Achtung, G2
Die SPD und die Grünen haben heute ihre Bewertung der Untersuchungsausschuss-Arbeit zum Luftschlag von Kundus am 4. September 2009 vorgelegt, und wenig überraschend sehen sie zahlreiche Fehler sowohl bei der Bundeswehr und dem Kommandeur Oberst Georg Klein als auch bei der Bundesregierung. Über die Voten der beiden Oppositionsparteien haben die Kollegen heute schon so viel geschrieben (zum Beispiel hier und hier und hier), dass ich das Ganze nicht noch mal neu aufdröseln will… und mich auf einen Aspekt beschränke:
Bei der Einschätzung, dass der Kommandeur falsch gehandelt habe, spielt für die Sozialdemokraten wie für die Grünen die Qualität der Informationsquelle des Obersten eine entscheidende Rolle. Schon in der Ausschussarbeit hatte sich ja bestätigt, dass ein afghanischer Informant (der Fachbegriff ist Human Intelligence, HUMINT) die wesentlichen Informationen über die festgefahrenen Tanklaster auf der Sandbank und über die Anwesenden vor Ort lieferte – und dabei offensichtlich selber nicht den Ort des Geschehens im Blick hatte. (Die weitere Informationsquelle waren die aus den Kampfflugzeugen übertragenen Video-Bilder.)
Dass der Informant die entscheidende Quelle war, hatte schon direkt nach dem Luftschlag die Washington Post geschrieben (wofür sie in Deutschland viel gescholten wurde). Aus Sicht der Oppositionsparteien ist aber nicht nur diese single source-Situation das Problem (Es war einer der schlimmsten Fehler, der HUMINT-Quelle zu vertrauen, sagt SPD-Obmann Rainer Arnold), sondern auch die Frage, wie eigentlich das militärische Nachrichtenwesen mit solchen Quellen umgeht.
SPD-Mann Arnold beklagt da eine Grauzone zwischen Bundesnachrichtendienst und militärischem Nachrichtenwesen. Letzteres dürfe nämlich keine Informanten führem tue das aber dennoch und bezahle sie auch (Das wird abgerechnet wie eine Taxiquittung). Das Problem aus Sicht des Parlamentariers: Während solche Aktivitäten des BND der parlamentarischen Kontrolle unterliegen (wenn auch in einem geheim tagenden Gremium), gebe es für solche nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Streitkräfte keinerlei Überwachung durch den Bundestag. Diese Schnittstelle, sagt Arnold, werde sich die Opposition sehr genau angucken und dazu im Herbst eine Initiative starten.
Für den S2/G2/J2, also das Führungsgrundgebiet militärisches Nachrichtenwesen, wird das dann vielleicht ein bisschen ungemütlich. Der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour setzte (in seiner separaten Pressekonferenz) an diesem Punkt übrigens noch einen drauf: Er wolle nicht ausschließen, dass die HUMINT-Quelle von Afghanen gesteuert gewesen sei, die persönliche Rechnungen mit anderen Afghanen begleichen wollten – und namentlich nannte Nouripour den (im vergangenen Jahr ermordeten) Gouverneur von Kundus, Engineer Omar.
Ähnliche Fälle hatte es in der Vergangenheit in der Tat gegeben – als Hochzeitsgesellschaften weggebombt wurden und sich die Hinweise, die zu dem Luftschlag führten, später als falsche Denunziation eines konkurrierenden Stammes herausstellten. Für SPD-Mann Arnold ist das Unsinn: für Nouripours Annahme spreche nicht eine Kleinigkeit unter den Fingernägeln.
Keine Ahnung, keine Belege, keine Beweise. Ich weiß nur, dass der gebürtige Iraner Nouripour Farsi spricht und deshalb das in Nord-Afghanistan gesprochene Dari ganz gut versteht. Was ja manchmal andere Einblicke eröffnet.
@Insider und Echo
Dies war damals alles den Medien zu entnehmen. Bitte googeln Sie selbst.
Auch die Feststellung des vorgesetzten US-Generals, dass Oberst Klein gegen die Einsatzregeln verstoßen habe, konnte man nachlesen. Wohlgemerkt gegen die Einsatzregeln, die mit Sicherheit schriftlich vorliegen, keine schwer überprüfbaren mündlichen Befehle.
Bei aller nach nachvollziehbaren Unterstützung für Oberst Klein:
Der Gesamtablauf – insbes. expliziten Verzicht auf Show of Force – legt für mich den Schluß nahe, daß es nicht um die Tanklaster ging, sondern um örtliche TLBN-Führer.
Des Weiteren sagt Klein gem. ZDF-Beitrag, daß u.a. die Kdr und FAC auf derlei unzureichend vorbereitet waren.
Dies ist aus meiner Sicht der Kern: Ich werfe Oberst Klein nichts Elementares vor, denn er ist ein Produkt der Budeswehr. Ùberspitzt gesagt war er auf den nächsten Ministerbesuch durch die Einsatzvorbereitung sehr gut vorbereitet, aber nicht auf einen Luftangriff.
Daher stellt sich für mich die systemische Frage: Wer hat Oberst Klein für derlei ausgebildet und ausgewählt?
Die getöteten Taliban wurden am nächsten Tag von der Liste der Zielpersonen gestrichen. Da sie bis heute nicht mehr aufgetaucht sind, sind sie entweder im pakistanischen Exil oder tot. Die Anzahl der weiteren Opfer konnte bis heute nicht mal zuverlässig ermittelt werden. Da es für ein totes Familienmitglied gutes Geld gibt schätze ich, das auch da evtl. einige dazugedichtet wurden.
@ Tom Werner.de
Praktisch tun kann man beim derzeitigen Stand der Dinge als Außenstehender wohl nur eins: Sich ggf. per Spende an einer Prozeßfinanzierung beteiligen, wenn sich ein Betroffener wie der Oberst Klein entschließen sollte, von seinen Rechten in dieser Sache Gebrauch zu machen. Das setzt aber voraus, dass er (oder ein anderer Betroffner) bereit ist, nicht nur Geld sondern auch Nerven und verdammt viel Zeit daran zu setzen. Und dann müsste die ganze Aktion ja auch eine arbeitsfähige organisatorische Basis haben, die neben Geldbeachaffung auch entsprechend PR/Öffentlichkeitsarbeit macht. So etwas tut „man“ sich nicht so ohne weiteres an. Zumal das Ergebnis selbst im Erfolgsfall über einen reinen juristischen Sieg (Unterlassung der Verleumdung) hinaus unter Umständen sehr schmal ausfällt. Natürlich kann es auch gut gehen und gerade das konsequente Gegenhalten gegen den Mainstream auch mehr Verständnis und Unterstützung für die Flecktarn-Community ergeben. Das wäre aus meiner Sicht dann schon ein schöner Erfolg.
Ich frage mich so ein bisschen was der Verstoß gegen Einsatzregeln mit dem Völkerrecht zu tun hat. Bei der Anfoderung und Bekämpfung der Tanklaster gab es Fehler im militärischen Vorgehen, dies ist unbestritten. Dies ändert jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit der Bombadierung, diese war vom Völkerrecht gedeckt, hierzu empfehle ich mal eine Lektüre des „Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte“ sowie des International Roten Kreuzes „http://www.icrc.org/eng/assets/files/other/icrc-002-0990.pdf“.
„Oberst Klein gibt gezielte Falschinformationen zu
…
Vor dem Angriff hatten die von Bundeswehroberst Klein angeforderten US-Piloten mehrfach Bedenken geäußert und nachgefragt, ob tatsächlich eine „akute Bedrohung“ vorliege.
… korrigiert die Nato dagegen, dass es keine sicheren Erkenntnisse gegeben habe, „die auf einen geplanten Angriff der Taliban“ gegen das deutsche Feldlager hinwiesen.
Gegenüber den Nato-Ermittlern gab Klein zudem zu, dass er gezielt die Unwahrheit angegeben habe, um sich die amerikanische Luftunterstützung zu sichern. Dafür musste er den Eindruck erwecken, dass seine Soldaten Feindberührung hatten, also „troops in contact“ waren, kurz: TIC. „Sein Problem sei gewesen, dass er gewusst hätte, dass es in Wirklichkeit keine TIC-Situation gab“, heißt es in dem Protokoll von Kleins Befragung zusammenfassend. „Er war der Ansicht, dass er bei Meldung einer TIC-Situation die gewünschte Luftunterstützung bekommen werde.“
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,672261,00.html
Zitat: „SPD-Mann Arnold beklagt da eine Grauzone zwischen Bundesnachrichtendienst und militärischem Nachrichtenwesen. Letzteres dürfe nämlich keine Informanten führem tue das aber dennoch und bezahle sie auch (Das wird abgerechnet wie eine Taxiquittung). Das Problem aus Sicht des Parlamentariers: Während solche Aktivitäten des BND der parlamentarischen Kontrolle unterliegen (wenn auch in einem geheim tagenden Gremium), gebe es für solche nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Streitkräfte keinerlei Überwachung durch den Bundestag.“ Da würde mich doch erstmal interessieren: Ist das tatsächlich so? Welche Bedeutung haben solche V-Leute in der Praxis? Hier droht ja immerhin ein ziemlich direkter Eingriff.
Kurz nochmal zur Klarstellung/Unterscheidung BND/AMK/MAD
Die nachrichtendienstliche Informationsgewinnung im Einsatz wird in der Regel von zwei „Zellen“ durchgeführt.
Zunächst wäre zu nennen die sog. NIC (National Intelligence Cell). In unserem Fall also die DEU NIC.
Diese setzt sich in der Regel aus Beamten des BND (häufig auch ehemalige Soldaten) un d Soldaten des AMK (Amt für Militärkunde) zusammen. Das AMK ist die Dienststelle in der die Soldaten welche für/mit dem BND arbeiten geführt werden. Die Linie zwischen diesen beiden Diensten ist, na nennen wir es mal „wenig trennscharf“.
In enger Zusammenarbeit stehen die HUMINT-Teams, welche häufig den unmittelbarsten Kontakt zu den Quellen pflegen. Darüberhinaus arbeiten meist auch die (Tactical-)CIMIC-Teams noch Informationen bzw. Einschätzungen zu. (CIMIC=Civil-Military-Coorporation).
Der MAD „darf“ nur nach „innen“ arbeiten. D.h. er führt im Schwerpunkt die Backgroundchecks der Ortskräfte in den Feldlagern durch, die üblichen Sicheheitsüberprüfungen der Soldaten etc. Offiziell ist es dem MAD untersagt nachrichtendienstlich außerhalb der Feldlager tätig zu werden. Aber wo kein Kläger…
Die zweite Zelle ist die „normale“ 2er-Zelle NG&A (Nachrichtengewinnung und Aufklärung) welche im jeweiligen Stab mit regulären Soldaten besetzt ist. Diese führt nominell (i.d.R. über den Chef des Stabes bzw. den Kdr) die HUMINT-Teams, bzw. setzt eigene Schwerpunkte.
