MineWolf ab Oktober im Afghanistan-Einsatz
Der tödliche Anschlag in Baghlan am Himmelfahrtstag war natürlich ein wesentliches Thema der heutigen Bundespressekonferenz – zur Dokumentation die Ausführungen von Regierungssprecher Steffen Seibert und dem stellvertretenden Sprecher des Verteidigungsministeriums, Kapitän zur See Christan Dienst:
(Über das von Dienst erwähnte System zum Aufspüren/Entschärfen von Sprengfallen hatte ich ich im Dezember vergangenen Jahres berichtet.)
STS SEIBERT: Guten Tag, meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, hat es wieder einen Anschlag auf unsere Truppe in Afghanistan gegeben. Es gibt also wieder einen Grund, um einen jungen Soldaten zu trauern, der in dieses Land gegangen ist, um diesem Land und seinen Menschen zu helfen. Die Bundeskanzlerin ist tief traurig über die Nachricht vom Tod des 23-jährigen Oberstabsgefreiten und von den zum Teil schweren Verletzungen von fünf seiner Kameraden. Sie denkt in diesen Stunden in Mitgefühl an die Angehörigen und Freunde der Opfer dieses Anschlags. Sie schickt den Verletzten ihre herzlichen Genesungswünsche verbunden mit der Hoffnung, dass sie das Erlittene und Erlebte bald hinter sich bringen.
So bestürzend dieser neue Anschlag ist, so bitter insgesamt die letzte Woche für die Bundeswehr in Afghanistan war: Die Terroristen dürfen ihr Ziel nicht erreichen. Sie dürfen ihr Ziel nicht erreichen, den Weg zu Frieden und Stabilität im Land zu blockieren. Die Bundesregierung hält deshalb an ihrem Plan fest, an dem international abgestimmten Plan einer schrittweisen Übergabe der Verantwortung. Wir werden weiterhin alles tun, um unsere afghanischen Partner bei der Übernahme dieser Verantwortung zu unterstützen. Wir werden weiterhin alles tun, um das Mandat der Vereinten Nationen zusammen mit unseren Partnern aus vielen Ländern und zusammen mit den afghanischen Kräften umzusetzen.
(…)
FRAGE (zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan): Herr Seibert und/oder Herr Dienst, der Wehrbeauftragte hat ja erneut darauf hingewiesen, dass den Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz, speziell in Afghanistan, offenbar ein geschützter Fuhrpark fehlt, wie ihn etwa die Amerikaner haben. Wann hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, dass es Fahrzeuge gibt, die offenbar einer größeren Bombendetonation standhalten als die deutschen? Wann wird umgerüstet, so wie es der Wehrbeauftragte erbeten, verlangt oder gefordert hat?
DIENST: Das ist ein Thema, bei dem die Begriffe sehr leicht durcheinander geraten und damit die Durchschaubarkeit für den Laien sehr stark getrübt ist – um einmal so hochtrabend zu beginnen.
Punkt 1 ist: Der Wehrbeauftragte hat sicherlich nicht gesagt, dass geschützte Fahrzeuge fehlen. Ich habe ihn heute Morgen selbst gehört. Er hat im „Morgenmagazin“ gesagt, hinsichtlich der Schutzwirkungen wäre auch jedes andere Fahrzeug dieser Bombe aufgrund ihrer Größe erlegen. Von daher kann es nicht um noch besser geschützte Fahrzeuge gehen, sondern es geht grundsätzlich darum, nur noch mit geschützten Fahrzeugen im Einsatzland unterwegs zu sein. Aber in diesem Bereich sind wir inzwischen sehr gut geworden; wir sind wesentlich besser als noch vor zwei Jahren. Der ehemalige Minister zu Guttenberg hat sich in dieser Hinsicht im Hause und auch gerade bei den Soldaten hohe Anerkennung verdient; denn die Frage der Ausrüstung ist in seiner Zeit auf Ministerebene „angepackt“ worden, wie man so schön sagt. Es ist eine sogenannte Ad-hoc-Arbeitsgruppe eingerichtet worden, die genau diesem Thema nachgegangen ist, die ganze Ministerialbürokratie in gewisser Weise überholt hat, um dann beschleunigt für die benötigte Ausrüstung zu sorgen.
In der Tat muss man zugestehen, dass in der Vorvergangenheit gewissen Themen mit Blick auf die Ausrüstung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden ist und man die Bürokratie hat walten lassen. Aber was das Thema der sogenannten Route-Clearance-Fähigkeit also die Fähigkeit, die man braucht, um Minen und Bomben, die im Straßensaum oder auf der Straße vergraben worden sind, zu entdecken und zu räumen anbelangt, so ist diese Lücke bereits 2009 erkannt worden. Man hat dann geprüft, welche Systeme es gibt, damit man nicht wie bisher auch heute wird das zum Teil noch gemacht unter dem Einsatz von Individuen mit der sogenannten Minenspürnadel bzw. irgendwelchen handgehaltenen Scannern auf die Suche gehen und dann mit den sogenannten EOD-Teams Explosive Ordnance Disposal diese Bomben räumen muss – ähnlich wie eine Bombe geräumt wird, die zum Beispiel irgendwo in Berlin gefunden wird.
Es trifft zu, dass die Amerikaner ein entsprechendes System haben. 2009 ist dieses System begutachtet und aus verschiedenen Aspekten für die Bundeswehr nicht für einführbar befunden worden. Hier geht es auch wieder um die Sicherheit des in diesem System eingesetzten Personals – ich will hier nicht tiefer in die Details einsteigen, da das auf der anderen Seite natürlich auch Sicherheitsaspekte betrifft.
Fakt ist: Diese Fähigkeitslücke ist, wie gesagt, schon 2009 erkannt worden. Wir befinden uns zurzeit in dem Prozess, dort zu einer Lösung zu kommen. In einem ersten Schritt ist mit der Realisierung von sieben fernbedienbaren Detektions- und Räumsystemen zum Einsatz auf Straßen und Wegen begonnen worden. Das heißt, die Systeme bestehen zum einen aus einem unbemannten Detektorfahrzeug zum Aufspüren und Aufklären von Sprengsätzen. Für Fachleute: Man rüstet den Wiesel, diesen kleinen Panzer, in den fernbedienbaren Modus um und stattet ihn mit einem Bodendurchdringungsradar und einem Metalldetektor aus. Dann gibt es ein unbemanntes Manipulatorfahrzeug, den sogenannten Mini MineWolf. Das können Sie sich wie eine größere Fräse vorstellen, die in der Lage ist, die gefundenen Sprengsätze durch Graben oder Fräsen unschädlich zu machen. Schließlich gibt es ein Führungsfahrzeug, von dem aus die Bedienbesatzung diese Fahrzeuge in einem geschützten Raum bedienen kann, auf der Basis des Transportpanzers Fuchs.
Die Ausbildung an dem Mini MineWolf, also dem Räumgerät, wird vermutlich bis Sommer dieses Jahres abgeschlossen sein. Abschließend wird das Fahrzeug in den Einsatz verlegt. Wir planen, dass dieses Fahrzeug ab Oktober im Einsatz ist und wir dann gefundene Minen bzw. Bomben räumen können. Die Detektionsradare auf Basis des kleinen Panzers Wiesel werden Anfang 2012 in den Einsatz folgen. In einem zweiten Schritt, ab 2013, wird das System Fuchs KAI um das technische Fachseminar abzurunden: das ist ein Kampfmittelaufklärungs- und identifizierungssystem zum Einsatz abseits der Straßen eingeführt, mit dem man Sprengfallen im freien Gelände, hinter Mauern usw. detektieren und räumen kann. Das rundet – länglich elaboriert – den Prozess ab.
