Kampf gegen ISIS: Tornados nach Inçirlik, Aufklärung ab Januar, Mandatstext

Mehrzweck - Kampfflugzeuges Tornado, des Aufklärungsgeschwaders 51 "Immelmann"

Das Bundeskabinett hat am (heutigen) Dienstag, wie erwartet, das Mandat für einen Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen die islamistischen ISIS-Milizen beschlossen. Aufklärungstornados und Satellitenergebnisse, außerdem Luftbetankung sollen möglichst schnell der von den USA geführten internationalen Anti-ISIS-Koalition zur Verfügung gestellt werden, so bald der Bundestag dem Mandat zugestimmt hat. Zudem ist Fregatten-Geleitschutz für den französischen Flugzeugträger Charles de Gaulle vorgesehen. Im Mandatstext selbst, der bis zu 1.200 deutsche Soldaten für diesen Einsatz vorsieht (Text unten), sind diese Fähigkeiten allerdings recht breit und nicht so detailliert spezifiert.

Nach der Kabinettsentscheidung sind auch ein paar mehr Einzelheiten klar. So steht inzwischen fest, dass die sechs deutschen Tornados ebenso wie das Tankflugzeug auf der türkischen Basis Inçirlik stationiert werden sollen, wie der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, ankündigte. Zwar könnten nach einem Parlamentsbeschluss recht schnell die ersten zwei Jets sowie die Technik und das Bodenpersonal verlegt werden – mit Aufklärungsflügen soll aber erst Anfang Januar begonnen werden: Die nötige Auswertetechnik für die Aufklärungskameras ist nach Flosdorffs Worten wegen des NATO-Großmanövers Trident Juncture einer Übung noch in Spanien und muss von dort in die Türkei geschafft werden.

Die Aufklärungsergebnisse sowohl der (mit Luft-Luft-Raketen bewaffneten) Recce-Tornados als auch des deutsch-französischen Satellitenverbundes aus SAR-Lupe (deutsche Radardaten) und Helios II (französische optische Aufklärung) sollen künftig der Anti-ISIS-Koalition, also der Operation Inherent Resolve, zur Verfügung stehen. Allerdings wollen die beiden Länder nicht vorbehaltlos ihre Kenntnisse teilen – welche Aufklärungsdaten (und in welcher Qualität) weitergegeben würden, soll für die Tornado-Bilder von deutscher, für die Satellitendaten gemeinsam deutsch-französisch entschieden werden.

Die Aussagen dazu aus der Bundespressekonferenz – neben Flosdorff äußerte sich, gleich zu Beginn, Regierungssprecher Steffen Seibert sowie später auch Außenamtssprecherin Sawsan Chebli – hier zum Nachhören (unten habe ich die Abschrift nachgetragen):

 

BPK_Bundeswehr_ISIS_01dez2015     

 

Der vom Kabinett gebilligte Mandatstext ist, soweit ich das bislang feststellen konnte, mit dem gestern bekannt gewordenen Entwurf identisch. Hier mal zum Nachlesen – falls es Abweichungen gibt, die ich übersehen habe, bitte ich um Hinweise in den Kommentaren:

Bundeswehr_ISIS_Mandatstext2015

Nachtrag: Das Transkript des O-Tons oben:

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat heute (in der Kabinettssitzung) den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch den sogenannten IS beschlossen. Die Entsendung steht unter dem Vorbehalt der konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestags.

Die völkerrechtliche Grundlage für die Entsendung ist die Unterstützung Frankreichs, Iraks und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen IS auf der Grundlage des in Artikel 51 der UN-Charta garantierten Rechts auf kollektive Selbstverteidigung und im Zusammenhang mit den Resolutionen 2170, 2199 und 2249 des UN-Sicherheitsrats. Die Unterstützung für Frankreich erfolgt darüber hinaus in Erfüllung der Beistandspflicht nach Artikel 42 Absatz 7 des Vertrags über die Europäische Union. Die Entsendung erfolgt im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nach Artikel 24 Absatz 2 unseres Grundgesetzes.

Der IS stellt eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit dar, und zwar wegen seiner extremistisch-salafistischen Gewaltideologie, wegen seiner terroristischen Handlungen, seiner anhaltenden schweren, systematischen und ausgedehnten Angriffe auf Zivilpersonen sowie seiner Anwerbung und Ausbildung ausländischer Kämpfer. Das sind die wesentlichen Gründe.