Jedoch lässt sich in diesem Bereich nichts scharf voneinander abgrenzen. Nehmen wir noch Spezialkräfte und Spezialisierte Kräfte (Fernspäher=> optronische Aufklärung) dazu, die originäre Heeresaufklärungstruppe (Boden- und Luftgestützte Aufklärung), die EloKa und das Kommando Strategische Aufklärung ist das „Durcheinander“ komplett.
Ich denke das hierbei schnell deutlich wird, das ein Parlamantarisches Kontrollgremium (wie es ja den BND, MAD und das Bundesamt für Verfassungsschutz überwacht), welches sich aus „Experten“ vom Schlage eines Arnold oder Nouripur zusammensetzt leicht den Überblick verlieren würde. Die Folge wäre eine bloße Blockade der effizienten NG&A.
Ein letzter Satz:
Ich trage weder Schlapphut, noch Trenchcoat, bevor irgendwelche Verdächtigungen aufkommen… ;)
@Interessierter:
„Die Folge wäre eine bloße Blockade der effizienten NG&A“
Welche effiziente NG+A denn?
Aus meiner Sicht ist gerade die Lage in KDZ und der 4.09.09 ein gutes Beispiel für die sehr defizitäre NG+A. Der seit Jahren in Erfahrugsberichten beklagte „Gedächtnisverlust“ des FGG 2 in AFG nach jedem Kontingentwechsel ist hier wohl nur die Spitze des Eisberges.
Das FGG 2 ist in deutschen Streitkräften eben „traditionell“ ein Stiefkind.
hier werden wohl mehrere Wahrheiten angesprochen, die mittlerweile emotional aufgeheizt sind, aber trotzdem ganz sachlich betrachtet Wahrheiten bleiben.
Zunaechst einmal – ein Politiker, der es zu einer bestimmten Position gebracht hat, wird (leider) immer alles nutzen, um dem politischen Gegner Schaden zuzufuegen. Da erkenne ich keinen Unterschied zwischen unseren saemtlichen Parteien. Das klingt auch manchmal aufgeregt und schrill und Oberst Klein steht jetzt am Pranger – aber das ist halt sein Job als Kdr, dafuer musste er nicht draussen seinen Kopf hinhalten.
Dass O Klein (wie die meisten bisherigen PRT-Kommandeure) keine gute Figur gemacht hat, sollte auch unbestritten sein. Dazu Memorias Zitat – „er ist ein Produkt der Budeswehr. Ùberspitzt gesagt war er auf den nächsten Ministerbesuch durch die Einsatzvorbereitung sehr gut vorbereitet, aber nicht auf einen Luftangriff.“ Entweder wollte er Taliban toeten – dann haette er schneller und entschlossener handeln koennen und man haette das Ergebnis (bei dem jedenfalls auch einige Talibankaempfer und Sympathisanten ausgeschaltet wurden) energisch ausnutzen muessen. Und so hat man es eben nicht verkauft. Das waere nachvollziehbar, aber unehrlich gegenueber Oeffentlichkeit und Politik. Oder die Darstellung stimmt, dass man Angst vor einem Angriff hatte und deswegen die Tanklaster bekaempfen wollte und dem Kontakt geglaubt hat, es waeren keine Zivilisten da und ueberhaupt, welcher Zivilist waere denn schon so frueh morgens auf den Beinen. Das wuerde absolut ins Vorgehen der Bundeswehr passen: Primat des Eigenschutz, hermetische Abschottung nach draussen (weil gefaehrlich), kaum Informationen ueber alles was ausserhalb des Zauns ablaeuft (weil hermetisch abgeschottet).
Soll heissen, O Klein hat Fehler gemacht, aber als Produkt des Systems – Kritik muss er ertragen, auch wenn sie so hart ausfaellt, wie das geschehen ist. Das Problem ist aber das System. M.E. vor allem zwei Punkte: Zum einen fehlt heute wie damals eine ueber wohlklingende, aber beliebige Worte (Sicherheit, Stabilitaet) hinausgehende strategische Vorgabe – hier koennten die Herren Arnold, Nouripour durchaus ansetzen. Zum anderen ist das deutsche MilNW in der Tat unter aller Sau. Damit meine ich nicht die beteiligten Kameraden, sondern die Strukturen.
Der BND interessiert sich fuer eine andere Ebene, der MAD hat zwar alle Befugnisse eines ND, arbeitet aber nur innerhalb der Lager (und es gibt tatsaechlich noch ein Afghanistan jenseits der Campmauern). HUMINT und SIGINT sind streng voneinander getrennt, CIMIC und PsyOps erst recht (es gibt oft genug nicht nur Konkurrenzdenken sondern sogar Beruehrungsaengste). Dabei kommt insbesondere HUMINT eine Schluesselfunktion zu – weil man nur so gezielt Informationen generieren kann, statt wie bei SIGINT auf zufaellige und wenig zuverlaessige (jeder Talib weiss, dass er abgehoert wird) Ergebnisse zu warten. HUMINT hat aber imminent eine wahnsinnige Anfaelligkeit fuer Fehler – und schlechtes HUMINT ist noch fataler als gar kein HUMINT. Deswegen brauche ich erfahrenes, gut ausgebildetes Personal und entsprechende Strukturen der Auswertung. Und was macht die BW? Loest das Feldnachrichtenzentrum (und das ZNBw) auf, zerstreut die FN-Kraefte in die AufklBtl (um die Waffengattung zu retten???) und schafft das EFV ab. Truppfuehrer und Auswerter direkt vom Studium & Befragerlehrgang ohne Auslandserfahrung sind aber nun denkbar schlecht geeignet, einem afghanischen Teppichhaendler gegenueberzutreten (zumal wenn der schon mit zehn und mehr Kontingenten gearbeitet hat). Nouripours Vermutung ist nur eine Vermutung, aber eine mE nicht unplausible. Im Ergebnis ist m.E. ein auf Aufklaerung, nicht auf Abschirmung (…der Kalte Krieg IST vorbei…) Militaerischer Nachrichtendienst (HUMINT + SIGINT, ggf. auch PsyOps und CIMIC — also NICHT das alte MAD-Amt) eine absolute Notwendigkeit. Dann soll dieser Dienst auch ruhig den Politiker seine Karten offenlegen muessen. Das bisherige HUMINT-Wesen leidet ja gerade daran, dass sich keiner fuer die Informationen und Bewertungen interessiert und die Trupps, die Auswerter und selbst der HCO in MES niemanden haben, der sie anleitet, fuehrt und auch kritisiert.
Genauso brauchen wir eine strategische Debatte, wie genau unser Einsatz zu welchem Ziel fuehren soll – und welche Mittel (z.B. MilND?) wir dafuer brauchen.
Wenn O Klein mit seinen Fehlern und seinem bedauernswertem Schicksal danach uns einen kleinen Schritt in diese Richtung vorwaerts gebracht hat, dann ist genau das die Aufgabe eines Oberst i.G. So wie ein Infanterist (oder eben auch ein Taliban-Mujahid) eben auch bereit sein muss, sein Leben aufs Spiel zu setzen.
„Truppfuehrer und Auswerter direkt vom Studium & Befragerlehrgang ohne Auslandserfahrung sind aber nun denkbar schlecht geeignet, einem afghanischen Teppichhaendler gegenueberzutreten (zumal wenn der schon mit zehn und mehr Kontingenten gearbeitet hat).“
@turan saheb
Es gibt wesentlich elegantere Möglichkeiten an HUMINT zu kommen. Leider eignen wir uns alleine schon vom Aussehen nicht, um direkt in Afghanistan Informationen beim Tepichhändler zu gewinnen. Die ANSF sind da wesentlich geeigneter und eine unerschöpfliche HUMINT-Quelle – haben sie doch Soldaten/Polizisten/Agenten aus jedem Dorf. Wir hatten grundsätzlich nach jedem Gefecht einige Tage später die gegnerischen Opfer sogar als Namenslisten. Warum: Weil in Afghanistan jeder jeden kennt und sich alle einig sind möglichst innerhalb von 24 Stunden zu beerdigen, weil dies ihr Glauben erfordert. Der NDS nimmt einfach an den Beerdigungen teil und man weis genau was Sache war.
Habe live in einem Gefecht erlebt, wie ein Führer der ANA den INS-Fhr auf der Gegenseite angerufen hat – man kennt sich halt auch von Kindesbeinen. Das funktioniert natürlich in beide Richtungen, weshalb man OpSec einfach mal vergessen kann – aber das kalkuliert man einfach ein.
Ob man natürlich noch Ergebnisse anderer Geheimdienste bekommt, wenn die dann im Deutschen Bundestag im Rahmen der Kontrolle durchleuchtet werden? Schon bei vielen Gelegenheiten konnte man „geheime“ Informationen auf einschlägigen Homepages von Abgeordneten lesen, die der Bundeswehr nicht ganz so wohlmeinend gegenüber stehen.
@T.Wiegold
Damit Herr Nouripour von seinem Farsi vor Ort profitiert, hätte er aber das PRT KDZ verlassen müssen. Ich meine nicht nur zum Flughafen…
@turan saheb
„Genauso brauchen wir eine strategische Debatte, wie genau unser Einsatz zu welchem Ziel fuehren soll – und welche Mittel (z.B. MilND?) wir dafuer brauchen.“
Das, was die SPD fordert scheint das Gegenteil zu sein: Eine moralische Debatte statt einer strategischen, deren Ziel nicht eine leistungsfähigere Bundeswehr ist, sondern höhere Hürden für das militärische Nachrichtenwesen. Da drängt sich mir der Verdacht auf, dass es in der Diskussion gar nicht um das Abstellen von Mängeln geht, sondern das Thema nur als Bühne für politisches Theater verwendet wird.
@Interessierter
Ja, das Durcheinander gibt es, aber nicht da, wo sie vermuten. SIGINT, HUMINT und alle anderen Kr der HAufklTr werden über NG&A gesteuert und ihre Ergebnisse zentral bei der ASIC korreliert und verarbeitet. Meldungen der Truppe, CIMIC und allen möglichen anderen, werden ebenfalls bei der Verarbeitung abgefragt. Die Informationen der Nachrichtendienste fließen ebenfalls in diese Betrachtung und werden anlassbezogen abgefragt oder periodisch gemeldet.
Hier besteht kein Durcheinander und hier kommt man sich auch kaum in die Quere, da alle Beteiligten miteinander reden. Das Durcheinander entsteht, wie Memoria richtig bemerkt, dadurch, dass keine ordentlichen, kontingentübergreifenden Datenbanken bestehen, keine wirkliche zentrale Lagebearbeitung in DEU mit reach-back Funktion vorhanden ist, man mit so vielen Meldungen von ANP, ANA, Alliierten und obskuren NATO-Dienststellen geflutet wird, dass man es kaum korrelieren kann und es eine Analyse-Ausbildung, die den Namen verdient, derzeit in DEU einfach nicht gibt. Und insbesondere die StOffz kämpfen auch weiterhin gegen Englisch…
Das letztendliche Problem besteht deshalb (@turan saheb), meiner Ansicht nach, auch nicht bei den FN-Zg, die mit sehr erfahrenem Personal und einem selbstgesteuerten Rotationszyklus ihre Posten besetzen, sondern bei der Verfügbarkeit an AufklKr und der Intel Fusion. Die Ausbildung und vor allem Beübung durch Munster ist stark verbesserungsfähig und mit den AufklBtl hat man sich keinen Gefallen getan, aber irgendwie läuft es im Einsatz noch.
