Viel Beifall, wenig Klarheit
Jetzt, so hatten wir vor Monaten gedacht, jetzt müsste der Zeitpunkt gekommen sein, an dem Klarheit herrscht über die Zukunft der Bundeswehr. Nach den Parteitagen von CSU und CDU (und auch der größten Oppositionspartei SPD) sollten doch wesentliche Eckpunkte für die Streitkräfte entschieden sein: Wie groß wird die künftige Bundeswehr? Und wie viel Geld wird sie für die beschlossene Größe zur Verfügung haben?
Nachdem auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) aufgetreten sind, für eine Reform der Bundeswehr geworben und dafür viel Beifall erhalten haben, sind allerdings diese beiden Eckdaten nach wie vor unklar.
Sicher ist inzwischen nur: Eine Aussetzung der Wehrpflicht – die Abschaffung oder gar Streichung aus dem Grundgesetz stand für keine der großen Parteien je ernsthaft zur Debatte – wird nicht an den beiden C-Parteien scheitern (am Koalitionspartner FDP, der sich schon vor Jahren per Parteitagsbeschluss auf das Ende der Wehrpflicht festgelegt hatte, ohnehin nicht). Aber wie viele Soldaten wird es geben?
Merkel und Guttenberg am 15. November auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters via picapp)
Ein Blick in die Rede der Kanzlerin bringt an der Stelle keine Klarheit:
Innere und äußere Sicherheit lassen sich immer weniger unterscheiden. Weil sich die
Sicherheitslage verändert hat, kann das nicht ohne Folgen für die Struktur der
Bundeswehr bleiben. Karl-Theodor zu Guttenberg hat diese Aufgabe entschlossen
angepackt. Er hat deutlich gemacht: Es geht hier nicht um irgendwelche
Sparzwangentscheidungen, sondern um Entscheidungen ausschließlich nach Lage
der Bedrohung und der Sicherheitsanalyse. Das war der Ausgangspunkt. Wir werden
heute über die Zukunft der Bundeswehr beraten und beschließen. Das wird ein
tiefgreifender Schnitt. Aber ebenso ist richtig, dass sich die Sicherheitslage nach dem
Ende des Kalten Krieges völlig verändert hat. Wir sind heute von Freunden
umgeben. Aber dafür gibt es neue Bedrohungen, die ganz andere Einsätze
erfordern. Deshalb sehen wir heute die sicherheitspolitische Notwendigkeit für die
allgemeine Wehrpflicht nicht gegeben. Die Präsidien von CDU/CSU und insbesondere der CDU-Bundesvorstand schlagen Ihnen vor, die Wehrpflicht
auszusetzen, sie aber im Grundgesetz verankert zu lassen, damit die Verpflichtung
zum Grundwehrdienst durch ein einfaches Gesetz wieder geändert werden kann;
denn keiner von uns kann die Sicherheitssituation in zehn, 20 oder 30 Jahren
voraussagen.(Beifall)
Liebe Freunde, ich kann über diese wichtige Grundsatzentscheidung nicht sprechen,
ohne den Soldatinnen und Soldaten zu danken, die sich zum Wohle unseres Landes
dieser wichtigen Aufgabe verpflichten. Sie tun nicht mehr und nicht weniger, als
unsere Freiheit zu verteidigen.(Beifall)
Wir wissen um die Gefahr für Leib und Leben, der sie sich aussetzen. Wir wissen,
dass sie Dinge verarbeiten müssen, die unsere Vorstellungskraft weit übersteigten.
Wir wissen auch um die Sorgen und Ängste der Familien. Ich habe mit vielen
Angehörigen von Soldaten gesprochen, die in Afghanistan gefallen sind, zuletzt am
Karfreitag dieses Jahres. Ich sage Ihnen: Es hat mich zutiefst erschüttert, und es
gehört zu den bewegendsten Momenten meiner Arbeit, Angehörigen von gefallenen
Soldaten Trost zu spenden, ihren Schmerz und ihr Leid zu sehen und mit ihnen zu
fühlen. Umso größer sind mein Respekt, meine Anerkennung und mein Dank.