Vor dem Hintergrund der Anschläge von Paris bittet Frankreich um weitere Unterstützung im Kampf gegen IS in dessen Kerngebiet Irak und Syrien. Deutschland unterstützt unmittelbar durch Bereitstellung von Aufklärungsmitteln. So können auch grenzüberschreitende Bewegungen erkannt werden sowie die tatsächliche Größe des Operations- und Einflussgebiets aufgeklärt werden. Darüber hinaus wird Deutschland mit Tankflugzeugen zur Luftbetankung beitragen, mit einer Fregatte als Begleitschutz für den französischen Flugzeugträger sowie mit Personal in Stäben und in Hauptquartieren. Zur Sicherstellung der in diesem Rahmen erforderlichen Fähigkeiten sind bis zu 1.200 Soldatinnen und Soldaten erforderlich.

Neben den unmittelbaren Unterstützungsleistungen will die Bundesregierung die französischen Streitkräfte durch die Übernahme stärkerer Verantwortung beim Kampf gegen islamistischen Terrorismus in Mali sowie durch die Bereitstellung medizinischer Soforthilfe bei eventuellen Großschadensereignissen in Frankreich entlasten.

Die Bundesregierung betont, dass diese Herausforderung allein mit militärischen Mitteln nicht bewältigt werden kann. Das diplomatische Engagement für eine Lösung der Syrien-Krise und in der Region bleibt für uns von zentraler Bedeutung.

Die Bundesregierung wird zudem ihr ziviles Engagement in Syrien, im Irak sowie in den Nachbarländern Syriens zur Unterstützung von Flüchtlingen, von Binnenvertriebenen und der Bevölkerung in den aufnehmenden Gemeinden ausweiten. Es gibt keine falsch verstandene Alternative von „militärisch oder zivil“, von „außen- oder innenpolitisch“, es gibt nur die Frage, welches Mittel an welcher Stelle effektiv ist. In Syrien und im Irak ist der Einsatz auch militärischer Mittel in der aktuellen Situation richtig und notwendig. (…)

Frage : Herr Seibert, ich würde gerne einmal wissen, wie es jetzt vom Zeitplan her konkret weitergehen wird. Wenn der Bundestag noch in dieser Woche beschließen wird, heißt das dann, dass noch Ende dieser Woche die ersten Soldaten in Marsch gesetzt werden, die sich an dem Syrien-Einsatz beteiligen?

Zweitens würde mich interessieren: Wem werden denn die Aufklärungsergebnisse, die deutsche Soldaten in Syrien sammeln, zur Verfügung gestellt? Werden die nur den Nato-Partnern zur Führung gestellt? Werden die auf einer breiteren Ebene denen zur Verfügung gestellt, die gegen IS kämpfen?

Eine letzte Frage habe ich zum Finanzvolumen und zur Finanzierung dieses Einsatzes. Man hatte da in den letzten Tagen schon etwas von mehr als 130 Millionen Euro gehört. Deckt das eigentlich nur den Syrien Einsatz im engeren Sinne ab, oder deckt das auch die Verstärkung des Engagements in Mali und die Verstärkung von sonstigen zivilen Projekten in Syrien und den Nachbarländern ab? Vielleicht können Sie das klarstellen.

StS Seibert: Ich kann Ihnen zu der letzten Frage nach den Finanzen nichts sagen. In dem heutigen Mandat steht davon nichts. Ich müsste dann die Kollegen aus dem Finanzministerium bitten, das zu übernehmen.

Ich kann Ihnen auch nicht wirklich weiterhelfen, was den weiteren Fahrplan anbetrifft. Das Kabinett hat wie angekündigt das Mandat beschlossen und es somit auch auf den weiteren parlamentarischen Weg gebracht. Es liegt nun in den Händen des Parlaments, zu entscheiden, wann es die notwendigen Lesungen, die abschließende Lesung und den Beschluss herbeiführen will. Das kann ich Ihnen hier jetzt nicht sagen.

Sie merken an der Tatsache, dass wir dafür die Kabinettssitzung von Mittwoch auf den Dienstag vorverlegt haben, dass wir die Sache als dringlich ansehen und dass wir uns natürlich auch einen zügigen Beschluss des Parlaments wünschen.

Zusatzfrage : Können Sie vielleicht noch zu der Frage, wem das Aufklärungsmaterial – – –

StS Seibert: Ich glaube, das macht am besten Herr Flosdorff für das Verteidigungsministerium.

