Berlin plant Wiederaufnahme der Kurden-Ausbildung im Nordirak (Nachtrag: BPK)

Nach Telefongesprächen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit Vertretern der irakischen Zentralregierung und der Kurden-Regierung im Nordirak plant die Bundeswehr, die zunächst ausgesetzte Ausbildung von kurdischen Peshmerga-Kämpfern in den nächsten Tagen wieder aufzunehmen. Wenn sich keine gravierende Lageänderung ergibt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Ausbildung am Sonntag wieder aufgenommen wird, sagte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff am (heutigen) Freitag in Berlin. Allerdings flössen in die Lagebeurteilung auch neue Meldungen über erneute Auseinandersetzungen zwischen Kurden und der irakischen Zentralregierung ein.

Die Bundeswehr hatte die Ausbildung in Erbil, der Hauptstadt der autonomen Kurdenregion im Nordirak, vergangene Woche vorerst gestoppt. Grund waren die Spannungen nach einem Unabhängigkeitsreferendum der Kurden und die folgenden auch gewaltsamen Auseinandersetzungen. Am Freitagmorgen gab es allerdings erneute Berichte über Kämpfe zwischen Kurden und Vertretern des Irak.

Von der Leyen hatte nach Flosdorffs Angaben am Vortag sowohl mit dem Präsidenten der Kurdenregion, Masud Barzani, als auch mit dem irakischen Ministerpräsidenten Haider al-Abadi und ihrem US-Kollegen James Mattis telefoniert. Dabei habe sich gezeigt, dass beide Seiten im Irak an einer Beruhigung der Lage und an einem politischen Ausgleich interessiert seien.

Die Lage in der Region scheint allerdings unübersichtlich, mal sehen, wie das am Wochenende noch weitergeht.

Nachtrag: Die Abschrift der Aussagen Flosdorffs in der Bundespressekonferenz:

Frage : Ich möchte zu Kirkuk und zu dem Kampf der Peschmerga gegen die Iraker kommen. Herr Flosdorff, Herr Streiter, auf welcher Seite steht die Bundesregierung bei diesem Konflikt?

SRS Streiter: Sie haben Herrn Flosdorff angesprochen. Ich habe dazu nichts zu sagen.

Zusatzfrage : Auf welcher Seite steht die Bundesregierung?

Flosdorff: Ich kann gerne anfangen. Das Auswärtige Amt fühlt sich wahrscheinlich auch noch angesprochen. – Wir haben eine sehr einheitliche Haltung dazu. Für die Bundesregierung ist es ganz wichtig, den IS aus dem Irak zu verdrängen – nicht nur aus dem Irak, sondern auch aus Syrien und anderen Gebieten. Der Bundesregierung war es auch immer sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir eine Einheit des Iraks für eine Aussöhnung der Volksgruppen für sehr wichtig halten, die in dem Staatsgebiet leben und sich untereinander auf eine gedeihliche Zukunft des gesamten Landes verständigen. Insofern sehe ich jetzt nicht, wie man die Frage von Ihnen anders sinnvoll beantworten könnte.

Zusatzfrage : Sie sprechen davon, dass der IS bekämpft wird. Mir geht es darum, dass sich zwei deutsche Alliierte bekämpfen.

Flosdorff: Wenn Sie darauf anspielen, dass es in der vergangenen Woche dort punktuell zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen ist: Das ist eine Entwicklung – das haben wir hier schon einige Male besprochen -, die von der Bundesregierung und auch vom Verteidigungsministerium bedauert worden ist. Nach den Informationen, die uns vorliegen, hat sich die Gesamtlage im Irak mittlerweile beruhigt, auch die Auseinandersetzung zwischen der autonomen Regierung in Kurdistan, den kurdischen Kräften, die sich außerhalb des unbestrittenen Autonomiegebietes aufgehalten haben, und Regierungstruppen sowie unterschiedlichsten anderen Gruppierungen im Irak.

Die Bundeswehr hat in der vergangenen Woche darauf reagiert, indem wir mit der Entscheidung vom vergangenen Freitag, aber mit Wirksamkeit vom vergangenen Sonntag die Ausbildung ausgesetzt haben. Mittlerweile hat sich die Lage schon wieder beruhigt und auch etwas verändert.

Die Ministerin hat sich gestern eng mit unseren Verbündeten abgestimmt und mit dem Amtskollegen Mattis in den USA gesprochen. Sie hat auch mit dem Premierminister der irakischen Zentralregierung al-Abadi und mit dem Präsidenten der kurdischen Autonomieregion Barzani gesprochen. In allen diesen Telefonaten hat sich klar herauskristallisiert, dass sich alle Seiten um eine weitere Beruhigung der Lage und um politischen Ausgleich bemühen wollen.

Vorsitzender Feldhoff: Möchte das Auswärtige Amt noch etwas ergänzen?

Adebahr: Nein.

Zusatzfrage : Sie sagen jetzt, die kämpfen nicht mehr miteinander. Seit wann kämpfen die beiden Seiten nach Ihren Erkenntnissen nicht mehr miteinander? Denn sogar noch heute Morgen wurde berichtet, dass sie sich bekämpfen.

Flosdorff: Ich kann Ihnen nicht in Echtzeit sagen, was im gesamten Irak los ist. Die Meldung, die heute Vormittag über den Ticker lief, ist ein Bericht über Berichte von lokalen Medien, dass es dort erneut Gefechte geben würde. Die haben wir heute Vormittag nicht verifizieren können. Das heißt aber nicht, dass da nichts ist. Es bleibt abzuwarten, was sich dort als tatsächliches Geschehnis herausstellt. Es steht auf jeden Fall nicht im Einklang mit den Informationen, die wir gestern aus erster Hand von den politisch Verantwortlichen auf beiden Seiten erhalten haben.

Frage: Herr Flosdorff, das Thema der temporären Aussetzung hatten wir auch schon am Mittwoch. Hat das, was Sie über die Gespräche der Verteidigungsministerin referiert haben, dazu geführt, dass die temporäre Aussetzung jetzt schon aufgehoben wurde oder dass sie mutmaßlich sehr kurzfristig aufgehoben werden wird? Denn das, was Sie berichtet haben, ist sozusagen eine Beruhigung und ein Aufeinander-Zugehen von allen Seiten.

Flosdorff: Wir beobachten die Lage sehr genau. Im Moment sieht es in der Tat so aus – die Lehrgänge beginnen immer am Sonntag -, als wenn wir am kommenden Sonntag damit beginnen könnten, die Ausbildung wieder aufzunehmen. Wir haben uns mit den Verbündeten eng abgestimmt, die auch ausgesetzt haben. Andere Nationen sind alle bereit und willens, diesen Schritt mitzugehen in Anerkenntnis der Situation, die wir im Moment dort haben.

Zusatzfrage: Das bedeutet, wenn sich die Lage gegenüber der aktuellen Situation nicht zum Negativen verändert, wird mit der Ausbildung am Sonntag wieder angefangen?

Flosdorff: Wenn sich bis Sonntag keine gravierende Lageänderung ergibt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Ausbildung am Sonntag wieder aufgenommen wird.