Unsere Soldatinnen und Soldaten dienen der Sicherheit unseres Landes und unserer
Freiheit. Sie haben im Übrigen als Staatsbürger in Uniform unserem Land immer gut
getan. Deshalb muss der gesellschaftliche Wert, der mit der Wehrpflicht für unser
Gemeinwesen verbunden ist, auch in neuer Form erhalten bleiben, auch ohne die
Wehrpflicht, und zwar durch anspruchsvolle Freiwilligendienste. Deshalb und nicht
allein wegen des Zivildienstes werden wir parallel ein Konzept für die
Freiwilligendienste in unserer Gesellschaft erarbeiten, das uns Kristina Schröder
heute vorstellen wird.
Aber vielleicht bringt die Rede des Verteidigungsministers von der bayerischen Schwesterpartei vor seinen CDU-Parteifreunden da neue Erkenntnisse? Leider auch nicht:
Ein weiterer Punkt betrifft das breite Einsatzspektrum. Wir müssen uns fragen, ob wir
all dem angesichts der Strukturen, der Verfahren und der Prozesse gerecht werden.
Es wurde leider deutlich, dass wir unsere Leistung nicht mehr erbringen können,
sondern bereits über Kante genäht sind. Das Beispiel, das ich oft genannt habe, ist
Ihnen allen bekannt. Wenn wir bei 252 000 Soldaten lediglich 7 000 Soldaten in den
Einsatz schicken können und dabei schon über Kante genäht sind, dann ist das
nichts, was einem die Tränen der Euphorie in die Augen treibt. Das zeigt, was man
verbessern muss und was man verbessern kann. Wir haben uns gefragt, was wir
mindestens leisten können müssen, wie viel erstklassiges Personal, wie viel
erstklassige Ausrüstung und Infrastruktur wir brauchen, um diesem
Aufgabenspektrum gerecht werden zu können. Der Generalinspekteur der
Bundeswehr hat eine Einschätzung vorgelegt, die zuerst einmal vielen den
Angstschweiß auf die Stirn getrieben hat, weil er Minimalanforderungen aufgezeigt
hat. Er hat von 163 500 Soldaten gesprochen. Ich kann nur sagen: Das ist eine Zahl,
die niemals unterschritten werden darf; denn ich persönlich wünsche mir mehr
Soldaten, die uns künftig zur Verfügung stehen.(Vereinzelt Beifall)
Wenn wir diese aber wollen, müssen wir den Soldaten – in dieser Hinsicht bin ich für
viele Hinweise dankbar, die von unseren Fachpolitikern gekommen sind – eine
saubere Perspektive bieten. Wir müssen den Dienst so attraktiv ausgestalten, dass
eine genügende Zahl von Soldaten zur Verfügung steht. Wir müssen auch dafür
sorgen, dass eine dauerhafte und verlässliche finanzielle Unterfütterung
gewährleistet ist. Dieser Herausforderung, vor der wir stehen, können und werden wir
uns mit Kraft annehmen. Das ist unser Ausgangspunkt jetzt im Herbst dieses Jahres
nach einer intensiven Diskussion.
Also stehen wir jetzt am Ausgangspunkt? Die Ansage ist, wenn ich das richtig verstehe: 1. die im Papier des Generalinspekteurs als Modell genannten 163.500 Soldaten sind die absolute Untergrenze (das war eigentlich auch vorher schon klar) und 2. die Bundeswehr muss auf Dauer solide finanziert sein. In Ordnung, kann man als Ausgangspunkt nehmen. Aber wann – und vor allem: von wem? – fallen dann die Entscheidungen über Truppenstärke und Geld? Die Parteitage haben eine grobe Marschrichtung beschlossen, mehr nicht.