Es ist also nicht so, dass nichts getan worden ist. Ich selbst kann nur den Wehrbeauftragten von heute Morgen zitieren dieses Bild bemühe ich selbst gerne : Es gibt eben für solche Spezialausrüstungen keine Discounter an der Ecke, in die man reingehen und sagen könnte: Ich hätte das und das gerne. – Wenn man so etwas erst entwickeln muss, ist eben ein gewisser Vorlauf nötig.
Noch einmal: Mit dem amerikanischen System arbeiten wir im Einsatz. Die Amerikaner bedienen es auch in den kombinierten Einsätzen deutsch-amerikanischer Art in dem Gebiet um den OP North. Über die Verfügbarkeit und dazu, warum das in diesem Fall nicht der Fall gewesen ist, werden wir hier keine Ausführungen machen. Das hat alles seine Gründe, aber irgendwo ist dann auch der Bericht gegenüber der Öffentlichkeit gegenüber den Konsequenzen im Einsatzland direkt abzuwägen.
ZUSATZFRAGE: Ich würde noch um eine politische Einordnung bitten, Herr Dienst oder Herr Seibert. Ist meine Schlussfolgerung richtig: Weil die Bürokratie bis 2007/2008 falsch gehandelt oder geschlafen hat, sind die deutschen Soldaten im Einsatz unzureichend geschützt gewesen.
Die zweite Frage: Wann sind die Bundeswehrsoldaten im Afghanistan-Einsatz in dem Maße geschützt, wie es möglich wäre und wie die amerikanischen Soldaten heute schon geschützt sind? Das habe ich bei der Auflistung der Daten nicht ganz verstanden. Sind die Bundeswehrsoldaten in 2012 vergleichbar geschützt wie die US-Soldaten schon heute? Wird das im nächsten Jahr so sein? Ist das schon jetzt oder im Oktober dieses Jahres der Fall? Ich bin ein Laie, vielleicht könnten Sie mir das einfach mal erklären: Ab wann haben wir den Schutz, den die US-Soldaten heute schon haben?
DIENST: Die US-Soldaten sind uns, was die verbesserte Entdeckungs- und Räumfähigkeit anbelangt, ungefähr ich sage das einfach einmal aus meiner Einschätzung heraus zwei Jahre voraus. Man hat diese Lücke, wie ich schon sagte, 2009 entdeckt. Der Prozess als solcher ist durch die Bürokratie relativ langsam in Gang gekommen und entsprechend, wie ich das ausgeführt habe, durch Führungsaufmerksamkeit verstärkt worden. Wenn Sie fragen wir sind schon seit zehn Jahren in Afghanistan , warum diese Fähigkeitslücke erst jetzt bemerkt wurde, kann ich nur sagen: Man hat vor 2009 auch vonseiten des Militärs den Bedarf als solchen nicht gesehen, weil man nicht ständig mit vergrabenen Bomben umzugehen hatte. Es war also nicht so ein Thema, wie es heute ein Thema ist bzw. in der zweiten Hälfte des ersten Jahrzehnts ein Thema geworden ist. Irgendwann erkennt man den Bedarf; und dann muss man dafür sorgen, dass der gedeckt wird. Andere haben ihn vielleicht schon eher erkannt, weil sie im Süden Afghanistans schon wesentlich früher und heftiger mit solchen Sachen umzugehen hatten als wir im Norden.
Im Hinblick auf die Beschaffungshistorie ist nicht alles eitel Sonnenschein, aber entnehmen Sie dem bitte, dass im Moment alles getan wird, diesen Missstand so schnell wie möglich abzustellen.
ZUSATZFRAGE: Bliebe nur noch die Antwort auf die Frage, ab wann nach Ihrer bürokratischen Planung für die Bundeswehrsoldaten der heutige US-Standard erreicht ist.
DIENST: Alle Wertungen, die Sie mir in den Mund legen, weise ich zurück. Wir werden voraussichtlich im Frühjahr nächsten Jahres einen wesentlich besseren Standard haben, als ihn die Amerikaner heute haben.
FRAGE: Herr Dienst, das hat nicht unmittelbar mit dem Angriff von gestern zu tun, aber mit dem Thema, wie genau wir wissen, mit wem wir da gepartnert sind. Die Berichte sind da etwas durcheinander gegangen. Könnten Sie noch einmal erklären, warum es bisher nicht möglich war, afghanische Kräfte biometrisch zu erfassen? Es heißt, da habe es bürokratische Hemmnisse, Datenschutzbedenken gegeben. Vielleicht können Sie da Klarheit schaffen.
DIENST: In dem Prozess geht es darum, biometrische Daten von afghanischen Kräften, die in Diensten der Deutschen arbeiten – das sind die sogenannten Locals , zu erfassen, soweit sie im Feldlager arbeiten. Welche Daten darüber hinaus noch zu erfassen wären, ist Bestandteil der Diskussion. Bestimmte Milizen werden in diesem System erfasst. Das System haben die Amerikaner für die Belange von ISAF eingeführt. Sie haben uns gebeten, auch daran teilzunehmen. Wir brauchen die Teilnahme an diesem System auch, wie der Minister das in der jüngsten Vergangenheit mehrfach ausgeführt hat. Bisher standen dem durchaus datenschutzrechtliche Bedenken entgegen, die aber ausgeräumt sind. Wir hoffen, dass jede Stunde das entsprechende Memorandum of Understanding mit den Amerikanern gezeichnet werden kann, sodass wir an diesem Prozess teilhaben können.
Wenn Sie die Bürokratie ansprechen das ist ja das Unwort des Tages, durchaus auch zu Recht , dann muss man sagen: Es ist ein Unterschied, ob man in Deutschland Abgassonderuntersuchungen macht um auf dieses berühmte Beispiel abzuheben oder ob man Abgassonderuntersuchungen in der Wüste von Afghanistan für die deutschen Fahrzeuge verlangt. Ähnlich ist es mit den Datenschutzbestimmungen. Datenschutzbestimmungen in Deutschland aufrechtzuerhalten, ist das eine, sie gegen die Notwendigkeiten im Einsatzgebiet zu spiegeln, das andere.
ZUSATZFRAGE: Wer hatte diese Bedenken, und seit wann zieht sich das schon hin? Wann war erstmals davon die Rede, so etwas einzuführen?
DIENST: Zur genauen Historie seit wann der Prozess läuft und wer wann wo welche Bedenken geäußert hat kann ich Ihnen nichts sagen. Fakt ist: Minister de Maizière hat von diesem geplanten Memorandum of Understanding praktisch zur Übernahme der Dienstgeschäfte erfahren und die Weisung gegeben, dass dieses möglichst zeitnah und zügig umzusetzen ist.
Wie gesagt: Wir hoffen, dass es jede Stunde mit den Amerikanern gezeichnet wird und dann entsprechend umgesetzt werden kann.
FRAGE: Herr Dienst, ich würde Sie angesichts der relativen Häufung der Todesfälle um eine Lageeinschätzung bitten. Was ist im Moment los? Ist die Aktivität der Aufständischen im Moment besonders hoch, oder ist es eine Zufälligkeit, dass das jetzt alles in eine Woche fällt? Sind mehr Aufständische aktiv? Kann man irgendetwas über diese Lage sagen?
Meine zweite Frage ist: So einen Schützenpanzer Marder sprengt man ja wahrscheinlich nicht so ohne Weiteres in die Luft. Was kann man über diesen Sprengsatz sagen? Hat es vergleichbare Sprengsätze dieser Stärke schon gegeben? Hat man die vorher schon gefunden, oder ist das eine neue Qualität?