Was einige Kommentatoren und auch dieser Ausschuss sich vor Augen führen sollten, ist, dass der G2 mit dem zum COM gehen muss, was er hat. Und wenn das eine Meldung von einem durchschnittlichen Kontakt ist, dazu ein interpretationsfähiges Luftbild und ein Sachstand, der in der mittelfristigen Lageentwicklung ins Bild passt, dann ist das so. Wenn alle anderen Aufklärungsträger Fehlanzeige melden, ist das die Handlungsgrundlage. Und wenn der G2, hoffentlich nicht so ein Hysteriker, wie in der ZDF-docufiction, dann eine Empfehlung ausspricht, kann der COM sie übernehmen oder eben nicht – er entscheidet.
Das im GefSt der TF47 kein G2 und kein Luftbildauswerter anwesend war, das kann ein Normalmensch nämlich nicht, auch kein FAC, ist daher viel eher verwunderlich.
Und abgesehen vom ROE-widrigen aber rechtmäßigem Verhalten des Oberst Klein, über das hier genug geschrieben wurde, wesentlich ist ja letzlich die Auswirkung im Einsatzland. Das PRT war außerordentlich überrascht, über die Überreaktion in DEU, weil man am Tag nach dem Luftangriff vom Gouverneur, Polizeichef, NDS und verschiedenen Dorfältesten, sowie allen möglichen anderen Kontakten praktisch Glückwünsche bekam, weil die DEU endlich mal angegriffen und die Richtigen erwischt hätten…
Ich bin weit entfernt davon, die Kollegen von der SPD reflexartig zu verteidigen, aber was die Bewertung – auch die rechtliche – des Bombenangriffs von Kundus betrifft, liegt man dort gar nicht so falsch. Auch DIE LINKE kommt in ihrem Sondervotum (das btw auch gestern eingereicht wurde, wir haben da nur nicht so ein Brimborium drum gemacht) zu dem Schluss, dass der Angriff völkerrechtswidrig war und unzureichend geahndet wurde. In einer kurzen Zusammenfassung unserer Ergebnisse wird das auch genauer ausgeführt:
Auch die Frage, warum die Abgeordneten es mal wieder besser wissen wollen als die zuständigen Ermittlungsorgane, wird dort beantwortet: Die zuständigen Ermittlungsorgane wollten nicht so recht ermitteln.
@Paul Schäfer
Alles sehr interessante Punkte. Was genau will „Die Linke“ nun aber tun, um der Bundeswehr künftig ein effektiveres Vorgehen gegen Aufständische zu ermöglichen?
Wenn z.B. kritisiert wird, dass „die Anwesenheit von Zivilisten am Ort des Angriffs zu prüfen“ sei: Sollen die entsprechenden Aufklärungskräfte verstärkt und neue Aufklärungssysteme beschafft werden?
Wenn der Einsatz „des mildesten erfolgversprechenden Mittels“ gefordert wird: Bedeutet dies, dass nach dem Willen „Der Linken“ statt Jagdbombern künftig Spezialkräfte für solche Aufträge eingesetzt werden sollen?
Herr Schäfer, Sie werfen allen Ernstes der Bundesanwaltschaft vor, dass sie ihren Job nicht gemacht hat? Nur weil die nicht zu dem gleichen Schluss gekommen ist, wie Sie? Köstlich… Dürfen wir dann jetzt im Umkehrschluss mit einer (weiteren) Klage rechnen, oder sehen Sie großzügig davon ab?
Da ich noch ihre ersten Äußerungen an dieser Stelle im Ohr habe, bezweifle ich sowieso, das Ihre Partei sich nüchtern und sachlich mit dem Thema beschäftigt hat, bzw. überhaupt beschäftigen kann und konnte.
Sehr geehrter Herr MdB Schäfer ,
das was Sie hier schreiben ist in meinen Augen dasselbe was die SPD und Grüne aussagen, bloß ein bisschen besser ausgeführt. Eine wirkliche juristische Begründung mag ich in Ihrer Stellungnahme aber nicht erkennen. Unstreitig ist das in einem bewaffneten Konflikt das humanitäre Völkerrecht und der daran universelle Menschenrechtsschutz dem Recht im bewaffneten Konflikt weicht.
D.h. das die Konfliktpartein (hier die ISAF und Taliban bzw. Aufständische) ein Schädigungsrecht haben, sich also legal bekämpfen dürfen.
In Art. 4 Nr. 1 ZP II (diese gilt Afghanistan da es sich dort um einen nicht-international bewaffneten Konflikt handelt) heißt es „Alle Personen, die nicht unmittelbar oder nicht mehr an Feindseligkeiten teilnehmen, haben, gleichviel ob ihnen die Freiheit entzogen ist oder nicht, Anspruch auf Achtung ihrer Person, ihrer Ehre, ihrer Überzeugungen und ihrer religiösen Gepflogenheiten. Sie werden unter allen Umständen mit Menschlichkeit und ohne jede nachteilige Unterscheidung behandelt.“ Dies gilt aber nur für die Zivilisten die vor Ort waren, nicht für die Taliban, weiterhin wird in Art. 13 Nr. 1 -3 ZP II ausgeführt, „Weder die Zivilbevölkerung als solche noch einzelne Zivilpersonen dürfen das Ziel von Angriffen sein“. Dies ist unstrittig, trifft aber auf die Situation in dieser Nacht nicht zu, da Oberst Klein die anwesenden Taliban bekämpft hat. Das Internationale Rote Kreuz hat sich einmal die Mühe gemacht die darzulegen, ab wann man feindlicher Kämpfer ist bzw. einer „bewaffneten Gruppe“ angehört. http://www.icrc.org/eng/assets/files/other/icrc-002-0990.pdf S. 34 ff. Zudem muss es nach dem Völkerrecht keine Show of Force geben, grundsätzlich ist jedoch die Wahl der Mittel zu beachten. Da keine Artillerie oder Infanterie zur Verfügung stand, war der close are support das einzige effektive Wirkmittel. Die Bundesanwaltschaft ist in ihrer Langfassung durchaus darauf eingegangen, die Verhaältnismäßigkeit wurde beachtet und die Toten Zivilisten sind Kollateralschäden. Sowas passiert in Konflikten und muss um jeden Preis vermiden werden, aber dennoch ist dies Vorgehen vom internationalen Völkerrecht gedeckt. Wenn Sie oder Ihre Partei etwas anderes behaupten, dann bitte ich Sie dies juristisch zu untermauern.
Anbei einmal die fundierte Entscheidung der Bundesanwaltschaft:
http://www.generalbundesanwalt.de/docs/einstellungsvermerk20100416offen.pdf
Mal eine kleine Anmerkung aus Sicht von FN:
Die Feldnachrichtenkräfte haben keine Informanten, sondern höchstens Quellen. Und diese werden nicht angeworben, sondern sind auf Basis eine freiwilligen Zusammenarbeit (zum gegenseitigen Vorteil) tätig. Es ist kein Geheimnis, dass die „Bezahlung“ als eine Art Aufwandsentschädigung erfolgt und in gar keinem Fall Dimensionen der Zahlungen des BND an seine Informanten annimmt. Des weiteren treten FNKr offen auf und können somit gar nicht als Nachrichten-„Dienst“ tätig werden, da dazu zumindest ein gewisser Anteil an verdeckten Operation nötig ist. So viel zu den Kenntnissen unserer Volksvertreter über rechtliche Begriffe und Abgrenzungen.
Nouripour hat zumindest mit der Stoßrichtung recht, dass die Quelle gesteuert sein könnte. Aber gerade das ist die Schwierigkeit im HUMINT-Bereich, da wir leider nicht unter die Schädeldecke schauen können wie mit der BAA durch Wände. Somit ist es von höchster Priorität, solche Informationen zu verdichten und zu verifizieren, so dass daraus Nachrichten und dann Erkenntnisse werden können. Insbesondere im Bereich FN ist das aber schwierig, da diese direkt durch J2 HQ gesteuert werden und Informationen eigentlich nicht mit anderen Aufkl „teilen“ dürfen.
Hinzu kommt, dass BND und NDS teilweise nicht mit den Uniformträgern zusammenarbeiten wollen und eifersüchtig die Hand auf den Informationen haben.
Ein kleiner Hinweis am Rande: Insbesondere im MilNW ist die Geheimhaltung recht wichtig, so dass Vorsicht geboten ist, inwieweit hier Vorschriften, Verfahrensweisen und Defizite ausgebreitet werden…
Der Politik steht in dieser Frage kein Urteil zu! Nach zwei Jahren Untersuchung geben die im Bundestag vertretenden Parteien höchst unterschiedliche Bewertungen zum Luftschlag von Kundus ab und beschuldigen sich gegenseitig unterschiedlichster Verfehlungen. Parteipolitik auf niedrigstem Niveau und auch noch auf dem Rücken der im Krieg stehenden Soldaten. Peinlicher geht es nicht. Man schämt sich, diese unfähigen politischen Eliten an der Spitze des Staates zu wissen. Das Urteil der LINKEN ist irrelevant. Diese Partei, die heute noch den Mauerbau rechtfertigt, besitzt keine moralische Autorität. Wenn sie jetzt den moralischen Finger hebt, ist das lächerlich und ohne Belang. Was bleibt, sind Soldaten in einem Krieg, der von der überwiegend pazifistischen Gesellschaft Deutschlands abgelehnt wird, der zwar Jahr für Jahr verlängert wird, aber von denen, die ihn verlängern, längst nicht mehr gewollt ist. Und so wird sich mancher Soldat fragen, was ist eigentlich furchterregender, die Gefechte oder die schreckliche Heimatfront.
@Politikverdruss
„Das Urteil der LINKEN ist irrelevant. Diese Partei, die heute noch den Mauerbau rechtfertigt, besitzt keine moralische Autorität. “
Man muss nicht so weit zurückgehen. Führende Kader dieser Partei bezeichnen Soldaten der Bundeswehr ganz aktuell als „Mördersoldaten“:
http://www.stern.de/politik/deutschland/staatsanwaltschaft-ermittelt-linker-nennt-truppen-in-afghanistan-moerdersoldaten-1602354.html
Die Sprache des Abgeordneten Schäfer ist sachlicher als die seiner Genossen, und er spricht einige reale Verfahrensfehler an. Ich habe aber den Eindruck, dass es ihm bei seiner Kritik nicht um das Abstellen dieser Fehler mit dem Ziel einer leistungsfähigeren Bundeswehr geht, sondern nur darum, aus dem Vorfall rhetorische Munition für Kampagnen gegen die Bundeswehr zu erzeugen.
