Fliegen wie die Kanzlerin
Wer noch ein bisschen Geld überhat in diesen Zeiten: Die Flugbereitschaft der Luftwaffe bekommt in dieser Woche die neue Kanzlermaschine, einen Airbus A340-300 – und folgerichtig steht das alte VIP-Flugzeug zum Verkauf. Bei der Vebeg können Gebote für den AIRBUS A310-304 VIP, ex BW 10+22, eingereicht werden. Komplett ausgestattet, nur bei der Internet-Anbindung, so ist in der detaillierten Ausschreibung zu lesen, müsste der Käufer noch ein bisschen nachbessern. Ansonsten kann er sich im Flug wie die Kanzlerin fühlen.
Mit dem Verkauf der 10+22, die als Theodor Heuss die Regierungsmitglieder rund um den Globus flog, geht die Nach-Vereinigungs-Ära bei der Flugbereitschaft allmählich zu Ende. Die Maschine hatte ja noch die damalige DDR-Fluggesellschaft Interflug bestellt, und dann wurde sie plötzlich Regierungsflieger des vereinten Deutschland. Zuletzt erreichte dieses Flugzeug eine gewisse Berühmtheit, als damit Anfang März Europäer aus der libyschen Hauptstadt Tripolis ausgeflogen wurden.
Ich habe leider nicht mitgeloggt, wie oft ich an Bord dieses Flugzeugs unterwegs war – meist mit Verteidigungsministern, bisweilen auch mit anderen Ressortchefs, auch mal mit einem Kanzler. Ich weiß nur, dass es trotz aller VIP-Ausstattung auf den hinteren Plätzen so doll bequem nicht war. Ach ja, und in einer der beiden VIP-Maschinen (ob Theodor Heuss oder Konrad Adenauer, weiß ich nicht mehr) müsste irgendwo hinter der Verkleidung noch ein goldener Knopf von einer Generalsuniform liegen. Der einem General ausgerechnet beim Landeanflug von der Jacke platzte…
(Foto: Juergen Lehle/albspotter.eu via wikimedia commons)
Die Hubschrauber, mit denen die Kanzlerin durch die Lande schwebt, werden doch (grundsätzlich?) von der Bundespolizei gestellt.
Vor gut einer Woche wäre Frau Merkel ja beinahe tödlich damit verunglückt ( http://is.gd/AFvRa3 ). Evtl. gibt es da auch Handlungsbedarf.
Die hatten bestimmt nur ne Autororationsübung…. Außerdem saß sie gar nicht mehr drin.
Die Kiste war nietnagelneu.
Die wesentlichen Angaben, die man hieraus endlich mal öffentlich ablesen kann, sind folgende Daten:
Max. life limitations:
35,000 Flight cycles
60,000 Flighthours (Fhr)
Actual Aircraft Data and Maintenance
Current Aircraft Flight Hours: 18,326:35
Current Aircraft Flight Cycles (Landings): 6,832
Das Flugzeug ist also weit davon entfernt, gar oder verbraucht zu sein. Es befindet sich sogar noch im ersten Drittel seiner Lebensdauer.
Die Beschaffung neuer und natürlich wesentlich größerer und protzigerer VIP-Maschinen für die Kanzlerin hat also seinen „Grund“ nicht im verbrauchten Fluggerät, sondern in anderen Motivationen.
Nicht uninteressant sind auch folgende Daten:
Base Maintenance History
Check Date A/C Hours A/C Cycles
Last C-Check (C4) July 30th 2009 16,973 6,240
Next C-Check (C8) July 30th 2011
Last D-Check July 30th 2009 16,973 6,240
Next D-Check July 30th 2021
Line Maintenance Program
Pre-Flight Check
Daily Check 24 hours Elapsed Time
S – Check 7 Calendar days
A – Check 4 months / 500 Flighthours
Base Maintenance Program
C – Check 24 months / 6.000 Flighthours
D – Check 144 months
Ich bin mal gespannt, was der Bundesrechnungshof noch zu diesem Thema sagen wird.
Wenn man so eine Maschine abstoßen will, tut man das kurz vorm D-Check und nicht 2 Jahre danach …
@ Sun Tzu
Ein Linienflugzeug, dass 21 Jahre alt ist, befindet sich nicht im ersten Drittel, sondern im letzten Drittel seiner Lebensdauer. Außer man betreibt eine afrikanische Fluglinie o.ä.