DIENST: Ich muss mich hier oft wiederholen, und meine Ausführungen sind in meinen Augen auch fast zu lang für die Bundespressekonferenz; sicherlich langweilen sie viele Kollegen. Aber wir tun das hier eben, weil wir Ihnen zeigen wollen, dass wir wirklich nichts zu verbergen haben, sondern die Lage, soweit wir sie geben können, auch geben.
Ich hatte letzte Woche gesagt, als es einen Anschlag nordwestlich von Kundus gab, dass das in der laufenden Operationsführung begründet ist, dass das die Gebiete sind, in denen wir aktuell gegen die Aufständischen operieren, weil wir dort in der Phase „Clear“ sind, also diese Gebiete von Aufständischen räumen. Das ist in einem bestimmten Gebiet gewesen. Der Anschlag in Talokan war wieder etwas ganz anderes. Und der Anschlag gestern war auch wieder etwas ganz anderes, weil er im Gebiet Baglan Nord stattgefunden hat. Für Eingeweihte: Das ist alles, was sich um den berühmten OP North abspielt. Das sind getrennte Operationsgebiete. Diese Dinge, die auf dem Gefechtsfeld passieren, gehören zu dem kriegsähnlichen Geschehen leider dazu.
Sicherlich kann man von einer zeitlichen Häufung sprechen. Wir sind schwer betroffen. Aber es ist nicht so, dass eine massive Attacke zugrunde liegt, die sich ausschließlich auf die Deutschen konzentriert. Gerade bei solchen IED-Anschlägen und dem entsprechenden Erfolg wenn man das seitens der gegnerischen Seite betrachtet gibt es dann auch einmal den berühmten Zufall, der dem anderen in die Hände spielt. Beim nächsten Mal wird das IED gefunden und vorher entschärft, so wie es auch in diesem Fall war. Man hat in diesem Gebiet gestern vorher ein IED aufgespürt und entschärft; aber das zweite IED war eben eins zu viel.
ZUSATZFRAGE: Ich habe noch nach der Stärke und der Qualität dieses Sprengsatzes gefragt.
DIENST: Mir liegt dazu noch keine Auswertung vor, aber die Tatsache allein, dass ein extra aufgerüsteter Schützenpanzer derartig zerstört werden konnte, zeigt – das meinte ja auch der Wehrbeauftragte , dass es eine gewaltige Sprengladung war, gegen die Schutz jedweder Art letztendlich nicht geholfen hätte. In Kilotonnen kann ich das nicht beziffern, da überfordern Sie mich im Moment.
FRAGE: Herr Dienst, liegen der Bundeswehr oder dem Verteidigungsministerium Berichte aus Afghanistan seitens der Bundeswehr vor mit dem Inhalt, dass bedauert wird, dass sich die afghanischen Truppen bei der Operation „Clear“ zu schnell in ihre geschützten Kasernenbereiche zurückziehen und sich zu lange dort aufhalten?
DIENST: Nehmen Sie es mir nicht übel, dass ich leicht lächele. Auch das habe ich letzte Woche schon länglich ausgeführt im Zusammenhang mit dem berühmten Beitrag aus dem „ZDF heute journal“. Insofern würde ich Sie bitten, das im Protokoll nachzulesen.
ZUSATZFRAGE: Also gibt es keine Berichte seitens der Bundeswehr aus Afghanistan, dass sich die afghanischen Truppen zu passiv verhalten?
DIENST: Sie können mich jetzt nicht locken. Lesen Sie das Protokoll. Ich glaube, es war letzten Mittwoch, als ich auf diese Frage und das „heute journal“ eingegangen bin. Es hat alles seine Gründe, aber ich will das hier, um die Kollegen nicht zu langweilen, nicht noch einmal eins zu eins ausführen, es sei denn, alle sind der Meinung, dass ich das gerne möchte, dann tue ich es.
Herr Dienst hat soweit Recht. Es gibt keinen allumfassenden Schutz und auch die RCP’s sind kein Allheilmittel. Zudem kommt man damit nur extrem langsam vorran und auch dagegen gibt es Taktiken…
Wir müssen und abschminken, dass man gegen alles und jedes etwas wirksames tuen kann. Es wird immer ein Risiko geben, was trotz der vielen Vorfälle unumgänglich und nicht vermeidbar ist.
Momentan ist hier zwar mehr los und jeder einzelne Fall ist Scheixxx, aber trotzdem passiert im Vergleich zu 10.000.000 Einwohnen und knapp 20.000 Combined Team Kräften sehr wenig.
Wir sind einen weiten Weg gegangen und im Vergleich zu den letzten Jahren sehr erfolgreich. Es ist auch noch ein weiter Weg… aber es ist machbar. Meine persönliche Einschätzung.
Es ist nur leider traurige Wahrheit, dass viel zu oft deutsche Bürokratie (u.a. TÜV etc.) einer besseren Ausstattung der Soldaten im Einsatzgebiet im Wege steht. Wenigstens gibt die BW-Fhrg das mittlerweile zu. Aber trotzdem sind 2 Jahre der Prüfung, ob man dieses oder jenes System zur Minenräumung kaufen/entwickeln soll, eindeutig zu lange. So richtig ist mir nicht klar geworden, warum die BW nicht das US System gekauft hat. Nur wegen des schlechten Schutzes??? Komisch nur, dass die Amerikaner dies trotzdem nutzen.
Die Sache mit dem Datenschutz finde ich auch sehr interessant. Den gemeinen Talib interessieren unsere Gesetze glaub ich in keiner Weise.
Nach TW Hinweis hier nochmal:
Die beschriebenen RCP’s sind im Einsatz und es wird mehr geben… aber das nun als NEU zu verkaufen, das ist schon ziemlich dick aufgetragen… aber hört sich besser an als nichts und die Presse/Politik verlangt ja immer nach Reaktionen bzw “wie reagiert die Bw jetzt darauf”. Da kann man wohl kaum sagen, gar nicht… wir können diese Vorfälle nicht komplett vermeiden!!
Partnering ist die einzige Lösung und ist sehr effektiv, braucht allerdings auch etwas Zeit um Wirkung zu zeigen. Die Unterschiede der ANSF Qualität im Süden und Norden zeigen deutlich, dass wir unsere Arbeit besser und effektiver machen, allerdings ohne Wunder zu bewirken. Afghanen trauen oder nicht… ganz ehrlich, keine Ahnung wer wem traut oder auch nicht, wir müssen und werden diesen Weg weiter gehen, auch wenn es ein Risiko trägt, ohne das es sowieso nicht geht.
Wir bleiben nun auch nicht im Lager oder führen keine Konferenzen mehr durch.
Ich werde in naher Zukunft wieder an einer teilnehmen. Flaues Gefühl im Magen??? Ja!! Lust darauf??? Nein!!! Und mit Weste und Helm werde ich trotzdem nicht rum rennen, denn dann könnte ich gleich zuhause bleiben.
Wir müssen und werden auf der Schiene Partnering weiter fahren!
Die Debatte TÜV und so weiter sollte an die Politik weiter gegeben werden. Denn wenn wir gegen Gesetze vestoßen, dann packt man uns Vorgesetzte an den Arsxx.
Entweder der Gesetzgeber schafft eine Regelung für den Einsatz, oder es wird weiter ein TÜV Thema geben. Ich setze mich doch nicht einem Gerichtsverfahren aus (es sei denn es hat einen guten Grund), wenn der Gesetzgeber nicht in der Lage ist klare Verhältnisse zu schaffen. Das hat nix mit Rückgrat zu tun… auch Vorgesetzte haben Verantwortung Ihrer Familie gegenüber und wollen nicht entlassen werden….