Denn auch ein Blick in den Beschluss des CDU-Parteitags zur Bundeswehr bringt einen nicht wirklich weiter:
Die künftige Truppenstärke der Bundeswehr ist so zu wählen, dass sie allen Aspekten der
sicherheitspolitischen Aufgabenbeschreibung gerecht wird. CDU und CSU gehen davon
aus, dass für die Bewältigung der gestellten Aufgaben eine wesentlich größere
Truppenstärke erforderlich sein wird, als die bislang genannte absolute Untergrenze.
Das habe ich schon verstanden. Aber we viel denn nun?
(Es ist übrigens nicht so, dass es in der Union dazu nicht konkrete Vorschläge gäbe. Ein paar Tage vor dem Parteitag hat sich der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, zu Wort gemeldet:
Ich fordere für die Bundeswehr einen Gesamtumfang von rund 190.000 Soldaten. Dabei geht es nicht vorrangig um Zahlen, sondern um notwendige Fähigkeiten. Ich bin insbesondere der Meinung, dass die Bundeswehr als primär landgestützte Armee auch in Zukunft ein starkes Heer benötigt. Ich will hervorragende Führungsfähigkeit auf Divisions- und Brigadeebene sichergestellt wissen. Der gepanzerte Kern des Heeres darf nicht übermäßig ausgehöhlt werden. Bei der Luftwaffe ist eine Stärkung bei den Fähigkeiten Lufttransport und Eigenschutz vonnöten. Die deutsche Marine muss auch künftig glaubhaft deutsche Interessen auf See durchsetzen können. Ich erwarte, dass hier kein weiterer Fähigkeitsabbau erfolgt. Auch die Streitkräftebasis, die viele einsatzrelevante Dienstleistungen bereitstellt, darf nicht über Gebühr verkleinert werden. Wir Parlamentarier haben eine besondere Verantwortung für die Gesundheit unserer Soldaten. Daher kommt dem Sanitätsdienst große Bedeutung zu. Das hohe sanitätsdienstliche Versorgungsniveau kann nur mit einer personell gut aufgestellten Organisation gesichert werden. Insgesamt summieren sich die notwendigen Fähigkeiten auf einen realistischen Gesamtumfang von 190.000 Soldaten. So ist auch sichergestellt, dass sich die Bundeswehr auch künftig auf Augenhöhe mit unseren Partnern Frankreich und Großbritannien befindet.
Parteitagsbeschluss ist das nicht geworden. Da ging es Beck übrigens nicht besser als seinen Kollegen von der SPD: Deren Fraktionsarbeitsgruppe hatte in einem Papier eine Bundeswehr mit 200.000 Soldaten gefordert – und hatte das auch nicht in den eigenen Parteitagsbeschluss reinbekommen.)
Unterm Strich bleibt die Frage: Wer legt wann die entscheidenden Eckdaten der künftigen Bundeswehr fest?
„Wer legt wann die entscheidenden Eckdaten der künftigen Bundeswehr fest?“
M.E. ist das Schäuble. Bleibt es bei der Sparvorgabe von gut 8 Milliarden bis 2014 dann wird es bei rund 165000 bleiben. Andernfalls wäre die Unterfinanzierung der Truppe von 180000 zementiert.
Bislang gibt es keine Anzeichen, dass das Sparpaket zugunsten der Wehr aufgeschnürt wird. Oder hat hier jemand neue Informationen? Dies würde auch andere Ressorts auf den Plan rufen…
Natürlich werden sich die 8 Mrd. gar nicht realisieren lassen, die hat auch die Weise Kommission festgestellt. In beiden Partein war auch schon die Rede von Anschubfinanzierung, also wird man sich von den 8 Mrd. die eh unrealsitisch waren sehr schnell verabschieden.
Gutenberg hat hoch gepokert und gewonnen, sein persönliucher Vorschlag um die Sparbeschlüsse am ehesten umzusetzen waren ja ca. 168.000 oder so.
