Januar 2013 – 21:39
Eigentlich bedeutet es Verkehrsführung, aber dass es mittlerweile wetterfeste reflektierende Kleidung, die bei Verladungen in Hafengebieten vorgeschrieben ist, mit diesem Symbol drauf gibt, war der Grund meiner Verwunderung. Sogar mit Flausch für das Namensband.
VDezernat Verkehrsführung / Übungen (Inland)
Was meinst Du denn mit Flausch am Namensband? Das mit dem roten Wagenrand auf der der Ärmeljacke finde ich toll! Ist das neu?
@shipspotter
Ich habe kein Ahnung von der Materie aber Flausch fürs Namensband steht dafür das auf der schönen gelben Jacke ein Flauschstreifen drauf ist wo der Soldat sein KlettNamensband befestigen kann, damit jeder weiß mit wem er gerade spricht.
Siehe Bild mit dem Oberst.
Leider nicht zu erkennen ist ob es auch Dienstgradflausch gibt.