Da haben sie natürlich recht. Wenn etwas passiert und das Fzg ist nicht korrekt abgenommen worden oder überprüft, dann „hängt“ man denjenigen, der den Einsatz befohlen hat…. Und das sind meist relativ niedrige Vorgesetzte, die eine praktische Lsg bevorzugen und nicht auf eine vollends überprüfte warten wollen oder können.
De Maziere hatte es ja angesprochen: Es gibt zu viele Entscheidungsebenen. Dass kann schon mal leicht dazu führen, dass die Charaktereigenschaft „Entscheidungsfreudigkeit“ des Einzelnen sofern früher mal vorhanden
irgendwann abstirbt. Vor allem vor dem Hintergrund, dass man für eine Karriere, die mal mit B3 aufwärts und nicht schon mit A14 enden soll, möglichst keine angreifbaren Entscheidungen treffen sollte…
Außerdem ist jede einzelne Beschaffungsentscheidung eine Entscheidung politischer Art.
Beschaffungsentscheidungen werden weit über der Sachenene der IAGFA oder den Projektabteilungen getroffen. Deshalb entwickelt man lieber in aller Seelenruhe etwas neues, deutsches, als viel Geld ins Ausland fließen zu lassen. Das kann dann halt auch mal ein wenig länger dauern.
Gut für die deutsche Industrie, wahrscheinlich auch gut für Deutschland als ganzes, aber nicht ganz so toll für die Einzelnen die es ausbaden müssen…
warum man nicht das US-RCP angeschafft hat? Ganz einfach, die Amerikaner konnten nicht vor 2014 liefern. Ein RCP musste aber angeschafft werden, da die gelder bereits mit zweckbindung genehmigt worden sind. also hat man schnell ein marktverfügbares system angeschafft. leider erfüllt das system, bedingt durch den absicherungsgedanken (ferngelenkt etc) nicht alle anforderungen. Die marschgeschwindidgkeit ist zu gering, der einsatz verlangt einen immensen personalansatz… kurzum es belastet mehr als es hilft.
Deshalb entwickelt man lieber in aller Seelenruhe etwas neues, deutsches, als viel Geld ins Ausland fließen zu lassen. Das kann dann halt auch mal ein wenig länger dauern.
Beispiel Heron?
Wohl nicht.
Fakt ist die Amis haben auch nix besseres. Das mag der derzeitige Wehrbeauftragte anders sehen aber der ist eher vom Fach Parteispenden eintreiben als Fahrzeugbau.
Die MRAPs sind erst Jahre später als die ersten IEDs in Irak eingeführt worden und da zu kopflastig und schwer sind sie inzwischen wieder unbeliebt.
Die Buffalo’s der Amis können keine Minen unter der Strassenoberfläche finden oder entschärfen und IED sicher sind die auch nicht. (Imagesuche bei Google „Buffalo IED“ ).
Gegen Landminen der jetzt üblichen IED Größe gbt es einfach keine Sicherheit. Wie der Minister sagt: „töten und sterben gehören dazu“. Wenn man eines davon aktuell nicht will dann sollte man bei der derzeitigen Politikkonstellation nicht Soldat sein.
Da muss ich ja kurz lachen, aus inoffiziellen Quellen heißt es, dass das amerikanische System die deutsche StVO nicht erfüllt und deshalb nicht beschafft worden ist.
„Die MRAPs sind erst Jahre später als die ersten IEDs in Irak eingeführt worden und da zu kopflastig und schwer sind sie inzwischen wieder unbeliebt. “
Richtig, Jahre später. Erst fing man an, up-armored Humvees zu nutzen. Daraufhin wurden die IED größer bzw. anders platziert. Erst dann war wirklich ein zwingender Bedarf für MRAP-Fahrzeug. Außerdem sind die Schwächen, die sie hier aufgeführt haben, zwar zutreffend, aber nur für Afghanistan, nicht für den Iraq. Und mit dem Iraq als Einsatzgebiet hat man diese Fahrzeuge gebaut bzw. gekauft.
„IED sicher sind die auch nicht.“
Kein Fahrzeug ist IED-sicher. Die MRAP-Fahrzeuge sind in der Hinsicht fast schon ein Quantensprung im Vergleich zum Humvee. Wahrscheinlich haben sie Hunderten von GIs das Leben und oft auch die Gesundheit gerettet.
Natürlich hat auch MRAP seine Grenzen. Aber bei 500kg-IEDs hilft Ihnen auch kein MBT mehr.
„Gegen Landminen der jetzt üblichen IED Größe gbt es einfach keine Sicherheit.“
Aber man kann die INS daran hindern, diese zu verbringen, oder sie erst zu bauen oder überhaupt die Komponenten zu bekommen. Nutzt man besser geschützte Fahrzeuge, muss die IED größer werden. Dadurch wird sie schwieriger zu bauen und vor allem zu platzieren. Eben dadurch sind die MRAP im Iraq so erfolgreich gewesen.
Dienst: “ In Kilotonnen kann ich das nicht beziffern, da überfordern Sie mich im Moment.“
Seit wann wird denn die Sprengstoff eines IED’s in Kilotonnen gemessen? Normalerweise wird der Kilotonnenwert nur bei Atomwaffen genutzt und soweit sind die Taliban Gott sei dank noch nicht.
Ausrüstungsfragen sind immer wichtig, insbesondere wenn es um gravierende Mängel geht. Ich würde mir jedoch tatsächlich eine Überprüfung unserer politischen bzw. militärstrategischen Ausrichtung des Einsatzen wünschen. Erstmals macht man Erfahrung mit dem zivilen Aufbau einerseits und der gleichzeitigen Kriegführung andererseits. Es scheint gleichzeitig doch nicht so einfach, wie ursprünglich erwartet. Das hatte kürzlich auch COM ISAF verlauten lassen. Der heutige „welt-online“ Artikel mit dem Hinweis auf Geheimdienstkreise sowie den Bewertungen in Brüssel lassen doch darauf schließen, dass man zumindest ausserhalb Deutschlands über die aktuelle Strategie nachdenkt. Schade, dass sich diesbezüglich nur TdM äußert. Gut, er ist ggf. der einzige, der sich dafür interessiert (muss). Spätestens wenn der US-Amerikaner andere Wege einschlägt, werden wir ebenso schnell umschalten. Was ist eigentlich, wenn der US-Amerikaner in drei Jahren das Land verlässt? Welche unserer weich formulierten Ziele versuchen wir dann noch zu erreichen? Im Alleingang? Das wird noch interessant. Warten wir die nächste Zeit bis zum Ramadan ab und drücken wir den Soldatinnen und Soldaten vor Ort die Daumen. Ich bin mir sicher, vor Ort macht man das BESTE draus.
@jetflyer:
Wenn es Probleme mit Gesetzen im Einsatz gibt, dann muss auch das BMVg dem Gesetzgeber dies mitteilen. Dies passiert schlichtweg nicht.
Stattdessen legt man vorhandene Gesetze gegen sich selbst aus.
Zudem nutzt man Ausnahmeklauseln für Streitkräfte in vielen Gesetzen (auch in der StVZO) schlichtweg nicht. Dies gilt auch für das GRCP, weil man – ohne Zwang! – die StVZO einhalten will, ist das System extrem langsam. Nochmal: Dies ist nicht technisch oder rechtlich bedingt, sondern liegt einfach daran dass niemand eine Sondergenehmigung (wie für andere militärische Fz) beantragen will.