@Orontes,
damit muss man bei den LINKEN immer rechnen. Wolf Biermann hat es ja auf den Punkt gebracht als er jüngst sehr zutreffend feststellte: „Es ist dieses verkommene Pack, das uns jahrzehntelang in der DDR unterdrückt hat.“
@all:
Wenigstens äußert er sich hier, allein das verdient etwas Respekt. Dass er mit seiner Meinung hier keinen Blumentopf gewinnen kann ist ihm sicher klar, aber wenn der Beißreflex einiger Kameraden in Richtung Linke etwas weniger ausgeprägt wäre könnte man sogar diskutieren (Echos Beitrag bildet hier die Ausnahme).
Und bitte nicht immer die Einzelmeinungen als Parteimeinung auszeichnen. Natürlich ist mir klar, dass gerade die SED-Nachfolgepartei nicht zuletzt durch ihre Übernahme sonderbarer Kommunistenhaufen in Westdeutschland sehr kontroverse Typen ins Boot geholt hat. Dennoch muss man den Dialog führen und nicht gemäßigte Stimmen überhören weil ja irgendwann mal ein Spinner aus denselben Reihen dies und das gesagt hat.
Hier der Volltext des SPD-Sondervotums:
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,57860,00.html
Irgendwie unterhaltsam: BM Jung trägt für die Ausbildungsmängel von Oberst Klein und des FAC die politische Verantwortung. Der GI ist aber völlig unschuldig…is klar…
Hier noch etwas mehr von Nouripour:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/sicherheitspolitik/dok/388/388071.sondervotum_im_kundusuntersuchungsaussch.html
@Orontes
Die Grundfrage ist doch, ob es ein „effektiveres“ Vorgehen gegen Aufständische unter militärischen Vorzeichen geben kann oder nicht. Wir von der LINKEN glauben nicht daran. Die Präsenz der „fremden“ Truppen ist ein entscheidender Grund, aus dem die Taliban und die anderen Aufständischen ihre Legitimation und Kraft beziehen. Daher sind wir für den Abzug der NATO, und für eine Verhandlungslösung, die nicht mehr schaffen kann als einen Waffenstillstand. Immerhin würde das die Möglichkeit eröffnen, den weiter bestehenden Konflikt um die Zukunft Afghanistans politisch auszutragen. Dabei sollten wir ganz entschieden auf der Seite derjenigen stehen, die für ein modernes, freiheitliches Land eintreten. Nachhaltige Entwicklungspolitik ist außerdem erst dann möglich, wenn die Waffen schweigen.
Was den Fall Kunduz betrifft, ging es doch darum, für den Untersuchungsausschuss zu rprüfen, ob alle vorhandenen Aufklärungsmöglichkeiten genutzt wurden und, wenn sie nicht ausreichten, ob dann eine solch weitereichende Bombardierungsentscheidung richtig und rechtens war. Das verneinen wir.
@Voodoo
Ja, das werfe ich der Bundesanwaltschaft vor, und zwar nicht, weil sie zu einem anderen Ergebnis gekommen ist, sondern weil sie nicht die Minimalanforderungen an ein solides Ermittlungsverfahren eingehalten hat, zum Beispiel die Einvernehmung aller relevanten Zeugen, weil sie nicht die Gesamtergebnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses (warum eigentlich die Eile bei der Einstellung der Ermittlungen?) abgewartet hat. Prüfen Sie bitte anhand der Sondervoten der Opposition, sobald diese öffentlich vorliegen, noch einmal, ob es tatsächlich gerechtfertigt ist, die Bundesanwaltschaft mit einem Heiligenschein zu versehen.
@Echo
Danke. Ich habe in der Tat auch den Eindruck, dass sich die Oppositionsparteien in diesem Punkt nicht allzu sehr unterscheiden. Eine gewisse Vorsicht in der Formulierung bei SPD und Grünen mag daran liegen, dass man dort erst langsam lernen musste, dass dieser Krieg nicht gut ist.
Dafür fehlt in einem Blogkommentar auch der Platz. Ich kann Sie aber beruhigen: Die steht ausführlich in unserem Sondervotum. Sie und ich können jetzt gemeinsam hoffen, dass die nicht plausiblen „Geheim“-Einstufungen möglichst schnell und umfassend aufgehoben werden. Sobald dieses Verfahren abgeschlossen ist, lasse ich Ihnen gern ein Exemplar zukommen. Wenden Sie sich doch dafür an mein Büro.
Da lese ich „As civilians, they benefit from protection against direct attack unless and for such time as they directly participate in hostilities, even though their activities or location may increase their exposure to incidental death or injury.“ Vulgo: Man darf sie nicht angreifen, aber sie tragen ein Risiko, mitgetroffen zu werden. Ich sehe keinen Widerspruch zu meinen Aussagen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt natürlich auch hier. Man darf z.B. nicht eine ganze Stadt ausradieren, um eine Flugabwehrstellung zu erwischen. Meiner Interpretation nach darf man auch nicht hundert Zivilisten wegbomben, um ein Taliban-Lastwagenentführungskommando zu treffen. Das scheint btw auch die Bundesregierung und sogar Oberst Klein ähnlich zu sehen, daher ja die ganze hochgezogene Geschichte von einer unmittelbar drohenden Verwendung der Tanklaster als rollende Bomben.
Ich verweise auf Artikel 57, Absatz 2c ZPI: „Angriffen, durch welche die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen werden kann, muss eine wirksame Warnung vorausgehen, es sei denn, die gegebenen Umstände erlauben dies nicht.“ Welche gegebenen Umstände haben Ihrer Ansicht nach gegen eine show of force gesprochen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der potentiell kämpfende Teil der Menschenmenge sich nach verschiedenen Aussagen von so etwas ja ohnehin nicht beeindrucken läßt?
Naja, fundiert. Ich empfehle den Teil zur Beweiswürdigung. Den hätte auch ein BMVg-Sprecher diktiert haben können. Man hat halt erkannt, was man erkennen sollte. Lesen Sie zum Vergleich mal, wie bei Beweiswürdigungen zu wesentlich unspektakuläreren Tötungsdelikten in Deutschland jeder Stein umgedreht, jeder Passant befragt und jede Aussage dreimal abgeklopft wird. Was die Bundesanwaltschaft da geliefert hat, riecht eher nach Gefälligkeitsgutachten, als nach ernsthafter Untersuchung.
@Politikverdruss
Bitte was? Die Politik, i.e. das Parlament, beschließt die Einsätze der Bundeswehr, und sie gibt recht genaue Vorgaben. Über die Einsätze und Vorgaben kann man streiten, aber wenn sie einmal beschlossen sind, möge sich die Exekutive doch bitte gnädigerweise daran halten. Und mit Kritik der Politik leben, wenn sie das nicht tut.
…trifft eher die regierungstragenden Fraktionen, die aus Angst vor einer Beschädigung ihres Spitzenpersonals kritikwürdige Fakten aus dem Ausschussbericht in die Sondervoten abdrängen.
@Orontes
Fehlannahme. Ich habe nichts gegen die Institution Bundeswehr und erst recht nicht gegen den einzelnen Soldaten, insofern gibt es da auch für mich keinen Kampagnenbedarf. Ich habe allerdings sehr wohl etwas gegen die Idee, überall militärisch intervenieren zu müssen, weshalb ich ein Problem mit „Leistungsfähigkeit“ bekomme, sobald sie mit „Interventionsfähigkeit“ gleichgesetzt wird. Dabei geht es aber nicht um die Armee, sondern um den Auftrag, und über den muß man politisch streiten können.
@Politikverdruss
Ach, verbitterte Leute, die unterschiedslos pöbeln, finden Sie zu jedem Thema. Ich habe jedenfalls in der DDR niemanden unterdrückt. Aber meine Partei wird ja auch nicht von einer FDJ-Propagandasekretärin geführt.
@Chris
Danke.
Erst General Bühler, dann General Kather, Medienberichterstattung und jetzt MdB Schäfer – Herr Wiegold, Ihnen ist es gelungen, hier eine ernsthafte und kontroverse Debattenplattform zu etablieren, die denke ich ihresgleichen sucht und – wie wir gerade sehen – über alle inhaltlichen Grenzen ernst genommen wird. Vielen Dank dafür!
Hoffentlich beteiligen sich noch viele weitere Experten, Politiker etc., damit nicht über-, sondern miteinander diskutiert wird.
Das ist demokratischer Dialog! Lob und Anerkennung an T.W und das/sein Forum, danke.
@MdB Paul Schäfer
„Ich habe allerdings sehr wohl etwas gegen die Idee, überall militärisch intervenieren zu müssen, weshalb ich ein Problem mit „Leistungsfähigkeit“ bekomme, sobald sie mit „Interventionsfähigkeit“ gleichgesetzt wird. Dabei geht es aber nicht um die Armee, sondern um den Auftrag, und über den muß man politisch streiten können.“
Vielen Dank für Ihre Antwort. Diese Position wäre unabhängig von sonstigen Positionen Ihrer Partei vermutlich auch vielen Soldaten sympathisch, zumal sie ansonsten in der politischen Landschaft fehlt.
Leider kommen aus Ihrer Partei laufend Angriffe gegen Bundeswehrsoldaten. Zuletzt wurden diese von einem Sprecher Ihrer Partei z.B. als „Mördersoldaten“ bezeichnet, und Ihre Parteichefin wollte Aufrufen zum „Abfackeln“ von Bundeswehrmaterial bei gegebenem Anlass nicht widersprechen. Wenn es Ihnen gelingen sollte, solche Einstellungen gegenüber Soldaten und der Bundeswehr in Ihrer Partei zu korrigieren, würde bestimmt auch die Offenheit unter Soldaten für Ihre sonstigen Argumente zunehmen.
@MdB Schäfer,
ich bestehe darauf: im Falle des Luftschlages von Kundus spreche ich der deutschen Politik das Recht ab, über Oberst Klein Werturteile abzugeben. Die politische Elite Deutschlands hat sich 2001/2 leichtfertig in einen Krieg begeben und ist 2009 an der Wucht des militärischen Ereignisses von Kundus zerschellt. Eine zur Kriegsführung untaugliche Polit-Elite versucht seither ihre Verantwortung auf den Rücken eines Soldaten abzuladen. Mit diesem schäbigen Verhalten hat sich die deutsche Politik so sehr diskreditiert, dass ihr ein Werturteil nicht mehr zugestanden werden kann.
Wolfgang Borchert hat es in „Draußen vor der Tür“ so eindringlich niedergelegt, als er den Unteroffizier Beckmann seinem Vorgesetzten gegenüber sagen ließ: „Ich bringe Ihnen die Verantwortung zurück…“ Und dann stelle ich mir vor, Oberst Klein, als Angehöriger unserer „Parlamentsarmee“ tritt vor die auftragserteilenden Abgeordneten und ruft ihnen zu: „Ich bringe Ihnen die Verantwortung zurück!“ Oberst Klein hat dies nicht getan, er trägt seine Verantwortung. Nur die Abgeordneten des deutschen Bundestages sind nicht bereit, ihre Verantwortung zu tragen.