Flosdorff: Alle deutschen Aufklärungsergebnisse werden in vorhandene multinationale Strukturen integriert. Stellen Sie sich die Führungsstruktur vor: Ganz oben steht CENTCOM in Tampa, Florida, das die gesamte Operation koordiniert. Darunter gibt es das Hauptquartier der Koalition in Kuwait, wo auch eine maritime Steuerung angehängt ist. Darunter gabelt sich dieser Führungsbaum dann. Da gibt es für die Landstreitkräfte das Kommando in Bagdad, von wo aus zum Beispiel nach Erbil koordiniert wird, und für alle Luftstreitkräfte gibt es in Katar in Al Udeid – so heißt die Luftwaffenbasis – ein Hauptquartier. Von da aus werden die gesamten Aufträge an die Tornados erteilt. In diesem Stab ist dann auch schon ein deutsches Element integriert, das auch dafür Sorge tragen kann, dass die Aufträge, die erteilt werden, so sind, wie es sich mit dem Zweck, nämlich dem Kampf gegen IS, vereinbaren lässt. Dann gehen die Tornados in die Luft, sammeln die Ergebnisse, und dann gibt es eine nationale Auswertung. Dann kann auch entschieden werden, in welcher Qualität und an welche Verbündeten diese Aufklärungsergebnisse weitergegeben werden. In der Regel wird das dann an die Luftstreitkräfte der Koalition weitergegeben, die von Katar aus koordiniert fliegen. Das sind die Verbündeten, die auch jetzt und schon die ganze Zeit – seit fast einem Jahr – dort fliegen. In der Regel ist das eine gute, eingespielte und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Da werden die Ergebnisse dann eingespeist. Aber vorher gibt es eine nationale Auswertung und auch eine Entscheidung darüber, was für Ergebnisse an wen weitergegeben werden.

Zusatzfrage : Nur zur Klarheit: Bleibt Russland damit außen vor?

Flosdorff: Russland ist, was Aufklärungsergebnisse angeht, auch bisher nicht in diese Strukturen eingebunden. Das ist nicht zu verwechseln – das hatte ich hier gestern auch schon einmal gesagt – mit dem sogenannten „deconflicting“, also dieser rudimentären Information darüber, wer sich zu welcher Zeit in welchem Luftraum befindet, damit keine Unfälle, Missverständnisse oder unbeabsichtigte Aktionen passieren. Es ist bisher nicht so, dass Aufklärungsergebnisse nach unseren Kenntnissen an Russland oder auch den Iran oder Damaskus weitergegeben werden.

Weissgerber: Es ist tatsächlich so, wie Sie sagen: Für den Einsatz der deutschen Streitkräfte im Kampf gegen den IS werden für 2016 ungefähr 134 Millionen Euro eingeplant. Es gibt jetzt haushaltsrechtlich eine Titelgruppe dafür. Die Finanzierung erfolgt aus dem Einzelplan des Bundesverteidigungsministeriums, also aus dem Einzelplan 14. Wenn Sie es ganz genau wissen wollen: Das ist Kapitel 1401, Titelgruppe 08. Das ist eben die Titelgruppe „Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit internationalen Einsätzen“. Diese 134 Millionen Euro beziehen sich jetzt tatsächlich auf den Kampf gegen den IS, also nicht auf die weiteren Einsätze, die Sie angesprochen haben.

Man muss noch wissen: Im Haushaltsvollzug ist es so, dass dieser Titel einem Gesamtdeckungsvermerk untersteht. Das heißt, dass er mit anderen Titeln des Einzelplans des Verteidigungsministeriums verstärkt werden kann. Man kann also auf andere Titel zurückgreifen, wenn dieser Titel nicht ausreicht.

Zusatzfrage : Aber eine Gesamtsumme – sprich: für Mali, ziviles Engagement, Aufstockung, IS – gibt es von Ihrer Seite nicht?

Weissgerber: Bisher sind in dieser besagten Titelgruppe, in diesem Einzelplan 14, rund 360 Millionen Euro vorgesehen. Wie gesagt: Die jetzt veranschlagten Ausgaben können wir aus dem Einzelplan finanzieren, und Vorsorge ist getroffen, eben durch diesen Gesamtdeckungsvermerk.