Wenn Sie das Ding vor dem D-Check verkaufen, dann ist es halt entsprechend billiger, aber sonst kein Unterschied. Außerdem hätte dann irgendwann 2007 der Beschluss gefasst werden müssen, den Vogel zu verkaufen. Die LHT in Hamburg braucht ungefähr ein Jahr um den Flieger auf die VIP-Ausstattung umzubauen. Den zeitlichen Vorlauf plus die Bereitstellung im Haushalt für die Neuanschaffung muss man eben auch betrachten. Wenn der Vogel planmäßig abgeflogen worden ist, dann wäre bei 18000 Flugstunden der nächste C-Check fällig. Da aber in diesem Fall die 24- Monatsregelung greift, weil die tatsächlich geflogenen Stunden geringer sind, muss der Vogel bis Juli wieder zum C-Check.
Dann ist es doch vernünftig ihn zum 30.06.11 außer Dienst zu stellen
Der Hinweis auf Line und Base Maintenance ist ansonsten unerheblich.
Was die Reichweite und die Größe von dem Flugzeug anbelangt, ist ein A340 für die Kanzlerin der Herstellernation des Airbus deutlich angemessener, als ein 21 Jahre alte A310. Die Firma Airbus in Deutschland und Frankreich will schließlich auch neue Flieger verkaufen. Soll da die Kanzlerin mit einem uralten Modell auf Staatsbesuch gehen ?
Also ich denke, hier wird zu kleinlich an das Problem rangegangen.
@ Georg
Ihnen wird sicherlich auch bekannt sein, dass bei Fluggerät die Zahl der Flugstunden sowie die Flugzyklen die relevante Betrachtungsgröße für die Alterung ist. Die Jahre seit dem Bau sind eher weniger relevant. Sonst dürfen ja die bundesdeutschen F-4 oder CH-53 nicht mehr in die Luft …
Auch Linienflugzeuge sind mit 21 Jahren noch lange nicht schrottreif, es sei denn, sie haben dann schon ihre 60.000 bis 100.000 Flugstunden weg, was oft der Fall ist.
Nein, hier wollen Spitzenpolitiker mal wieder größere Flieger haben. Rationale Gründe dafür gibt es bei knappen Kassen nicht. Man will halt vierstrahlig … sonst hätte man sich, wie der französische Präsident, für einen A 330 als Nachfolger entschieden. Mit einem A 340 fliegt die Klimakanzlerin zukünftig mit einer Kerosinschleuder …
Zudem wird Ihnen sicherlich bekannt sein, dass man bei einem D-Check massive Eingriffe in ein Flugzeug vornimmt, die man ggf. auch gut nutzen kann, um eine Nutzungsänderung vorzunehmen. Will man z. B. eine VIP- Maschine in eine Frachter umbauen, so entstehen im Zuge eines D-Checks kaum weitere Kosten. Macht man das außer der Reihe, ist es vollkommen unrentabel, was den Preis drückt. Aber 2009 war halt Bundestagswahl, da hätte sich ein neuer Regierungsflieger nicht gut gemacht …
Soweit ich informiert bin, wurde die Anschaffung von neuen Regierungsfliegern während des Kabinetts Schröders beschlossen.
Wenn man Platzangebot, Komfort und Reichweite betrachtet, dann ist diese Anschaffung des A340 durchaus gerechtfertigt.
Warum mit 2 Flugzeugen (vip+mrt) zu einem Wirtschaftstermin reisen, wenn dieses in Zukunft auch mit einer geht! Weiter gewisse Kommunikationsmittel sind gerade in unserer heutigen Zeit, zwingend notwendig!
Start und Landegebühren zum Zwischentanken auf Fernstrecken werden ebenfalls eingespart.
Fazit: Die Anschaffung macht durchaus Sinn und sind nicht aus dem Ego der Politiker heraus entstanden
@ Julia Münkemüller
Bei Autorotationsübungen werden die Triebwerke nicht abgestellt. Desweiteren wird gemunkelt, das die Triebwerke ausgefallen sind, weil sie sich im dichten Schneetreiben „verschluckt“ haben.
@ Sebastian S. und Julia Münkemüller
Die Triebwerke des Super Pumas sind schlichtweg beide ausgefallen. Zum Glück in der relativ sicheren Höhe von 1600 m. Der Wiederstart der Turbinen war anscheinend jedoch nicht so einfach und gelang kurz vor der Höhe, bei der als Last Chance dann abfangen durch „Autorotation“ angesagt ist.
http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Hubschrauber-von-Kanzlerin-Merkel-Notlandung-in-Augsburg-id14357771.html
http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Piloten-haetten-auch-ohne-Triebwerk-landen-koennen-id14382096.html
Sehe ich das richtig, dass auf den neuen Regierungsmaschienen nicht mehr Luftwaffe draufsteht? Das Leitwerk ist zumindest weiß. Schwach, muss ich da sagen. Sich von der Luftwaffe fliegen lassen, aber nicht dazu stehen wollen. Vllt sollte man diese Aufgabe auch outsourcen.