@ Paul Schäfer,
„Ach, verbitterte Leute, die unterschiedslos pöbeln, finden Sie zu jedem Thema. Ich habe jedenfalls in der DDR niemanden unterdrückt. Aber meine Partei wird ja auch nicht von einer FDJ-Propagandasekretärin geführt.“(Paul Schäfer)
Ach, Herr Schäfer hat niemanden unterdrückt. Mal zu Erinnerung die Stasi-Ballade des „Pöblers“ :
Menschlich fühl ich mich verbunden
mit den armen Stasi-Hunden
die bei Schnee und Regengüssen
mühsam auf mich achten müssen
die ein Mikrophon einbauten
um zu hören all die lauten
Lieder, Witze, leisen Flüche
auf dem Clo und in der Küche
– Brüder von der Sicherheit
ihr allein kennt all mein Leid…
Vielleicht fällt ja dem einen oder anderen Mit-Abgeordneten dazu ja doch etwas ein. Könnte doch sein?
@Politikverdruss
FYI: lesen sie mal die Vita von Herrn Schaefer auf wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Sch%C3%A4fer_(Die_Linke)
Ich bin wirklich kein Freund der Linken, aber ausnahmslos jedem eine Stasi Vergangenheit zu unterstellen der in dieser Partei ist, ist beleidigend und unsachlich. Diese Organisation war zu abscheulich um sie leichtfertig heranzuziehen um jemanden zu diskreditieren.
@sd,
ich unterstelle niemandem etwas. Weder Herrn Schäfer noch allen Abgeordneten der Partei die LINKE. Nur Sie behaupten das. Ich finde es nur nicht in Ordnung, wenn man ehemals Verfolgte heute als „verbitterte Pöbler“ hinstellt. Aber was soll man schon von einer politischen Richtung erwarten, die den Mauermördern heute ihre Reverenz erweist.
Ich hatte eher den Eindruck der „verbitterte Pöbler“ bezog sich auf sie.
Ich finde das Zitat von Wolf Biermann im uebrigen sehr gut. Als ich es im Deutschlandfunk gehoert habe habe ich es jedoch fuer direkt auf Frau Lötzsch bezogen gehalten. Dort passt der Schuh, vermutlich auch bei der Linken als PDS Nachfolgeorganisation. Aber den Schritt der Verallgemeinerung auf Einzelpersonen zu vollziehen geht doch zu weit.
Sie moegen jetzt zwar Abstreiten das gemacht zu haben, aber ein ironisches: „Ach, Herr Schäfer hat niemanden unterdrückt.“ spricht da eine andere Sprache. Ich fuerchte nur, dass, wenn man nicht viel Disziplin hat die Diskussion mal wieder vom Thema abkommt (schamlose Untertreibung). Man sollte die Chance nutzen, das von den Linken jemand anderes als die Ewiggestrigen und die Krakeler durchkommt, und dazu noch ein Rueckkanal besteht.
@all
Danke. Und jetzt könnten wir die Grundsatzdiskussion über die Linkspartei in den entsprechenden Foren weiterführen, bitte.
@TW: Verzeihen Sie bitte ;)
@Politikverdruss:
Wenn Sie schreiben:
„spreche ich der deutschen Politik das Recht ab, über Oberst Klein Werturteile abzugeben. Die politische Elite Deutschlands hat sich 2001/2 leichtfertig in einen Krieg begeben und ist 2009 an der Wucht des militärischen Ereignisses von Kundus zerschellt. Eine zur Kriegsführung untaugliche Polit-Elite versucht seither ihre Verantwortung auf den Rücken eines Soldaten abzuladen. Mit diesem schäbigen Verhalten hat sich die deutsche Politik so sehr diskreditiert, dass ihr ein Werturteil nicht mehr zugestanden werden kann.“
dann können Sie doch genau dieses Argument nicht gegen MdB Schäfer vorbringen. Denn die Linken haben bekanntlich dagegen gestimmt und waren damit eben nicht Teil der „politischen Elite Deutschlands“ die leichtfertig in Kriegen mitmischt.
Da wären Schäfer und GenossInnen sogar die einzigen die legitime Kritik üben dürften.
So, ich hoffe jetzt muss ich erst mal nicht wieder für die Dunkelroten in die Bresche springen. Die haben derzeit vermutlich auch genug damit zu tun alle nicht gänzlich verqueren Irrläufer mit nem Knüppel in der Hand nach Meck-Pomm zu schicken um die westdeutschen Verhältnisse dort zu bereinigen ;)
@Chris
Sicher darf sich eine Partei gegen einen Krieg aussprechen. Dennoch stimme ich Politikverdruss heftigst zu, wenn er sagt:
[…] ich bestehe darauf: im Falle des Luftschlages von Kundus spreche ich der deutschen Politik das Recht ab, über Oberst Klein Werturteile abzugeben. […]
Denke der Unterschied ist deutlich erkennbar. Für oder gegen einen Krieg zu sein spiegelt, für mich, insofern die politische Dimension wider, in derer sich die Politik aufhalten sollte.
Gefechtsbewertungen sollten nur die vornehmen die sich damit auskennen und dazu gehört MdB Schäfer ganz sicher nicht!
1. Die Linke hat im Ansatz nicht das Recht etwas zu verurteilen,denn als alte SED (Nachfolge)- Partei hat man mit Sicherheit genug Dreck in allen Schubladen. Man kann denken was man will aber, meiner Meinung nach, es bleibt Kommunismus, auch wenn etwas anderes behauptet wird. Und denn will hier ja fast keiner.
2. Die Schuldfrage gegenüber den Personen die dort ums Leben gekommen sind, ist doch recht einfach. SELBER SCHULD.
Wer in der Nacht zu gestohlenen Fahrzeugen geht und dort auch etwas stiehlt kann beim besten Willen nicht unschuldig sein.
Und gezwungen wurden Sie mit Sicherheit nicht.
3. Ich frage mich ob manche Personen Herrn Klein auch anklagen würden wenn ein Tanklaster z.B. in die Polizeistation von Chahar Darreh reingefahren wäre und man hätte vorher nicht gehandelt, obwohl es Optionen gab.
Im Endeffekt geht es der Opposition nur um Darstellung und Meinungsmache um ein paar Prozent mehr bei der nächsten Wahl zu bekommen. Und wenn dafür ein deutscher Oberst herhalten muss wird das halt in Kauf genommen. Von Menschen denen man wahre Verantwortung heutzutage nur absprechen kann.
@politikverdruss&BausC: „. . . ich bestehe darauf: im Falle des Luftschlages von Kundus spreche ich der deutschen Politik das Recht ab, über Oberst Klein Werturteile abzugeben“
Das darf nicht unwidersprochen bleiben. Clausewitz hat den Militärs nicht ganz ohne Grund Bescheidenheit gepredigt mit dem Hinweis, dass es doch eher Handwerk als eine Kunst geschweige denn eine Wissenschaft sei, was sie da so ausüben. (Preussens wussten schon ziemlich gut, warum sie ihn nur zähneknirrschend ertragen und abgrundtief gehaßt haben): Der Einsatz militärischer Mittel dient IMMER NUR politischen Zwecken. Von daher können die Militärs allenfalls pragmatisch über die Zweckmäßigkeit einzelner militärischer Maßnahmen urteilen, für alles andere sind sie – als Militärs – prinzipiell unzuständig. Die Beurteilung eines Gefechtes ist von in aller erster Linie eine politische Frage, an deren Diskussion sich die Soldaten ALS STAATSBÜRGER (in Uniform) beteiligen können und sollen. Dass der Oberts Klein hier vehement verteidigt wird, halte ich für richtig und notwendig. Dass hier aber rund 100 Jahre nach Wilhelm zwo immer noch dieser monokelnde Kasinodünkel völlig bewusstlos zur Schau gestellt wird, ist ein ziemlich schlechtes Indiz für den Zustand der BW. Diese völlig kaputte und überlebte Denke entwertet den für sich ehrenwerten Versuch zugunsten von Klein.
@jaeger
Gelbe Karte ist klar, oder?
@Zivi a.D.
Auch wenn es sich vielleicht so anhört und ich ihren Nick ernst nehme, woher nehmen sie die Chuzpe, die Maßnahmen von Oberst Klein zu bewerten? Ich sage gar nicht, dass ich es kann aber die Mitglieder des Verteidigungsausschusses und in diesem Fall Herr Schäfer schon mal gar nicht. Über die politische Einordnung lasse ich mich gerne belehren. Und woher wissen sie, in diesem Zusammenhang, wie es in den Kasinos der Bundeswehr zugeht? Das sind so Plattitüden die sie manifestieren, in dem sie ein paar Äußerungen zum Zustand der Bundeswehr insgesamt machen. Ich kann ihnen versichern, dass in Kasinos oder Messen genau so kontrovers diskutiert wird, wie anderswo. Wenn ich aber schon Staatsbürger in Uniform bin, darf ich mich auch zu allen Themen äußern. Das war zu Zeiten Clausewitz anders. Insofern reicht es heute nicht mehr ihn als Maß aller Dinge hinzustellen.
Es geht nicht darum, ob eine Partei gegen oder für den Afghanistan-Krieg war. Es geht darum, dass eine politische Entscheidung zur Teilnahme an einem Krieg getroffen wurde, die bereits durch hunderte von Abgeordneten immer wieder verlängert worden ist. Es geht auch nicht darum, die LINKE zu “bekämpfen“, wie Herr Wiegold schon wieder befürchtet. Vielmehr geht es darum, dass sich die politischen Parteien, die diesen Kriegsauftrag erteilt und immer wieder erneuert haben, nun nach zweijähriger Untersuchung aufschwingen, ein moralisches, pseudo-rechtliches und militärfachliches Urteil über einen Soldaten zu fällen, der sich , im Gegensatz zu den Abgeordneten, seiner Verantwortung gestellt hat.
Das „vielstimmige Urteil“ des Untersuchungsausschusses ist der klägliche Versuch der Abgeordneten, ihre Verantwortung für die Teilnahme an diesem Krieg auf die Soldaten abzuladen. Krieg folgt den Gesetzen des Krieges, lediglich begrenzt durch Völkerrecht, und nicht den Vorstellungen der Abgeordneten des deutschen Bundestages. Das will man nicht akzeptieren. Deshalb weigerte man sich auch, von einem Krieg zu sprechen. Dann verweigert man den Soldaten eine kriegstaugliche Ausrüstung, damit der Krieg nicht wie Krieg erscheint. Man akzeptiert, dass die Bewertung der“ militärischen Angemessenheit“ durch den Generalinspekteur von einem „politischen Schnösel“ infrage gestellt wird und erhebt sich über das rechtliche Untersuchungsergebnis der Generalbundesanwaltschaft. Und nun das babylonische Sprachgewirr des Kundus-Untersuchungsausschusses. Damit hat sich dieser „Abnickerverein“ endgültig diskreditiert. Parlamentsarmee!? Dieses Parlament hat keine treuen Soldaten verdient und besitzt auch nicht die moralische Autorität, über sie zu urteilen.