Flosdorff: Es war noch etwas hinsichtlich der Zeitlinien offen geblieben, nach denen Sie gefragt hatten: Immer vorausgesetzt, dass der Deutsche Bundestag das Mandat beschließen wird – wenn es denn in dieser Woche beschlossen werden wird; wir wissen es nicht -, könnten wir bereits in der nächsten Woche zwei Tornado-Flugzeuge nach İncirlik verlegen. Auch der Tank-Airbus könnte nach İncirlik überstellt werden. Das wäre auch das Element, das als erstes in den Einsatz gehen könnte. Dafür gilt aber trotzdem die Grenze des Mandatsbeginns.

Die Tornados könnten voraussichtlich erst Anfang Januar mit ihrer Aufklärungsarbeit beginnen. Der Hintergrund ist, dass die Auswertungseinheiten wegen des Manövers in Spanien noch mit Gerätschaften in Spanien sind und von dort aus nach İncirlik verlegt werden müssten. Deswegen würde das erst mit einiger Verzögerung stattfinden können.

Frage : Herr Seibert, war der Krieg gegen den Terror in den letzten 14 Jahren so erfolgreich, dass die Bundesregierung sich jetzt dafür entschieden hat, daran teilzunehmen?

StS Seibert: Er war und ist auf jeden Fall notwendig.

Zusatzfrage : Warum?

StS Seibert: Ich denke, dass es sich von selbst erklärt, dass man gegen Gruppen, die eine Gefahr für den Weltfrieden darstellen, wie ich es hier dargestellt habe, vorgeht. Die Gefahr, die von solchen Gruppen für uns alle ausgeht – für uns alle in der freien Welt, für uns alle, die wir den Hass dieser Gruppen auf uns gezogen haben -, wird durch Nichtstun nicht geringer.

Zusatzfrage : Könnten Sie einmal erläutern, warum die Bundesregierung jetzt nicht auf ein UN-Mandat warten wollte und konnte, das den Einsatz auf eine sichere Grundlage stellt?

StS Seibert: Ich habe Ihnen die völkerrechtliche Grundlage dieser Entsendungsentscheidung der Bundesregierung dargelegt, und dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage : Herr Flosdorff, Sie hatten ja gestern verständlicherweise gesagt, Sie könnten zu den Details noch nicht so viel sagen. Können Sie heute die Zahl 1.200 aus dem Mandat ein bisschen aufschlüsseln und sagen, was wofür vorgesehen ist?

Dann noch zu den Zeitlinien: Wenn der Aufklärungsbeginn aus technischen Gründen ohnehin erst im Januar liegen kann, welchen Sinn ergibt es dann, jetzt schon relativ zügig zwei Tornados nach İncirlik zu verlegen? Die können dann ja nicht aktiv werden.

Flosdorff: Nein, die sind, um einmal hinten anzufangen, da nicht aktiv, aber die Infrastruktur muss jetzt sukzessive und Schritt für Schritt aufgebaut werden. Es geht ja nicht nur um die Tornados selbst, sondern auch die gesamte Technik, die ganze Infrastruktur darum herum und die Logistik werden da herunter verlegt. Es wird nicht bei den Tornados bleiben. Das gehen wir jetzt Schritt für Schritt an. Es ist ja vieles zu koordinieren und vieles zu tun.

Was die Obergrenze angeht: 1.200 Soldaten ist die Obergrenze. Das ist also eine Maximalzahl, die wir ausschöpfen können. Das heißt nicht, dass permanent 1.200 Soldaten oder auch nur mehr als 1.000 Soldaten im Einsatz sein werden. Die Erkundungen laufen zum Teil auch noch und werden abgeschlossen. Das heißt also, wir müssen schauen, welche Infrastruktur an welchem Standort vorhanden ist und was andere Nationen gegebenenfalls noch einbringen. Deswegen müssen wir auch Maximalplanungen machen. Wir haben einige Hundert Soldaten, die in der luftgestützten Aufklärung beschäftigt sein werden, und 250 Soldaten, die für den Schutz und die Begleitung der Fregatte vorgesehen sind. Für die Luftbetankung sind auch mehr als 100 Soldaten – zwischen 100 und 200 – sowie Stabspersonal vorgesehen, weil ja unterschiedlichste Stäbe in dieser ganzen Kette – von den USA über Kuwait bis nach Katar – auch mit deutschem Personal versehen werden müssen.