Jetzt wird es eher auf eine Größenordnung von 180.000 – 200.000 Soldaten hinauslaufen und die Kosten mehr Geld.
Vor allem wenn die Bundeswehr auf Dauer attraktiv werden möchte, im Moment kann man es eher und dem Motto „Wein predigen und Wasser reichen“ sehen. Als Beispiel dafür die Rücknahme der Rücknahme des Weihnachtsgeldes bei der die Politiker sich endgültig blamiert haben, man kann es nur als Schlag ins Gesicht der Soldaten sehen.
Zitat: „Aber wie viele Soldaten wird es geben?“
Vermutlich viel weniger, als für die Erfüllung des einzigen Verfassungsauftrages (der Landesverteidigung) erforderlich wäre. Und dies beunruhigt mich. Aber ausreichend viel, um mit neuer Struktur, Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung erfolgreich Auslandseinsätze (und gegebenenfalls auch Inlandseinsätze), wie Aufstandsbekämpfung im urbanen Umfeld, durchführen zu können. Die zwangsläufige Erweiterung der Fähigkeiten auch für Inlandseinsätze bedeutet allerdings nicht, dass man dies politisch auch beabsichtigt.
@Stefan
Die Landesverteidigung ist nicht die einzig verfassungsmässige Aufgabe.
Dazu gehören auch Art 24(2) GG und Art 35 GG.
Und gerade aus Art 24(2) GG ergibt sich ja nach Rechtssprechung des BVerfG von 1994 die Zulässigkeit von Auslandseinsätzen. Wo ist also das Problem die Streitkräfte zu ihrem Auftrag (mit Schwerpunktbildung) zu befähigen?
Inlandseinsätze der Bundeswehr sind im Übrigen in der Bevölkerung überwiegend willkommen. Ich zähle mal ein paar der beliebteren auf:
-Sturmflut Hamburg 1962 (ohne Deckung durch das GG angefordert)
– Oderhochwasser 1997
– Elbehochwasser 2002
es wird so viele geben, wie es braucht, um der EU und der NATO einsatzfaehige Verbaende zur Verfuegung zu stellen, um im Verbund mit den USA unsere wirtschaftlichen und kulturellen Interessen zu sichern. 20.000 mehr oder weniger sind da unerheblich (nur nicht fuer die Betroffenen). Das waechst sich aber aus. Meine Prognose: neben AfPak wird Afrika das naechste Konfliktfeld, auf dem wir unsere Interessen „ausgleichen“ bspw mit der VR China, waehrend Russland und dann Indien sukzessive der NATO beitreten – falls sie nicht mit China fraternisieren, weil die Fuehrung in Peking ideologisch nicht so anspruchsvoll ist.
Nachtrag: Sagen sie das mal auf einem CDU-Parteitag. Viel Spass. Sicherheitspolitik ist der „sie wissen schon wer“ der deutschen Politik, und morgen startet der neue Harry Potter. Uebrigens: waere KT nicht die Idealbesetzung fuer einen Film „Harry mit 40“? Plausibel, er wagt es Voldemort zu sagen, nur halt dosiert, um seine Partei nicht zu erschrecken.
@Sascha
KT als Zauberlehrling ? *** ROFL ***
[b]@Stefan:[/b] „(und gegebenenfalls auch Inlandseinsätze), wie Aufstandsbekämpfung im urbanen Umfeld,“
Wird auf absehbare Zeit (die nächsten 50 Jahre) kein realistisches Szenario sein, und das sollte auch jeder inständig hoffen. Soldaten sind keine besser bewaffneten Polizisten. Eine (Wieder-)“Aufrüstung“ der Bundespolizei ist wesentlich realistischer und zweckmäßiger.
@ Sascha Stoltenow
Bundeswehreinsatz zur „Sicherung kultureller Interessen“?