@Politikverdruss
„Krieg folgt den Gesetzen des Krieges, lediglich begrenzt durch Völkerrecht“
AFG war begrenzt durch das Mandat, ROE und deutsches Recht.
Die Regierung von AFG rief die UNO um Hilfe um die Innere Sicherheit von AFG zu stabilisieren/gewährleisten. Fall-Bsp: Die BRD ruft einen Staat zur Hilfe um Kriminelle Banden im Land zu bekämpfen. Tritt dann das Völkerrecht an die Stelle des deutschen Rechtes? Die Stiftung Wissenschaft und Politik erstellte im Dezember ein ausführliches Gutachten zur Bedeutung dieses Begriffs „nicht-internationalen bewaffneten Konflikt“- und kam darin zu dem Schluss, eine präzise völkerrechtliche Einordnung sei „unbedingt erforderlich, um ein Höchstmaß an Rechtssicherheit für die Soldaten im Einsatz zu schaffen“. Die neue Definition kann m.E. nicht rückwirkend gelten gemacht werden, wie etwa für den Fall des deutschen Obersts Klein.
Das Parlament wird seiner Verantwortung nicht gerecht und weitet das Mandat ständig durch Auslegung/Dehnung unserer Gesetze immer weiter aus (siehe Einsatz Libyen und Baltikum). Wie es gerade paßt, beliebig eben. Verantwortung und Fürsorge geht anders!
@BausC: Der Nick ist „echt“, ich habe seinerzeit von einem Ausschuss mein Gewissen „erklärt“ und 18 Monate im Krankenhaus gepflegert.
Zur Sache: Die politische Seite der Kundus-Affäre kann und muss letzten Endes jeder von uns für sich selbst bewerten, schließlich lebt die res publica davon, dass sich die Privatleute in die öffentlichen Angelegenheiten einmischen. Das ist eine der etwas raueren Konsequenzen der Demokratie (wie die Meinungsfreiheit ja am Ende auch das Recht auf Dummheit&Blödsinn&Irrtum darstellt). Was die militärisch-handwerkliche Seite angeht, erlaube ich mir kein eigenes Urteil. Ich halte mich an das, was ich vor allem in diesem Blog von Ihnen und den anderen Flecktarn-Kameraden höre und lese (dafür mal ganz herzlichen Dank). Denn, wie Sie völlig richtig anmerken, davon verstehe ich herzlich wenig und beschränke mich daher in aller Regel auf das Fragenstellen (und Antwortensammeln) auf dieser Ebene. Allerdings ziehe ich auch meine eigenen Schlüsse daraus, also einen educated guess, dessen Qualität nicht zuletzt von Ihren Inputs abhängt.
Der Knackpunkt ist aber: Man muss einfach die beiden Ebenen „politische Ziele und Wirkungen“ vs. „militärische Mittel, Möglichkeiten und Leistungen“ auseinander halten.
@orontes
Dass der eine oder andere sich mal vergaloppiert oder grob danebenhaut, ist eine Nebenwirkung von Pluralismus, freier Meinungsäußerung und politischem Streit. Eine Eigenart der LINKEN ist es nicht, ich erinnere an Schröders „faule Säcke“ oder Westerwelles „spätrömische Dekadenz“. Dem kann man mit öffentlicher Kritik begegnen, und im Fall der Diffamierung von Bundeswehrsoldaten habe ich genau das auch schon mehrfach getan und werde das auch weiterhin tun.
@BausC
Eine solch rüde Aussage müsste begründet werden. Zum Beispiel mit Fakten, die dem Verteidigungsausschuss eventuell vorenthalten wurden, weshalb man dort keine Bewertung hätte vornehmen können. Welche Informationen, Tatsachen oder ähnliches sind Ihnen bekannt, die uns vorenthalten wurden? Oder stören Sie sich nur an der fehlenden militärischen Laufbahn der meisten Mitglieder des Ausschusses? Dann müssten wir über das in unserer Verfassung verankerte Prinzip der zivilen, demokratischen Führung unserer Streitkräfte reden. Wollen Sie das? Im übrigen: Sprechen Sie auch den ehemaligen Zivildienstleistenden Reinhold Robbe und Thomas Wiegold militärische Expertise ab oder nur Leuten, deren Schlussfolgerungen Sie nicht teilen?
@politikverdruss
Moment. Niemand hat hier Werturteile abgegeben, zumindest nicht in Bezug auf Oberst Klein. DIE LINKE – und wohl auch die anderen Oppositionsfraktionen – sind nach Abwägung der im Untersuchungsausschuss vorgetragenen Fakten zu dem sachlich begründeten Schluss gekommen, dass er gegen Völkerrecht, Einsatzregeln und Bundestagsmandat verstoßen hat und dabei zum Teil von Bundesregierung und Bundesanwaltschaft gedeckt wurde. Diese Feststellung ist keine Aussage über die moralischen Qualitäten von Oberst Klein. Oberst Klein hat durch seine Aussagebereitschaft im Untersuchungsausschuss hohen Respekt vor dem Parlament gezeigt, das sollte unbedingt anerkannt werden. Ich habe ihn im Untersuchungsausschuss als einen Menschen erlebt, der es sich mit seiner Entscheidung nicht leicht gemacht hat. Auch das ist zu berücksichtigen. Aber wenn er – was ja kaum jemand bestreitet – einen Riesenfehler mit vielfacher Todesfolge gemacht hat, muss er eben dies auch verantworten. Sonst blieben schließlich für unsere rechtstaatlich verfasste Gesellschaft wichtige Werte auf der Strecke. Das möchte ich jedenfalls nicht.
@all
Vorsorglich wiederhole ich die Bitte, hier keine Grundsatzdebatte über die Linkspartei zu führen…
@Hr. Wiegold: Danke für Ihre Page. Ich lese jetzt schon eine Weile hier und finde gut, dass Sie einen Debattenbeitrag leisten-den sich ja auch viele Soldatinnen und Soldaten berechtigterweise so häufig wünschen. Ich mlöchte Ihnen heute einmal antworten, dann mal los:
1.a) Sie schreiben: „Keine Ahnung, keine Belege, keine Beweise. Ich weiß nur, dass der gebürtige Iraner Nouripour Farsi spricht und deshalb das in Nord-Afghanistan gesprochene Dari ganz gut versteht. Was ja manchmal andere Einblicke eröffnet.“
1.b) Das ist grundsätzlich richtig. Aber etwas sprachlich verstehen zu können, heißt noch lange nicht, sie auch einordnen zu können. Und wenn ich Sie, den VPA und viele Antwortende richtig verstanden habe, geht es ja genau darum: die Quellen einzuordnen. Dazu sollte Herr Nouripor seine Quelle transparent machen, damit sie nachvollziehbar wird. Sonst hat es für mich den faden Beigeschmack, dass er sich hier eine „Quelle“ zurechbastelt, wie es seinem politischem Bewertungsgusto entspricht.
Ich denke, dass die deutschen Bw-Kräfte im Bereich NG+A sich professionell (also neben fachlicher Expertise auch Beachtung der rechtlichen Bedingungen) verhalten und es gibt keinen umfassenden Beweis, der dagegen spricht. Und wenn, dann soll er geliefert werden. Diffuse Unterstellungen a la`: ‚ja, ja die Geheimen, die haben doch von vornherein was böses im Sinn und entziehen sich jeglicher Kontrolle‘, haben Kindergartennieveau und sollten bitte nicht kolportiert werden, um sich selbst als Eingeweihten zu beweihräuschern.
2.a) Sie schreiben: SPD-Mann Arnold beklagt da eine Grauzone zwischen Bundesnachrichtendienst und militärischem Nachrichtenwesen. …. Das Problem aus Sicht des Parlamentariers: Während solche Aktivitäten des BND der parlamentarischen Kontrolle unterliegen (wenn auch in einem geheim tagenden Gremium), gebe es für solche nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Streitkräfte keinerlei Überwachung durch den Bundestag.
2,b) Hier scheint Herr Arnold seine Geschäftsordnung und auch nicht das Gesetz zu kennen. Er kann jede Soldatin/ jeden Soldaten zu jeder Tages und Nachtzeit in den BT vor den VPA einbestellen lassen, wenn dieser VPA es verfügt. Er persönlich hat sogar das Recht hinzufahren und die Person zu befragen. Wäre ich ein Claquer würde ich bellen: Ja, hat er wohl Angst nach AFG zu fliegen…und überhaupt: seit wann sitzen im eher karrierehinderlichen, wie WIR hier alle wissen, VPA die besten und cleversten Leute…ich möchte aber keiner sein, darum versuche ich es sachlich: Die parlamentarische Kontrolle über die Exekutive ist klar und transparent geregelt. Innerhalb dieser Regelungen gibt es handfeste Mittel. Nur muss man sie eben anwenden, sich informieren wollen und können. Ich sehe da keine Grauzone.
3.a) Sie schreiben: „Für den S2/G2/J2, also das Führungsgrundgebiet militärisches Nachrichtenwesen, wird das dann vielleicht ein bisschen ungemütlich.“
3.b) Ich antworte: Mit Verlaub und allem Verständnis dafür, dass man ja interessant schreiben will und muss. Aber die Wortwahl ist deplatziert. Wenn Sie Soldaten kennen, die den Primat der Politik nicht akzeptieren, die nicht reinen Gewissens vor Gremien des Parlaments treten können, um für ihre Handlungen einzutreten, dann benennen Sie diese, oder bitte aber unterlassen Sie derartige Diffusitäten. Das ist unredlich und einer Debatte unwürdig. Insofern ich meine, dass das Personal, welches im BBereich NG+A eingesetzt ist, selbstverständlich Rede und Antwort stehen könnte/ würde und für ihre Empfehlungen an den jeweiligen Kommandeur/ KG/ Befehlshaber einstehen könnte/ würde.
Ihr Satz impliziert darüber hinaus, dass da was nicht rechtskonform umgesetzt würde. Beweise? Wenn es keine gibt, dann wird das auch für niemaden „ungemütlich“-und die regelmäßige Dienstreise nach Berlin zum BT? So schlecht ist die Unterbringung und die Kost dort nun auch wieder nicht, als dass man sie als „ungemütlich“ bezeichnen müsste.
@ Paul Schäfer:
1.a) Sie schreiben: Aber meine Partei wird ja auch nicht von einer FDJ-Propagandasekretärin geführt.
1.b) Ich antworte: Das ist für jemanden der nie in der ehemaligen DDR lebte und der folgendes von sich schreibt:
„In den achtziger Jahren begann für mich die Rückbesinnung auf die emanzipatorischen, humanistischen und demokratischen Grundlagen des Sozialismus – nicht zuletzt unter dem Eindruck der Friedens-, Ökologie- und Frauenbewegung, aber auch intensiver Debatten in den eigenen Reihen. Als sich abzeichnete, dass die Bemühungen um eine Erneuerung der DKP scheitern würden, trat ich 1988 aus dieser Partei aus.“
Quelle: http://www.paulschaefer.info/ueber_mich/biographie/
sehr gelassen ausgesprochen. Denn ersterer Satz ist zu analysieren mit: Sie waren nicht immer demokratischer Sozialist. Sollten Sie das anders sehen, müssten Sie es bitte umformulieren, meine ich. Dazu sollten Sie bitte nicht vergessen zu erwähnen, dass die Masse der DKP-Arbeit von der ehemaligen DDR-Führung bezahlt wurde und auch Teile der deutschen Friedensbewegung eher zweifelhafte Geld- und Ideenquellen mit Absender Ostberlin hatte. Ich werfe Ihnen das nicht vor. Menschen entwickeln sich. Es wäre nur schön, wenn Sie dies dann auch dem Gegenüber, hier der Kanzlerin, zugestehen würden.
