Steinmeier-Aussage: Original und Meldung

Das Interview, das Außenminister Frank-Walter Steinmeier der Bild am Sontag gegeben hat, hat eine Menge Staub aufgewirbelt – sowohl in Deutschland als auch international (ein paar Links dazu hier, hier, hier, und hier). Kern der wiedergegebenen Aussagen: German minister warns Nato against ‚warmongering‘, die Warnung des deutschen Außenministers vor Kriegstreiberei der NATO mit ihren Übungen im Osten.

Nun beruhen praktisch alle – deutschen wie internationalen – Berichte am (gestrigen) Samstag auf der Vorabmeldung der Bild am Sonntag. Auch der Eintrag auf Augen geradeaus! basierte auf der Vorabmeldung bzw. Berichten dazu.

Deshalb dokumentiere ich nachfolgend noch mal als Gegenüberstellung sowohl diese Vorabmeldung als auch die vom Auswärtigen Amt am Sonntag, mehr als 24 Stunden später, veröffentlichten Wortlaut-Zitate Steinmeiers. Und da zeigt sich doch, um es mal mit Bundeswehr-Worten zu sagen, ein gewisses Delta. Insbesondere ist mir nicht ganz klar, wo Steinmeier die Nato-Manöver in Ost­eu­ropa kri­ti­siert hat.

Die Frage stellt sich, warum das Auswärtige Amt ungeachtet der weltweiten Wahrnehmung so lange gewartet hat, bis die Zitate veröffentlicht wurden. Es wird doch kaum so sein, dass dem Ministerium die Sicherung des Geschäftsmodells eines Unternehmens wichtiger war als die außenpolitischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland?

Die Vorabmeldung der Bild am Sonntag*

Steinmeier kritisiert Nato-Manöver in Osteuropa und fordert mehr Dialog mit Russland

Außenminister: „Wer glaubt, mit symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze des Bündnisses mehr Sicherheit zu schaffen, der irrt“

Bun­des­au­ßen­mi­nis­ter Frank-Walter Stein­meier (SPD) hat die Nato-Manöver in Ost­eu­ropa kri­ti­siert und for­dert statt des­sen mehr Dia­log und Koope­ra­tion mit Russ­land. Stein­meier sagte der BILD am SONNTAG: „Was wir jetzt nicht tun soll­ten, ist durch lau­tes Säbel­ras­seln und Kriegs­ge­heul die Lage wei­ter anzu­hei­zen. Wer glaubt, mit sym­bo­li­schen Pan­zer­pa­ra­den an der Ost­grenze des Bünd­nis­ses mehr Sicher­heit zu schaf­fen, der irrt. Wir sind gut bera­ten, keine Vor­wände für eine neue, alte Kon­fron­ta­tion frei Haus zu lie­fern.“

Laut Stein­meier wäre es „fatal, jetzt den Blick auf das Mili­tä­ri­sche zu ver­en­gen und allein in einer Abschre­ckungs­po­li­tik das Heil zu suchen“. Die Geschichte lehre, dass neben dem gemein­sa­men Wil­len zur Ver­tei­di­gungs­be­reit­schaft auch immer auch die Bereit­schaft zum Dia­log und Koope­ra­ti­ons­an­ge­bote geben müsse, so der Außen­mi­nis­ter: „Und des­we­gen müs­sen wir mit unse­ren Part­nern auch wie­der ver­stärkt über den Nut­zen von Abrüs­tung und Rüs­tungs­kon­trolle für die Sicher­heit in Europa spre­chen.“

Man habe ein Inter­esse daran, so Stein­meier, „Russ­land in eine inter­na­tio­nale Ver­ant­wor­tungs­part­ner­schaft ein­zu­bin­den. Die Ver­hin­de­rung einer ira­ni­schen Atom­bombe, der Kampf gegen radi­ka­len Isla­mis­mus im Nahen Osten oder die Sta­bi­li­sie­rung liby­scher Staat­lich­keit sind dafür aktu­elle Bei­spiele.“

Der Wortlaut in der Fassung des Auswärtigen Amtes:

Pressemitteilung

Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte der „Bild am Sonntag“ heute (19.06.)

Mit der Krim-Annexion und dem militärischen Aktivitäten in der Ost-Ukraine hat Russland bei unseren östlichen Nachbaren ein Gefühl der Bedrohung entstehen lassen. Das müssen wir ernst nehmen. Deswegen war es richtig, eine gemeinsame Reaktion der NATO zu finden – das haben wir seit dem NATO-Gipfel in Wales mit den Rückversicherungsmaßnahmen getan. Wir weichen unserer Verantwortung nicht aus!

Niemand kann den vorgesehenen Umfang der NATO-Maßnahmen als Bedrohung für Russland werten und bei allen Maßnahmen für uns war die strikte Einhaltung der NATO-Russland-Grundakte eine klare rote Linie.

Was wir jetzt allerdings nicht tun sollten, ist durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen. Wer glaubt, mit symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze des Bündnisses mehr Sicherheit zu schaffen, der irrt. Wir sind gut beraten, keine Vorwände für eine neue, alte Konfrontation frei Haus zu liefern.

Es wäre fatal, jetzt den Blick auf das Militärische zu verengen und allein in einer Abschreckungspolitik das Heil zu suchen. Die Geschichte lehrt uns doch: neben dem gemeinsamen Willen zur Verteidigungsbereitschaft muss es immer auch die Bereitschaft zum Dialog und Kooperationsangebote geben. Und deswegen müssen wir mit unseren Partnern auch wieder verstärkt über den Nutzen von Abrüstung und Rüstungskontrolle für die Sicherheit in Europa sprechen.

Wir kehren keine Meinungsverschiedenheiten und Konflikte unter den Teppich. Gleichzeitig haben wir ein Interesse daran, Russland in eine internationale Verantwortungspartnerschaft einzubinden. Die Verhinderung einer iranischen Atombombe, der Kampf gegen radikalen Islamismus im Nahen Osten oder die Stabilisierung libyscher Staatlichkeit sind dafür aktuelle Beispiele.

Mehr als 70 Jahre Frieden in Europa, jedenfalls ohne einen großen Krieg auf europäischem Boden, sind das kostbarste Gut, das wir haben.
Ich jedenfalls werde dafür kämpfen, dass das nicht aufs Spiel gesetzt wird. Dafür gilt: Soviel Sicherheit, wie nötig – so viel Dialog und Kooperation, wie möglich.

(*Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier in der Regel nicht statt. In diesem Fall handelt es sich um eine Vorabmeldung, die auch als Pressemitteilung mit dem ausdrücklichen Wunsch der Nutzung verbreitet wurde und damit nicht dem deutschen Leistungsschutzrecht unterliegt.)