Bundeswehr-Einsatz im Norden Malis: Noch vieles offen

MINUSMA_Bangladesh_feb2015

Seitdem die Bundesregierung im August eine deutlich weiter gehende Beteiligung an der UN-Mission im unruhigen Norden des westafrikanischen Staates Mali angekündigt hat, ist klar: das dürfte einer der schwierigsten und robustesten Einsätze der Bundeswehr werden – in einem Umfeld, das unverändert von Kämpfen mit islamistischen Milizen und von Sprengfallen geprägt ist. Absehbar war auch, dass die von den Niederlanden gewünschte Unterstützung ihrer Soldaten in Nord-Mali vor allem von deutschen Aufklärungskräften geleistet werden soll; Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte das im Oktober so formuliert: Da kann die Bundeswehr mit ihren hohen Aufklärungsfähigkeiten ab Frühjahr 2016 entlasten.

Der Kollege Marco Seliger hat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) am (heutigen) Mittwoch mal den Zwischenstand nach den bisherigen Erkundungsergebnissen zusammengestellt:

• Die absehbare Größe des geplanten deutschen Kontingents schwankt zwischen 400 und 700 Soldaten – mit diesen Größenordnungen zitiert die FAZ den CDU-Verteidigungspolitiker Ingo Gaedechens (700) und den SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold (400 bis 500).

• Kern des deutschen Verbandes soll eine verstärkte Aufklärungskompanie werden, gestellt vom Aufklärungsbataillon 6 aus Eutin. Sie könnte mit Fennek-Spähwagen am Boden und mit Luna-Aufklärungsdrohnen für ein besseres Lagebild sorgen.

• Ein Einsatz von Heron-Aufklärungsdrohnen, wie sie derzeit für die Bundeswehr in Afghanistan fliegen, ist nicht geplant.

• Noch völlig offen scheint, ob langfristig auch Bundeswehr-Hubschrauber nach Mali geschickt werden sollen. Die Niederlande bleiben vorerst mit ihren Apache-Kampfhubschraubern präsent; Transporthubschrauber sind aber ein ständiger Engpass.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte die Zahlen nicht kommentieren, verwies aber darauf, dass für die nächste Zeit noch mehrere Erkundungen geplant seien. Erst danach könne belastbar abgeschätzt werden, wie viele deutsche Soldaten für den Einsatz nötig seien.

Das Deutsche Heer hat mit dieser Mission übrigens noch ein weiteres Problem, das auch im FAZ-Bericht erwähnt wird: Seit einem Jahr steht in Deutschland ein Einsatzkontingent zur Unterstützung der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine in Bereitschaft – dafür werden  rund 500 Soldatinnen und Soldaten aus wechselnden Einheiten bereitgehalten. Hintergrund ist das deutsche Angebot an die OSZE, die Waffenstillstandslinie in der Ostukraine mit Luna-Drohnen zu überwachen. Allerdings glaubt inzwischen kaum noch jemand, dass die OSZE dieses Angebot auch wahrnimmt – doch die Soldaten sind gebunden und können nicht einfach woandershin geschickt werden, zum Beispiel nach Mali. Die Bundesregierung müsste sich also dazu durchringen, dieses Angebot zurückzuziehen. Das ist vermutlich nicht von praktischer Bedeutung, aber von politischer Relevanz.

Drohnen sind für die MINUSMA-Mission ohnehin eine der Mangelressourcen. Im Mai hatte Schweden damit begonnen, unbemannte fliegende Systeme für die UN-Mission einzusetzen:

und hat die Erfahrung gemacht, dass neben der optischen Aufklärung mit Drohnen eine SIGINT-Ausstattung (Signal Intelligence) sinnvoll wäre. Außerdem würden, so berichtet Flightglobal, Drohnen mit größerer Reichweite benötigt:

The UN also requires a larger UAV with more range to operate in the Northern part of Mali, and is in the process of awarding a civilian contractor an award for this, which is understood to be between Qinetiq with the Israel Aerospace Industries Heron and Thales with the Hermes 450 UAV.

Der offensichtlich laufende Vergabeprozess an einen zivilen Betreiber ist möglicherweise auch der Grund, warum die Bundeswehr einen Einsatz von Heron-Drohnen nicht in Betracht zieht.

(Archivbild Februar 2015: Les contingents du Niger et du Bangladesh lors d’une opération militaire à Ansongo – MINUSMA/Marco Dormino)