Natürlich ist ein RCP kein Allheilmittel, aber dieser mantra-hafte Hinweis von Ihnen sollte nicht verdecken, dass der Bedarfsträger hier jahrelang gepennt hat.
O-Ton von Herrn Dienst: „Man hat vor 2009 auch vonseiten des Militärs den Bedarf als solchen nicht gesehen, weil man nicht ständig mit vergrabenen Bomben umzugehen hatte“. Das ist der wirkliche Skandal. Egal wie hilfreich ein solches System bei den letzten Anschlägen gewesen wäre.
Nur zum Verständnis: Mit den RCP im Einsatz meinen sie die amerikanischen Systeme, oder?
Abschließend noch ein kleiner Hinweis zur angeblichen Bindung der Bundeswehr an die StVZO:
„§ 70 (4) Die Bundeswehr, die Polizei, die Bundespolizei, die Feuerwehr und die anderen Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes sowie der Zolldienst sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dringend geboten ist.“
Soviel zu Gesetzen, die einen ja ach so sehr einengen…
Meine Herren, es gibt doch immer irgend welche Gründe. Aber genau darum geht es doch. Das diese ganzen Vorschriften, Überprüfungen u Vorgänge so züzig abgearbeitet werden, das es so schnell wie möglich angeschafft wird. Und wenn es momentan nichts besseres gibt, dann muss man nehmen was da ist. Aber eine über Jahrzehnte und durch Selbstverwaltung eingeschlafene Struktur wieder augzuwecken scheint schwierig zu sein. Das hat unser VdgMinister gut gesagt. Zu viele Häuptlinge, zu wenig Indianer u ja um 16.15 uhr Dienstschluss!!
Was ist eigentlich aus unserem KEILER geworden? Können oder wollen wir den nicht nutzen?
Das ist jetzt wirklich eine sachliche und keine ironische Frage.
Er ist vorhanden.
Er ist geschützt.
Die Wanne des M48 ist von der Form her optimal zum Schutz vor Minen.
Er ist schwer.
Die Besatzungen sind ausgebildet.
Er kann räumen.
Ist er zu unbeweglich?
Ist er zu breit?
Sieht er zu gefährlich / zu sehr nach Krieg aus?
@ Memoria
Ich weiß nicht, ob das BMVg dem Gesetzgeber „Probleme“ mit Gesetzen mitteilt. Ich denke aber schon, dass ein Austausch stattfindet.
Aber wenn Sie genau wissen dass es nicht so ist, dann ist das schon sehr bedenklich.
Gesetzestexte mit Copy/Paste einzufügen ist „simple“. Aber wie wir es aus unserem Alltag kennen, sind Gesetze „auslegungsfähig“ und dafür sind Juristen zuständig. Genau dafür gibt es im BMVg eine Abteilung.
Mal abgesehen davon, dass RCP’s tatsächlich ein Thema ist (weiter lasse ich mich dazu nicht aus), hätte keine der jüngsten Anschläge durch ein RCP verhindert werden können. RCP ist nicht die eierlegende Wollmilchsau, wird aber für bestimmte Aufgaben benötigt.
Was das nun mit Mantra zutun hat oder verdecken soll ist mir nicht klar.
Zum Wochenende drei Lesehinweise zu Afghanistan:
ANNA BADKHEN berichtet aus Mazar/Balkh: The Lost Villages
GRAEME SMITH aus Kandahar: Wedded to the warlords: NATO’s unholy Afghan alliance
Und eine etwas merkwürdige Geschichte von einem „Touristen“ im Panjshir: American beaten to death in Panjsher
Erinnert ein wenig an die letzte Strophe von Kipling’s The Young British Soldier
@b
Danke für die Lesehinweise.
(Ich versuche an diesem Wochenende mal bisschen low ops…)
@b:
Danke für die Hinweise.
Der Bericht aus Balkh steht ja in deutlichem Widerspruch zur Lagebeurteilung des BMVg.
An Boden verlieren sieht wohl anders aus…
@b
Was Anna Badkhen in ihrer Reportage beschreibt – sollte doch ISAF und der Karzai-„Administration“ seit Wochen, wenn nicht seit Monaten bekannt sein.
Sollte doch dringliche Diskussion in den die AFG-Strategien entwickelnden militärischen wie politischen Stäben ausgelöst haben. Oder in diesen Tagen auslösen.
Sollte doch in den Parlamenten bzw. sicherheitspolitischen Ausschüssen und Gremien der westlichen ISAF-Nationen zu Debatten führen. Über a) die politischen und militärischen Reaktionen auf die – wie Badkhen beschrieben hat – „virusgleiche Eroberung“ der Provinz Balkh durch die INS / TAL und b) den Fakten-Check zum Partnering und der von „unseren“ Politikern vollmundig als Erfolg des ISAF-Mandats angekündigten Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen. Und c) der – wenn man der Badkhen-Reportage Glauben schenkt – drohenden Belagerung des RC NORTH-HQs in MeS.
Die Reportage hat mich schockiert. Und ich frage mich, ob diese Fakten und Beobachtungen den aktuell im RC NORTH im Einsatz befindlichen Kameraden bekannt sind.
Wenn die INS Balkh in der Fläche übernehmen und damit MeS vom „Rest“ des RC NORTH abschneiden könnten…und zugleich zwischen Baghlan und Kunduz wieder Dorf um Dorf „beherrschen“…befinden sich die ISAF-Kräfte im Norden vermutlich sehr bald in einer höchst prekären Lage.
Sind Reportagen wie die von Badkhen ein Teil der INS-PsyOps…?
@ Etienne
„Four weeks after the Taliban announced the beginning of their annual spring offensive, the insurgents have quietly taken over most of Balkh.“
Das sind ja ganz interessante Behauptungen, die mit keinerlei Fakten unterlegt sind. Ich brauche ca. 15 Minuten, um einen interessanten Artikel über den Norden zu schreiben, ohne mich auf nachvollziehbare Fakten zu berufen.
Es mag sein, dass jemand ins Dorf kam und Geld wollte… aber ob das die Taliban waren??
Keine Ahnung was die Frau erlebt hat, und auch keine Ahnung worüber sie redet….
@ jetflyer:
Hat denn irgendjemand im Stab RC-N „eine Ahnung“ worüber die Frau redet? Wäre vielleicht mal die Mühe wert. Denn der Bericht und Ihre Reaktion erinnern mich sehr an die Lage in KDZ 2007 und die Reaktion der der Bw hierauf („nur Kriminelle, keine Taliban“). Vielleicht weiß man ja bei den PMT etwas? Oder werden die gar nicht gefragt?