*amkopfkratz*
@Nico
Ich hoffe ebenfalls, dass die BW niemals zu Kampfeinsätzen im Inneren eingesetzt werden muß. Ob dies in den nächsten 50 Jahren ein realistisches Scenario ist, kann ich auch nicht sagen. Vielleich lesen sie mal nachfolgend was die Amis dazu sagen.
Ab 2012 Kriege wieder mitten in Europa
„Vielleich lesen sie mal nachfolgend was die Amis dazu sagen.
Ab 2012 Kriege wieder mitten in Europa“ die hier angesprochene Person kann man wohl kaum als seriösen Forscher oder Wissenschaftler bezeichnen.
Ich empfehle den Namen mal zu googeln oder einfach hier http://en.wikipedia.org/wiki/Gerald_Celente
Zudem werden in dem Artikel die angeblichen Zitate aus einem solchen Zusammenhang gerissen wie ich es selten gesehen habe, auch die Folgen die der Autor daraus zeichnet sind schon ein starkes Stück.
Einen solchen Artikel in eine Diskussion einzuführen ist einfach lächerlich um es mal nett auszudrücken.
@Christoph Engelhardt
Zitat: „-Sturmflut Hamburg 1962 (ohne Deckung durch das GG angefordert)
– Oderhochwasser 1997
– Elbehochwasser 2002“
Derartige Einsätze führen alle Armeen weltweit durch, selbst in den übelsten Diktaturen. Ich meinte die Befähigung zur Aufstandsbekämpfung im Inland und nicht humanitäre Einsätze.
Vielleicht lesen Sie mal hierzu:
Europäische Union warnt jetzt vor Bürgerkrieg und der Rückkehr der Diktaturen in Europa
@ Sebastian S.: Die wirksamste vorbeugende Integrationspolitik ist es, Emigration zu verhindern. Bsp. Kosovo
@Alpha
Ist nachfolgende Aussage dieses Artikels zu widerlegen?
Zitat:“Das amerikanische Trend Reserach Institute zählt seit 1980 zu den angesehensten Prognose-Instituten der Welt. Es wird regelmäßig von den führenden anglo-amerikanischen Medien zitiert. …
Celente, ein Italo-Amerikaner, der in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit der Präzision eines Scharfschützen weltweite Entwicklungen voraussagte, …“
@Stefan
Ich bezweifele ernsthaft, dass die Bundeswehr sich dazu missbrauchen lassen würde gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen. Nach dem was ich bisher erleben durfte, zählt für mich die Bundeswehr zu den Institutionen mit der größten Loyalität zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung in diesem Land.
Zumindest habe ich da vor den Innenministern bisher immer mehr Angst gehabt.
Aufstandsbekämpfung ist DIE Kernkompetenz bei der aktuellen Bedrohungslage.
[ironie] Folgerichtig wird es doch tatsächlich ausgebildet. Wie gemein, dass man die Soldaten nicht vollends ohne Ausbildung in den Krieg schickt. [/ironie]
Die Quelle erlaube ich mir aus diversen Gründen (z.B. UFOs, Eva Hermann et al.) schlicht zu ignorieren.
Der Humor kommt bei militärischen Themen ja oft zu kurz, aber dieser Thread reißt es wieder raus.
Jepp, der Tag ist gerettet :-)
Aufstandsbekämpfung ist DIE Kernkompetenz bei der aktuellen Bedrohungslage.
[ironie] Folgerichtig wird es doch tatsächlich ausgebildet. Wie gemein, dass man die Soldaten nicht vollends ohne Ausbildung in den Krieg schickt. [/ironie]
Auch wenn’s vom Thema abgeht, aber da muss ich dann dochmal nachhaken: Ist dem wirklich so? Wird Aufstandsbekämpfung wirklich ausgebildet und durchgeführt? Ich hab da noch mehrere Artikel im Kopf, dass die Bundeswehr in Afghanistan eben keine Aufstandsbekämpfung betreibt (etwa Guido Steinberg, „Nur kein Aufstand“)
Gibt auch zwei Paper zum Thema, nur hab ich die selbst noch nicht durch:
– „Can the Bundeswehr learn to eat soup with a knife“ von Robin Schröder (Entwurf!)