Dann brauchen wir darüber hinaus noch zwei Puffer, und zwar einen Puffer, weil wir für ein Jahr lang Personalpuffer einplanen. Es kann auch möglich sein, dass wir im Rahmen dieser Operation vielleicht den Standort wechseln und noch unterschiedliche Elemente einführen müssen. Dafür brauchen wir Flexibilität. Je nachdem, was man dann für eine Infrastruktur an einem anderen Standort vorfindet, muss man dann vielleicht noch einmal die Logistik hochfahren, muss man vielleicht noch im Sanitätsbereich eine Rettungskette oder irgendetwas darstellen. Deswegen ist so ein Puffer da.

Das gilt natürlich auch für den Kontingentwechsel. Wenn einmal eine Fregatte eine Zeit lang eine andere ablöst, im selben Seegebiet aktiv ist und vielleicht auch in irgendeiner Form eine Leistung für den Einsatz erbringt, dann muss man sich nicht irgendwie der Diskussion stellen, warum man dann vielleicht mit einem oder fünf Soldaten über der Obergrenze liegt. Die ist hier mit dem Mandat, wie es jetzt konzipiert ist, komfortabel ausgestattet.

Zusatz : Ich entnehme Ihren Worten, dass İncirlik jetzt als Basis gesetzt ist, sowohl für Tanker als auch für Aufklärung.

Flosdorff: Ja, es steht seit gestern fest, dass jetzt für beide Flugkomponenten İncirlik die Basis ist, was aber nicht heißt, dass sich im Laufe des Jahres nicht auch noch einmal andere Entwicklungen ergeben können.

Frage: Ich hätte eine Frage an Herrn Seibert und zwei an Herrn Flosdorff.

Herr Seibert, durch diesen Einsatz zeigen Sie Ihre Solidarität gegenüber Frankreich. Hoffen Sie, dass Frankreich und andere EU-Länder die gleiche Solidarität bei der Flüchtlingsverteilung aufbringen?

Herr Flosdorff, der Bundeswehrverband sagt, dass der Einsatz weit mehr als zehn Jahre dauern soll. Ist das eine realistische Annahme?

Zu den Zielen: Sind die auf Syrien und den Irak begrenzt, oder sind andere Länder wie Libyen eventuell auch betroffen?

StS Seibert: Ich finde die Ernsthaftigkeit der Gefahr, die uns allen durch den IS droht, und das Entsetzen über die terroristischen Anschläge in Paris zu groß, um sie hier mit anderen Themen zu verbinden. Deutschland ist ja schon seit Längerem Teil der Koalition im Kampf gegen IS. Wir sind Ausrüster und Ausbilder der Peschmerga im Norden des Irak. Wir engagieren uns also schon länger gegen den IS. Nun, nach den jüngsten schrecklichen Anschlägen, ist der Moment gekommen, um, ja, in Solidarität mit Frankreich und zur Unterstützung Frankreichs, aber auch zur Abwehr einer Gefahr, die uns ganz genauso betreffen kann, diese zusätzlichen Maßnahmen zu beschließen.

Flosdorff: Was das Einsatzgebiet angeht, liegt der Schwerpunkt natürlich in Syrien und im Irak. Es gibt aber auch Möglichkeiten, da wir nicht wissen, wo zum Beispiel Boxen für Luftbetankungen sein müssen oder wo sich zum Beispiel die Fregatte aufhält, wenn sie sich im Kontext des Trägerverbandes, der im Moment im Mittelmeer ist, in andere Gebiete weiterbewegt. Dann würde sich die Fregatte mitbewegen. Insofern braucht man da Flexibilität, was das Mandatsgebiet angeht.

Was jetzt die Schätzung des Bundeswehrverbandes dazu angeht, wie lange das Engagement dauern könnte, kann ich nur darauf hinweisen, was die Ziele sind. Die ergeben sich aus der UN-Resolution. Dabei geht es zum einen darum, den IS aus den vom IS eroberten und beherrschten Gebieten in Syrien und im Irak zu vertreiben und ihm damit möglichst auch das Rückzugsgebiet des IS zu nehmen, aus dem heraus er Terrorakte in der Region, aber auch bis hin nach Europa plant und vorbereitet. Außerdem geht es darum, die anderen Staaten rundum zu stabilisieren und insgesamt zu befrieden, sodass die Region wieder eine Perspektive haben kann.