Also in einem hat die Dame unzweifelhaft Recht – es ist Aprikosenzeit und die Aprikosen aus Dawlatabad sind lecker… die anderen Aussagen sehe ich auch kritisch, aber wohl nicht ganz so kritisch wie jetflyer. Zum einen muss man der Dame lassen, dass sie in den letzten Jahren hier in Balkh viel unterwegs war, und ueber ein fuer einen gelegentlichen Besucher relativ breit aufgestelltes Kontaktnetzwerk verfuegt (…was man beides vom Grossteil des RC N so nicht sagen kann…). Zum anderen passiert momentan im Norden von Dawlatabad zur Zeit definitiv etwas, das kann ich auch bestaetigen (bin seit nem knappen Jahr in Mazar und Umgebung, aber nicht im Camp). Allerdings ist dieses Ausmass an Kontrolle ueber die Bevoelkerung, dass sie andeutet, zumindest fuer Dawlatabad uebertrieben. Ja, Bewaffnete aus Motorraedern sind unterwegs und koennen nachts in Doerfer einsickern – aber nein, man kann sich im von ihr beschriebenen Raum zwischen Distriktzentrum und Khairabad noch gut bewegen (Stand letzter Woche, eigene Anschauung). Ueberhaupt ist es noerdlich der RIngroad deutlich ruhiger als letztes Jahr. Da macht sie wohl den Fehler, dass sie die etwas uebervorsichtigen Warnungen von Afghanen (die sich schliesslich fuer einen Gast verantwortlich fuehlen, das ist heilig) noch ein bisschen aufblaest. Das kann passieren, auch Leuten die schon viel im Land waren und afghanische Gespraechskultur eigentlich kennen sollten. Im zweiten Teil muss ihr dann aber bewusst sein, dass sie masslos uebertreibt um die Botschaft des Artikels zu verstaerken. Balkh ist mit Sicherheit keine „belagerte Stadt“. Die kritischen Abschnitte der Strasse nach Sheberghan beginnen erst ca. 5 km nach dem Abzweig von Balkh. Und Takht-e Pol ist schon deshalb kein geeigneter Ort fuer einen Hinterhalt, weil es sowas von fest in Regierungshaenden ist wie nur sonstwas. Ja, es ist malerisch und als Journalist will man die Festung vielleicht daher erwaehnen, aber jeder der sich hier auskennt wird sie fuer diese Stelle auslachen. Und die Stimmung in der Stadt… naja, das faengt halt im Kopf des Beobachters an. Wenn sie der Meinung ist, das jeder Motorradfahrer der seinen Kopf zum Schutz gegen Staub verhuellt verdaechtig ist, dann wird sie es wohl auch diesmal nicht lange hier aushalten.
@ Memoria
„Hat denn irgendjemand im Stab RC-N “eine Ahnung” worüber die Frau redet?“ Nein, haben wir nicht… denn so wie es turan saheb vortrefflich beschrieben hat, ist es für uns nicht sehr interessant was gerade blüht… wenn es nicht gerade die „Insurgency“ ist. Und nein, es ist nicht die Mühe wert jeden blumige Zeitungsartikel zu verfolgen, der für Insider schnell einstufbar ist.
Ich war 2007 in Kabul und kann mich nicht an die damalige Reaktion erinnern, weiß lediglich was aktuell vor sich geht und da werde ich mich sicher nicht auf die liebe Anna beziehen.
Die Unterscheidung zwischen kriminellen und Taliban ist nur sehr schwer möglich, daher auch der schwammige Begriff „Insurgent“.
@Etienne – Sind Reportagen wie die von Badkhen ein Teil der INS-PsyOps…?
Badkhen ist recht erfahren. Die hat schon aus Iraq, Somalia, Israel, West Bank and Gaza, Chechnya, and Kashmir berichtet – siehe z.B. hier. Sie hat den Norden Afghanistan mehrfach länger bereist. Ich glaube das die merken würde wenn sie von der INS für PsyOps missbraucht würde und sich dagegen wehren würde.
Nach meiner Einschätzung schaffen sich die Taliban in den Dörfern zunächst nur einen neuen Rückzugsraum. Wenn der gesichert ist folgen Einzelaktionen wie wir sie in den letzten Wochen gesehen haben. Die dienen u.a. der Rekrutierung „Schau, wir gewinnen.“ Danach werden sie versuchen die Nachschublinien zu stören und zu unterbrechen.
Ob die Einsatzleitung das so mitbekommt ist fraglich. Badkhen schreibt aus der Sicht der einfachen Afghanen. Ob die militärische Aufklärung dort diesen Blickwinkel gut erfasst ist fraglich.
Das widerspricht aber alles nicht dem was turan saheb schreibt. Es entwickelt sich da gerade etwas das in den Erfolgsreden des Ministers nicht vorkommt.
@b
„Und eine etwas merkwürdige Geschichte von einem “Touristen” im Panjshir…“
Die Gegend ist ein beliebtes Ausflugsziel. Ich war dort an freien Tagen selbst gerne unterwegs, und Touristen sind dort alles andere als „merkwürdig“ oder ungewöhnlich.
@Orontes – nun ja, echte „Touristen“ werden sich dort kaum finden. Eher Leute die eh schon im Lande sind.
Aber die Schilderung mit dem Esel bei Pahjwok ist schon etwas merkwürdig.
Tatsächlich scheint es sich bei dem Opfer um einen Oberstleutnant der italienischen Carabinerie zu handeln der an seinem freien Tag einen Ausflug gemacht hat und irgendwie mit Einheimischen über die Behandlung seiner weiblichen Begleitung aneinandergeraten ist.
auf Italiänisch
In schlechter Google Übersetzung auf Deutsch
Noch etwas zum Lesen – Wall Street Journal: Taliban Move Into Kandahar City
Dafür hat man jetzt so trostlose und unwichtige Flecken wi Marjah besetzt …
Anna Badkhen könnte über kurz oder lang für ihre allerdings sehr illustriert beschreibenden Reportagen einen der renommierten US-amerikanischen Journalistenpreise gewinnen. Das erklärt vielleicht auch ihren teils recht literarischen Stil (Papa Ernest lässt grüssen), den die bildungsbürgerlichen Amerikaner „at the armrest front“ sehr gerne lesen. Daher auch die Betonung der malerischen, friedlichen Umgebung einschliesslich der pointiert erwähnten (sicher herrlich mundenden) Aprikosen. Es ist klar und nachvollziehbar, warum Badkhen einerseits die friedliche Stimmung, die Details des kargen und doch (noch) friedlichen Alltags der „kleinen Leute“ schildert. Wer das Leben der Bauern, der Familien, der Dörfer aus Augenhöhe beschreibt – der erreicht damit eine sehr hohe Identifikationsebene für jene auch als Meinungs-Multiplikatoren relevanten Amerikaner, die das Wertepaar „Frieden und Freiheit“ mit dem durchaus vergleichbaren Alltagsleben der Farmer zB im Dairy, Corn oder Fruit Belt der ländlichen USA gleichsetzen.
Umso schärfer der Kontrast der von ihr – freilich recht faktenarm – geschilderten dunklen Wolken des Krieges und der Unterdrückung, die sie über die Felsenkämme des Hindukusch ziehen sieht. Allerdings – w e r sollte sie denn mit objektivierbaren Fakten versorgen? Die ISAF ? Der Provinz-Gouverneur ? Die Kabuler Administration ? Oder vielleicht RC North ?
Sicher dürfte Badkhen – ganz im Stil des Hemingway’schen Stils seiner klassischen Reportagen aus Krisen-/Kriegsgebieten – das eine oder andere Mal dramaturgisch tief in die Toolbox gegriffen haben. Eine weiße Taube. Auf dem Rücken. Tot. … … … wow.
Und auch die Schilderung der verschiedentlichen Warnungen ihrer afghanischen Kontakte mag – abgesehen von der gerade einem Journalisten gegenüber besonders nachhaltig erwiesenen Fürsorgepflicht des Gastgebers für seine (ausländischen) Besucher – vielleicht etwas überzeichnet sein. Doch auch dies unterstreicht die bedrückend wirkende Polarisierung zwischen der Möglichkeit paradiesischen Friedens (gemeint ist nicht jener mit dem Jungfrauen-Empfangskomitée), der relativen Normalität eines bescheidenen und auskömmlichen Landlebens und dem drohenden und Leben bedrohenden Unheil des Krieges. Der gewaltsamen Unterdrückung, dem Inferno aus Explosionen, Leichen, nächtlichen Besuchern mit AK47 oder M4 oder G36, Leid und Schmerz.