– „Political Constraints: Germany and Counterinsurgency“ von Sebastian Schreer
@ J.R.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass – bei uns zumindest – ausschließlich einsatzbezogen ausgebildet wurde.
Dazu zähle ich…
…Patrouille mit Hinterhalt
…Checkpoint
…das neue Schießkonzept
…Einführung von und Ausbildung an MP7
…CRC
…Gesprächsaufklärung
…großer Anteil von Englisch im Funkverkehr
…Aufklären von Aufständischen
…verstärkte Bemühungen Nachtkampffähigkeit herzustellen
…und so weiter…….
Gleichzeitig wird z.B. auf das klassische „LANGEMARK“ in der Ausbildung verzichtet…
Humor oder Realität?
„Castor-Transport: Einsatz ausländischer Polizisten in Niedersachsen
…
Ströbele sprach auch von Hinweisen darauf, dass auch Bundeswehrangehörige an dem Einsatz beteiligt gewesen seien.
Ein Bundeswehreinsatz im Inneren wäre verfassungswidrig. Eine geplante Änderung des Grundgesetzes scheiterte 2008, auch Innenminister Thomas de Maizière musste im Februar 2010 von solchen Plänen Abstand nehmen. Allerdings wurde die Bundeswehr in der Vergangenheit schon im Rahmen der Amtshilfe bei Großveranstaltungen eingesetzt, z.B. beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007. Dort kamen sogar Tornado-Kampfjets zwecks „Feindaufklärung“ zum Einsatz.
Das Bundesverteidigungsministerium wies aber die Behauptung zurück, …
Hingegen sagte ein Sprecher des Präsidiums der Bundespolizei, die Frage nach dem Einsatz von Bundeswehrkräften müsse erst überprüft werden.“
Um Missverständnissen vorzubeugen, ich wäre bei Notwendigkeit für den Einsatz der BW zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung.
Entschuldigung hier der funktionierende Link zu oben.
Castor-Transport: Einsatz ausländischer Polizisten in Niedersachsen
@J.R.
Nein, die BW bekämpft in Afghanistan, keine Aufständischen, sondern Insurgenten. ;-)
Der Kopp-Verlag ist bekannt als eine Art Sammelvertrieb für Bücher, die andere Vertriebe nicht verkaufen wollen, z. B. Jan van Helsing und Konsorten. Sowas als Quelle anzuführen ist in der Tat, wie Alpha bereits schrieb, lächerlich.
Schildern Sie doch mal ein Szenario, in dem die BW im Innern zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt werden müsste.
@ J.R.
Ich würde ja gar nicht abstreiten, dass wir in puncto Aufstandsbekämpfung noch einiges lernen können.
Jedoch gibt es durchaus erste Ansätze in der Ausbildung, die man selbst fernab der Truppe mitbekommt, z.B. „Aus dem Einsatz lernen“, Fachzentrum Counter-IED und die Zirkulation von einschlägigen Vorschriften – auch anderer Armeen.
Damit ist nicht gesagt, dass die Bw besonders gut ihre Suppe „ausgabeln“ kann. Aber die Entwicklung in Richtung einer – von Nagal als in der Aufstandsbekämpfung entscheidend identifizierten – lernenden Organisation sind gemacht.
Auch das engere Vermaschen des Netzes eigener (dauerhafter) Stellungen findet ja statt – in Form der Höhen 431, 432 und jüngst in der OP Halmazag. Insofern bewegen wir uns in die richtige Richtung.
Dem gegenüber stehen wiederum die Ankündigung und Durchführung großer Operationen, die eher Element eines klassischen Krieges sind und deren Effektivität in der Aufstandsbekämpfung zumindest umstritten ist.