Wann wir diese Ziele erreichen werden, kann ich Ihnen heute nicht sagen. Ich weiß nicht, auf welcher Kalkulation jetzt die Schätzung des Bundeswehrverbandes beruht. Sehr viel hängt auch davon ab, wie der begleitende politische Prozess verlaufen wird. Ich würde sogar sagen: Davon hängt noch mehr ab als von dem militärischen Prozess. Militär kann Raum schaffen, kann Zeit kaufen für diesen notwendigen politischen Prozess in der Region. Dabei hängt sehr viel davon ab, wie der Prozess von Wien weitergeht, wie die Verständigung innerhalb des Irak weitergeht und auch davon, ob der Beauftragte der UN für Libyen Erfolg damit hat, die Kräfte im Land zu einen und sie auch dort gegen den IS zu mobilisieren. Insofern kann ich Ihnen keine Bewertung dazu abgeben, wie valid oder nicht valid das ist. Fragen Sie den Bundeswehrverband.

Chebli: Vielleicht nur ein ergänzender Punkt, weil der Minister den in seinem gestrigen Interview mit der „Bild“ auch genannt hat: Wir brauchen langen Atem. Ich meine, das Mandat ist auf ein Jahr ausgelegt. Wir werden natürlich rechtzeitig bewerten, ob die Maßnahmen, die wir beschlossen haben, dann noch sinnvoll sind, ob sie ergänzt, erweitert, aufgehoben oder was auch immer werden müssen. Dies vielleicht nur in Ergänzung dessen, was Herr Flosdorff gesagt hat.

Ganz klar ist: Ob der IS besiegt wird, hängt vielleicht stärker als von der militärischen Komponente von den Entwicklungen ab, die es in Wien gibt, vom politischen Prozess. Da gibt es einen Fahrplan, auf den man sich geeinigt hat. Aber der Minister hat darauf hingewiesen, dass es bis zur Umsetzung dieses Fahrplans noch zahlreiche Baustellen gibt, die überwunden werden müssen, beginnend damit, dass wir uns auf Oppositionsgruppen einigen, auf Terrororganisationen. Dann geht es um einen Übergangsprozess, der geschaffen werden muss. Dann geht es perspektivisch um Wahlen und eine Verfassung. In diesem ganzen Zusammenhang der einzelnen Akteure mit ihren einzelnen Interessen und mit ihren divergierenden Interessen – Interessen, die in verschiedene Richtungen laufen – sowie bei dieser Komplexität und komplexen Lage sehen Sie, dass es zahlreiche Hindernisse gibt, die zu überwinden sind, um diesen Fahrplan letztendlich umzusetzen. Aber ganz klar ist: Der Sieg gegen ISIS wird maßgeblich davon abhängen, ob es uns gelingen wird, Syrien einer politischen Lösung zuzuführen.

Frage : Herr Flosdorff, ich habe zwei kurze Fragen. Die eine Frage ist schon bekannt: Wie viel Tornados werden insgesamt in die Region verlegt, also als maximale Zahl?

Zweite Frage: Sie sagten, den Russen würden die Ergebnisse der Aufklärung nicht mitgeteilt. Mich würde interessieren, wie die Abstimmung der Flugbewegungen in der Praxis verläuft oder verlaufen soll.

Flosdorff: Um mit der zweiten Frage zu beginnen, wie das in der Praxis genau abläuft: Deutschland ist bislang nicht Teil der fliegenden Nationen. Es gibt eine rudimentäre Abstimmung. Es gibt ein „deconflicting“. Das heißt, man teilt sich offensichtlich mit, wer zu welcher Zeit in welchem Luftraum unterwegs ist – wie breit, wie hoch, wie tief und mit welchem Ziel -, sodass die anderen gewarnt sind; so ist es bisher nachrichtlich in der Koalition. Deutschland würde sich dort einfügen.

Zur Mitteilung von Aufklärungsergebnissen: Mir ist nicht bekannt, dass das gegenüber Russland erfolgt.

Die andere Frage war, wie viele Tornados verlegt werden. Wir planen, bis zu sechs Tornados in İncirlik zu stationieren. Es werden aber immer nur zwei zur gleichen Zeit in der Luft sein. Zwei machen sich dann einsatzbereit und könnten eventuell gleich wieder starten, wenn es notwendig wäre, und zwei Maschinen stehen in Reserve, falls einmal Reparaturen notwendig sind und sich Defekte ergeben.