Und die ISAF-Kräfte unter prominenter US-amerikanischer Beteiligung – in Badkhens Reportage lediglich als Randerscheinung erwähnt – scheinen das von der Reporterin geschilderte Infiltrieren und Rückerobern durch die Taliban entweder nicht zu bemerken. Oder schweigend hinzunehmen. Die Frage, die sich John und Jane Doe an der „home front“ stellen m ü s s e n: What are our Boys and Girls doing there at all? If they don’t do anything – then bring them home. And save american blood.
Aber: auch wenn Anna Badkhen sehr literarisch und nicht unbedingt im Stil einer investigativen Reporterin beobachtet, arrangiert und schreibt…es sollte tatsächlich eher wundern, wenn Insurgents / Taliban n i c h t versuchen sollten, sich im bislang friedlichen Raum zwischen Balkh und MeS gegen ISAF, die ANSF und kooperativen Warlords oder Milizen in Stellung zu bringen. Vor allem, wenn die Präsenz der Sicherheitskräfte auf dem flachen Land eher spärlich ist. Es wäre militärisch und machtpolitisch für die Zeit nach Abzug der ISAF-Hauptkräfte und auch für die von Obama signalisierten Gespräche unter Beteiligung der Taliban nur konsequent und logisch.
Und da stellt sich mir die Frage, inwieweit das Kräftedispositiv im RC North sich unter den negativsten anzunehmenden Umständen als völlig unzureichend erweisen könnte. Gäbe es ausreichend Kräfte, um im Raum zwischen Baghlan und Kunduz u n d zwischen MeS und Balkh mindestens die FOM auf den Hauptverkehrsverbindungen zu gewährleisten? Vom Beherrschen der Fläche ganz zu schweigen. Beginnt vielleicht schon jetzt das Szenario, das nicht wenige politische und militärische Beobachter für die Phase des Abzugs der ISAF-Kräfte o h n e stabile innerafghanische Macht- und Ordnungsverhältnisse prognostiziert haben ? Und in dessen Rahmen die ISAF zwischen die Fronten eines neuen afghanischen Bürgerkriegs geraten könnte.
Sorry für die Textflut. Just my 2,5 ct
Hmmm, jetzt schon literarische Themen… macht einen nicht unbedingt dümmer :-))
„inwieweit das Kräftedispositiv im RC North sich unter den negativsten anzunehmenden Umständen als völlig unzureichend erweisen könnte“
Was sind denn die negativst anzunehmenden Umstände und welches Dispositiv sollte denn für was nicht reichen??
ISAF und ANSF werden nicht das gesamte Land oder nur den Norden flächendeckend besetzen können und auch nicht wollen.
Und richtig, es interessiert niemanden wenn sie über Fakten schreiben würde ;-))
@ jetflyer:
Man mag ja den Schreibstil der Autorin für etwas seltsam halten (Danke E.R. für die Eindordnung) und einige Teile sind sicherlich journalistische Übertreibung,
Unterm Strich bleibt jedoch die – auch von turan saheb – gestützte Kernaussage:
Die INS gewinnen zumindest in Teilen von Balkh in den letzten Monaten erheblich an Einfluss. Ich hoffe soweit sind wir uns einig? Oder würden Sie auch diese These ablehnen?
Sie verwehren angeblich auch ANSF und ISAF den Zugang zu einigen Dörfern und betreiben Checkpoints und bauen Parallelstrukturen auf. Diese Aussagen decken sich mit Berichten des AAN, ANSO und weiteren Experten.
Nach Ansicht von ANSO (Stand: 15. Mai 2011) kontrollieren AOG bzw. INS die Distrikte Chimtal und Chahar Bolak und weiten ihren Einfluss auf weitere Distrikte aus:
Siehe ANSO-Report Nr. 73, S.7, http://tinyurl.com/4xwf7g4)
Allldas paßt jedoch nicht zu den öffentlichen Erklärungen von Herrn de Maizière nach denen die Taliban an Boden verlieren und nur noch verzweifelt zu terroristischen Mitteln greifen.
Das bedeutet wiederum, dass der IBuK eine völlig andere Wahrnehmung des Kriegsverlaufes hat (vorrausgesetzt er sagt was er denkt), als es sich zumindest in Teilen des RC-N in der Realität darstellt.
Aus meiner Sicht ist dies ein erhebliches Problem, da eine realistisches Lagebild die zentrale Grundlage für zweckmäßige Entscheidungen ist.
Auch wenn derlei Wahrnehmungsunterschiede bzw. Realitätsverweigerungen nicht das erstemal in der Geschichte auftreten, so sind sie doch oftmals ein Vorzeichen für eine Niederlage.
Nach meinem Eindruck fehlen uns weiterhin die notwendigen „Sensoren“ (insbes. HUMINT) und hinreichende Dokumentations- und Analysefähigkeiten (Quantität und Qualität des J2-Pers, Gedächtnisverlust nach Ktgt-Wechsel), um derlei mittelfristige Entwicklungen in der vermeintlichen Peripherie frühzeitig erkennen zu können.
Die Defizite im FGG 2 sind ja seit Beginn des Einsatzes ein besorgniserregender „Evergreen“ der Erfahrungsberichte.
Aber vielleicht bin ich ja auch zu sehr von der Entwicklung in Kunduz und anderen Landesteilen geprägt in denen diese Ereignisse in einigen abgelegenen Dörfern ebenfalls so lange als Lapallie abgetan wurden bis es zu spät war.
Also bitte nicht falsch verstehen – dies sind nunmal die Puzzlestücke, die ich nutzen kann. Daher komme ich ja vielleicht zu einer völlig falschen Bewertung.
Das Vorgehen der Taliban in Balkh schein mir sehr treffend vom oft genannten aber selten gelesenen Clausewitz beschrieben worden zu sein. Vom Kriege Kap 26, Volksbewaffnung:
Clausewitz wollte dieses Konzept des „kleinen Krieges“ in Preussen gegen die Napoleonische Besatzung einsetzen. Das wurde ihm nicht erlaubt. Er ging dann nach Russland und setzte dort das Konzept (teilweise) erfolgreich um.
(Im Original ist das obige ein geschlossener Paragraph. Ich habe den zur Erhöhung der Lesbarkeit aufgetrennt.)
b , bitte nicht böse sein… aber Clausewitz nutzt mir hier gerade sehr wenig. Nett…. aber nicht zielführend.
@ Memoria
Was bedeutet kontrollieren? Und ja, die INS haben mehr Einfluss als im Winter… aber nicht so viel, wie die INS erhofft und wie wir erwartet haben.
Daher ist es schon grundsätzlich richtig, dass TdM von Verzweiflungstaten spricht. Das ist auch meine Beobachtung.
Das ein Minister nicht öffentlich die genaue aktuelle Lage und andere Dinge die der OPSEC unterliegen an die Öffentlichkeit hängt, beruhigt mich und meine Kameraden sehr.
Wir haben hier gerade eine einmalige Chance etwas zu erreichen und die Zeichen stehen tatsächlich gut. Ich will den Tag zwar nicht vor dem Abend loben und leide sicher nicht unter Realitätsverlust, aber der Norden funktioniert vergleichsweise sehr gut.
Clausewitz mag in der konkreten Situation vor Ort ein wenig, nun ja, „out of date“ wirken. Das war schon immer das Problem, weil er in Deutschland meist als „Taktisches Handbuch für den Truppenführer“ mißverstanden wird.