Mein Fazit:
Es läuft irgendwie beides parallel. Es kommt hier auf den Willen des Betrachters an. Wer will kann mangelnde Anpassungsfähigkeit genauso sehen wie vorbildliche Aufstandsbekämpfung.
Die Realität ist – wie so oft – irgendwo dazwischen.
@Nico
Ach, mit den Medien ist es so eine Sache. Ist es dann nicht erst recht lächerlich sich auf Mainstreammedien zu beziehen, die uns irakische Massenvernichtungswaffen und Hitlertagebücher „verkauft“ haben und die die sich abzeichnende Finanzkrise bis zuletzt als Verschwörungstheorie von Spinnern abgetan haben? Ich informiere mich möglichst vielseitig, um mir meinen eigenen Reim zu machen. Irgendwo in der Mitte liegt dann meist die Wahrheit.
Ich wünsche mir keineswegs den Einsatz der BW im Innern. Es ist jedoch eine Tatsache, dass die BW mit zunehmender Befähigung der Aufstandsbekämpfung im Ausland (und genau dies tut die BW in Afghanistan immer besser) ihre Befähigung erhöht das Gleiche auch im Inland zu tun.
Ich beziehe mich lieber auf MSM, bei denen ich weiß, dass eine gesunde Portion Skepsis angebracht ist, als auf Verschwörungstheoretiker und abgedrehte Spinner, bei denen ich weiß, dass sie größtenteils Schwachsinn fabrizieren. Und auch ich informiere mich möglichst vielseitig, aber gewisse „Quellen“ verbieten sich dabei von selbst.
„Ich wünsche mir keineswegs den Einsatz der BW im Innern. Es ist jedoch eine Tatsache, dass die BW mit zunehmender Befähigung der Aufstandsbekämpfung im Ausland (und genau dies tut die BW in Afghanistan immer besser) ihre Befähigung erhöht das Gleiche auch im Inland zu tun.“
Nein. Die Lage in Afghanistan ist ziemlich genau das Gegenteil von dem, was in Deutschland im äußersten Falle möglich wäre. Andere Gesellschaft, andere Religion, andere geographische und klimatische Verhältnisse. Der Gegner dort hat Miliz- und teilweise sogar paramilitärische Struktur und ist bisweilen (für Infanterie) schwer bewaffnet. Sturm- und Maschinengewehre, RPG und BM ist dort Standard.
Im Gegensatz dazu sehe ich für Deutschland höchstens Unruhen vergleichbar mit denen in Frankreich vor einigen Jahren im Bereich des Möglichen.
Ebenso ist Afghanistan kein urbanisiertes Land wie Deutschland, und die potentiellen Konfliktpunkte in Deutschland liegen in den großen Städten.
Mit anderen Worten:
militärisch organisierte/vorgehende Kämpfer vs. marodierende Jugendliche/Heranwachsende
teils schwere Bewaffnung vs. allenfalls sporadisch vorhandene Schusswaffen
Unterstützung durch einen relevanten Teil der Bevölkerung vs. Ablehnung durch die Mehrheit der Bevölkerung
Die Erfahrungswerte der BW aus Afghanistan sind also effektiv Null. Was es in einem solchen Fall hier in Deutschland bräuchte, wäre allenfalls eine ordentliche Aufstockung der MEK/SEK oder eine fundierte Ausbildung und Aufrüstung von Teileinheiten der Bundespolizei. Der Einsatz der BW ist unrealistisch, indiskutabel und unzweckmäßig.
Sollten Sie mit dem von mir gezeichneten Szenario nicht einverstanden sein, steht es Ihnen natürlich frei, ein nach Ihrer Meinung realistisches Szenario zu entwerfen. Hatte ich Sie ja schon gestern drum gebeten. Allerdings bewegen wir uns mittlerweile schon weit vom eigentlichen Thema…