Frage : Herr Flosdorff, nur noch einmal als Verständnisfrage: Es sind ja auch iranische Bodentruppen in Syrien und im Irak, die gegen ISIS kämpfen. Gibt es da irgendeine Kooperation mit iranischen Offiziellen, damit man nicht versehentlich diese Stellungen bombardiert?

Flosdorff: Deutschland bombardiert nicht, Deutschland schickt Aufklärungsflugzeuge. Die Koordination dessen, was Luftschläge angeht, erfolgt von den Hauptquartieren aus. Es gibt selbstverständlich auch eine Koordination zwischen Luft und Boden. Alle Bodenbewegungen werden von Bagdad aus koordiniert. Dort laufen Informationen zusammen, aber das muss jetzt nicht mit den deutschen Aktivitäten zu tun haben.

Frage : Herr Seibert, Herr Flosdorff, für jeden anständigen Plan gilt ja, dass man eine Entry- und eine Exit-Strategie braucht. Können Sie einmal erläutern, wie die Exit-Strategie dieses Einsatzes aussieht? Wann ist der Einsatz also erfüllt?

StS Seibert: Ich habe am Anfang gesagt, was wir mit diesem Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte erreichen wollen: Wir wollen terroristische Handlungen durch den IS verhüten und unterbinden. Man könnte auch sagen: Wir wollen dem IS die Fähigkeit nehmen, aus Syrien Terrorangriffe zu steuern. Vielleicht könnte man auch sagen: Wir wollen ihn unschädlich machen. Dafür muss man gegen den IS in seinem derzeitigen Herrschaftsgebiet vorgehen, in dem er ungehindert Menschen ermordet, versklavt und vergewaltigt.

Flosdorff: Das sind exakt die Punkte, die ich eben auch schon einmal aufgezählt habe und die sich aus der UN-Resolution ergeben.

Zusatzfrage : Wenn ISIS zerstört ist oder wenn es ISIS nicht mehr gibt, wird der Einsatz der Bundeswehr also beendet sein. Richtig?

Flosdorff: Das sind die Ziele, die durch die UN-Resolution beschrieben worden sind und der sich nicht nur Deutschland, sondern auch die gesamte Koalition verschrieben hat.

Frage : Herr Flosdorff, mich würde noch die Satellitenaufklärung interessieren, die ja ausdrücklich genannt wird. Es gibt bei der Satellitenaufklärung ohnehin eine enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich. Deutschland liefert die Daten der SAR-Lupe und Frankreich die optischen Daten der Helios-Satelliten. Worin besteht denn jetzt die neue Qualität? Besteht sie darin, dass diese Daten eben nicht nur Frankreich, sondern auch der gesamten Anti-ISIS-Koalition zur Verfügung gestellt werden? Das habe ich noch nicht ganz verstanden.

Zweite Frage: Ich nehme an, die deutschen Tornados sind bei diesen Einsätzen zum Selbstschutz bewaffnet.

Flosdorff: Um hinten anzufangen: Die deutschen Soldaten sind dort, wo es notwendig ist, zum Selbstschutz bewaffnet.

Zusatz : Ich meine die Tornados.

Flosdorff: Die Tornados werden auch zum Selbstschutz bewaffnet sein. Die normale Bordbewaffnung wird also dabei sein, aber es werden sozusagen keine Bodenziele bekämpft.

Zusatzfrage : Das ist klar. Aber wird es Luftraketen geben?

Flosdorff: Ich weiß, dass es bei den Tornados Abwehrmechanismen gegen Raketenbeschuss gibt. Ob jetzt im Detail auch eine Luftrakete dabei ist, kann ich Ihnen hier ad hoc nicht sagen; es tut mir leid.

Zusatz : Die Satellitenfrage noch!