Berücksichtigt man den Einfluß, den er auf Lenin (und nachfolgend die moderneren Theoretiker des revolutionären [Guerilla-]Krieges, wie Mao und Che Guevara) hatte, entsteht ein andres Bild. Clausewitz‘ Werk vom Kriege ist eben keine operative Studie „how to do“, sondern ein philosophisches Werk, in dem es um das Phänomen des Krieges, seine Wesensart und seine Eigengesetzlichkeiten geht. Sein Ziel war die möglichst vollständige Erfassung und geistige Durchdringung dieses Phänomens, um vor Mißverständnissen und Fehleinschätzungen bewahrt zu bleiben. Und: er kannte den Krieg als Soldat aus eigener Anschauung.
Kaum ein anderer Bereich verdeutlicht das Wesen des Krieges als politisches Instrument (das war und ist C.’s Verdienst, dies klar herausgestellt zu haben) so deutlich wie eine insurgency. Es geht eben nicht um das siegreiche Schlagen großer Schlachten, sondern um das“outgovern ing“ der Regierungskräfte auf allen politisch relevanten Gebieten mit allen, eben auch militärischen Mitteln. Deshalb ist eine insurgency auch nie mit militärischen Mitteln allein zu beenden.
Mein Tip: Clausewitz lesen. Nicht im Einsatz, aber davor/danach. Denn leider gilt noch immer, daß Clausewitz in Deutschland viel mehr zitiert als gelesen wird (Seeckt).
Insbesondere unsere poltisch Verantwortlichen wären mit dieser Lektüre gut beraten gewesen. Dann hätte sich der eine oder andere vielleicht doch vorstellen können, „daß das am Hindukusch so läuft.“
Richtig Steiner, vorher oder nachher lesen und nachdenken… keine Frage!
@jetflyer:
Dann hoffe ich mal Sie behalten Recht.
Wobei ich bereits die Bewertung „Verzweiflungstat“ weiterhin nicht teile.
Für Verzweifelte sind diese Leute schlichtweg zu professionell und zielorientiert.
@Steiner:
Vielen Dank für die sehr treffende Darlegung der Relevanz der Clausewitz’schen Ideen. Sollte man so in Großformat an der FüAk (Clausewitz-Kaserne) aufhängen.
@ Memoria
Das hoffe ich auch.
Verzweiflung meinte ich nicht im Sinne von „wild um sich schiessen“. Unsere Gegner haben schon ihre Ziele und Motivation, aber sie suchen verzweifelt nach Wegen einen Keil zwischen den ANSF, ISAF und den Afghanen überhaupt zu treiben.
@ jetflyer
Der Keil sitz bereits tief, jetzt gilt es nur noch, denn Spalt ausreichend größer zu machen.
@ Steiner
Danke für den Beitrag! Falls das wirklich einer bei den Herren in der Spitze verstanden haben sollte, so sollten die sich zu allererst fragen, warum alle NATO-Staaten in der Welt und sonst wie viele andere auch Verteidigungsministerien besitzen, aber Offensivkriege in AFG, LYBIENund IRAK durchführen. Dann lieber beim echten Namen. Das was draufsteht, das ist auch drinn^^
@ Roman
Was leitet sie zu der Annahme, dass der Keil tief sitzt und was ist „ausreichend größer“?
Das Misstrauen ist auf beiden Seiten stark gewachsen. Wir trauen den ANSF nicht. Vorher waren sie als unzuverlässig, dumm und inkompetent, oftmals aber auch nur als arme „Schweine“ verschrieen, die für ein paar lausige Dollars einen heißen Job machen. Nun werden sie grundsätzlich als eigene, real erlebte Bedrohung angesehen.
Die ANSF misstrauen uns widerum zurecht, was unseren Willen angeht, diesen Krieg ernsthaft gewinnen zu wollen. Wer dort Misstände meldet, wid entfernt, oftmals auch umgelegt oder in den Süden verschcikt, die Korruption ist überall und wir protegieren die Spitzen dieses Systems bis es eigentlich zum kotzen ist. Weiterhin wollen wir nur noch raus aus der Sache, das weiss jeder. Warum sollte ein ANSF-Kommandeur jetzt in seinem Sektor aufräumen, die lokalen Krimminellen aufräumen und dafür Leute, Gerät und Waffen opfern und ggf. selbst getötet zu werden? Wenn er abwartet, bis der Bürgerkrieg wieder voll aufflammt, dann sind seine Chancen größer. Bis dahin taktiert er sich gut durch die Probleme des Alltags.
Die ANSF hat keine Vision, kein konkretes Ziel, kein Teamspirit. Wie auch? Das haben ja nicht mal die Sicherheitskräfte in Deutschland.
@ Roman
Diesen Blickwinkel kann ich gut nachvollziehen, sehe es aus meiner Perspektive allerdings nicht so schwarz wie Sie es beschrieben haben.
Ja es gibt immer wieder eine Portion Mißtrauen, wenn ISAF Soldaten von einem in ANSF Uniform getötet oder verletzt werden. Und auf den verschiedenen (Dienstgrad) Ebenen redet man immer wieder so, wie Sie es in Ihrem ersten Absatz beschrieben haben. Visionen, Ziele und Teamspirit haben die ANSF sicher nicht in unserem Verständnis, aber in ihrem eigenen Verständnis sind ganz klar Ziele und Absichten vorhanden.
Nach dem Schlag gegen Daoud bei der auch die RC-N Führung getroffen wurde, war es nicht einfach keine Lücke entstehen zu lassen und es gab einen Tage an denen sich alle Seiten einfach mal „schütteln“ mußten. Dann wurde diese Lücke aber sofort wieder geschlossen und gemeinsam weiter nach vorne geschaut. Das geht nicht ohne Verluste und notwendige Änderungen, also die Umsetzung der „Lesson Learned“ für alle Seiten.
Lokale Kriminelle „aufräumen“…. da wird aufgeräumt, aber auf afg. Art und auch wenn es uns nicht passt, so isses einfach! Wir schaffen es nichtmal in Deutschland mit den Kriminellen aufzuräumen!!
Korruption ist eine Frage der Definition. Für uns ist es korrupt, für die Afg. ist es die Art und Weise wie sie schon immer gelebt haben und gestorben sind, nur die Summen sind erheblich gestiegen, dank der internationalen Community.
Ich denke nicht, dass die Menschen hier wieder einen Bürgerkrieg haben wollen! Auch nicht die ANSF Kommandeure.
Ich sehe also nicht, dass das Mißtrauen stark gewachsen ist. Aber das ist nur meine Beobachtung/Meinung.
Sorry fuer den Klugscheissermodus – aber zum oben diskutierten Artikel von Frau Badkhen in der Foreign Policy wuerde ich gerne hinzufuegen, dass man sich als unbewaffneter Westler auch diese Woche noch in den von ihr aufgefuehrten Ortschaften frei bewegen kann. Im von ihr herausgehobenen Qara Ghezhla (sie schreibt ‚Karaghuzhlah‘) kann man auch immernoch Aprikosen (oder Kabab) essen. Und ich bin kein Jesuslatschen-Traeger, der einfach mal losfaehrt und vor lauter Naivitaet nicht mitkriegt, was um ihn herum passiert. Das Umkippen von Kunduz habe ich noch in Uniform miterlebt. Der Prozess, den sie beschrieben hat, findet auch definitiv statt (in Balkh z.B. in Chemtal und Char Bulak), aber eben nicht dort, wo sie es beschreibt. Leider wird das das Pulitzer-Preiskommittee wohl nicht so einfach vor Ort ueberpruefen koennen.