2 a) Sie schreiben: „Dabei geht es aber nicht um die Armee, sondern um den Auftrag, und über den muß man politisch streiten können.“
2.b) Das ist richtig. Und auch richtig ist es zu bemerken, dass es von Ihnen sehr gut ist, sich hier einzumischen. Ebenfalls richtig ist, dass wir zum politischen Streit auch die LINKE als Partei benötigen, sprich: sie ihr Mandat ernst nimmt. Ferner ist es aber auch richtig, dass man von einer Bundesvorsitzenden einer Partei, die im BT sitzt und die selbst MdB ist , und mir bisher als veritable Wissenschaftlerin und danach integre Politikerin im Gedächtnis war, zu fordern, dass sie sich von Aufrufen zu Straftaten (hier: Gewalt gegen Sachen) auf Podiumsdiskussionen distanziert und die Integrität der Gefallenen insofern respektiert, als dass sie klar macht, dass diverse AKtionen von Mitgliedern der Partei DIE LINKE nicht der Umgang mit den Toten sein kann, die von niemand geringeres als dem Parlament in eben diesen geschickt wurden-um es mal pathetisch auszudrücken, was Sie bitte an dieser Stelle zulassen mögen.
3.a) Sie schreiben: „Über die Einsätze und Vorgaben kann man streiten, aber wenn sie einmal beschlossen sind, möge sich die Exekutive doch bitte gnädigerweise daran halten.“
3.b) Schade, dass Sie vergessen zu erwähnen, dass sich das Parlament dann bitte auch endlich zu dieser Verantwortung bekennt-ich denke, Sie sehen das auch so, nur schreiben Sie es bitte auch. Danke.
Wenn also einmal beschlossen, dann möge sich die Exekutive dran halten. Ganz klar, sie muss. Doch merken Sie hier die semantische Brisanz? Einmal beschlossen=dran halten! Warum stehen Sie als DIE LINKE, im Dt BT zumindest, dann nicht hinter der Exekutive, wenn diese für ihre Tätigkeit, vom Parlament übernommen, ihr Leben lassen? Mit Verlaub, das ist keine Trivialität und auch weit mehr als eine Charakter- oder Stilfrage. Davon unberührt bleibt ferner, dass Sie selbstverständlich Ihre Ideen artikulieren und Mehrheiten versuchen sollen/ können zu organisieren und Ihre Kontrollaufgaben wahrnehmen sollen/ können.
Sie kommen also zu dem Ergebnis, dass sich die Exekutive im Falle der Anordnung eines Bombenabwurfs in der Nähe Kunduz` nicht daran gehalten hätte. Es überrascht Sie sicher wenig, wenn ich Ihnen mitteile, dass ich zum genauen Gegenteil als Urteil komme. In der Tat fehlt für ausführliche Rechtsgutachten hier der Platz -mir darüber hinaus die Informationsdichte, um ein solches sachgerecht abliefern zu können, insofer Sie mein „Urteil“ gern als „Geschmacksurteil“ abqualifizieren können- und ich werde Ihre Unterlagen, so wie Sie es anboten anfordern und lesen.
Nun ist keine Anklage gegen den Oberst i.G. -mittlerweile ja wieder mit Zusatz- Klein erhoben worden. Für Sie Veranlassung von einem Fehler zu sprechen. Ich meine, wenn Sie als DIE LINKE sich mit Ihrem Rechtsgutachten nicht so in Position bringen konnten, dass auf Grundlage dieser eine Anklage erhoben wurde/ wird, dann ist es unbenommen weiterhin von einer eigenen differenten Rechtsauffassung zu sprechen, aber nicht von Rechtsbeugung. Darum: Haben Sie veritable BEWEISE, die das Gericht ausdrücklich nicht anerkannte, weil Sie von Ihnen als Partei bzw. Fraktion im Dt BT DIE LINKE eingebracht wurden?
4.a) Sie zitieren: Ich verweise auf Artikel 57, Absatz 2c ZPI:
4.b) Gut, dass Sie darauf zu sprechen kommen. Der Pilot hat sich an Hand öffentlicher Quellen nachweislich offen gezeigt beim Anflug. Dass er eine „Show-of-Forces- Attacke“ hätte fliegen müssen, ist Erfindung der Partei DIE LINKEN bzw. Ihre Frage des persönlichen Geschmacks, aber nicht Vöklkerrecht bzw. Artikel 57, Absatz 2c ZPI. Letzteres wissen Sie, wenn nicht einmal bei den Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion nachfragen, die Gerichtsanstrengungen der Palästinenser gegen die IDF anstrengen helfen. D.h., nein, das wissen Sie selbst.
Anmerkungen: Wenn Sie als ungedienter Parlamentarier nicht verstehen bzw. wissen, dass ein US-Pilot nie einen Angriff beginnt, ohne sich dafür in der eigenen US-Befehls- und Kommandostruktur green light zu holen und dass dem US-Piloten enge rechtliche Grenzen in seinen field manuals der US-AF für den Einsatz seines Waffensystems gesetzt sind, dann macht Ihnen niemand einen Vorwurf. Dass Sie dann aber versuchen als Wahrheit zu verkaufen, Oberst i.G. Klein hätte alleinig entschieden, lässt blicken wie wenig Sie davon verstehen, worüber Sie und Ihre Kollegen/-innen im Parlament abstimmen. Auch das wäre als logisch verzeihbar.
Wenn Sie sich aber dennoch zu einem WERTurteil aufschwingen, dann wird es bitter. Insbesondere Sie auch einen Gen a.D. der US-SK heranziehen, der aufgrund seiner Illoyalität gegenüber dem Primat der Politik vom Präsidenten der USA in den Ruhestand versetzt wurde, nachdem er ihn den selbigen beantragen ließ.
Jan van Aken, den Sie kennen dürften, gab am 20.01.2010 über eben jenen Mann folgendes zu Protokoll: „Wer McChrystal folgt und den Einsatz bis 2015 fortführen will wie SPD-Fraktionschef Steinmeier eskaliert den Krieg und verhindert den Weg zum Frieden.“ -Quelle: http://www.linksfraktion.de/pressemitteilungen/nein-mcchrystals-eskalationsstrategie/ – Mal davon abgesehen, wei man zu dieser Aussage stehen kann: Halten Sie das für die Art und Weise einer Beschreibung wie integre Leumundszeugen, die man wohlfeil zitiert, beschrieben werden?
5. Ich hoffe, dass Sie und DIE LINKE mit gleichem Verve die Afghanen gegen die „Invasion“ und „Besetzung“ durch ausländische Truppenteile der Kräfte, die immer gern als Taliban oder „Aufständische“ subsumiert werden, unterstützen.
Weiters hoffe ich inständig, dass Sie sich für Entschädigungen der Familien der im Vorfeld getöteten Lastwagenfahrer, die die Spritlaster vor Übernahme, durch die bei Kunduz seinerzeit bekämpften Kräfte, besaßen und fuhren, einsetzen-passenderweise zu zahlen durch die politisch Verantwortlichen auf der Seite der „Laster übernehmenden“ Seite.
Ich hoffe das nicht, um abzulenken. Nein, ich hoffe das, um Ihren Worten: Ihnen geht es um Rechtsfrieden nicht um ein politisches Ränkespiel bzw. um eine politische Farce, mehr Glauben schenken zu können. Sollten da Sprachprobleme als bisheriger Hinderungsgrund ausgemacht werden: Herrn Nouripor mitnehmen, er spricht Dari.
@Elhanan,
in der Verfahrenseinstellung der Generalbundesanwaltschaft vom 16.04.10 wird auf Seite 68 festgestellt:
„In der öffentlichen Diskussion ist eine Reihe von mutmaßlichen
Verstößen des Oberst Klein gegen innerdienstliche Vorgaben, insbesondere
gegen einzelne Einsatzregeln (Rules of Engagement –
RoE) der ISAF, erörtert worden. [die fraglichen VS-eingestuften
Punkte werden aufgezählt]
Bei den Einsatzregeln der ISAF, wie auch bei Dienstvorschriften
der Bundeswehr, handelt es sich um reines Innenrecht, dem keine
Rechtswirkung nach außen zukommt (vgl. Frister/Korte/Kreß
a.a.O. S. 16 m.w.N.). Bei den Rules of Engagement wird dies nicht
zuletzt dadurch deutlich, dass diese nicht veröffentlicht werden,
sondern der Geheimhaltung unterliegen (vgl. Frister/Korte/Kreß
a.a.O.). Auch soweit dienstlichen Vorschriften Befehlscharakter
zukommt (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen
BVerwG NVwZ 2007, 475 m.w.N.), hat dies nur binnenrechtliche
Bedeutung. Die – hier als Rechtfertigungsgrund erhebliche – Zulässigkeit
militärischen Verhaltens ist aber nach dem geltenden Völkerrecht,
nicht nach dem jeweiligen Binnenrecht der Konfliktparteien
zu beurteilen.“
Aus diesem Sachverhalt ergibt sich auch die Antwort auf ihre unzutreffende Annahme, die Einstufung des Konfliktes als „nicht-internationalenbewaffneten Konflikt“ könne nicht rückwirkend auf den Fall Kundus angewendet werden. Entscheidend ist die Konfliktlage selbst.
@Paul Schäfer,
Ja spreche ich, genauso spreche ich ihnen ab mir zu erklären wie man ein Flugzeug fliegt. Das kann ich übrigens auch nicht. Selbst wenn ich mich in alle Fakten einlese, würden sie in mein Flugzeug einsteigen? (Falls sie im Besitz einer Fluglizenz sein sollten, nehmen sie einen beliebigen anderen Beruf.)
Sehr geehrter Herr Schäfer, wenn sie mit mir über die, aus ihrer Sicht politischen Dimension reden, höre ich ihnen gerne und aufmerksam zu.
Jemandem mit jahrzehnterlanger Berufserfahrung zu erklären, dass sei alles nicht richtig gewesen, was er getan hat und das aus den Mündern von Menschen, die in ihrem bisherigen Leben 1. nicht über diese berufliche Laufbahn verfügen und 2. nicht einmal in der Nähe einer Situation wie dieser waren, ist für mich schwer nachzuvollziehen.
Oberst Klein dann auch noch, je nach politischer Willensbekundung, durch die Medien zu schleifen, halte ich für schäbig. Er hat all diese Möglichkeiten nicht.