Flosdorff: Zu den Satellitendaten: Sie haben recht, da gibt es eine eingespielte, gute Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland. Um es noch einmal für diejenigen, die hier wie Herrn Wiegold nicht vom Fach sind, zu erklären: Frankreich hat einen hervorragenden Satelliten für optische Aufklärung, und Deutschland hat einen sehr guten Radarsatelliten, der Radardaten liefert. Wenn man die beiden übereinander schaltet, dann bekommt man zu jeder Tages- und Nachtzeit auch durch Wolkendecken hindurch hervorragende und hochauflösende Bilder. Das ist eine Hochwertfähigkeit, die Deutschland und Frankreich auch der Koalition zur Verfügung stellen wollen. Dafür ist es notwendig, dass man diesen Satelliten, der sich im Moment noch woanders befindet, oder diese Satelliten über dieses Gebiet manövriert und dann neu ausrichtet. Die Daten, die dabei gewonnen werden, muss man sich wie einen 30 Kilometer breiten Streifen vorstellen. Da kann man dann ausrichten und auch bestimmte Gebiete aufklären. Hier wird es sicherlich Wünsche an Deutschland und Frankreich in Bezug darauf geben, welche Gebiete das sein sollen. Die Daten werden gemeinsam durch Deutschland und Frankreich ausgewertet. Gemeinsam werden diese beiden Länder beschließen, was mit diesen Daten geschieht und an wen man das weitergibt. Aber natürlich sind sie dafür bestimmt, der Koalition im Kampf gegen IS in dem Sinne, wie er auch in der UN-Resolution beschrieben ist, zu helfen.

Frage: Herr Seibert, ist man innerhalb der Bundesregierung darüber besorgt, dass durch den Einsatz die Terrorgefahr in Deutschland erhöht werden könnte? Plant man in diesem Zusammenhang irgendwelche verschärften Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland?

StS Seibert: Über einzelne Sicherheitsmaßnahmen werden wir hier sicherlich nicht berichten. Grundsätzlich gilt, dass Deutschland wie alle Länder der freien Welt bereits seit Längerem ein erklärtes Ziel der Terroristen ist. Diese Bedrohung haben wir bereits seit Jahren zunehmend verspürt.

Flosdorff: Weil mein Mikrofon gerade noch offen ist: Ich habe die SMS bekommen. Luftbewaffnung ist dabei, Herr Wiegold.

Frage : Eine Verständnisfrage: Herr Seibert, wird Deutschlands Sicherheit jetzt im Irak und in Syrien verteidigt?

Frau Chebli, eine Frage zu den UN-Resolutionen, die Herr Seibert erwähnt hat. Wo steht in diesen UN-Resolutionen, dass Deutschland sich nun an diesem Krieg beteiligen darf, und zwar gerade im Hinblick darauf, dass in keiner UN-Resolution davon die Rede ist, dass ISIS und Al-Nusra den Weltfrieden bedrohen und dass der syrische Staat dem IS einen sicheren Hafen bietet? So war es ja bei der Afghanistan-Intervention der Fall und auch, warum dieser Eingriff völkerrechtlich in Ordnung war. Das ist ja jetzt hier nicht der Fall. Wo steht in diesen UN-Resolutionen, dass Sie das machen dürfen, was Sie jetzt machen wollen?

Chebli: Ich kann mit dem letzten Teil der Frage anfangen.

Ich glaube, Herr Seibert hat hier ausführlich dargestellt, was die völkerrechtliche Grundlage ist. Der Einsatz findet auf klarer völker- und verfassungsrechtlicher Grundlage statt. Er hat die Resolutionen genannt, um die es geht. Das ist zum Beispiel die Resolution 2249. In dieser Resolution werden die Mitgliedstaaten aufgerufen, ihre Anstrengungen zur Bekämpfung des Terrors von ISIS zu verstärken und seine Rückzugsräume im Irak und in Syrien zu beseitigen.

Ich glaube, damit haben Sie eine ganz klare Antwort auf Ihre Frage.

Zusatzfrage : Wo steht darin, dass eine Militärintervention in Ordnung ist und wo steht darin, dass der Weltfrieden durch ISIS bedroht wird und dass der syrische Staat dem IS einen sicheren Hafen bietet?

Chebli: Ich habe dem, was Herr Seibert und ich gerade zu der verfassungs- und völkerrechtlichen Grundlage gesagt haben, nichts hinzuzufügen, Herr Jung.

StS Seibert: Kommen wir zu der Frage an mich. Unter welcher Schlagzeile Sie das heute Abend in Ihrem Video zusammenfassen wollen, überlasse ich selbstverständlich Ihnen. Für die Bundesregierung gilt, dass der heute vom Kabinett beschlossene Einsatz der deutschen Sicherheit dient.

Zusatzfrage : Im Irak und in Syrien?

StS Seibert: Sie haben meinen Satz gehört.

(Archivbild 2010: Recce-Tornado des – damaligen – Aufklärungsgeschwaders 51 „Immelmann“ – Bundeswehr/PIZ Luftwaffe)