Jeden Tag entstehen in Afghanistan, also im Krieg, Situationen die als Folge, Tod und Verwundung mit sich bringen oder bringen könnten. Im Prinzip müsten sie durchgehend tagen. Warum ist dieser Fall für das politische Süppchen so schmackhaft? Die gleichen Zutaten finden sie jeden Tag in Afghanistan.
@ Memoria | 17. August 2011 – 13:13 http://augengeradeaus.net/2011/08/bild-todesschutze-von-isa-khel-von-afghanen-freigelassen/comment-page-3/#comment-22677:
Aus dem Link: http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-angriff-in-afghanistan-gegen-regeln-verstossen-1.132777 „Nach den Einsatzregeln wäre die sogenannte Luftnahunterstützung (close air support) gerechtfertigt gewesen, wenn eigene Kräfte Feindberührung gehabt hätten oder unmittelbar von einem Angriff bedroht gewesen wären. Auch hätten die Flugzeuge durch niedrige Überflüge (show of force) zunächst versuchen müssen, die Gegner in die Flucht zu schlagen. Alle drei Erfordernisse waren, so die Informationen der SZ, laut Isaf-Bericht nicht erfüllt.“
Ich meine:
1. Unmittelbarer Fd-Kontakt lag nach dem, was bekannt ist, nicht vor.
2. Der Passus „unmittelbar von einem Angriff bedroht“ ist das, was man klassischerweise als „Gummiparagraphen“ bezeichnet. Das ist er aber nicht. Es ist eindeutig: Angriffsvorbereitungen, Maßnahmen die einen Angriff zu unterstützen fähig sind (und das ist z.B. eben auch das Auftanken seiner „Gefechts-KFZ“), usw. dürfen bekämpft werden. Punkt. Menschen, die das unterstützen dürfen nach den ROE`s bekämpft werden. Punkt. Und bitte: nach dem HVR, das gerne bemüht wird, waren das ALLES Zivilisten. Ein Taliban ist kein Kombattant in seiner Eigenschaft als Taliban. Auf welcher Grundlage denn, das frage ich nun auch Sie?
3. „Niedrige Überflüge“ bzw. Show of Force, um Gegnern die „Flucht zu ermöglichen“. Wo stand das zu diesem Zeitpunkt in den ROE`s? Wo ist abweichend vom HVR definiert, wie die „Show of force“ auszusehen gehabt hätten? Gemäß dem HVR/ den ROE`s sind Gegner solange mit geeigneten Mitteln „bekämpfbar“ bis sie sich glaubhaft ergeben. Das Ergreifen einer Fluchtbewegung ist keine solche glaubhafte Handlungen -und zwar nirgends- , die ein Ergeben glaubhaft impliziert. Zu legitimen Zielen machten sie sich nach Auffassung der Generalbundesanwaltschaft, abgeleitet nun wieder aus den ROE`s- in dem sie Angriffsbemühungen unterstützten. Ich habe keine, geschweige denn ausreichende, NG+A Ergebnisse hier vor mir liegen -Sie? MdB Paul Schäfer? Die SZ?-, aber der Begründung des Obersten i.G. Klein widersprach die Generalbundesanwaltschaft ganz offensichtlich nicht.
Allgemein zum Begriff „Show of Force“: Übersetzt heißt das ja : Zeigen der Streitkräfte, oder es wird auch mit „Zeigen der Kraft“ übersetzt.
Dazu sei bemerkt, dass dieser Begriff -und hier sind wir wieder bei „Sprache“- mehreres bedeuten kann, u.a.:
a) Eine Militärtaktik.
b) mag man ihn als Begriff des Völkerrechts ansehen, dann komme ich lediglich zu folgendem Fazit: Man muss sich als Angehöriger einer Kriegspartei offen als solcher zu „erkennen“ geben. Das haben die ROE`s für AFG übernommen, was logisch erscheint. Mit offen zeigen ist aber nicht gemeint, dass man sich nicht verdeckt annähern darf oder ähnliches, um den Fd zu überraschen. Das wissen Sie. Eine weiterreichende Bedeutung hat der Begriff höchstens in der politischen Bewertung.
Nun bezieht sich der SZ – Artikel auf die getöteten Zivilisten. Und hier ist es ja in der Tat so, dass Kampfhandlungen so zu planen und gestalten sind, dass „Unbeteiligte“, ergo: Unschuldige, geschont werden. So zu finden in den ROE`s.
Der „ultrageheime“ ISAF-Bericht kommt, so steht es zumindest dort im Link, zum Schluss, dass die Maßnahmen, wie sie die ROE`s aus dem HVR ableiten, nicht ausreichen, um die Unschuldigen/ Unbeteiligten ausreichend zu schützen. Daraus aber wie die SZ zu schließen, dass der Oberst i.G. Klein gegen Recht verstoßen habe, ist aber meiner Meinung nach fachlich und sachlich wenig stichhaltig, noch dazu im Vorsatz steht: „Kenner des Berichts ergänzten, der Text enthalte keine Bewertungen, sondern sei „sehr deskriptiv gefasst“. Im übrigen folgte dieser Argumentation der SZ auch die Generalbundesanwaltschaft nicht, wie Sie deren Bericht entnehmen können.
3. Es wäre also nachzuweisen, dass der Pilot einem Befehl des dt Obersten folgte , der in der vollen Absicht gegeben wurde bewusst gegen die ROE`s zu verstoßen, zumindest aber diese außer Acht zu lassen; ein Befehl also, der auch nach US-Recht unrechtmäßig wäre und mit Ausführungsverbot belegt ist.
Dies gelang/ gelingt aber nicht, also keine Anklage erhoben wurde. Die Generalbundesanwaltschaft konstatiert: Selbst wenn „mit der Tötung mehrerer Dutzend geschützter Zivilisten hätte gerechnet werden müssen“ [Anmerkung von mir: -also nicht einmal das konnte final und rechtsverbindlich festgestellt werden, ob es sich um „schützenswerte Zivilisten“ handelte!-], führen die Juristen „hilfsweise“ an, hätte dies „bei taktisch-militärischer Betrachtung nicht außerhalb jeden Verhältnisses zu den erwarteten militärischen Vorteilen gestanden“. Sowohl „die Vernichtung der Tanklastzüge als auch die Ausschaltung ranghoher Taliban“ hätte eine „nicht zu unterschätzende militärische Bedeutung“ gehabt, ein völkerrechtswidriger „Exzess“ Kleins scheide somit aus. siehe: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,druck-698922,00.html
Um eines gleich abzubiegen: Ich bedaure den Tod eines jeden Menschen. Dem Vorwurf: ja da sind ja auch Frauen und Kinder umgekommen!, begegne ich auch gleich: Offensichtlich nach Feststellung bzw. Rechtsauffassung der Generalbundesanwaltschaft nicht unrechtmäßig. Zynisch, hartherzig? Ja bitte schön, was soll es denn sonst sein diese Situation, in die die Dt Soldaten vom Dt BT da hineingestellt wurden? Außerdem sind Emotionen jeglicher Art bei solch einer Betrachtung ein „Friedensluxus“, den wir uns hier in Dt leisten können-die Frauen und Männer, die in AFG ihr höchstes Gut tagtäglich in die Waagschale werfen müssen, können ihn sich nicht leisten. Ich weigere mich, meine Emotionen, die ich beim Erfahren einer Todesnachricht eines Afghanen/ einer Afghanin selbstverständlich habe -zumindest Mitgefühl für die Angehörigen nämlich- in eine sachliche Betrachtung einfließen zu lassen. Das ist ABER lediglich MEINE Meinung.
4. Eines verdeutlichte uns dieses Geschehen auch: Wir müssen und sollen uns politisch streiten in diesem Land. Aber wir müssen uns auch einmal im Klaren darüber werden, ob wir staatliche Exekutivorgane wie die Generalbundesanwaltschaft weiterhin länger derart deshavouieren wollen, wie wir das während der Diskussion in Deutschland taten, in dem wir sie wie Frischlinge von der Uni bzw. gar wie Frisöre darstell(t)en.
Amnesty International, andere NGO`s, die politische Opposition im Dt BT, tlw. die dt Medien kommen zu anderen „Urteilen“. Nun gut, das ist ihnen unbenommen, wenn wir uns auf den Begriff „andere Auffassungen“ einigen können. Doch sprechen diese Recht in Deutschland, oder sollen diese gar Recht sprechen, wollen wir, dass deren Auffassungen verbindlich als Recht angesehen werden? Das möchte ich Sie einmal fragen.
Und noch etwas: Wenn jemand Kenntnisse hat, die der Generalbundesanwaltschaft offensichtlich nicht vorlagen, dann soll er diese auf den Tisch packen. Ein Gutachten, ein Papier mit dem berühmten „legt nahe“, ein Zeitungsartikel mit „könnte sein“ ist ein Muster ohne Wert-eine dt StA erhebt Anklage an ihrer Faktenlage, ein Verteidiger verteidigt mit seinen Argumenten und ein dt Richter wiegt ab und spricht das Recht. Dabei bleibt es hoffentlich.
Übrigens kann man sich politisch dennoch anders positionieren als die Mehrheit im Dt BT es zuletzt bzgl. des AFG-Einsatzes tat: Man könnte z.B. sagen: Wir respektieren die Auffassung der Generalbundesanwaltschaft. Wir sind aber der Meinung, dass wir solche Vorfälle nicht wollen. Deshalb ist es Bestandteil unseres politischen Handelns, die Bw aus AFG abziehen zu lassen. Wie wäre das?
@sachlicher:
Vielen Dank für ihre Antwort nach meinem Verständnis bewerten wir die Vorgänge gar nicht so unterschiedlich. Auch ich bin der Meinung, dass der Afghanistan-Krieg nicht mit strafrechtlichen Maßstäben zu bewerten ist. Mein anliegen ist es lediglich daraufhinzuweisen, dass ein Handeln gem. HVR noch nicht gleichzusetzen ist mit einem völlig regelkonformen Vorgehen.
Aus meiner Sicht lassen sich 4 Ebenen unterscheiden:
1. Hum. Völkerrecht
2. Strafrecht
3. Wehrrecht
4. Weisungen u Befehle
Der Generalbundesanwalt hat nach meinem Verständnis nur ersteres bewertet.
Der Teilbereich 4 umfasst neben den ROE auch weitere Weisungen, die auch für die deutschen Anteile bindend sind. Hierzu zählt die tactical directive und weitere Bestimmungen u.a. zur Durchführung von CAS und Show oft force.
Somit ist für die Bewertung des Sachverhaltes der Verwies auf die Bundesanwaltschaft unzureichend, da diese qua Amt nicht alle Aspekte untersucht.
Nachtrag:
Gegner werden gem. ISAF-ROE positiv identifiziert. Durch diese Identifikation (u.a. Tragen von rpg, Verbringen von IED) haben diese Personen Kombattanten-ähnlichen Status. Näheres hierzu findet sich auch für in einem völlig Papier des IKRK zu „active participation“.
Hierbei bleiben jedoch die Auflagen zur Vermeidung von CIVCAS gültig.